Der Brief an die Römer

2. Die Prüfung und Entlarvung des Menschen: Kapitel 1,18–3,20

Der Brief an die Römer

Aus den einleitenden Versen haben wir lernen können, dass das große Ziel dieses Briefes darin besteht, die Gläubigen in ihrer persönlichen Beziehung zu Gott zu befestigen. Paulus schreibt: „Um euch zu befestigen“ (Vers 11). Um dieses Ziel zu erreichen, zeigt der Apostel Paulus, dass das Evangelium Gottes Kraft zur Errettung ist. Denn durch dieses Evangelium wird die Gerechtigkeit Gottes offenbart. Nichts wird den Gläubigen mehr befestigen als das Bewusstsein, dass Gott den Sünder rettet, der an Jesus glaubt, und dies sogar gerecht ist. Denn diese Errettung findet in Übereinstimmung mit der heiligen Natur Gottes statt.

Bevor der Apostel jetzt fortfahren kann in seinem Thema, um zu zeigen, wie Gott den Sünder, der an Jesus glaubt, gerechterweise rechtfertigen kann, muss er zunächst zeigen, dass der Mensch diese Gerechtigkeit wirklich nötig hat. Denn dieser besitzt keine Gerechtigkeit in sich selbst. Paulus beweist das, indem er zeigt, dass sich der Mensch selbst ruiniert hat und dass er sich nicht selbst aus seinem verdorbenen Zustand heraus retten kann. Wenn es daher möglich werden sollte, dass irgendjemand gerettet werden könnte, hing das vollständig von Gott ab; von dem, was Gott für den Menschen tat, nicht jedoch von dem, was ein Mensch für Gott hätte tun können. Denn wir Menschen konnten nichts tun, was Gott befriedigt. Was Gott tut, muss in Übereinstimmung mit seiner Gerechtigkeit sein. Daher hängt die Errettung des Menschen vollständig davon ab, dass Gott in gerechter Weise zugunsten des Menschen tätig wird.

Der Beweis, dass der Mensch keine göttliche Gerechtigkeit aufweist (1,18)

Das große Thema des nun folgenden Abschnitts des Briefes besteht gerade darin zu beweisen, dass der Mensch keine Gerechtigkeit besitzt, die Gott anerkennen könnte. Um das nachzuweisen, geht der Apostel auf die Geschichte des Menschen ein und zeigt, dass dieser in jedem denkbaren Zustand geprüft wurde. Das Ergebnis war, dass der Mensch bei jeder Prüfung vollständig versagt hat. Als er in eine Stellung der Verantwortung gestellt wurde – welche es auch sein mochte –, versagte er darin, seiner Verantwortung zu entsprechen. Er hat weder gegenüber Gott noch gegenüber seinen Mitmenschen recht gehandelt. So bewies der Mensch, dass er gottlos und ungerecht war.

„Denn Gottes Zorn wird vom Himmel her offenbart über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, die die Wahrheit in Ungerechtigkeit besitzen“ (1,18).

Vers 18 enthält eine allgemeine Bemerkung, die einer Überschrift über den gesamten Abschnitt gleicht. Es handelt sich um eine Anklageschrift gegen alle Menschen, deren Richtigkeit durch die Details bewiesen wird, die in den Versen 19 bis Kapitel 3,20 genannt werden. Paulus belegt, dass die Menschen gottlos und ungerecht sind. Die Gottlosigkeit des Menschen zeigt sich darin, dass er das Zeugnis verachtet, das Gott über sich selbst abgelegt hat. Ungerechtigkeit bezieht sich auf die böse Lebenspraxis des Menschen. Darüber hinaus zeigt Paulus, dass der Mensch die Wahrheit in ungerechter Weise eingesetzt hat.

Drei Gruppen von Menschen

Paulus unterscheidet im Folgenden drei Gruppen von Menschen:

  1. den Heiden,
  2. den auf moralische Werte bestehenden Menschen, und
  3. den Juden.

Alle drei Gruppen von Menschen besaßen ein bestimmtes Maß an Wahrheit. Aber sie benutzten die Wahrheit jeweils, um böse Ziele zu verfolgen. Der Heide hatte ein gewisses Licht über die Schöpfung Gottes. Aber anstatt seinen Schöpfer zu verehren, wandte er sich dem Götzendienst zu. Der Jude benutzte das Gesetz, um sich darin gegenüber anderen zu rühmen. Und leider gilt derselbe Grundsatz in der Christenheit. Man hat die Liebe Gottes dazu benutzt, die Heiligkeit Gottes zu leugnen. So wird die Wahrheit heute dazu verwendet, Irrtum zu begründen.

Gott hat dieses Böse durch die verschiedenen Prüfungen des Menschen offenbar gemacht. Er beantwortet dieses Böse, indem Er seinen Zorn über den Menschen bringt. Das Kreuz offenbart die Gerechtigkeit Gottes, die den Sünder rettet, wenn er denn dieses Werk glaubend für sich persönlich in Anspruch nimmt. Dasselbe Kreuz offenbart jedoch auch den Zorn Gottes über die Sünde. Es handelt sich um den Zorn Gottes, der vom Himmel her offenbart wird und über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit ausgeschüttet wird. In alttestamentlicher Zeit wurde der Zorn Gottes durch Gerichte offenbart, die Gott in seiner himmlischen Regierung über einzelne Personen oder Nationen brachte. Denn diese hatten gegen das ihnen geschenkte, beschränkte Licht gesündigt.

Heute handelt es sich jedoch nicht mehr nur um einen beschränkten Ausdruck des Zorns im Blick auf den Menschen auf der Erde. Denn der Zorn entspricht der heiligen Natur Gottes im Himmel und wird über jede Sünde ausgegossen, wo auch immer diese Sünde gefunden werden mag. Gott hat sich in Christus nicht wie im Alten Testament nur teilweise offenbart, sondern in Ihm sein ganzes Herz gezeigt. Entsprechend handelt es sich auch beim Zorn um ein volles Maß.

Volle Gerechtigkeit – voller Zorn

Wir haben also im Evangelium die volle Offenbarung der rettenden Gerechtigkeit Gottes. So haben wir auch eine volle Offenbarung des Zorns Gottes gegen die Sünde. Gottes rettende Gerechtigkeit nimmt auch nicht das Geringste von seinem Zorn gegen die Sünde weg. Im Gegenteil! Die Offenbarung der Kraft Gottes, die den größten Sünder auf der Grundlage der Gerechtigkeit retten kann, wird zugleich der Anlass, in vollständiger Weise den Zorn Gottes gegen jede Sünde deutlich zu machen. Was unsere Seite betrifft, so können wir es uns leisten, der vollen Offenbarung des Zorns Gottes gegen Sünden zu begegnen, weil wir die Gerechtigkeit Gottes in der Vergebung unserer Sünden in Anspruch genommen haben.

Der Zorn Gottes wird im Übrigen heute noch nicht ausgeübt, denn bis heute handelt Gott in Gnade. Aber der Zorn ist bereits offenbart, so dass jeder Mensch wissen kann, was ihn erwartet.

Nach dieser eher allgemeinen Anklageerhebung fährt der Apostel fort und beweist deren Wahrheit, indem er die Geschichte und den Weg der drei genannten Gruppen von Menschen durchleuchtet:

  1. der Heiden (Röm 1,19–32)
  2. der moralisch hoch stehenden Menschen (Röm 2,1–16)
  3. der Juden (Röm 2,17–3,18)

Abgeschlossen wird dieser Teil des Briefes mit der feierlichen und ernsten Zusammenfassung, was den Zustand des Menschen betrifft. Paulus beweist, dass die ganze Welt mit Sünde befleckt und daher dem Gericht Gottes verfallen ist (Röm 3,19.20).

Die Heiden (Kapitel 1,19–32)

Der Apostel kommt nun von der allgemeinen Anklage des Menschen zu den Einzelheiten der Geschichte der einzelnen Gruppen. Zunächst beschäftigt er sich mit den Heiden, die keine direkte Offenbarung Gottes besaßen. Diese Menschen trugen in dreierlei Hinsicht Verantwortung:

  1. Sie konnten in der Schöpfung ein Zeugnis Gottes erkennen (1,19.20).
  2. Sie hatten eine gewisse Erkenntnis über Gott (1,21–31).
  3. Sie hatten ein Gewissen, das ihnen deutlich machte, dass sie nicht in Übereinstimmung mit ihrer Erkenntnis von Gott lebten (1,32).

Das Zeugnis der Schöpfung  (1,19.20)

„... weil das von Gott Erkennbare unter ihnen offenbar ist, denn Gott hat es ihnen offenbart – denn das Unsichtbare von ihm wird geschaut, sowohl seine ewige Kraft als auch seine Göttlichkeit, die von Erschaffung der Welt an in dem Gemachten wahrgenommen werden –, damit sie ohne Entschuldigung seien“ (1,19.20).

„Denn das Unsichtbare von ihm wird geschaut, sowohl seine ewige Kraft als auch seine Göttlichkeit, die von Erschaffung der Welt an in dem Gemachten wahrgenommen werden – damit sie ohne Entschuldigung seien.“ Da wir das volle Licht der Offenbarung Gottes besitzen, dass jedes andere Zeugnis in den Schatten stellt, stehen wir in Gefahr zu vergessen, wie groß das Zeugnis Gottes auch in der Schöpfung ist. Die Menschen offenbaren ihre Gottlosigkeit aber darin, dass sie jedem Zeugnis Gottes mit Verachtung begegnen.

Der Mensch, der an die Evolution glaubt, versucht unsere Welt durch das, was er Naturgesetze nennt, zu erklären. Auf diese Weise will er jedes Zeugnis Gottes aus der Schöpfung auslöschen. Der moderne Mensch möchte uns auf diese Weise die Kenntnis von Gott rauben und uns ohne Offenbarung Gottes zurücklassen.

Trotz dieser Untreue im Herzen des Menschen, sei es, dass es sich durch die Gedanken der Evolution oder die moderner Philosophie zu betrügen sucht, bleibt die Schöpfung als Zeuge Gottes erhalten. Der Psalmist verkündigt: „Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes, und die Ausdehnung verkündet seiner Hände Werk“ (Ps 19,1). Die Schöpfung verkündigt uns in allen ihren Teilen die ewige Kraft und Göttlichkeit Gottes. Dennoch ist auffallend, dass der inspirierte Schreiber von Psalm 19 von Teilen der Schöpfung spricht, die der Mensch nicht berühren oder verderben kann. Er spricht beispielsweise von der unaufhörlichen Abfolge von Tag und Nacht. Er nennt auch den immerwährenden Lauf der Sonne. Aus Gottes Sicht ist das Zeugnis der Schöpfung derart kraftvoll und überzeugend im Blick auf seine Macht und Göttlichkeit, dass es den Menschen ohne Entschuldigung lässt.

Wir finden hier übrigens keinen Anhaltspunkt, dass die Schöpfung ein Zeuge des Evangeliums ist, oder dass sie Gott in seiner Natur offenbart hat. Aber sie zeugt von dem Schöpfer-Gott. Die Antwort des Menschen ist jedoch, dass er sich von dem Schöpfer wegwendet, anstatt sich vor Ihm niederzubeugen. Die Menschen haben also schon zu Zeiten des Apostels Paulus gezeigt, wie die untreuen Wissenschaftler es auch heute tun, dass sie meinen, Gott nicht zu brauchen. Wenn der Mensch aber auf Gott verzichten will, möchte er auch dessen Evangelium nicht hören. Der Mensch, der das Zeugnis der Schöpfung ablehnt, hat keine Entschuldigung, auch wenn er das Evangelium noch nie gehört hat.

Das Licht der Erkenntnis Gottes (1,2123)

„... weil sie, Gott kennend, ihn weder als Gott verherrlichten noch ihm Dank darbrachten, sondern in ihren Überlegungen in Torheit verfielen und ihr unverständiges Herz verfinstert wurde. Indem sie sich für Weise ausgaben, sind sie zu Toren geworden und haben die Herrlichkeit des unverweslichen Gottes verwandelt in das Gleichnis eines Bildes von einem verweslichen Menschen und von Vögeln und von vierfüßigen und kriechenden Tieren“ (1,21–23).

Neben dem Zeugnis der Schöpfung besaß der Mensch von Anfang an auch eine gewisse Erkenntnis von Gott. Darüber spricht der Apostel, wenn er sagt, dass die Heiden Gott kannten. Bereits die Welt vor der Flut hatte Kenntnis von Gott. Denn gegenüber dieser Welt weissagte Henoch, und Noah predigte ihr. So waren auch diese Menschen nicht ohne ein Zeugnis von Gott.

Wenn der Apostel dann jedoch von Götzendienst spricht, bezieht er sich wohl hauptsächlich auf die gegenwärtige Welt, die aus Noah und seiner Familie hervorgegangen ist. Die erste Handlung dieser gegenwärtigen Welt war der Bau eines Altars für den Herrn. Das zeigt uns, dass die gegenwärtige Welt zumindest mit einer gewissen Kenntnis Gottes begann. Diese Menschen hatten gerade durch das ernste Gericht der Flut lernen müssen, dass Gott gegenüber den Wegen der Menschen nicht gleichgültig war. Er würde gegenüber der Gewalttat und Verdorbenheit der Menschen nicht unbegrenzt zusehen. Daher wussten diese Menschen, dass sie es mit einem Gott zu tun hatten, gegenüber dem der Mensch verantwortlich war.

Ohne Gott auskommen wollen

Diese Kenntnis Gottes hätte den Menschen dazu bringen sollen, Gott im Blick auf dessen Macht und Weisheit in der Schöpfung zu verherrlichen. Er hätte Gott für seine reichhaltige und segensreiche Versorgung danken sollen. Früher oder später jedoch fürchtete und hasste der gefallene Mensch Gott. Die Menschen mögen tatsächlich gezwungen sein zuzugeben, auch wenn sie an die Evolution glauben, dass es eine „erste Ursache“ für alles Sein gibt. Denn letztendlich ahnen sie, dass auch die besten Theorien den wirklichen Anfang der Schöpfung nicht werden erklären können. In ihrem Wahn jedoch, unbedingt ohne Gott auskommen zu wollen, haben die Menschen alles daran gesetzt, wie jemand einmal gesagt hat, Gott hinter seinen Werken zu verbergen, Ihn abzuschieben, anstatt Gott in seinen Werken zu erkennen.

Weil die Menschen Gott nicht im Blick auf seine Werke verherrlichten und Ihm auch nicht für seine wiederkehrenden Beweise der Barmherzigkeit dankten, verloren sie dann die Kenntnis Gottes, die sie ursprünglich besaßen. Nachdem sie auch das Zeugnis der Schöpfung zurückgewiesen hatten, stützten sie sich auf ihre eigenen Überlegungen. Auf diese Weise wurden ihre dummen Herzen weiter verdunkelt: Sie verloren dadurch sogar jede Kenntnis Gottes. Moralische Finsternis ist in der Schrift nichts anderes als Unwissenheit über Gott, während Licht die Kenntnis Gottes bedeutet. Je törichter die Menschen wurden, desto mehr meinten sie, weise zu sein. Und je mehr sie vorgaben, weise zu sein, desto größere Narren wurden sie.

Dabei übersahen sie, dass der Mensch jemanden braucht, auf den er sich stützen kann. Er sucht jemanden, zu dem er aufsehen kann in seinem Elend und in seiner Schwachheit. Der Mensch verwarf jedoch nicht einfach den wahren Gott und wurde zu einem Toren, sondern errichtete sich falsche Götter, die zu den eigenen Vorstellungen passten, anstatt sich auf Gott zu stützen. Da sich aber der Geschmack eines Menschen von dem eines anderen unterscheidet, musste man eine ganze Anzahl von Göttern schaffen, die den unterschiedlichen Ideen Genüge taten.

Zuerst verwandelten diese Menschen Gott in das Bildnis eines verweslichen Menschen. Dann sanken sie noch tiefer in ihren Vorstellung von Gott und machten Gott zu einem Bild von Vögeln und vierfüßigen Tieren, bis sie schließlich auf dem Tiefpunkt ihrer Entartung Gott zu einem Bildnis kriechender Tiere machten – zum Beispiel von Schlangen. Die Anbetung von Schlangen bewies, wie vollständig der Mensch von Gott gefallen war, um sich dem Teufel zuzuwenden und ihm zu dienen.

Gott gibt schließlich den gottlosen Menschen dahin (1,24–27)

„Darum hat Gott sie hingegeben in den Begierden ihrer Herzen zur Unreinheit, ihre Leiber untereinander zu schänden; die die Wahrheit Gottes mit der Lüge vertauscht und dem Geschöpf Verehrung und Dienst dargebracht haben anstatt dem Schöpfer, der gepriesen ist in Ewigkeit. Amen. Deswegen hat Gott sie hingegeben in schändliche Leidenschaften; denn sowohl ihre Frauen haben den natürlichen Verkehr mit dem widernatürlichen vertauscht, als auch ebenso die Männer den natürlichen Verkehr mit der Frau verlassen haben und in ihrer Wollust zueinander entbrannt sind, indem sie, Männer mit Männern, Schande trieben und den gebührenden Lohn ihrer Verirrung an sich selbst empfingen“ (1,24–27).

Das entsetzliche Ergebnis wird in den nun folgenden Versen gezeigt. Nachdem der Mensch Gott aufgegeben hat, hören wir nun dreimal, dass „Gott sie hingegeben hat“. In seiner Regierung wird dem Menschen gestattet zu ernten, was er gesät hat. In ihren Begierden haben sich die Menschen von dem wahren Gott weggewandt. Das Niederfallen vor falschen Göttern, die sich diese Menschen nach ihrem eigenen Geschmack aufgerichtet hatten, führte dazu, dass sie ihren eigenen Begierden weiter nachgaben. Dann gab Gott sie ihren eigenen Begierden hin, so dass diese ungläubigen Menschen noch weitergingen und sogar ihre eigenen Körper entehrten, wie sie zuvor Gott verunehrt hatten.

Nachdem diese Ungläubigen die Wahrheit Gottes mit einer Lüge vertauscht hatten und es dann wagten, an die Stelle des Schöpfers ein Geschöpf zu stellen, hat Gott sie dahingegeben, so dass sie sogar moralisch unter die Geschöpfe fielen, die sie anbeteten. Die Menschen sanken unter die Tiere. Zu Recht ist gesagt worden, dass ein Tier kein moralisch verantwortliches Geschöpf ist. Ein Mensch jedoch, der sich auf die Ebene eines Tieres hinab begibt, ist unmoralisch. Seine Zuneigungen werden verdorben und verkehren sich von der natürlichen Liebe zu dem, was widernatürlich ist.

Schande nach Körper, Seele und Geist (1,28–31)

„Und weil sie es nicht für gut befanden, Gott in Erkenntnis zu haben, hat Gott sie hingegeben in einen verworfenen Sinn, zu tun, was sich nicht geziemt; erfüllt mit aller Ungerechtigkeit, Bosheit, Habsucht, Schlechtigkeit; voll von Neid, Mord, Streit, List, Tücke; Ohrenbläser, Verleumder, Gott Hassende, Gewalttäter, Hochmütige, Prahler, Erfinder böser Dinge, den Eltern Ungehorsame, Unverständige, Treulose, ohne natürliche Liebe, Unbarmherzige“ (1,28–31).

Der Zustand, der in den folgenden Versen beschrieben wird, zeigt ein furchtbares Bild der Abscheulichkeiten heidnischer Welt. Der Zustand, der in diesem Katalog von Verbrechen beschrieben wird, wird zu seiner Wurzel zurückverfolgt. Als die Menschen eine gewisse Kenntnis Gottes besaßen, „befanden sie es nicht für gut, Gott in Erkenntnis zu haben“. Die Menschen haben das Licht, das Gott ihnen von sich selbst gegeben hat, freiwillig aufgegeben. Als Folge davon wird der Mensch einem verworfenen Sinn hingegeben, um sich seinen verdorbenen Gedanken hinzugeben.

Die schreckliche Folge der Sünde ist ein Mensch mit geschändetem Körper (1,24), mit schändlichen Leidenschaften bzw. Zuneigungen (1,26) und verworfenem Sinn (1,28). Der Mensch ist gefallen, nach Leib, Seele und Geist. Die Schrift macht überaus klar, dass der Zustand der letzten Stufe der Christenheit nur mit sehr ähnlichen Worten und einer fast identischen Liste von Lastern beschrieben werden kann. In 2. Timotheus 3,1–5 zeigt der Apostel, dass der Zustand der Christenheit zu dem des Heidentums herabsinken würde. Dieselbe Wurzel wird dieselben Früchte hervorbringen, denn in 2. Timotheus 4,4 spricht der Apostel von bekennenden Christen in den letzten, schweren Tagen und sagt von ihnen: „Sie werden die Ohren von der Wahrheit abkehren, sich aber zu den Fabeln hinwenden“.

In den frühen Tagen der Weltgeschichte hatten die Menschen noch ein gewisses Maß an Kenntnis von Gott, so dass sie ohne Entschuldigung waren. Sie haben diese Kenntnis Gottes freiwillig aufgegeben. „Sie haben es nicht für gut befunden, Gott in Erkenntnis zu haben“, so dass sie moralisch unter Tiere sanken.

In diesen letzten Tagen haben wir die volle Kenntnis Gottes, der zu Zeiten des Alten Testaments in dichter Finsternis wohnte, jetzt aber im Licht vollkommen offenbart worden ist. In der Person des Sohnes hat sich Gott vollständig offenbart. Und doch erleben wir, dass die Menschen ihre Ohren auch jetzt von der Wahrheit abwenden und sich Fabeln zuwenden. Die Christenheit befindet es auch heute – wie früher – nicht für gut, Gott in Erkenntnis zu haben. Es besteht allerdings der ernste Unterschied, dass sich die Menschen früher von einer teilweisen Offenbarung Gottes wegwandten, während die Christen heute mit der vollen Offenbarung Gottes im Christentum nichts zu tun haben wollen. Das Ergebnis wird noch schrecklicher sein.

Unsere einzige Sicherheit ist, darauf zu achten, dass wir die Kenntnis Gottes in Übereinstimmung mit dem Licht seiner Offenbarung in Christus bewahren.

Das Zeugnis des Gewissens (1,32)

„... die, obwohl sie Gottes gerechtes Urteil erkennen, dass die, die so etwas tun, des Todes würdig sind, es nicht allein ausüben, sondern auch Wohlgefallen an denen haben, die es tun“ (1,32).

Schließlich lernen wir im letzten Vers des ersten Kapitels, dass der Mensch von Anfang an das Zeugnis des Gewissens in sich besaß. Er weiß, dass die Sünden, die er liebt und begeht, falsch sind und Gericht auf sich ziehen. Der Mensch lehnt das Zeugnis der Schöpfung ab. Er befindet es nicht für gut, die Kenntnis Gottes zu haben. So vernachlässigt er auch noch die Stimme des Gewissens.

So ist in diesen Versen bewiesen worden, dass die heidnische Welt eine verdorbene Welt ist, die keine Entschuldigung hat für das Böse, das sie tut, so dass sie ohne Gerechtigkeit vor Gott steht.

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