Der Dienst und der Diener

2.Korinther 3-6

Es liegt mir am Herzen, ein wenig bei dem Dienst Christi, wie er uns im 2. Korinther-Brief vorgestellt wird, zu verweilen. Die Art der Beschreibung dort weicht stark von der im Epheser-Brief ab. Im Epheser-Brief wird das Geheimnis von Christus und seiner Versammlung entfaltet, sowie unsere himmlischen Segnungen in Verbindung mit einem auferstandenen Christus. Im Zusammenhang damit wird der Dienst als die gnädige Vorsorge des Hauptes für die Bedürfnisse seiner Glieder auf der Erde beschrieben. Es erscheint hier also, was es ja auch ist, als Teil eines Kreises der Lehre, die die Versammlung, ihre Segnungen und Gaben betrifft.

Im 2. Korinther-Brief bemerken wir jedoch eine unterschiedliche Schattierung. Der Apostel möchte hier die völlige geistliche Wiederherstellung seiner Kinder im Glauben erreichen. Sie hatten gesündigt; Satan war hineingekommen; ihre Herzen hatten sich von dem Herrn und von dem Mann, der in ihrer Mitte so sehr zu ihrem Segen benutzt worden war, entfernt. Ihre Wege und ihre Worte zwangen den Apostel daher, von sich und seinem Dienst zu sprechen - viel ausführlicher, als er gewünscht hätte, es zu tun. Folglich hat in diesem Brief der Dienst weitgehend einen Charakter, wo bemerkt werden kann, wie der Apostel versucht, ihre Herzen zu erreichen. Die tiefen Empfindungen und Bewegungen des verletzten Dieners können durchweg gesehen werden. Um die Sache zu vereinfachen, möchte ich kurz bemerken, dass der Gegenstand wie folgt vorgestellt wird: In Kapitel 3 haben wir den Dienst, in Kapitel 4 den Diener, in Kapitel 5 seine Beweggründe, und in Kapitel 6 seine moralischen Eigenschaften. 

Kapitel 3

Der Dienst ist von einem außerordentlich gesegneten Charakter. Das Evangelium - hier wird es das Evangelium der Herrlichkeit des Christus genannt - wird hier in Gegensatz zu dem Gesetz gestellt. Paulus wurde zu einem brauchbaren Diener des neuen Bundes gemacht, „nicht des Buchstabens, sondern des Geistes“. Das Gesetz war ein Dienst des Todes und der Verdammnis. Es stellte nicht das vor, was Gott ist (wie manche gesagt haben), sondern das, was der Mensch eigentlich sein sollte. Es war verhängnisvoll für das Geschöpf. Die alte Natur in ihrem verdorbenen Zustand ist so hilflos, dass niemand den gerechten Ansprüchen Folge leisten kann. Das Gesetz kennt keine Barmherzigkeit. Für solche, die es halten, hat es Segen zur Folge - Leben und Gerechtigkeit -; doch für alle, die darin versagen, aus welchem Grund auch immer, wird mit donnernder Stimme Fluch ausgesprochen.

Unser Kapitel sagt, dass das Gesetz in Herrlichkeit begann. Die Umstände, unter denen es gegeben wurde, waren voller Erhabenheit. Der Mittler, der es ins Lager brachte, strahlte den Glanz der Herrlichkeit wieder, die er erblickt hatte; und er hatte eine Decke auf seinem Angesicht. Wir wollen festhalten, dass sich der Apostel hier auf das zweite Geben des Gesetzes bezieht. Dies ist wichtig. Die ersten Tafeln wurden schon zerbrochen, noch ehe sie im Lager angelangt waren, denn Mose wollte sie nicht dahin bringen, wo sich das goldene Kalb befand. Das zweite Geben der Gebote war mit einer Verkündigung von Langmut und unumschränkter Gnade verbunden (2. Mo 34). Das ist es, was der Apostel als einen Dienst des Todes und der Verdammnis beschreibt. Das Gesetz hat, auch wenn es mit einer derartigen Darstellung eingeführt wurde, für jeden, der damit zu tun hat, diesen ernsten Charakter. Sicherlich für viele Tausende in der Christenheit ein ernster Gesichtspunkt! Denn es ist nicht zu leugnen, dass solche, die in der heutigen Gnadenzeit am Gesetz festhalten, zur gleichen Zeit von Gnade und Barmherzigkeit sprechen. Schon ein vermischtes System ist zum Ruin für das Geschöpf. Das Gesetz bewirkt in jeder Gestalt und Form nur Zorn für den gefallenen und sündigen Menschen. Niemand kann dem entgehen; weder durch das Bekenntnis, an Mose festzuhalten, noch dem, an Christus festzuhalten.

Der alte Dienst wird hier beschrieben als „das, was weggetan werden sollte“. Das Gesetz blieb übrigens bis zum Kommen des verheißenen Samens so bestehen, wie es gegeben wurde. Gott wollte allen den tatsächlichen Zustand des Geschöpfes offenbar machen, bevor das mächtige Heilmittel eingeführt wurde. Die Menschen hatten die durch das Geben des Gesetzes erklärte Absicht Gottes so schwerwiegend missverstanden, dass sie, anstatt ihren wahren Zustand dadurch zu erkennen, es umgangen hatten und sich eine Gerechtigkeit nach ihren eigenen Vorstellungen und Möglichkeiten geschaffen hatten. Welch völlige Blindheit in Bezug auf den wirklichen Zustand des Fleisches vor Gott.

Im Gegensatz dazu wird das Evangelium als „das Bleibende“ bezeichnet. Es wird niemals vor einer noch größeren Herrlichkeit verblassen müssen. Es ist nicht die Darstellung dessen, was der Mensch sein sollte, sondern davon, was Gott ist. Er hat sich selbst in seinem Sohn offenbart, und das auf eine Weise, die unseren Nöten und unserem Zustand angemessen war. Es wurde nicht bloß in Herrlichkeit eingeführt, sondern es nährt sich von Herrlichkeit und besteht darin. Das ist die übertreffende, überschwängliche Herrlichkeit. Es ist das göttliche Zeugnis für den, der nach vollbrachter Erlösung in die Herrlichkeit Gottes aufgefahren ist. Ihn schauen wir mit aufgedecktem Angesicht an, in vollkommenem Frieden in der Gegenwart grenzenloser Heiligkeit. Die Kinder Israel konnten das Angesicht Moses wegen seines Strahlens nicht anschauen; unser Teil ist es nun, ununterbrochen die Herrlichkeit Gottes im Angesicht Christi anzuschauen. Er hat seinen Platz in der Herrlichkeit nicht eher eingenommen, als dass jede Frage im Zusammenhang mit unseren Seelen vollständig geklärt und jeder Feind zum Schweigen gebracht war. Anders als Mose, der auf den Berg hinaufstieg und sagte: '“Vielleicht kann ich Sühnung für eure Sünden tun“ (2. Mo 32,30), während das Volk zitternd und trauernd am Fuß des Berges stand, hat er zuerst Sühnung getan und ist dann hinaufgestiegen, um seinen Platz zur Rechten der Majestät in der Höhe einzunehmen. Wenn unsere Sünden nicht vollständig weggenommen worden wären, bevor er auf diese Weise verherrlicht worden ist, so würden sie nie weggetan werden können, denn er wird niemals wieder auf die Erde herabkommen, um noch einmal zu sterben. Die Gerechtigkeit wurde vollendet und Gott wurde verherrlicht, bevor dieser Platz durch den zweiten Menschen, den Herrn Jesus, eingenommen wurde. Deshalb, je strahlender die Herrlichkeit in seinem Angesicht jetzt scheint, umso völliger ist die Sicherheit für unsere Seelen, und umso tiefer ist unser Friede und Segen.

Es ist ein Dienst der Gerechtigkeit, und ein Dienst des Geistes. Ein Dienst der Gerechtigkeit - nicht der Gerechtigkeit, die unter dem Gesetz gefordert wurde, sondern einer Gerechtigkeit, die allen offenbart worden ist: „Jetzt aber ist, ohne Gesetz, Gottes Gerechtigkeit offenbart worden, bezeugt durch das Gesetz und die Propheten: Gottes Gerechtigkeit aber durch Glauben an Jesus Christus gegen alle und auf alle, die glauben“ (Rö 3,21.22). Gott ist nun in der Lage, seine eigene Herrlichkeit aufrechtzuerhalten und doch jede Seele, die an den Herrn Jesus auf der Grundlage der Erlösung glaubt, zu rechtfertigen. Das ist nicht Barmherzigkeit, obwohl er reich ist an Barmherzigkeit und uns damit überschüttet hat, sondern es ist Gerechtigkeit. Durch den Tod und die Auferstehung des Herrn Jesus ist er nun vollkommen gerecht in all seinen Handlungen der Gnade mit uns. Hier ist fester Boden für unsere Füße. Wenn wir hier ruhen, haben wir sicheren und beständigen Frieden.

Es ist auch ein Dienst des Geistes. Gott hatte niemals beabsichtigt, den Geist als Folge des Beobachtens des Gesetzes zu verleihen. Das heilige Salböl sollte nicht auf das Fleisch ausgegossen werden (2. Mo 30,31.32). Der Geist konnte nicht als Lohn für die Werke des Menschen gewährt werden. Doch auf das Werk Jesu hat Gott diese Ehre gelegt. Der Geist ist aus der Herrlichkeit gekommen, in welche der Herr Jesus eingetreten ist; er ist die Gabe Gottes an alle, die dem Evangelium des Heiles Gottes glauben. Wie könnte es unser Wunsch sein, wieder unter das Gesetz zurückzukehren? Und doch handelten die Galater so. Auch in diesen Tagen sagen viele zu ihrem eigenen Verlust: „Der alte Wein ist besser“ (Lk 5, 39). Aber das hier ist das Evangelium, dieser wunderbare Dienst, den der Apostel Paulus empfangen hatte. Es ist nicht eine trockene, abstrakte Darstellung der Lehre, sondern ein kostbares, wundervolles Zeugnis von der Herrlichkeit Christi; und es verleiht allen denen, die sich darunter beugen, Gerechtigkeit und den Geist. Der Geist Gottes ist gekommen, und er erhebt unsere Herzen dahin, wo Christus ist. Der neue Mensch findet seine Freude in Christus und nirgendwo anders. Der Geist ist die lebendige Verbindung zwischen uns und ihm in der Herrlichkeit. Das ist wahres Christentum - das Herz von den Dingen dieser Erde abgezogen und in Anbetung mit dem Erhöhten beschäftigt. Wir können dies das beständige Ergebnis des Evangeliums nennen, obwohl es darin ein Fortschreiten gibt. Von dem Augenblick an, wo wir glauben und versiegelt sind, sind unsere Angesichter aufwärts gerichtet und unsere Rücken der Welt zugekehrt; dadurch werden wir mehr und mehr in das Bild Christi umgewandelt. Es ist die Freude des Geistes, uns so formen zu können.

Kapitel 4

Von solcher Art ist der Dienst. Kapitel 4 stellt uns nun dessen Diener vor. Der Dienst verlieh dem Gefäß seinen eigenen Charakter, er bildete und formte das Gefäß sozusagen. Der Diener ermattete nicht (obwohl es vieles gab, was Grund genug dafür gewesen wäre), indem er durch die Herrlichkeit Christi erhalten und mit Energie versorgt wurde: „Gekräftigt mit aller Kraft nach der Macht seiner Herrlichkeit“ (Kol 1,11). Er war nicht arglistig und wandelte durchschaubar und offenkundig, ohne Schleier. Wie hätte er auch ein solches Evangelium verkündigen und diesem nicht entsprechen können? Er hatte den geheimen Dingen der Scham entsagt und wandelte weder in Finsternis, noch verfälschte er das Wort Gottes. Er stellte die Wahrheit in ihrer ganzen Reinheit vor. Die Wahrheit wurde durch die Verkündigung von diesem auserwählten Gefäß nicht verfälscht. Der Gott, der einmal aus Finsternis Licht leuchten hieß, hatte selbst in das Herz des Apostels Paulus geleuchtet zum Lichtglanz der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi. Der Apostel war daher ein Gefäß himmlischen Lichtes, gesetzt, um ein heiliges Leuchten um sich her zu verbreiten. Sind auch wir dies praktischerweise? Es ist nicht nur so, dass Paulus in seinen Belehrungen die Lehre dieser Dinge vorstellte. Sicherlich tat er das, aber die Worte bedeuten mehr als das: er stellte sowohl in seinen Lehren wie auch in seinem Leben dies dar.

Er war ein Gefäß himmlischen Lichts. Der Schatz befand sich in einem irdenen Gefäß, auf dass die Überschwänglichkeit der Kraft offenkundig von Gott und nicht aus Menschen sei. Wer außer Gott hätte Paulus befähigen können, angesichts der ständigen ernstlichen Widerstände dies auszuführen - und das auch noch mit der zusätzlichen Schwierigkeit eines Dornes für das Fleisch? Aber das Gefäß muss zerbrochen werden, um ein wirksames Hervorstrahlen dieses himmlischen Zeugnisses zu erreichen. Es ist hier zweifellos eine Anspielung auf die Fackeln und Krüge Gideons. Die Fackeln wurden in die Krüge gesteckt und die Krüge mussten zerschmissen werden (Ri 8). Auf diese Weise bewirkt Gott aus der Schwachheit Kraft. „Denn das Törichte Gottes ist weiser als die Menschen, und das Schwache Gottes ist stärker als die Menschen“ (1. Kor 1,25).

Der Prozess des Zerbrechens des Gefäßes wird auf bewegende Weise geschildert: „In allem bedrängt, aber nicht eingeengt; keinen Ausweg sehend, aber nicht ohne Ausweg; verfolgt, aber nicht verlassen; niedergeworfen, aber nicht umkommend; allezeit das Sterben Jesu am Leib umhertragend, damit auch das Leben Jesu an unserem Leib offenbar werde“. Treuer Knecht Christi! Voranschreitend auf einem Pfad beispielloser Versuchungen und Leiden um Christi willen, fast ohne Stocken; in seinem Fleisch das ergänzend, was noch fehlte an den Drangsalen des Christus für seinen Leib, das ist die Versammlung (Kol 1,24); begegnete ihm ringsumher nichts als Schmach und Verlust. In Korinth, in Galatien, und an anderen Orten waren einige sogar so herzlos, einen solchen Diener und einen solchen Dienst in Frage zu stellen! Manche waren sogar in die Dinge, die das Fleisch ehren und diesem ihre Zustimmung geben, so vernarrt, dass sie ihr Verständnis über das himmlische Zeugnis und die Wege des Apostels Paulus ganz verloren hatten. Wenn auch der Mensch dies alles nicht wertschätzte, der Herr tat es; wenn auch irrende Heilige darin versagen, der Herr beurteilt alles nach seinem wahren Wert. Welch eine Beruhigung und ein Trost für das Herz!

Was kann die Gnade doch für Wunder wirken! Hier war einer, der früher fleischliche Vorzüge und gesetzliche Fertigkeiten verherrlicht hatte; der solche, die an Jesus glaubten, gehasst und bis zum Tod verfolgt hatte; und der nun damit zufrieden war, alle Dinge für seinen Namen fahren zu lassen, täglich das Sterben Jesu an seinem Leib umherzutragen und sein Blut bis zum letzten Tropfen im Dienst für Christus und die Versammlung zu vergießen. Das Leben Christi war so machtvoll wirksam in ihm und die himmlischen Dinge nahmen ihn derart in Anspruch, dass er sein Leben (was den Leib betraf) für diesen Dienst gegeben hätte, und Drangsale ihm leicht und vergänglich erschienen. Wenn auch sein Pfad zuletzt bis in den Tod führen würde, so ruhte er doch in der Gewissheit, „dass der, der den Herrn Jesus auferweckt hat, auch uns mit Jesus auferwecken und mit euch darstellen wird“. Er würde in der Herrlichkeit mit den Heiligen, die er in seinem Dienst auf der Erde so beständig auf seinem Herzen getragen hatte, dargestellt werden. Das ist wirklicher Dienst. Und doch ist es nicht der vollkommene Diener. Aber wenn wir uns selbst mit Paulus vergleichen, wie weit, geliebte Brüder, stehen wir da zurück? Gibt es bei uns nicht die Neigung, uns selbst, und nicht die Dinge Jesu Christi zu suchen? Neigen wir nicht dazu, einen Weg der Bequemlichkeit in unserem Dienst zu suchen, und Schmach und Leiden zu meiden? Stehen wir nicht in der Gefahr, das Fleisch und die Welt zu einem Fallstrick für unsere Herzen werden zu lassen? Wir wollen uns im Lichte der Gegenwart Gottes genau prüfen!

Kapitel 5

In Kapitel 5 finden wir die Beweggründe des Dieners, und zwar sind es drei: die kommende Herrlichkeit, der Richterstuhl, und die Liebe Christi. Hinsichtlich der herrlichen Zukunft war der Apostel voll heiliger Zuversicht: „Denn wir wissen, dass, wenn unser irdisches Haus, die Hütte, zerstört wird, wir einen Bau von Gott haben, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, ein ewiges, in den Himmeln“. Wenn wir unser Leben lassen müssen, so können wir darauf vertrauen, dass wir zur festgesetzten Zeit überkleidet werden, und wir werden dem Sohn gleich sein. (1. Joh 3,2). Wir warten jedoch nicht auf unser Ableben, sondern auf das Kommen Christi, damit das Sterbliche verschlungen werde von der Kraft des Lebens Christi. Bei der Erfüllung dieser gesegneten Hoffnung erwartet uns ein wunderbarer Wechsel. Möchten wir deutlich verstanden haben, dass der Apostel selbst auf diesen Augenblick wartete. Keineswegs schob er das Kommen des Herrn auf einen entfernten Zeitpunkt hinaus. Es ist das Kennzeichen des bösen Knechtes, dies zu tun (Mt 24,48); und solch ein böser Knecht war der Apostel Paulus ganz gewiss nicht! Als er den zweiten Brief an Timotheus schrieb, sagte er zwar etwas anderes, aber da hatte der Herr es ihm kundgetan, dass er um seines Namens willen durch den Tod gehen sollte, und dass er bei seinem Kommen unter den Entschlafenen sein würde (2. Tim 4,6). Petrus wurde auf ähnliche Weise durch den Herrn damit vertraut gemacht (Joh 21,18.19).

Gott hat uns für die Herrlichkeit bestimmt. Als er das Werk in unseren Seelen begann, war es seine Absicht, uns schließlich seinem Sohn gleich zu machen. Er hat uns „zuvor bestimmt, dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein, damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern“ (Rö 8,29). Inzwischen hat er uns den Geist als Unterpfand gegeben. So sind wir nun allezeit mit Zuversicht erfüllt. Wenn wir entschlafen, so ist es nichts anderes, als dass wir unseren Leib verlassen, um 'einheimisch bei dem Herrn' zu sein. Dies alles wurde für den Apostel ein Beweggrund zum Dienst: „Deshalb beeifern wir uns auch, ob einheimisch oder ausheimisch, ihm wohlgefällig zu sein“. Wie konnte er mit seiner Arbeit möglichst nützlich für einen solchen Herrn sein? Für die Herrlichkeit bestimmt zu sein und unterdessen die Gegenwart des Geistes als Sicherheit zu besitzen, hatte den Apostel so mit bewundernder Dankbarkeit erfüllt, dass er gern bereit war, sich bis zur Erschöpfung für ihn zu verausgaben.

Nun folgt der Richterstuhl: „Denn wir müssen alle vor dem Richterstuhl des Christus offenbar werden“. Das schließt sowohl Heilige als auch Sünder mit ein. Es ist aber nicht so, dass alle gleichzeitig und zusammen vor dem Herrn stehen werden, auch wird es nicht für alle das gleiche Ergebnis haben. Solche, die an den Herrn Jesus glauben und durch sein Werk Frieden mit Gott haben, besitzen in seinem Sohn das ewige Leben und sind daher dem Gericht enthoben; Christus kann sein eigenes Werk nicht richten. Aber es muss alles zur Sprache kommen, damit wir wirklich erkennen, was seine Gnade ist und was wir in uns selbst sind; und damit der Herr die gerechte Belohnung für jeden treuen Dienst aushändigen kann. Doch wie ernst wird es für viele sein, vor Christus zu stehen! Welche Beschämung des Angesichts; welch ewiges Verderben! In der ganzen Blöße ihres Wesens, ohne irgendeinen Lumpen, um darin zu erscheinen, ohne eine einzige Entschuldigung; nur um von ihm in vollkommener Gerechtigkeit in die ewige Pein verstoßen zu werden! Dieser Gedanke erregte den Apostel und wurde so zu einem zweiten Beweggrund für seinen Dienst: „Da wir nun den Schrecken des Herrn kennen, so überreden wir die Menschen“. Geliebte Brüder, bewegt uns dies auch so? Satan scheint entschlossen zu sein, diesem Beweggrund zum Dienst vollständig ein Ende zu machen. Nie zuvor sind die Schrecken des kommenden Gerichts so abgeschwächt worden, um nicht sogar zu sagen, öffentlich geleugnet worden. Das ist jedoch Unaufrichtigkeit den Menschen gegenüber, man wird so zu Werkzeugen des Feindes. Paulus hatte die Zukunft mit ihren ungeheueren und entsetzlichen Auswirkungen vollständig vor seinen Augen; und dies hatte die Wirkung, ihn in seinem Dienst für Christus unter den Menschen noch eifriger zu machen.

Der dritte Beweggrund ist keineswegs der letzte, sondern eher die Quelle von allem: „Denn die Liebe des Christus drängt uns“. Er dachte an ihn, wie er da hin hinab gekommen war, wo sich der Mensch befand; wie er hier mit dem Ziel der Versöhnung für die Menschen seinen Weg bis in den Tod ging, um dadurch die Geschichte des ersten Menschen abzuschließen und eine gerechte Grundlage für die Versöhnung und für eine neue Schöpfung zu legen. Diese wunderbare Liebe erfüllte das Herz des Apostels und wurde zu einer treibenden Kraft. Diese Liebe war die Ursache für ihn, als ein Gesandter für den abwesenden Christus mit dem gesegneten Dienst der Versöhnung in die heidnische Welt auszugehen und die Menschen an Christi statt flehentlich zu bitten: „Lasst euch versöhnen mit Gott“. Dienst ist nur von geringem Wert, wenn nicht die Liebe die Quelle ist. Werke der Unterwürfigkeit und des Gehorsams können Christus nicht befriedigen. Doch was erträgt die Liebe nicht alles? Was tut sie nicht alles für ihre Gegenstände?

Kapitel 6

Wir kommen jetzt zu den moralischen Charaktereigenschaften des Dieners. Der Apostel und seine Mitarbeiter baten die Korinther, die Gnade Gottes nicht vergeblich zu empfangen. In Kap 5,20 spricht er davon Sünder zu bitten; hier bittet er nun Heilige. Wenn sie sich als unwürdig erweisen würden, dann würde der Dienst verlästert und der Herr dadurch verunehrt werden. Johannes stellt die Dinge in seinen Briefen auf ähnliche Weise vor (1. Joh 2,28; 2. Joh 8). Wie verhielt sich Paulus? Er erwies sich in allem als Gottes Diener. Er war sehr besorgt dafür, ohne Vorwurf zu sein und einen wahren Charakter als Diener Gottes zu bewahren; mit seinem Dienst sollte ein wenig von der göttlichen Herrlichkeit verbunden sein. Treuer Mann! er stellte die Wahrheit nicht nur durch Worte vor, sondern veranschaulichte sie in allen seinen Wegen. Unsere Reden und Belehrungen haben immer nur das Gewicht, das ihnen durch unser Leben verliehen wird!

Der erste moralische Charakterzug ist 'viel Ausharren'. Auch in Kap 12 wird dies in vorderster Linie gefunden. Das Ausharren erwies sich bei Paulus in Nöten, in Verfolgungen, in Ängsten für Christus. Niemand hat das ertragen, was er in dem Dienst für Christus ertrug. Aber ist das denn jetzt, wo die Verfolgung aufgehört hat, überhaupt noch notwendig? Mit Sicherheit! Der Dienst in der Versammlung Gottes in diesen späten Tagen ist nicht selten von besorgniserregendem und entmutigendem Charakter. Mit dem Abnehmen der Liebe überall, mit dem Eindringen der Welt in den geheiligten Kreis, mit der wachsenden Gleichgültigkeit den Ansprüchen Christi gegenüber, benötigt der geistliche Arbeiter 'viel Ausharren'.

Ich sehe davon ab, jetzt noch weiter ins Detail zu gehen. Möge das ganze Kapitel mit all seinen Merkmalen untersucht werden, und möge der Heilige Geist Gottes diese Dinge in uns allen verwirklichen können zur Verherrlichung Christi!