Die gegenwärtige Erwartung der Kirche

4. Abend: Die erste Auferstehung

Lukas 20,17

Der Gegenstand, über welchen ich mir vorgenommen habe, diesen Abend mit euch zu reden, ist die Auferstehung, und besonders die Auferstehung der Kirche, die Auferstehung der Gerechten als vollkommen verschieden von derjenigen der Gottlosen.

Wir haben von Christus als Erben aller Dinge, von der Kirche als Miterben mit ihm, und von der Zukunft Christi vor dem tausendjährigen Reich gesprochen, ein Kommen, das man nicht verwechseln darf mit dem Tag der Auferstehung der Gottlosen und dem Gericht, das gehalten wird vor dem weißen Thron, und das erst nach dem tausendjährigen Reich stattfinden wird. Nun haben wir die Kirche zu betrachten, wie sie an dieser Zukunft Christi teilnimmt, die durch die erste Auferstehung bewerkstelligt wird.

Ich habe nicht nötig, euch von der Auferstehung Jesu als Siegel seiner Sendung zu sprechen; in dieser Beziehung betrachte ich sie als eine anerkannte Wahrheit; es ist ausreichend, euch für diesen Hauptpunkt Römer 1,4 anzuführen, wo der Apostel uns sagt: „...und erwiesen ist als Sohn Gottes in Kraft dem Geist der Heiligkeit nach durch Toten-Auferstehung“. Diese Auferstehung war die große Tatsache, welche bewies, dass Jesus der Sohn Gottes ist, aber sie war auch zugleich der große Gegenstand der Predigt der Apostel, der Grund ihrer Briefe und des ganzen neuen Testaments.

Lasst es uns, geliebte Freunde, im Vorbeigehen gestehen, dass die Schwierigkeiten bei den Gegenständen, die wir behandeln, nicht daher rühren, dass das Wort Gottes nicht einfach, klar und überzeugend ist, sondern daher, weil gewöhnlich die vorgefassten Ideen uns den natürlichen Sinn verbergen. Man hat die Gewohnheit, außerhalb der heiligen Schrift zu denken; man trägt viel eher seine Ideen in dieses Wort hinein, als dass man sie aus demselben herleitet; man findet dann unverträgliche Widersprüche in dem, was vor uns liegt, und wir mutmaßen nicht, dass diese Unverträglichkeit auf Rechnung der Ideen kommt, die ganz menschlich sind.

Die Lehre von der Auferstehung ist in mehr als einer Beziehung wichtig. Sie knüpft unsere Hoffnung an Christus und an die ganze Kirche, mit einem Wort an die Ratschlüsse Gottes in Christo an; sie macht uns begreiflich, dass wir ganz frei gemacht sind in ihm, durch unsere Teilnahme an einem Leben, das, indem es uns mit ihm vereinigt, zugleich die Quelle aller Kraft ist, um ihn selbst von diesem Augenblick an zu verherrlichen; sie stellt unsere Hoffnung auf die sicherste Weise fest; sie drückt endlich unser ganzes Heil aus dadurch, dass sie uns in eine neue Schöpfung einführt, durch welche die Allmacht Gottes uns in den zweiten Adam versetzt, über die Grenzen der Sünde, des Satans und des Todes hinaus. Die Seele, wenn sie scheidet, geht zu Jesus, aber sie ist noch nicht verherrlicht.

Das Wort Gottes redet von verherrlichten Menschen, von verherrlichten Leibern, aber nie von verherrlichten Seelen. Doch, wie schon gesagt, an der Stelle des Wortes Gottes haben menschliche Lehren Platz genommen, und die Erwartung der Auferstehung hat aufgehört, der gewöhnliche Zustand der Kirche zu sein.

Die Auferstehung war das Fundament der Predigt der Apostel.

Apostelgeschichte 1,22: „Von diesen muss einer mit uns ein Zeuge seiner Auferstehung werden“. Dies ist der beständige Gegenstand ihres Zeugnisses. Lasst uns jetzt die Ausdrücke ihres Zeugnisses selbst betrachten.

Apostelgeschichte 2,24: „Den hat Gott auferweckt“.

Desgleichen Vers 32: „Diesen Jesus hat Gott auferweckt, wovon wir alle Zeugen sind“.

Apostelgeschichte 3,15: „Den Urheber des Lebens aber habt ihr getötet, den Gott aus den Toten auferweckt hat, wovon wir Zeugen sind“.

In Apostelgeschichte 4,2 sehen wir, dass diese Lehre von der Auferstehung als die öffentlich durch die Apostel verkündigte Lehre anerkannt war, die nicht darin bestand, dass die Seele im Tode in den Himmel gehe, sondern dass die Toten wieder leben werden.

Wie die Pharisäer es waren, die dem Herrn, während er auf Erden war, am meisten entgegenstanden, nämlich die Selbstgerechten, die sich dem allein wahrhaft Gerechten widersetzen, so werdet ihr zugleich sehen, wie Satan nach seinem Tode die Sadduzäer erweckte, welche Feinde der Lehre von der Auferstehung waren. In Apostelgeschichte 4,1 und Kapitel 5,17 sowie 10,40 und 41 gibt Petrus Zeugnis von dieser gleichen fundamentalen Wahrheit vor dem Hauptmann Cornelius und seinen Freunden. Paulus predigte dieselbe ebenfalls den Juden von Antiochien und Pisidien, Apostelgeschichte 13,34, indem er ihnen sagte: „Dass er ihn aber aus den Toten auferweckt hat, damit er nicht mehr zur Verwesung zurückkehre, hat er so ausgesprochen: ‚Ich werde euch die zuverlässigen Gnaden Davids geben'“. In Apostelgeschichte 17,18 bis 31 verkündigte er mitten unter gelehrten Heiden diese Lehre, welche der Stein des Anstoßes für ihre fleischliche Weisheit war. Sokrates und andere Philosophen glaubten wohl an die Unsterblichkeit; wenn aber diese Männer und andere Neugierige von der Auferstehung des Leibes reden hörten, spotteten sie darüber. Ein Ungläubiger kann über die Unsterblichkeit ein Gespräch führen, aber wenn er von der Auferstehung des Leibes reden hört, so zieht er diesen Gegenstand ins Lächerliche, und warum? Weil er mittels der Unsterblichkeit der Seele sich selbst erheben, seine eigene Wichtigkeit herausstellen kann; dies ist etwas, das mit dem Menschen, wie er ist, übereinstimmt; aber den Staub auferwecken, ein lebendiges, verherrlichtes Wesen daraus schaffen, das ist eine Herrlichkeit, die nur Gott angehört, ein Werk, zu dem Gott allein die Fähigkeit hat; denn wenn Gott, der alle Grundstoffe unseres Leibes in Staub aufgelöst hat, dieselben von neuem wieder zusammenfügen und einen lebendigen Menschen daraus machen kann, gewiss, so kann er Alles.

Lasst uns noch Apostelgeschichte 24,21 betrachten. Der Apostel möge Recht oder Unrecht gehabt haben, sich auf die Vorurteile der Pharisäer zu berufen, in dieser Stelle versichert er ganz bestimmt, dass er wegen der Verkündigung dieser Lehre angeklagt sei. In Vers 15 legt er dieselbe Wahrheit dar; in Kapitel 26,8 stellt er sie dem König Agrippa als diejenige Sache vor, um die es sich handelte; desgleichen auch Vers 23. Man sieht aus diesen Stellen, dass die Auferstehung beständig der Grund von der Predigt der Apostel und die Hoffnung der Gläubigen war.

Lasst uns nun auf den zweiten Teil unseres Gegenstandes kommen, auf die Auferstehung der Kirche für sich allein, oder auf die besondere Auferstehung der Gerechten.

Es wird, so hat uns der Apostel gesagt, eine Auferstehung sowohl der Gerechten, als der Ungerechten sein; aber die Auferstehung der Gerechten oder der Kirche ist eine Sache ganz für sich, die in keiner Verbindung mit derjenigen der Gottlosen steht, die nicht im gleichen Augenblick stattfindet, wo diese letztere, noch nach demselben Prinzip; denn obwohl sie, die eine wie die andere, durch die gleiche Macht bewirkt werden sollen, so liegt doch in der Auferstehung der Gerechten ein besonderes Prinzip zu Grunde, nämlich die Innewohnung des Heiligen Geistes, welche der Auferstehung der Gottlosen fremd ist.

Man bemerke, wie die Kraft der Auferstehung das Leben, die Rechtfertigung, die Zuversicht, die Herrlichkeit der Kirche umfasst.

Gott selbst ist uns vorgestellt unter dem Namen des Gottes, der die Toten auferweckt, der seine Macht in die äußersten Tiefen, wo unsere Sünde wirksam geworden ist, in den Wohnsitz des Todes selbst Eingang verschafft, um aus demselben ein Leben hervorgehen zu lassen, das von dem Augenblick an den Menschen über alle gefährlichen Folgen der Sünde, in ein Leben mit Gott versetzt.

Römer 4,23–25: An Gott, der die Toten auferweckt, sind wir berufen zu glauben; in der Auferstehung Jesu liegt die Macht, die Kraft unserer Rechtfertigung. Das ist die Wahrheit, die uns diese Stelle vorhält. Unsere Gemeinschaft mit Jesu dem Auferstandenen macht, dass wir von Gott angenommen sind. Wir sollen uns ansehen, als schon über dem Grabe hinausversetzt.

Darum war der Glaube Abrahams ein gerecht machender Glaube, er sah „nicht seinen eigenen, schon erstorbenen Leib an“, sondern er glaubte an einen Gott, der die Toten auferweckt; „deswegen ist ihm auch sein Glaube zur Gerechtigkeit gerechnet worden“. Die Auferstehung Jesu war der große Beweis und zugleich in Betreff aller ihrer moralischen Wirkungen, die Gründung dieser Wahrheit von dem Gegenstand unseres Glaubens: dass Gott die Toten auferweckt. Wir sehen diese Wahrheit deutlich ausgedrückt in 1. Petrus 1,21. Die Anwendung davon auf uns selbst ist uns gegeben in unserer Vereinigung mit dem Herrn.

Kolosser 2,12: „Mit ihm begraben in der Taufe, in dem ihr auch mitauferweckt worden seid durch den Glauben an die wirksame Kraft Gottes, der ihn aus den Toten auferweckt hat“. Die Kirche aufersteht zuerst, weil Christus, ihr Haupt, auferstanden ist. Die Auferstehung der Kirche ist nicht eine Auferstehung, deren Ziel das Gericht ist; sie ist die einfache Folge ihrer Vereinigung mit Christus, der an ihrer Statt gerichtet wurde.

Wir sehen auch in diesen Stellen, wie sich diese Wahrheiten gegenseitig stützen. Die Auferstehung der Kirche ist eine besondere Sache, weil die Kirche an der Auferstehung Christi Teil hat. Wir werden auferweckt, nicht nur weil Jesus Christus uns aus dem Grabe rufen wird, sondern weil wir eins mit ihm sind. Deswegen, weil wir an ihm Teil haben im Glauben, sind wir schon mit Christus auferstanden in Bezug auf die Seele, aber noch nicht in Bezug auf den Leib. Die Rechtfertigung der Kirche besteht darin, dass sie mit Christus auferstanden ist. Diese gleiche Tatsache ist auch in Epheser 1,18 ff. ausgedrückt und Kapitel 2,4–6.

Paulus sagte niemals: ‚Wenn ich erlöst bin, so bin ich zufrieden.' Er wusste, dass es die Hoffnung ist, die die Seele in Tätigkeit setzt, die Liebe anregt, und welche den ganzen Menschen belebt, und ihm seine Richtung gibt; er wünschte, dass die Kirche von dieser Hoffnung ganz erfüllt wäre. Es soll uns nicht genügen zu sagen: ‚ich bin erlöst'; das ist noch nicht genug für die Liebe Gottes, der nicht befriedigt ist, wenn wir nicht der ganzen Herrlichkeit seines Sohnes teilhaftig sind; und wir sollen nicht gleichgültig gegen seinen Willen sein.

Epheser 2,6 hält uns die gleiche Wahrheit vor. Die Gegenwart des Heiligen Geistes in der Kirche ist das, was unsere Stellung vor Gott bezeichnet. Wie der Geist Christi unser Tröster ist, uns aushilft in unserer Schwachheit, und uns Zeugnis gibt, dass wir Kinder Gottes sind, und fähig macht, Gott zu dienen, ebenso werden wir auch mittels des Heiligen Geistes, der in uns ist, auferstehen, und um des Heiligen Geistes willen ist auch das Prinzip der Auferstehung der Kirche ein ganz anderes, als dasjenige der Auferstehung der Gottlosen. Wir sagen: unsere Auferstehung ist die Folge des in uns wohnenden Heiligen Geistes.

Römer 8,11: Seht da den Unterschied.

Die Welt empfängt den Heiligen Geist nicht; denn „sie sieht ihn nicht und kennt ihn nicht“ (Joh 14,17). Unser Leib nun ist der Tempel des heiligen Geistes, folglich ist unsere Seele erfüllt, wenigstens soll sie erfüllt werden von der Herrlichkeit Christi. Ebenso wird unser Leib, der ein Tempel des Heiligen Geistes ist nach der Kraft dieses Geistes, der in uns wohnt, auferstehen, was sich von den Gottlosen nicht sagen lässt.

Es ist die Auferstehung, die, indem sie uns in die Welt des neuen Adams versetzt, uns als Teilhaftige dieses Lebens, gleich von nun an auch wirklich in eine neue Welt versetzen wird, deren Haupt und Herrlichkeit Er sein wird, weil er sie erworben hat, und weil er daselbst regiert als auferstandener Mensch.

Man bemerke noch, dass unter denjenigen Stellen, wo von der Auferstehung die Rede ist, keine von einer gleichzeitigen Auferstehung der Gottlosen und Gerechten spricht, sondern dass diejenigen Stellen, die Bezug auf die Auferstehung der Gerechten haben, dieselbe als eine besondere erwähnen. Alle werden auferstehen.

Es wird eine Auferstehung der Gerechten und der Ungerechten sein; aber sie werden nicht miteinander stattfinden. Ich will nacheinander die Stellen anführen, die dieses bestätigen.

Man weiß, dass wir bei der Zukunft Christi auferstehen sollen (Phil 3,20.21, 1. Kor 15,23).

Die Jünger des Heilandes waren mit der Idee einer Auferstehung der Gerechten vertraut, und sie ist als solche dargestellt durch den Heiligen Geist. Lukas 14,14: „Denn dir wird vergolten werden in der Auferstehung der Gerechten.“

Doch, um geradezu auf die Beweise davon zu kommen, so bin ich vollkommen überzeugt, dass die Idee der Unsterblichkeit der Seele ihre Quelle nicht in dem Evangelium hat, sondern dass sie im Gegenteil von den Platonikern herrührt, und dass es gerade da geschah, als die Zukunft Christi in der Kirche geleugnet wurde, oder wo man wenigstens anfing, sie aus dem Gesicht zu verlieren, und in diesem nämlichen Zeitpunkt die Lehre von der Unsterblichkeit der Seele an die Stelle der Lehre von der Auferstehung zu setzen. Es war in dem Jahrhundert des Drigenes. Es wird nicht nötig sein, zu sagen, dass ich nicht an der Unsterblichkeit der Seele zweifle; ich bezeichne bloß die Tatsache, dass diese Idee an die Stelle der Lehre von der Auferstehung der Kirche, als dem Zeitpunkt ihrer Freude und ihrer Herrlichkeit, getreten ist.

In Lukas 20,35–36 heißt es: „Die aber für würdig erachtet werden, jener Welt teilhaftig zu sein und der Auferstehung aus den Toten,...“. An der Auferstehung also, um die es sich hier handelt, haben nur diejenigen Anteil, die derselben würdig sind; diejenigen, welche würdig sein werden, jene Welt zu erlangen, nämlich jene Welt der Freude, des Reiches Christi. Diese Auferstehung der Toten gehört also diesem Zeitpunkt an, und nicht allein der Ewigkeit. „Denn,“ fügt der Herr hinzu, „sie können auch nicht mehr sterben, denn sie sind Engeln gleich und sind Söhne Gottes, da sie Söhne der Auferstehung sind.“ Die Gottlosen werden auferstehen zum Gericht, aber jene werden auferstehen, weil sie würdig sind, die Auferstehung zu erlangen, die Jesus erlangt hat. Wir sehen in dieser angeführten Stelle den Beweis für eine Auferstehung, welche nur die Kinder Gottes angeht; sie sind Kinder Gottes, weil sie Kinder der Auferstehung sind. Kind Gottes sein und Teilhaben an dieser Auferstehung, das ist der Titel und das Erbe derselben Personen.

Johannes 5,25–29: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Es kommt die Stunde und ist jetzt, da die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden, und die sie gehört haben, werden leben. Denn wie der Vater Leben in sich selbst hat, so hat er auch dem Sohn gegeben, Leben zu haben in sich selbst; und er hat ihm Gewalt gegeben, Gericht zu halten, weil er des Menschen Sohn ist. Wundert euch darüber nicht, denn es kommt die Stunde, in der alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören und hervorkommen werden: die das Gute getan haben, zu Auferstehung des Lebens, die aber das Böse verübt haben, zur Auferstehung des Gerichts.“ Man setzt diese Stellen der besonderen Auferstehung der Gerechten entgegen, aber wir werden sehen, dass sie selbst zur Erklärung und Bekräftigung der Wahrheit, die uns beschäftigt, beitragen. Zwei Handlungen Christi sind als die zwei Eigenschaften seiner Herrlichkeit dargestellt, die eine, welche darin besteht, lebendig zu machen, die andere, zu richten.

Er macht lebendig, welche er will, und alles Gericht ist ihm übergeben, damit alle, selbst die Gottlosen, den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren. Jesus war hienieden mit Schmach bedeckt, nun sorgt Gott der Vater dafür, dass die Rechte seiner Herrlichkeit anerkannt werden. Er macht lebendig, welche er will, zuerst ihre Seele, dann ihren Leib. Diese verherrlichen ihn aus freiem Willen. Was die Gottlosen anbetrifft, so besteht die Art, die Rechte Jesu in Bezug auf sie geltend zu machen, darin, dass er sie richtet.

In dem Werk der Lebendigmachung handeln der Vater und der Sohn in Übereinstimmung, weil die Lebendiggemachten in Gemeinschaft sein sollen mit dem Vater und mit dem Sohn. Aber was das Gericht anbelangt, so richtet der Vater Niemanden, weil sie nicht ihn, sondern den Sohn beleidigt haben.

Die Gottlosen werden Jesus Christus wider ihren Willen ehren, wenn sie gerichtet werden.

Zu welcher Zeit wird dies in Erfüllung gehen? Es wird für die Gottlosen zur Zeit des Gerichts der Lebendigen und der Toten geschehen vor dem großen weißen Thron. Für die Kinder Gottes wird es in Erfüllung gehen, wenn ihre Leiber teilnehmen werden an dem Leben, das ihren Seelen schon mitgeteilt ist, an dem Leben Christi selbst, zur Zeit der Auferstehung der Gerechten.

Die Auferstehung ist für diese nicht eine Auferstehung zum Gericht, sie ist, um es zu wiederholen, für die Kinder Gottes bloß ein Akt der lebendig machenden Kraft Jesu, die schon in ihrer Seele gewirkt hat, und welche, wenn Gott es gut finden wird, auch auf ihren Leib wirken soll. „Die das Gute getan haben“, sagt unser Text, „zur Auferstehung des Lebens, die aber das Böse verübt haben, zur Auferstehung des Gerichts.“

Man macht den Einwurf, Jesus habe in Vers 28 gesagt: „es kommt die Stunde, in der alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören.“ Also sollen die Gerechten und Ungerechten offenbar miteinander auferstehen; allein drei Verse stehen vor diesem, und in Vers 25 heißt es: „Es kommt die Stunde und ist jetzt, da die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden, und die sie gehört haben, werden leben.“ Unter Stunde ist hier der ganze Zeitraum zu verstehen, welcher seit der Ankunft des Heilandes verflossen ist, und in diesem Wort sind zwei verschiedene Zustände der Dinge inbegriffen, weil die Toten die Stimme des Sohnes des Menschen während seines Lebens gehört haben und sie schon seit 1800 Jahren hören.

Seht also, was uns hier vor Augen gestellt ist: Die Stunde 1 wird kommen für die Lebendigmachung der Seele; es ist eine Stunde, die schon seit 1800 Jahren dauert; und die Stunde zum Gericht wird auch kommen.

Das Wort Stunde hat in diesen zwei Stellen den gleichen Sinn, nämlich, dass es eine Zeit für die Lebendigmachung und eine Zeit für das Gericht gibt, eine Periode, während welcher die Seelen lebendig gemacht werden, und eine Periode, wo die Leiber sollen auferstehen. Die Auferstehung ist für mich nur die Anwendung der lebendig machenden Kraft Jesu Christi auf meinen Leib.

Ich werde auferstehen, weil ich schon an meiner Seele lebendig gemacht bin. Die Auferstehung ist die Vollendung des ganzen Werkes, weil ich ein Kind Gottes bin, und weil der Heilige Geist in mir wohnt, weil ich in Beziehung auf meine Seele schon mit Christus auferstanden bin.

Es gibt eine Auferstehung zum Leben, an welcher diejenigen teilhaben, welche zuvor an ihren Seelen lebendig wurden, und eine Auferstehung des Gerichtes für diejenigen, welche Jesus verworfen haben.

In 1. Kor 15,23 zeigt sich die Verbindung sehr klar, die zwischen der Zukunft Christi und der Auferstehung der Toten besteht, sowie die Ordnung in der Auferstehung uns sehr deutlich dargestellt ist. „... Christus..., der Erstling der Entschlafenen;“ (1. Kor 15,20). Der Entschlafenen, und nicht der Gottlosen. Diejenigen, welche Christo angehören, werden auferstehen bei seiner Zukunft; nach diesem wird das Ende kommen, ein Zeitpunkt, wo das Reich Gott dem Vater übergeben wird. Wann er kommen wird, wird er das Reich einnehmen, aber am Ende wird er es übergeben. Die Erscheinung Christi wird also vor dem Ende stattfinden, und zwar zum Untergang der Gottlosen; Er wird kommen, um sein Königreich zu reinigen. – „Der Erstling, Christus; dann die, die des Christus sind bei seiner Ankunft; dann das Ende“ (1. Kor 15,23).

1. Thes 4: Wenn Christus kommen wird, so wird er die Gläubigen mit sich führen, und die Toten in Christo werden zuerst auferstehen. Dies ist die Erfüllung unserer Hoffnung, dies ist die Frucht unserer Rechtfertigung, die Folge der Innewohnung des Heiligen Geistes in uns.

„Die Toten in Christus werden zuerst auferstehen; danach werden wir, die Lebenden, die übrig bleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden in Wolken dem Herrn entgegen in die Luft“ (1. Thes 4,17). Dies ist eine Sache, die ausschließlich der Kirche angehört, denjenigen, welche in Christo entschlafen, und welche von dem Augenblick an für immer bei dem Herrn sein werden.

In Phil 3,10 ff. gibt Paulus alles daran, Christus „zu erkennen und die Kraft seiner Auferstehung, ... ob ich“, sagt er, „auf irgendeine Weise hingelangen möge zur Auferstehung aus den Toten“.

Warum so sprechen, wenn es wahr ist, dass Gute und Böse miteinander auf die gleiche Weise auferstehen sollen? Diese Auferstehung der Toten ist eben die erste Auferstehung, welche Paulus immer vor Augen hatte. „Ich willige darin ein“, will er sagen, „Alles zu verlieren, Alles zu leiden, wenn ich, es koste, was es wolle, nur zur Auferstehung der Gerechten gelangen kann – das ist mein einziges Verlangen“.

Die Auferstehung der Toten war offenbar eine Sache, die ausschließlich die Kirche anging.

Sie konnte mit dem Apostel sagen: „Ich jage, das Ziel anschauend, hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christus Jesus“ (Phil 3,14).

Was den Zeitpunkt, oder den Zwischenraum anbelangt zwischen der Auferstehung der Gläubigen und der Auferstehung der Gottlosen, so ist dies ein Umstand, der ganz unabhängig von dem Prinzip an sich selbst ist, nämlich von der Verschiedenheit der beiden Auferstehungen; unser Glaube über diesen Punkt soll gänzlich von einer ausdrücklichen Offenbarung abhängen, die jedoch kein anderes Gewicht hat, als weil es Gott also gefallen hat zu seiner Verherrlichung. Diese Periode findet sich nirgends angemerkt, als in der Offenbarung unter dem Ausdruck von tausend Jahren. Zwischen den beiden Auferstehungen werden 1000 Jahre ablaufen. Es dreht sich hier nur um die Zeitdauer, die unter diesem Ausdruck von tausend Jahren verstanden ist. Die Stelle findet sich in Offenbarung 20,4: „Und ich sah Throne, ...“. Die Welt wird alsdann erkennen, dass wir begnadigt und geliebt worden sind, wie Jesus selbst von dem Vater geliebt worden ist. Wenn die erste Auferstehung, diejenige der Gerechten, nicht buchstäblich stattfindet, warum denn die zweite, diejenige der Ungerechten? Als Gegenstand unserer Hoffnung, Quelle unseres Trostes und unserer Freude trägt es wenig dazu bei, zu wissen, dass die Ungerechten auferstehen werden; aber das Köstliche und Wesentliche ist das, zu wissen, dass die Auferstehung der Gläubigen die Vollendung ihrer Seligkeit sein, dass Gott durch dieselbe seine Liebe gegen uns im vollkommenen Maße offenbaren wird; ja er wird auch unseren Leib lebendig machen, nachdem er zuvor unserer Seele das Leben verliehen hat, und wird aus dem Staube der Erde eine Gestalt machen, die für dieses Leben aus Gott passend ist. Wir sehen im Worte Gottes ein, dass die Geister, aber immer, dass die Leiber verherrlicht sind 2. Es gibt eine Herrlichkeit Gottes und eine Herrlichkeit derjenigen, welche auferstehen werden.

Nach diesem Ausdruck: „Jesus Christus, der ... aber Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht hat durch das Evangelium“ (2. Tim 1,10), bedeutet die Unsterblichkeit das unvergängliche Wesen des Leibes und nicht die Unsterblichkeit der Seele.

Ich wünsche, meine Teuersten, dass die Erkenntnis dieser Wahrheit durch die Kraft Christi, von welcher ihre ganze Erfüllung abhängt, unsere Herzen belebe, damit wir vollkommen werden. Denn diese Erkenntnis in ihrer ganzen Ausdehnung ist es, was die Schrift „Vollkommenheit“ nennt. Christus wurde ebenso in Bezug auf seinen Zustand und seine Stellung vor Gott vollkommen gemacht; auch wir werden jetzt vollkommen durch den Glauben, indem wir erkennen, dass wir auferstanden sind mit ihm, wie wir es später sein werden in Bezug auf unseren Leib. „Und eurer ganzer Geist und Seele und Leib werde untadelig bewahrt bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus“ (1. Thes 5,23). Diese Wahrheit von der Auferstehung der Kirche knüpfe sich in unserem Geiste an alle die kostbaren Wahrheiten unsers in Christo vollbrachten Heiles an, und erfülle sich durch das Übermaß derselben auch in Beziehung auf unseren Leib.

Fußnoten

  • 1 Für den Gebrauch dieses Wortes siehe Joh 5,35; 16,23.26; 1. Joh 2,18; 2. Kor 7,8
  • 2 Anmerkung der Redaktion: Hier ist das Original unklar.
Nächstes Kapitel »« Vorheriges Kapitel