Die letzte Botschaft – oder – das Wort des HERRN durch Maleachi

3. Die Tür zur Buße

Die letzte Botschaft – oder – das Wort des HERRN durch Maleachi

Wir haben bereits gesehen, wie ernst der Prophet den niedrigen moralischen Zustand des Überrestes offen legt. Es war ein Zustand, der die züchtigende Hand des HERRN auf das Volk brachte und regelrecht schrie nach Gericht.

Dementsprechend wird der Überrest in Maleachi 3,1–5 vor dem Kommen des HERRN in gerichtlicher Herrlichkeit gewarnt. Ermüdet durch die Verwirrung, die ihre eigene Torheit bewirkt hatte, rief das Volk aus: „Wo ist der Gott des Gerichts?“ (2,17).

Gott beantwortet die Unverschämtheit seines Volkes mit der Gerichtsankündigung

Auf diese Frage erhielt das Volk eine sofortige Antwort: „Siehe, ich sende meinen Boten, damit er den Weg vor mir her bereite. Und plötzlich wird zu seinem Tempel kommen der Herr, den ihr sucht“ (3,1). Der Prophet fügte allerdings hinzu: „Wer aber kann den Tag seines Kommens ertragen, und wer wird bei seinem Erscheinen bestehen?“ (3,2). Dann sprach der HERR selbst: „Und ich werde euch nahen zum Gericht“ (3,5). Wenn der HERR kommen wird, wird Er ein schneller Zeuge gegen das Böse und die Übeltäter sein.

Wir sehen, dass der Überrest nicht nur in Bezug auf seinen niedrigen Zustand angeklagt wird, sondern auch vor dem kommenden Gericht gewarnt wird, das dieser Zustand mit sich bringt. Gott ist jedoch nicht einfach ein Gott des Gerichts. Er ist auch ein Gott der Barmherzigkeit. So hat Er schon immer in seinen Wegen vor dem Ausüben von Gericht dem Gnade angeboten, der Buße tut.

Gottes Handeln ist immer auf der Unveränderbarkeit seiner Natur gegründet

An dieser Stelle wollen wir noch einmal betonen, dass Gottes Handeln – sei es in Gericht oder Barmherzigkeit -auf die Unveränderlichkeit seiner Natur gegründet ist. Daher wird der unveränderliche Charakter Gottes, bevor Er zur Buße aufruft, offiziell erklärt: „Denn ich, der HERR, ich verändere mich nicht; und ihr, Kinder Jakobs, ihr werdet nicht vernichtet werden“ (3,6). Die Heiligkeit Gottes verändert sich nicht. Daher muss Er sein Volk züchtigen, wenn es sündigt. Aber auch die Ratschlüsse der Gnade und des Segens Gottes ändern sich nicht. Daher wird sein Volk nicht vernichtet.

Nachdem Gott einen warnenden Ruf erschallen ließ, rief Er sein Volk in Übereinstimmung mit seinen unveränderbaren Handlungsgrundsätzen zur Buße auf. „Kehrt um zu mir, so will ich zu euch umkehren, spricht der HERR der Heerscharen“ (3,7). Darüber hinaus ermutigt der HERR das Volk zur Umkehr, indem Er ihnen die Segnungen vorstellt, die auf die Buße folgen würden:

Zwei Segensverheißungen

  1. Sie selbst würden reich gemacht werden. Sogar die Fenster des Himmels würde Gott für das Volk öffnen und seinen Segen, weit über ihr Aufnahmevermögen, über sie ausschütten (3,7–10).
  2. Sie würden zu Zeugen des HERRN vor der Welt: „Und alle Nationen werden euch glücklich preisen“ (3,11.12).

Der HERR ruft das Volk nicht nur zur Buße auf, Er zeigt ihm auch den Weg dorthin. Es ist gut, dass wir uns des niedrigen Zustandes bewusst werden und diesen vor dem Herrn bekennen. Aber die Beschäftigung mit unserem eigenen Bösen führt nicht in sich selbst zur Wiederherstellung. Es ist nicht die Schlechtheit des Menschen sondern die Güte Gottes, die den Menschen zur Buße leitet (Römer 2,4).

Der HERR in dreifachem Charakter

Ich bin überzeugt, dass der Weg zur Widerherstellung in der Wertschätzung alles dessen liegt, was Gott für sein Volk ist. Der HERR stellt sich daher seinem Volk in einer dreifachen Weise in dem einleitenden Kapitel der Weissagung vor:

  1. Die souveräne Liebe des HERRN (1,2)
  2. Der festgesetzte Ratschluss des HERRN (1,5.11)
  3. Die gewaltige Macht des HERRN (1,14)

Lasst uns diese drei großen Wahrheiten kurz betrachten:

1. Die souveräne Liebe des HERRN

Die Weissagung beginnt mit der erhabenen Erklärung: „Ich habe euch geliebt, spricht der HERR“. Diese großartige Äußerung ist reich an Belehrung:

a) Gottes Liebe hängt nicht von uns ab

Diese Zusage Gottes sichert uns zu, dass sich seine Liebe zu uns nicht verändern wird, welcherart auch immer der Zustand des Volkes Gottes sein mag. Israel mag von dem HERRN abweichen und sogar in Götzendienst fallen, in Gefangenschaft gehen. Das Volk mag wiederhergestellt werden und wieder in einen niedrigen, moralischen Zustand fallen. Aber der HERR sagt durch den Propheten Jeremia: „Ja, mit ewiger Liebe habe ich dich geliebt“ (Jeremia 31,3). So mögen auch Jünger fallen und den Herrn verlassen, ja Ihn sogar verleugnen. Und doch bleibt bestehen: „Da er die Seinen, die in der Welt waren, geliebt hatte, liebte er sie bis ans Ende“ (Joh 13,1).

b) Auch hinter der Zucht des Herrn steht Liebe

Wie ernst auch der Herr zu uns wegen unseres niedrigen moralischen Zustandes sprechen muss; wie scharf Er auch mit uns deswegen handeln muss: Hinter seinen Zurechtweisungen und seinen Züchtigungen steht immer die Liebe. Die Hand, die uns schlagen muss, wird durch ein liebendes Herz bewegt.

c) Die Liebe ist der Maßstab für alles Versagen

Die Liebe des Herrn ist der wahre Maßstab für alles Versagen. Wir können das Ausmaß unseres Versagens nur dann wahrhaft beurteilen, wenn wir es an der Höhe seiner Liebe messen. Das ist sowohl in Bezug auf das Versagen Israels als auch in Bezug auf das Versagen der Versammlung wahr. Es gilt für einen persönlichen Fall genauso wie für einen allgemeinen Zusammenbruch. Ich kann mein persönliches Versagen nur dann richtig bewerten, wenn ich es in dem Licht der persönlichen Liebe dessen sehe, „der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat“ (Gal 2,20).

Wie schlimm ist die Kirchengeschichte, wie groß ihr Ruin, wenn ich das alles in dem Licht der großen Wahrheit sehe, dass „Christus die Versammlung geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat“. Wie verachtenswert sind die Spaltungen, unsere Streitigkeiten, unsere Bitterkeit gegeneinander, das Schlechtmachen des anderen, um uns selbst zu erhöhen; das Missdeuten der Handlungen von anderen, das Missverstehen der Worte des anderen, die Unterstellung schlechter Motive bei anderen – wenn wir die zu Herzen gehenden Worte des Herrn hören: „Wie ich euch geliebt habe, liebet auch ihr einander“ (Joh 13,34). Welch eine schockierende Kleinheit verraten unsere Worte und Taten oft, wenn wir daran denken, dass „Christus uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat“ (Eph 5,2).

d) Die Liebe ist zugleich der Weg zur Wiederherstellung

Die Liebe des Herrn ist nicht nur der Maßstab unseres Versagens. Sie ist auch der Weg für die Wiederherstellung. War es nicht ein Blick der Liebe, der Petrus wiederherstellte? Petrus hatte den Herrn mit Eiden und Flüchen verleugnet. „Und der Herr wandte sich um und blickte Petrus an“ (Lk 22,61). Können wir nicht sagen, dass es ein Blick unendlicher Liebe war? Petrus entdeckte durch diesen Blick, dass seine Verleugnung des Herrn die Liebe des Herrn zu ihm nicht verändert hatte. „Und er ging hinaus und weinte bitterlich.“ Liebe zerbrach ihn. Unsere Sünden brachen das Herz unseres Retters. Aber seine Liebe bricht unsere Herzen.

Wie konnte Joseph verbleibenden Zweifel seiner verirrten Brüder zerstreuen, die ihn so schändlich behandelt hatten? Wir lesen: „Und er tröstete sie und sprach zu ihren Herzen“ (1. Mo 50,21). Er bestätigte ihnen seine Liebe.

Die Tür der Hoffnung

Und wie wird der Herr schließlich sein abtrünniges Volk wiederherstellen? Wir lesen in Hosea die zu Herzen gehenden Worte des Herrn: „Darum siehe, ich werde sie locken und sie in die Wüste führen und zu ihrem Herzen reden“ (Hos 2,14). In Umständen der Wüste wird Gott zum Herzen des Volkes Israel sprechen und ihm eine Tür der Hoffnung öffnen. Dort, wenn seine Liebe ihr Werk vollbracht hat, wird das Volk wieder singen wie in den Tagen, als es aus dem Land Ägypten kam (2. Mo 15).

Können wir nicht auch sagen, dass der Herr heute in diesen traurigen Tagen mit seinem Volk auf dieselbe Weise handelt? Wie viele haben den Verlust von Geliebten zu beklagen, deren Angesicht sie hier auf Erden nicht mehr wieder sehen werden. Die Ehefrau beweint ihren Ehemann, die Kinder weinen um ihren Vater, die Mutter beweint ihren Sohn. So hat der Herr für viele Herzen diese Welt in eine Wüste verwandelt. Er hat uns in die Wüste gelockt. Aber durch dieses Handeln hat Er uns zu sich selbst gelockt, damit Er inmitten unserer Tränen zu unseren Herzen sprechen kann. Und durch sein Sprechen zu unseren Herzen zeigt Er uns seine Liebe, verbindet unsere Wunden und macht uns fähig zu singen.

Im Licht dieser großen Liebe können wir unseren niedrigen Zustand richten. Und durch die bezwingende Macht der Liebe sollen wir von jetzt an nicht mehr uns selbst leben, sondern Ihm, der für uns starb und auferstand.

2. Der festgesetzte Ratschluss des Herrn

Der Herr erinnert sein Volk nicht nur an seine Liebe. Es verlangt Ihn auch danach, es durch die Entfaltung seines Ratschlusses der Liebe wiederherzustellen. Das führt uns zu der zweiten großen Wahrheit, die durch den Propheten entfaltet wird. Wir lesen: „Groß ist der Herr über das Gebiet Israels hinaus“ (1,5). Und weiter: „Denn vom Ausgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang wird mein Name groß sein unter den Nationen; und an jedem Ort wird geräuchert, dargebracht werden meinem Namen, und zwar reine Opfergaben. Denn mein Name wird groß sein unter den Nationen, spricht der Herr der Heerscharen“ (1,11).

Auf die Erklärung der Liebe des Herrn antwortet der Überrest scharf: „Worin hast du uns geliebt? (1,2). Der Herr beantwortet diese geistliche Blindheit, indem Er einen Beweis seiner Liebe gibt. Er nimmt das Volk mit zurück an den Anfang und erinnert es an die souveräne Liebe, die den Vater des Volkes, Jakob, auserwählte. Und dann wird der Überrest in die Zukunft mitgenommen, um ihm zu zeigen, dass Liebe den Ratschluss gefasst hat, aus Israel das Zentrum des Segens der Erde zu machen: „Groß ist der Herr“, aber es geht über das Gebiet Israels hinaus. Und die Erfüllung dieses großen Ratschlusses wird die Liebe des Herrn sichtbar machen.

Auch der Überrest wird die Liebe des Herrn einmal erkennen

In den Tagen des Propheten Maleachi sagte der Überrest, dass er die Liebe des Herrn nicht sehen könne. Sie fragen: „Worin hast du uns geliebt?“ Aber der Herr antwortet ihnen, dass es einen Tag geben wird, wenn der Überrest diese Liebe erkennen wird. „Eure Augen werden es sehen, und ihr werdet sprechen: Groß ist der Herr über das Gebiet Israels hinaus.“ Edom mag versuchen, Widerstand zu leisten. Aber das wird vergeblich sein. Es wird „Gebiet der Gottlosigkeit“ genannt werden. Aber „der Herr ist groß über das Gebiet Israels hinaus“.

Sind auch wir versucht in unseren Tagen, aufgrund der Rauheit des Weges die Liebe des Herrn in Frage zu stellen und zu fragen: „Worin hast du uns geliebt?“ Dann wollen wir unsere Seelen erneut an die souveräne Liebe des Vaters erinnern, die uns in Christus vor Grundlegung der Welt erwählt hat. Und wir wollen an seinen festgesetzten Ratschluss denken, dass Er sich selbst in der Versammlung durch Christus Jesus in alle Ewigkeit verherrlichen wird (Eph 1,3–14). Wir sollten nicht die vorübergehenden, zeitlichen Leiden auch nur für einen Augenblick unsere Sicht der Liebe trüben lassen, die uns auserwählte, bevor die Zeit begann. Denn sie wird uns ewig segnen, auch wenn es  die Zeit  nicht mehr gibt.

Die Macht Satans und die Einmischung des Fleisches und der Welt ruinierten das Zeugnis des irdischen Volkes Gottes. Genauso haben diese Dinge das Zeugnis des Volkes Gottes heute zerstört. Dennoch werden sich am Ende die Ratschlüsse Gottes durchsetzen – sei es für das irdische oder das himmlische Volk Gottes. Und die herrlichen Ergebnisse werden sein, dass „der Herr groß ist“ und sein „Name groß sein wird“ (1,5.11). Wir werden gesegnet werden, aber Er wird gepriesen sein. Und genauso, wie sein Name groß sein wird inmitten der Nationen auf der Erde, wird sein Name groß sein inmitten der himmlischen Heerscharen. Denn wir lesen: „Und sein Name wird an ihren Stirnen sein“ (Off 22,4). Unsere Namen mögen im Himmel eingeschrieben sein – aber nur ein Name wird im Himmel gesehen werden.

3. Die gewaltige Macht des Herrn

Was die Liebe ausgedacht hat, wird in Macht vollbracht werden. So stellt uns der Prophet die gewaltige Macht des Herrn vor: „Denn ich bin ein großer König, spricht der Herr der Heerscharen, und mein Name ist gefürchtet unter den Nationen“ (1,14). Der Herr ist groß an Majestät und groß an Macht. Er hat unzählige Heerscharen zur Verfügung. Das Kapitel beginnt mit der zu Herzen gehenden Erklärung: „Ich habe euch geliebt, spricht der Herr“. Und es schließt mit der erhabenen Aussage: „Ich bin ein großer König, spricht der Herr.“ Liebe und Macht verbinden sich, um Gottes Ratschlüsse auszuführen.

Wie ernst ist der Zustand des Überrestes im Licht der Liebe des Herrn zu seinem Volk, wenn er auf den Ratschluss des Herrn bezogen wird, seinen Namen zu verherrlichen und sein Volk zu segnen. Und wenn der Zustand angesichts der Macht des Herrn betrachtet wird, die sich zugunsten seines Volkes offenbart. Der Zustand des Volkes war so tief, dass sie die Liebe des Herrn nicht erkannten, seinen Namen entweihten und den mit Verachtung behandelten, der „ein großer König“ und „der Herr der Heerscharen“ war.

Auch unser niedriger Zustand ist offenbar geworden

Ist nicht auch der niedrige Zustand des Volkes Gottes heute vollkommen entblößt, wenn er in dem Licht der souveränen Liebe gesehen wird, die uns auserwählt hat? In der erhabenen Zukunft, die uns erwartet? Und angesichts der überragenden Größe seiner Kraft an uns (vgl. Eph 1)? Geziemt es uns nicht, zurück zu unserem Herrn zu gehen und in seiner Gegenwart unseren moralischen und geistlichen Zustand in dem Licht dieser großen Wahrheiten zu überprüfen? Aber ist es nicht ebenso notwendig, die Art und Weise unserer Lebensführung – den innerlichen und den äußerlichen Lebenswandel – zu überprüfen? Auch die Dinge, die unsere Zuneigungen erhalten und unsere Gedanken fesseln? Die Worte, die wir aussprechen, und die Gesinnung, in der wir sie von uns geben?

Müssen wir nicht die Dinge, die wir tun, und auch die Motive, aus denen wir sie tun, neu in sein Licht bringen? Wenn wir uns so in dem Licht seiner Liebe, seines Ratschlusses und seiner Macht selbst prüfen, werden wir bekennen müssen, dass es vieles in unserem Leben gibt, das sehr armselig und schäbig aussieht.

Wir wollen allerdings auch nicht den Mut aufgeben. Denn gerade der Maßstab für unser Versagen ist das Mittel zur Wiederherstellung. Aber nur für diejenigen, die sich durch diesen Maßstab üben lassen. Wenn wir uns mit der Liebe beschäftigen, die uns auserwählt hat, und mit der herrlichen Zukunft, die uns erwartet, sowie mit der gewaltigen Macht, die in uns wirkt, werden wir von allem, was wir sind, befreit werden. Dann erfreuen wir uns allein in dem, was Er selbst ist.

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