Die Opfer
Kommentar zu 3. Mose 1–7

Einleitung

Die Opfer

Es ist wichtig, bei all diesen interessanten und lehrreichen Vorbildern in den ersten Kapiteln des 3. Buches Mose zu sehen, dass der HERR „aus dem Zelt der Zusammenkunft“ zu Mose redete. „Ich werde daselbst mit den Kindern Israel zusammenkommen..., um in ihrer Mitte zu wohnen“, so hatte Er im 2. Buch Mose gesagt. Er wohnte bei ihnen in erster Linie aus Gnade – doch nicht nur aus Gnade, sondern auch auf einer Grundlage der Gerechtigkeit. Das Passah und der Durchzug durch das Rote Meer waren Vorbilder der Erlösung. Das Blut des Lammes hatte den Kindern Israel Schutz gewährt, als der Zerstörer die Erstgeburt schlug und war die Grundlage für die Rettung durch die Todesfluten, in denen ihre Feinde umgekommen sind. Jetzt konnte Gott ihr Gott sein und unter ihnen wohnen. Von diesem Wohnort aus – dem Zelt der Zusammenkunft – kann Er Worte der Gnade und des Segens sprechen, und das tut Er hier.

Aber die Erlösung der Kinder Israel war noch keine ewige Erlösung. Das Gesetz hatte seine volle Gültigkeit, aber es brachte nichts zur Vollendung (Heb 7,19). Es handelte sich noch um den ersten Menschen; und wofür ist er zu achten, in dessen Nase nur ein Odem ist? Es war noch nicht der gekommen, der sagen konnte: „Ehe Abraham wurde, bin ich“ (Joh 8,58). Aber zu der für Israel bestimmten Zeit kam – dem Fleisch nach – der Christus, der „über alles ist, Gott, gepriesen in Ewigkeit. Amen.“ Er wurde geboren von einer Frau, geboren unter Gesetz. So kam Christus, um in unendlicher Liebe ein Werk zu vollbringen, das der Würde seiner Person angemessen war, und zwar in jener Natur unseres Menschseins, in der wir überall und allezeit gegen Gott gesündigt hatten, und das nur noch schlimmer, nachdem Er sein Gesetz gegeben hatte und jede Übertretung und jeder Ungehorsam gerechte Vergeltung empfing. Doch in Ihm war jene Natur heilig, sowohl aufgrund seiner Fleischwerdung als auch durch den Geist der Heiligkeit in all seinem Dienst und Werk.

Deshalb war alle Hoffnung für den Gläubigen abhängig von dem zweiten Menschen, dem letzten Adam. Er verherrlichte nicht allein seinen Vater durch vollkommenen Gehorsam in seinem Leben, obwohl Er bis zum äußersten erprobt wurde in einer Welt, die für Ihn eine Wüste war, sondern Er verherrlichte Ihn als Gott in seinem Tod für die Sünde. Darum hat Gott Ihn sogleich in sich selbst verherrlicht, bevor Er sein universales Reich empfangen wird und in Herrlichkeit vor der Welt erscheinen wird. Indem sie den Herrn kreuzigten, verschuldeten sich Juden und Heiden, von Satan aufgereizt, in Verblendung und Trotz gegen den Heiligen und Wahrhaftigen. Doch eben durch das Kreuz bewirkte Gott sein Werk der Versöhnung für alle, die glauben, und fügte sie zu einem Leib, der Versammlung, zusammen. Ebenso wird Er demnächst für Israel Heilung bringen und für alle Nationen in den Tagen des kommenden Reiches. Ja, Er wird durch das Kreuz alle Dinge mit sich selbst versöhnen, es seien die Dinge auf der Erde oder die Dinge in den Himmeln.

In diesen Vorbildern der Opfer werden die verschiedenen Aspekte des Werkes Christi dargestellt. Doch müssen wir an das erinnern, was der Apostel erklärt, dass nämlich das Gesetz nur „einen Schatten der zukünftigen Güter“ hat. Denn das „Ebenbild“ kann allein in jenem Werk selbst gesehen werden, in seiner unüberbietbaren Vortrefflichkeit. Wir haben hier ein Zeugnis von der vielseitigen Fülle des Werkes Christi, wie allein Gott es geben kann.

Zuerst haben wir die drei Opfer lieblichen Geruchs dem HERRN, wo das Ganze, wie beim Brandopfer, oder ein Teil, wie beim Speis- oder Friedensopfer, auf dem ehernen Altar als Feueropfer Ihm verbrannt wurde. Sie ermöglichen einem einzelnen – „ein Mensch von euch“ – persönlich Gott zu nahen, indem er sein Opfer darbringt (Kapitel 1–3). Dann folgen in den Kapiteln 4 und 5 das Sünd- und das Schuldopfer. Schließlich werden in den Kapiteln 6 und 7 die Gesetze der verschiedenen Opfer aufgeführt, die deutlich machen, wo Gemeinschaft möglich war oder wo davon ausgeschlossen werden musste.

Es sollte beachtet werden, dass wir weitere bemerkenswerte Opfer noch an anderen Stellen finden, ohne dass sie in diesem 3. Buch Mose, das sich dem Thema ausführlich widmet, näher beschrieben werden. So wird „das Tägliche“ bereits im 2. Buch Mose als das beständige Opfer eingeführt, ein Lamm auf dem Altar am Morgen und ein anderes zwischen den zwei Abenden (2. Mo 29). Die Annehmlichkeit des Lagers, in dessen Mitte der HERR wohnte, wird durch das beständige Brandopfer sichergestellt. Deshalb war seine Erwähnung schon in dem Buch der Erlösung unter den Büchern des Pentateuchs höchst passend.

Andererseits wird Schlachten und Verbrennen der roten jungen Kuh ausführlich nur im 4. Buch Mose beschrieben, weil es um die besondere Vorsorge für Befleckungen auf dem Weg geht (4. Mo 19) und dieses Buch die Wüstenreise des Volkes Gottes behandelt. So haben wir auch nur hier die gnädige Einrichtung eines Passahs im zweiten Monat für solche, die wegen einer zeitweiligen Verunreinigung das erste Passah versäumt hatten (4. Mo 9). Dagegen war das Passahopfer als solches bereits im zweiten Buch eingesetzt und ausführlich als die Grundlage der Erlösung dargestellt worden. An keiner anderen Stelle findet sich eine so eingehende Beschreibung. Tatsächlich hören wir nichts von Blut, das auf die Türpfosten gesprengt wurde – eines der markantesten Zeichen – außer bei dieser ersten Gelegenheit.

Und was wiederum könnte für das 5. Buch charakteristischer sein als die Darbringung der Erstlinge aller Frucht (5. Mo 26)? Dieses Buch, das an der Grenze des verheißenen Landes geschrieben wurde – als die Wanderung durch die Wüste bereits beendet war – betrachtet den Einzug des Volkes in ihr Erbteil. Der Israelit sollte von den Erstlingen aller Frucht des Erdbodens, den der HERR, sein Gott, ihm gab, nehmen und in einen Korb legen und an den Ort gehen, den Er erwählen würde, um seinen Namen daselbst wohnen zu lassen. Dem Priester bekannte er, dass er in das Land, das der HERR ihnen gegeben hatte, gekommen war. Und wenn der Priester den Korb vor den Altar hinstellte, sollte der Israelit sagen: Ein umherirrender (umkommender) Aramäer war mein Vater, und er zog nach Ägypten hinab und vermehrte sich daselbst und wurde bedrückt durch harten Dienst. Aber der HERR sah und hörte und führte uns machtvoll heraus und brachte uns in dieses Land, das von Milch und Honig fließt. „Und nun siehe, ich habe die Erstlinge der Frucht des Landes gebracht, das du, HERR, mir gegeben hast.“ Dort sollte er sich an all dem Guten erfreuen, das der HERR, sein Gott, ihm und seinem Haus, dem Leviten und dem Fremdling in seiner Mitte gab. Auch der Christ besitzt in der Gemeinschaft mit einem verherrlichten Herrn eine besondere Freude in Gott. Er darf in einer noch höheren Weise das gute Teil genießen, das Gott ihm gibt – Er, der uns mit dem Christus alles schenkt (Röm 8,32).

Doch von allen Opfern besitzt keines einen so einzigartigen Wert wie das des Sühnungstages in 3. Mose 16. Da wurde das Blut innerhalb des Vorhangs getragen und auf und vor den Deckel der Lade (des Gnadenstuhls) gesprengt. Es waren nicht die Söhne Aarons, wie bei anderen Gelegenheiten, sondern der Hohepriester war es, der Sühnung für das Heiligtum und das Zelt der Zusammenkunft und den Altar tat, ebenso wie für sich selbst und sein Haus und für die ganze Versammlung Israels. Dabei hatten Stellvertretung und Versöhnung ihren deutlichen Platz. Es handelte sich um den Zugang zu Gott in der höchsten Form, der unter Gesetz zugelassen wurde. Und gleichzeitig macht der Heilige Geist deutlich, dass der Weg in das Heiligtum noch nicht offenbart war, solange die erste Hütte noch Bestand hatte (Heb 9,8).

Jetzt aber, da Christus gekommen und gestorben ist, ist der Vorhang zerrissen, und wir – die wir glauben – sind freigemacht zum Eintritt in das Heiligtum. Und indem das Priestertum geändert wird, findet notwendig auch eine Änderung des Gesetzes statt. Denn jetzt ist eine bessere Hoffnung eingeführt worden, durch die wir Gott nahen. Der Vater hat uns fähig gemacht zum Anteil am Erbe der Heiligen in dem Licht. Wir können dem Thron der Gnade mit Freimütigkeit nahen, da wir einen großen Hohenpriester haben, der durch die Himmel gegangen ist.

Israel muss noch warten, bis der Hohepriester hervortreten wird, um zu erfahren, dass alle ihre Ungerechtigkeiten weggeschafft sind in ein Land, aus dem sie nie wieder zum Vorschein kommen.

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