Jesus Christus ist derselbe

7. Die neue Ordnung des Priestertums (7,1-28)

Jesus Christus ist derselbe

Nachdem der Apostel ab Kapitel 5,11 bis zum Ende des 6. Kapitels ein Wort der Ermahnung und der Ermutigung eingeschoben hat, nimmt er jetzt das große Thema des 5. Kapitels wieder auf. In diesem Kapitel hatte er uns die Würde des Priestertums Christi vorgestellt, indem er uns daran erinnerte, dass Christus als der Auferstandene als Hoherpriester nach der Ordnung Melchisedeks begrüßt worden ist. In Kapitel 7 fährt er fort, den erhabenen Charakter dieser Ordnung des Priestertums zu erläutern, indem er seine Überlegenheit über das aaronitische Priestertum zeigt.

Es ist wichtig, zwischen der Ordnung des Priestertums und der Ausübung der priesterlichen Tätigkeiten zu unterscheiden. Wenn es um die Ordnung oder den Rang des Priestertums geht, so ist Melchisedek das geeignete Vorbild für das Priestertum Christi. Wenn es um die Ausübung seiner priesterlichen Tätigkeit zugunsten von Christen geht, so ist Aaron das Vorbild, das im Wesentlichen die Tätigkeit Christi darstellt. Das aaronitische Priestertum kennt Opfer, Fürsprache und Geräte des Heiligtums, die in Verbindung mit Melchisedek nicht erwähnt werden. So werden wir daran erinnert, dass niemals eine einzelne Person, auch nicht im Vorbild, alle Herrlichkeiten Christi zum Ausdruck bringen kann.

Verse 1.2: Denn dieser Melchisedek, König von Salem, Priester Gottes, des Höchsten, der Abraham entgegenging, als er von der Schlacht der Könige zurückkehrte, und ihn segnete, dem auch Abraham den Zehnten von allem zuteilte; der erstens übersetzt König der Gerechtigkeit heißt, dann aber auch König von Salem, das ist König des Friedens,

Der Apostel weist auf die bemerkenswerte Begebenheit in der Geschichte Abrahams hin, wo ihm für einen kurzen Augenblick Melchisedek begegnet, der größer ist als er selbst. Dieser Mann wird absichtlich mit einem geheimnisvollen Dunkel umgeben, damit er, in gewisser Hinsicht „dem Sohn Gottes verglichen“, in geeigneter Weise unseren großen Hohenpriester, den Sohn Gottes, vorbilden könnte. Der Abschnitt in 1. Mose 14,17–24, wo diese Begebenheit beschrieben wird, handelt vorbildlich vom Tausendjährigen Reich. Nach der Schlacht der Könige, die das Volk Gottes gefangengenommen hatten, kommt Melchisedek und geht Abraham entgegen. Sein Name und der Name seines Landes bedeuten, dass er König der Gerechtigkeit und König des Friedens war. Ferner war er „Priester Gottes, des Höchsten“, des Gottes, der durch die Schlacht der Könige bewiesen hatte, dass Er sein Volk von seinen Feinden befreien und jede rivalisierende Macht besiegen kann.

Seiner Stellung nach war Melchisedek König. Seine Herrschaft war durch Gerechtigkeit und Frieden gekennzeichnet. In der Ausübung seines Priestertums stand er zwischen Abraham und Gott. Als Stellvertreter Gottes vor dem Menschen segnete er Abraham im Namen Gottes. Als Stellvertreter des Menschen vor Gott pries er Gott, den Höchsten, im Namen Abrahams. Er bringt dem Menschen Segen von Gott und leitet das Lob des Menschen zu Gott.

So wird Gott in den zukünftigen Tagen des Tausendjährigen Reichs als Gott, der Höchste, bekannt sein, der sein irdisches Volk befreien und in Gerechtigkeit mit jeder feindlichen Macht handeln wird. Dann wird Christus wirklich als König und Priester hervorstrahlen. So wird uns in der direkten Prophetie mitgeteilt: „Er wird Herrlichkeit tragen; und er wird auf seinem Thron sitzen und herrschen, und er wird Priester sein auf seinem Thron; und der Rat des Friedens wird zwischen ihnen beiden sein“ (Sach 6,13). Er wird der wahre König der Gerechtigkeit, König des Friedens und Priester Gottes, des Höchsten, sein.

Vers 3: … ohne Vater, ohne Mutter, ohne Geschlechtsregister, weder Anfang der Tage noch Ende des Lebens habend, aber dem Sohn Gottes verglichen, bleibt Priester auf immerdar.

Außerdem ist Melchisedek besonders dadurch geheimnisvoll, dass kein Bericht über seine Abstammung, seine Geburt oder seinen Tod gegeben wird. Was die Beschreibung der Begebenheit in 1. Mose 14 betrifft, so ist er „ohne Vater, ohne Mutter, ohne Geschlechtsregister, weder Anfang der Tage noch Ende des Lebens habend“. Er kommt an den Ort des Geschehens, ohne dass wir irgendwie Näheres über seine Herkunft erfahren, und er verschwindet wieder, ohne dass wir wieder etwas von ihm hören. Was den Bericht anbelangt, so bleibt er „Priester auf immerdar“, in auffallendem Gegensatz zu Aaron.

Darin wird er dem Sohn Gottes verglichen, und deshalb bringt er in passender Weise die Würde des Priestertums des Sohnes Gottes zum Ausdruck, der Priester bleibt auf immerdar.

Verse 4–7: Schaut aber, wie groß dieser war, dem selbst Abraham, der Patriarch, den Zehnten von der Beute gab. Und zwar haben die von den Söhnen Levis, die das Priestertum empfangen, ein Gebot, den Zehnten von dem Volk zu nehmen nach dem Gesetz, das ist von ihren Brüdern, obwohl sie aus den Lenden Abrahams gekommen sind. Er aber, der sein Geschlecht nicht von ihnen ableitete, hat den Zehnten von Abraham genommen und den gesegnet, der die Verheißungen hatte. Ohne allen Widerspruch aber wird das Geringere von dem Besseren gesegnet.

Nun werden wir aufgefordert, weitere Einzelheiten in dieser Geschichte zu betrachten, die die Überlegenheit des Priestertums Melchisedeks über dasjenige Aarons zeigen. Erstens ist dieser König-Priester so groß an Würde, dass selbst der Patriarch Abraham ihm den Zehnten von der Beute gab. Von Abraham stammen die Söhne Levis ab, die bei der Ausübung ihres Priestertums den Zehnten von dem Volk nahmen. Aber obwohl sie den Zehnten nahmen, zahlten sie in der Person Abrahams, ihres Vaters, selbst den Zehnten an Melchisedek.

Außerdem empfing Melchisedek nicht nur den Zehnten von Abraham, sondern er segnete auch den, der die Verheißungen hatte. Der, von dem gesagt ist, dass er ein Segen sein sollte und dass in seinem Samen alle Völker der Erde gesegnet werden würden, wird selbst gesegnet, und ohne allen Widerspruch wird „das Geringere von dem Besseren gesegnet“.

Verse 8–10: Und hier zwar empfangen Menschen, die sterben, die Zehnten, dort aber einer, von dem bezeugt wird, dass er lebe; und sozusagen ist durch Abraham auch Levi, der die Zehnten empfängt, gezehntet worden, denn er war noch in den Lenden des Vaters, als Melchisedek ihm entgegenging.

Im Fall Aarons und seiner Söhne ist es so, dass Menschen, die sterben, die Zehnten empfangen. Doch bei Melchisedek haben wir keinen Hinweis auf seinen Tod. Was die Geschichtsschreibung betrifft, wird bezeugt, „dass er lebe“.

So haben die Priester nach der Ordnung Aarons in der Person Abrahams, ihres Vaters, den Zehnten gezahlt und den Segen empfangen, statt die Zehnten zu empfangen und den Segen auszuteilen. Dazu haben sie als Menschen, die sterben, den Zehnten an jemanden gezahlt, von dem bezeugt wird, dass er lebe. Damit ist ganz deutlich die Würde des Priestertums Melchisedeks weit über dem Aarons.

Vers 11: Wenn nun die Vollkommenheit durch das levitische Priestertum wäre (denn in Verbindung damit hat das Volk das Gesetz empfangen), welches Bedürfnis wäre noch vorhanden, dass ein anderer Priester nach der Ordnung Melchisedeks aufsteht und nicht nach der Ordnung Aarons genannt wird?

Wenn jedoch das Priestertum Melchisedeks dem des Aaron überlegen ist, so ist das ein eindeutiger Beweis für die Unvollkommenheit des aaronitischen Priestertums. Es hatte vorübergehenden Charakter und war in seiner Ausübung unvollkommen. Später in diesem Brief erfahren wir, dass es dem Gewissen keine bleibende Entlastung brachte und den Opfernden nicht befähigte, Gott zu nahen. Gerade diese Unvollkommenheit erwies die Notwendigkeit, dass ein anderer Priester aufstand nach der Ordnung Melchisedeks. Dieser Priester ist Christus, in dem allein Vollkommenheit ist.

Verse 12–14: Denn wenn das Priestertum geändert wird, so findet notwendigerweise auch eine Änderung des Gesetzes statt. Denn der, von dem dies gesagt wird, gehört zu einem anderen Stamm, aus dem niemand am Altar gedient hat. Denn es ist offenbar, dass unser Herr aus Juda entsprossen ist, einem Stamm, über den Mose in Bezug auf Priester nichts geredet hat.

Diese Änderung in der Ordnung des Priestertums macht eine Änderung des Gesetzes notwendig, denn es ist augenscheinlich, dass Christus zum Stamm Juda gehörte, aus dem unter dem Gesetz Moses niemand zum Priesterdienst berufen wurde.

Verse 15–17: Und es ist noch weit augenscheinlicher, wenn, nach der Gleichheit Melchisedeks, ein anderer Priester aufsteht, der es nicht nach dem Gesetz eines fleischlichen Gebots geworden ist, sondern nach der Kraft eines unauflöslichen Lebens. Denn ihm wird bezeugt: „Du bist Priester in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks.“

Ebenso klar ist, dass der Herr, obwohl Er aus dem Stamm Juda kam, zum Priester berufen ist. Aber da Er nach der Gleichheit Melchisedeks Priester ist, ist Er es nicht nach irgendeinem fleischlichen Gebot, das anerkennt, dass der Priester im Fleisch und damit dem Tod unterworfen ist, wofür durch eine Aufeinanderfolge von Priestern Vorsorge getroffen worden ist. Im Gegensatz dazu steht das Priestertum Christi allein in all seiner einzigartigen Würde, denn es ist nach der Kraft eines unauflöslichen Lebens. Der Herr ist als der Auferstandene, in der Kraft eines Lebens jenseits des Todes, berufen worden, Priester zu sein, und daher ist Er es nicht auf Lebenszeit, sondern „in Ewigkeit“.

Verse 18.19: Denn da ist eine Abschaffung des vorhergehenden Gebots seiner Schwachheit und Nutzlosigkeit wegen (denn das Gesetz hat nichts zur Vollendung gebracht) und die Einführung einer besseren Hoffnung, durch die wir Gott nahen.

Das Gesetz Moses in Bezug auf das Priestertum wurde wegen seiner Schwachheit und Nutzlosigkeit abgeschafft. Es war schwach, weil der Priester, dem Tod unterworfen, nicht bleiben konnte. Es war nutzlos, weil es den Opfernden nicht mit einem von der Furcht vor dem Gericht befreiten Gewissen in die Gegenwart Gottes bringen konnte. Das Gesetz weist auf bessere Dinge hin, aber es hat nichts zur Vollendung gebracht. Mit dem Priestertum Christi wurde eine bessere Hoffnung eingeführt. Sie hat den Gläubigen vor Augen, der zur Herrlichkeit gebracht wird, obwohl wir, bevor wir die Herrlichkeit erreichen, Gott durch unseren Hohenpriester nahen können (vgl. 10,21.22).

Verse 20–22: Und inwiefern dies nicht ohne Eidschwur geschah (denn jene sind ohne Eidschwur Priester geworden, dieser aber mit Eidschwur durch den, der zu ihm sprach: „Der Herr hat geschworen, und es wird ihn nicht gereuen: Du bist Priester in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks“), insofern ist Jesus auch Bürge eines besseren Bundes geworden.

Im Gegensatz zur Berufung Aarons wurde die Berufung Christi zum Priestertum mit einem Eidschwur bestätigt. Auch dadurch werden wir von der Überlegenheit des Priestertums Christi über dasjenige Aarons überzeugt. Als Beweis zitiert der Apostel wieder Psalm 110,4. Der Eidschwur schließt ein, dass es kein Widerrufen oder Beiseitesetzen des Priestertums Christi gibt wie im Fall des levitischen Priestertums. Der Eid bürgt umso mehr für die Segnungen des neuen Bundes, die sich auf Jesus und sein Werk gründen.

Verse 23.24: Und von jenen sind mehrere Priester geworden, weil sie durch den Tod verhindert waren zu bleiben; dieser aber, weil er in Ewigkeit bleibt, hat ein unveränderliches Priestertum.

Unter dem Gesetz wurden Menschen zu Priestern bestellt, die durch den Tod verhindert wurden, ihr Amt fortzusetzen. Ein Priester konnte im Rahmen seiner Möglichkeiten mit denen Mitleid haben und die unterstützen, für die er seine priesterliche Tätigkeit ausübte. Doch der Tod raffte ihn dahin, und ein anderer Priester kam, dem die Nöte derer fremd waren, die zu seinen Vorgängern gekommen waren. Wie anders ist das bei Christus! Nachdem Er über den Tod triumphiert hat, wird Er in Ewigkeit sein unveränderliches Priestertum ausüben. „Du aber bleibst“, und: „Du aber bist derselbe“ (1,11.12).

Vers 25: Daher vermag er auch diejenigen völlig zu erretten, die durch ihn Gott nahen, indem er allezeit lebt, um sich für sie zu verwenden.

Nachdem der Apostel die Überlegenheit des Priestertums Christi gezeigt hat, zählt er die Segnungen auf, die dem Gläubigen durch dieses Priestertum zufließen. Nun, da wir sehen, dass wir einen solchen Hohenpriester haben, der immerdar lebt und sich nie verändert, wird uns versichert, dass Er bis zum äußersten Punkt unserer Wüstenreise zu erretten vermag und dass wir auf unserer Reise durch Ihn Gott nahen können. Er kann uns von jedem Feind erretten, uns zu Gott bringen und sich in all unseren Schwachheiten für uns verwenden.

Verse 26.27: Denn ein solcher Hoherpriester geziemte uns auch: heilig, unschuldig, unbefleckt, abgesondert von den Sündern und höher als die Himmel geworden, der nicht Tag für Tag nötig hat, wie die Hohenpriester, zuerst für die eigenen Sünden Schlachtopfer darzubringen, dann für die des Volkes; denn dies hat er ein für alle Mal getan, als er sich selbst geopfert hat.

Der Apostel beendet diesen Abschnitt des Briefes, indem er uns zeigt, dass ein solcher Hoherpriester uns geziemte. In Kapitel 2,10 haben wir gesehen, dass ein solcher Hoherpriester Gott geziemte. Hier sehen wir, dass Er „uns geziemte“. Wenn wir sehen, wer Gott in all seiner Heiligkeit ist, so ist ein Hoherpriester, der geringer ist als Christus, nicht passend für Gott. Wenn wir sehen, was wir in all unserer Schwachheit sind, so würde kein Geringerer als Christus uns nützen. Er geziemte uns wegen seiner inneren Heiligkeit; wegen der Reinheit seiner Beweggründe – Er ist unschuldig, ohne einen einzigen bösen Gedanken; weil Er, während Er über diese Erde ging, unbefleckt war – unverdorben von den verderblichen Einflüssen der Welt; wegen seiner Erhöhung; vor allem wegen seines vollbrachten Werkes für die Sünden, als Er sich selbst auf dem Kreuz opferte.

Vers 28: Denn das Gesetz bestellt Menschen zu Hohenpriestern, die Schwachheit haben; das Wort des Eidschwurs aber, der nach dem Gesetz gekommen ist, einen Sohn, vollendet in Ewigkeit.

So sehen wir, dass der Sohn, der durch das Wort des Eidschwurs geheiligt ist, um in Ewigkeit Priester zu sein, in auffallendem Gegensatz steht zu den Menschen, die, mit Schwachheit umgeben, von dem Gesetz zu Priestern bestellt wurden.

Abschließend eine Zusammenfassung der Lehre dieses Kapitels:

  1. die Würde der Ordnung des Priestertums Christi, wie es durch Melchisedek vorgebildet wird (V. 1–3);
  2. die Erhabenheit des Priestertums Christi, wie sie durch die Überlegenheit des Priestertums Melchisedeks über das levitische Priestertum nachgewiesen wird (V. 4–10);
  3. die Unvollkommenheit des levitischen Priestertums, die einen Wechsel des Priestertums notwendig macht (V. 11);
  4. der Wechsel des Priestertums erfordert eine Änderung des Gesetzes bezüglich des irdischen Priestertums (V. 12–19);
  5. das Priestertum Christi durch einen Eid bestätigt (V. 20–22);
  6. das Priestertum Christi bleibend und unveränderlich (V. 23.24);
  7. die vollkommene Befähigung Christi für seine priesterliche Tätigkeit (V. 25);
  8. die persönliche Eignung Christi für sein priesterliches Amt (V. 26–28).
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