Der Prophet Micha

Kapitel 1: Das Gericht über Samaria und Juda durch den Assyrer

1. Einführung und prophetische Tragweite: V. 1

Die Prophetie Michas ist verknüpft mit der Herrschaft dreier Könige von Juda: Jotham, Ahas und Hiskia. Der erste, Jotham, war ein gottesfürchtiger König. Seine Regierungszeit symbolisiert die vergangenen Segnungen des Volkes Gottes. Ahas war böse und treulos. Sein trauriger Wandel hat den Verfall des Volkes von Juda beschleunigt. Er verachtet die göttlichen Hilfsangebote durch Jesaja gegen die Könige von Syrien (Jes 7,10–13) und stellt sich freiwillig unter den Schutz Assyriens, des echten Feindes des Volkes Gottes. Er vernachlässigt und entweiht den Gottesdienst im Tempel und wählt die Gräuel des Molochkults. Ahas ist also ein Bild des Abfalls des jüdischen Volkes des Endes.

Hiskia dagegen setzt den Gottesdienst wieder ein und feiert das Passah in Jerusalem. Indem er all sein Vertrauen auf den HERRN setzt, widersteht er siegreich den Angriffen des Assyrers. Er weist somit prophetisch auf den treuen Überrest des Endes hin, der errettet werden wird, um sich an den Segnungen des Königreiches des Herrn Jesus zu erfreuen. Der historische Bericht von dem Sieg Hiskias über den Assyrer wird dreimal in der Schrift berichtet (2. Kön 18,13–19,37; 2. Chr 32,1–23; Jes 36–37). Dies unterstreicht die Wichtigkeit seiner prophetischen Bedeutung für die Zeiten des Endes.

2. Gott spricht von seinem irdischen Thron aus, um die ganze Erde zu richten: V. 2–7

Die Weissagung Michas beginnt wie die von Jesaja (Jes 1,2) mit einem Appell zu hören, welchen Gott an alle Völker (Micha) bzw. an die Himmel und die Erde (Jesaja) richtet.

Der Herr, HERR, erscheint sofort als ein Richter. Er befindet sich in „seinem heiligen Palast (oder Tempel)“, wie auch Habakuk und Jona ihn sehen (Hab 2,20; Jona 2,8). Aber er kommt herab auf die Erde (im Bilde), „um die Ungerechtigkeit der Bewohner der Erde an ihnen heimzusuchen“ und um sein befremdendes Werk zu tun und seine außergewöhnliche Arbeit zu verrichten (Jes 26,21; 28,21). Die Berge, ein Bild von etablierten Mächten, schmelzen vor ihm, während die Täler wie von Lavaströmen eines ausbrechenden Vulkans überflutet werden – ein Bild des Gerichts! Der erste Grund für dieses Gericht ist die Sünde der ganzen Nation (V. 5).

Jakob 1 bezeichnet die Gesamtheit des Volkes, das nach dem Tod Salomos dem Götzendienst verfiel. Samaria, die Hauptstadt des Zehnstämme-Reichs, wird mit hier mit der Übertretung Jakobs in Verbindung gebracht. Später hing Juda denselben Götzen an, und in Jerusalem, dem Sitz des Thrones Gottes, wurden viele Höhen errichtet, die geschnitzten Bildern geweiht waren.

Gott kündigt deshalb zuerst das Gericht über Samaria (V. 6.7) an, bevor er es auf Jerusalem (Mich 3,12) ausdehnt. Das Land wird wüst sein, und alle Götzenbilder werden vernichtet werden. Die unreinen Beziehungen Israels mit den götzendienerischen Nationen werden als etwas angeprangert, das den Charakter von geistlicher Prostitution trägt.

3. Die Einnahme Judas und Jerusalems: V. 8–16

Nachdem Micha die Stimme Gottes gewesen war, um das Gericht über das Volk anzukündigen, wird er nun zum Wortführer des Volkes, um dessen Klage angesichts des Zornes Gottes auszudrücken. Der Prophet legt alle Zeichen der Demütigung und der Trauer an – inmitten eines gleichgültigen Volkes. Er empfindet tiefen Schmerz. Er weint, klagt und geht nackt umher als Zeichen der Trauer. Sein Klagen wird mit dem Geheul der Schakale und dem Ruf der Strauße verglichen. Später wird Jeremia über „die Schuld der Tochter meines Volkes“ weinen (Jer 8,23; Klgl 4,6). Und wir, sind wir traurig angesichts des öffentlichen Verfalls der Kirche?

Gat war eine der Hauptstädte der Philister. Seit dem Lied vom Bogen (der Klage Davids über den Tod Sauls und Jonathans) gab es in Israel ein Sprichwort: „Berichtet es nicht in Gat“ (2. Sam 1,20). Die Niederlagen des Volkes Gottes sollten den Feinden nicht berichtet werden – aus Angst, dass diese sich darüber freuen könnten.

Die Einnahme des Gebiets von Juda und Benjamin durch die assyrischen Heere, die von Sanherib bis vor die Tore Jerusalems geführt wurden, wird am Ende des Kapitels beschrieben. Jesaja berichtet dieselbe Szene (Jes 10,24–34), wobei er auf die aufeinanderfolgenden Schritte der Eroberung Wert legt, während Micha die Gründe für dieses Gericht unterstreicht.

Der hier erwähnte Einmarsch in das Land Israel durch den Assyrer weist im Vorbild auch auf die Ereignisse des Endes hin, wenn die jüdische Nation nach der Entrückung der Versammlung dem Einfall Assyriens unter der Führung des Königs des Nordens die Stirn bieten müssen wird. Der Prophet Daniel offenbart das Ende dieses Feindes Gottes und seines Volkes (Dan 11,40–45).

Der Prophet nennt mehrere Städte, die in die Hände des Feindes fallen werden, um das Gericht über sie durch die Bedeutung ihrer Namen näher zu charakterisieren: Beth-Leaphra (Haus des Staubes), das sich im Staub wälzen wird, Schaphir (schöne Stadt), das jetzt verfallen ist, Marot (Bitterkeit), Moreschet-Gat (Besitztum Gats), eine Stadt, die in die Hände der Philister, der ständigen Feinde Israels, gefallen ist. Lachis war einst von Josua erobert worden (Jos 10,32). Sie war der Mittelpunkt des Götzendienstes in Israel geworden. Ihre Bewohner werden jetzt vor dem Feind fliehen müssen (V. 13). Schließlich würden die Häuser Achsibs (Trug) die Könige Israels täuschen (V. 14).

Der Name Adullam, der Ruhesitz bedeutet, wirft glücklicherweise einen Lichtstrahl und einen Hoffnungsschimmer auf diese Szene der Verwüstung. Zusammen mit Marescha (Besitz) wird Adullam die Ankunft des Erben sehen und die letzte Zuflucht der Herrlichkeit Israel, das heißt seiner Häupter, sein. Zur Zeit Samuels war die Höhle Adullam der Ort der Sammlung von Bedrängten um den verworfenen König David gewesen (1. Sam 22,1–4; 2. Sam 23,13). Noch heute wird die Gemeinschaft mit Christus, dem Erben aller Dinge (Heb 1,2), weit entfernt von den Freuden dieser Welt, die ihn ablehnt, genossen; dies ist die wahre „Herrlichkeit Israels“.

Fußnoten

  • 1 Jakob (was „Überlister“ bedeutet) ist der Geburtsname des Patriarchen und der Name, der mit seiner Verantwortlichkeit verknüpft ist. Gott änderte seinen Namen in Israel (was „Kämpfer Gottes“ bedeutet), der Name, der auf die göttlichen Absichten in Bezug auf ihn hinweist.
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