Einführender Vortrag zum 1. Timotheusbrief

Kapitel 5

Einführender Vortrag zum 1. Timotheusbrief

In 1. Timotheus 5 gibt der Apostel Timotheus notwendige Hinweise bezüglich des Umgangs mit einem älteren Bruder. Er sollte nicht scharf zurechtgewiesen, sondern wie ein Vater behandelt werden. Zweifellos stand Timotheus auf einem herausragenden Platz des Vertrauens und des Dienstes. Das enthob ihn aber keineswegs des Taktes, der jedem – vor allem einem jungen Mann – zustand. Der Apostel hatte Timotheus ehrenvolle Stellung im vorigen Kapitel voll anerkannt. Jetzt wünscht er nicht, dass dieser die angemessene Rücksichtnahme auf andere vernachlässigt. Wie oft führt übertriebene Freimütigkeit zu Worten, die im Gedächtnis eines Älteren nagen! Sie strömen schnell aus einem Herzen hervor, wo die Liebe überfließt; doch wenn letztere nachlässt, werden sie zum Anlass eines Schiffbruchs. Es folgt: „Ermahne ... jüngere als Brüder; ältere Frauen als Mütter, jüngere als Schwestern, in aller Keuschheit“ (V. 1–2). Nichts ist schöner, zarter und heiliger. Nichts könnte auch besser belehren und die Erlösten mit der Herrlichkeit Gottes eng verbinden, während seine Weisheit sich in alle Umstände mit einer ungezwungenen Anpassungsfähigkeit begibt, welche seine Gnade kennzeichnet.

So finden wir auch von Gott gegebene Regeln an jene, deren Verhalten Einfluss auf den Ruf der Versammlung hat – das, was sich für junge Witwen gehört und was wünschenswert bei jungen Frauen im Allgemeinen ist. Es folgen die Verpflichtungen den Ältesten gegenüber – nicht, wenn sie sich falsch verhalten, sondern in ihrem gewöhnlichen Amt und Dienst. „Die Ältesten, welche wohl vorstehen, laß doppelter Ehre würdig geachtet werden, sonderlich die da arbeiten in Wort und Lehre“ (V. 17). Was aber, wenn sie eines Fehlers angeklagt werden? „Wider einen Ältesten nimm keine Klage an, außer bei zwei oder drei Zeugen. Die da sündigen, überführe vor allen, auf daß auch die übrigen Furcht haben“ (V. 19–20). Vorurteil und Parteilichkeit sind auf keinen Fall erlaubt. Abschließend wird gesagt, dass jede Preisgabe der Ehre des Herrn sorgfältig vermieden werden muss. So sollte auch das wohlbekannte Zeichen des Segens in dem äußerlichen Akt des Händeauflegens mit Umsicht erfolgen. „Die Hände lege niemand schnell auf und habe nicht teil an fremden Sünden. Bewahre dich selbst keusch“ (V. 22).

Der Brief lässt sich sogar herab, einen scheinbar geringen Gegenstand zu behandeln, nämlich dass Timotheus nicht ausschließlich Wasser trinken solle. Offensichtlich fühlte das empfindliche Gewissen des Timotheus die schrecklichen Gewohnheiten jener Tage und Länder und wollte nicht in deren Gebundenheiten geraten. Doch der Apostel räumt seine Bedenken beiseite, und zwar nicht in einer persönlichen Note, sondern im Text des inspirierten Briefes, und bittet ihn: „Gebrauche ein wenig Wein, um deines Magens und deines häufigen Unwohlseins willen“ (V. 23). Ich weiß, dass Menschen daran etwas auszusetzen haben, indem sie ihren eigenen Gedanken frönen in Hinsicht auf das, was sie für den Stift der Inspiration passend finden. Falls wir indessen irgendetwas aus dem Bereich des Geistes Gottes ausklammern, wird dieser Gegenstand zu einer bloßen Frage des Menschenwillens. Und was muss daraus folgen? Für den Heiligen Geist ist nichts zu groß und nichts zu klein. Gibt es irgendetwas, bei dem wir nicht nach dem Tun des Willens Gottes fragen dürfen oder sollen? Wenn demnach eine Person Wein oder etwas Ähnliches trinkt, außer um Gott zu gefallen (wobei sie natürlich nicht in Gefahr stehen darf, in sittlicher Hinsicht zu versagen), hat sie jedes angemessene Bewusstsein von ihrer eigenen Stellung als Zeuge der Herrlichkeit Gottes verloren. Wie glücklich sollten wir sein, dass Gott uns vollkommene Freiheit schenkt! Achten wir jedoch darauf, diese nur zu seinem Preis zu gebrauchen!

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