Einführung in das Studium der Prophetie

Fünfter Teil: Der ewige Zustand

Einleitung

Nun wollen wir die letzte Phase der prophetischen Ereignisse betrachten, die unmittelbar auf den Aufstand nach dem Tausendjährigen Reiche folgt. Himmel und Erde werden zerstört werden, und Christus wird sich auf den grossen weissen Thron setzen, um die in ihren Sünden gestorbenen Menschen zu richten. Durch Gottes Macht werden sie auferweckt, nach ihren Werken gerichtet, verurteilt und in den Feuersee geworfen. Danach wird auch der Tod zunichte gemacht. Gott wird neue Himmel und eine neue Erde schaffen, worin Gerechtigkeit wohnt. Die Sünde wird diese neue Schöpfung, in der Gott bei den Menschen wohnt, nicht verunreinigen. Alle Dinge werden mit Ihm versöhnt sein, alles wird in vollkommener Harmonie mit Seiner Heiligkeit stehen. Auch Seine Liebe, der sich nichts mehr in den Weg stellt, wird die Schöpfung erfüllen, und überall wird ungetrübte Glückseligkeit herrschen, ohne Ende. Christus wird das Reich dem Gott und Vater übergeben haben, damit Gott alles in allem sei.

Das ist in grossen Zügen der Gegenstand, der jetzt zur Betrachtung kommt.


KAPITEL 1 – Der grosse, weisse Thron

1. In Offenbarung 20,11–15 lesen wir: «Und ich sah einen grossen, weissen Thron, und den, der darauf sass, vor dessen Angesicht die Erde entfloh und der Himmel, und keine Stätte wurde für sie gefunden. Und ich sah die Toten, die Grossen und die Kleinen, vor dem Throne stehen, und Bücher wurden aufgetan, und ein anderes Buch ward aufgetan, welches das des Lebens ist. Und die Toten wurden gerichtet nach dem, was in den Büchern geschrieben war, nach ihren Werken. Und das Meer gab die Toten, die in ihm waren, und der Tod und der Hades gaben die Toten, die in ihnen waren, und sie wurden gerichtet, ein jeder nach seinen Werken. Und der Tod und der Hades wurden in den Feuersee geworfen. Dies ist der zweite Tod, der Feuersee. Und wenn jemand nicht geschrieben gefunden wurde in dem Buche des Lebens, so wurde er in den Feuersee geworfen.»

Welch ernste Szene! Während die Toten in Christo bei der Ankunft des Herrn und vor der Aufrichtung des Tausendjährigen Reiches auferstehen, bleiben die Unbekehrten in ihren Gräbern und werden erst nach dem Tausendjährigen Reiche auferweckt, um vor dem grossen weissen Thron zu erscheinen. Die Stunde der Abrechnung ist gekommen ... Christus selbst sitzt auf dem Thron und übt das Richteramt aus, das ihm der Vater übergeben hat. «Denn der Vater richtet auch niemand, sondern das ganze Gericht hat er dem Sohne gegeben ... Und er hat ihm Gewalt gegeben, Gericht zu halten, weil er des Menschen Sohn ist» (Joh 5,22.27). «An dem Tage, da Gott das Verborgene des Menschen richten wird ... durch Jesum Christum» (Röm 2,16). «Er hat uns befohlen, dem Volke zu predigen und ernstlich zu bezeugen, dass er der von Gott verordnete Richter der Lebendigen und Toten ist» (Apg 10,42). «Weil er einen Tag gesetzt hat, an welchem er den Erdkreis richten wird in Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat, und hat allen den Beweis davon gegeben, indem er ihn auferweckt hat aus den Toten» (Apg 17,31). «Christus Jesus, der da richten wird Lebendige und Tote» (2. Tim 4,1.)

Alle werden vor Ihm erscheinen, die Grossen und die Kleinen dieser Welt, um die gerechte Strafe zu empfangen, die ihren Werken angemessen ist. Hier handelt es sich nicht mehr um ein «Offenbarwerden», wie wir es in 2. Korinther 5,10 bei den Erlösten sehen. jenen gegenüber wird die Gnade in den Vordergrund gestellt, die durch das Blut Christi die Reinigung aller Sünden bewirkt und zugleich für Gott Gutes hervorgebracht hat. Hier aber muss jeder Gottlose für seine Taten haften, ohne in irgendeiner Weise auf Gnade rechnen zu können, die er zu seinen Lebzeiten verschmäht hat.

Keiner der Erlösten wird sich unter diesen Unglückseligen befinden. «Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem Tode in das Leben übergegangen» (Joh 5,24). Für die aber, welche nicht an den Herrn Jesus geglaubt haben, gibt es dann keine Hoffnung mehr, weil sie den Sohn Gottes mit Füssen getreten haben.

2. Jeder Mensch hat es einmal mit Gott zu tun, sei es in Christo (das heisst als Nutzniesser Seines Erlösungswerkes) oder «nach seinen Werken». Wer sich nun einzig auf seine Verdienste stützt, wenn er vor Gott erscheint, wird ein sicheres und gerechtes Verdammungsurteil empfangen; denn seine Werke ertragen das göttliche Licht nicht. Der Tag der Gnade ist dann vorbei, und alles wird nach den unerbittlichen Forderungen der Gerechtigkeit und Herrlichkeit Gottes eingeschätzt.

Die Toten werden nach dem gerichtet, was in den Büchern geschrieben steht. Wohl handelt es sich hier um ein Bild, aber wie viel sagend ist dieses: Nichts wird vergessen sein, alles wird ins Gedächtnis zurückgerufen, und diese Wiedererwähnung wird genügen, um die Toten von ihrer Schuld sowie von der Richtigkeit ihrer Verdammung zu überzeugen. Sogar die verborgenen Sünden werden gerichtet werden: «So viele ... gesündigt haben, werden gerichtet werden ... an dem Tage, da Gott das Verborgene der Menschen richten wird» (Röm 2,12.16). Auch die Worte, nicht nur die Taten, fallen unter das Urteil: «Ich sage euch aber, dass von jedem unnützen Worte, das irgend die Menschen reden werden, sie von demselben Rechenschaft geben werden am Tage des Gerichts; denn aus deinen Worten wirst du … verdammt werden» (Mt 12,36). Niemand wird sich rechtfertigen können, und jeder Mund wird sich schliessen. Dies wird die «Offenbarung des gerechten Gerichtes Gottes» sein, «welcher einem jeden vergelten wird nach seinen Werken» (Röm 2,5–6).

3. Aber was wird mit denen geschehen, die das Evangelium nie gehört haben? Zunächst muss man sich daran erinnern, dass Gott zu allen Zeiten zu den Menschen geredet hat, sowohl durch die Werke der Schöpfung als auch mittelst des Gewissens. «Denn es wird offenbart Gottes Zorn vom Himmel her über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, welche die Wahrheit in Ungerechtigkeit besitzen; weil das von Gott Erkennbare unter ihnen offenbar ist, denn Gott hat es ihnen offenbart – denn das Unsichtbare von ihm, sowohl seine ewige Kraft als auch seine Göttlichkeit, die von Erschaffung der Welt an in dem Gemachten (= in der Schöpfung) wahrgenommen werden, wird geschaut – damit sie ohne Entschuldigung seien» (Röm 1,18–20). So ist also der Mensch durch die Betrachtung der Natur allein schon imstande, die ewige Kraft und die Göttlichkeit Gottes wahrzunehmen, und schon deswegen ist er nicht zu entschuldigen, wenn er in der Ungerechtigkeit lebt. Zudem hat Gott die Grundzüge des Gesetzes ins menschliche Gewissen eingeprägt, durch den Begriff des Guten und des Bösen, den auch das primitivste menschliche Wesen besitzt. «Denn wenn Nationen, die kein Gesetz haben, von Natur die Dinge des Gesetzes ausüben, so sind diese, die kein Gesetz haben, sich selbst ein Gesetz, welche das Werk des Gesetzes geschrieben zeigen in ihren Herzen, indem ihr Gewissen mitzeugt, und ihre Gedanken sich untereinander anklagen oder auch entschuldigen» (Röm 2,14–15).

Nun haben aber alle Heiden der ihnen durch diesen doppelten Kanal offenbarten Wahrheit nicht gehorcht, und das Wort erklärt, dass sie vor Gott ohne Entschuldigung seien. Das bedeutet jedoch nicht, dass alle Menschen in gleichem Masse bestraft werden. Wer das Evangelium nicht gehört hat, wird nicht so schwer gezüchtigt werden wie die, welche es vernommen, aber zurückgewiesen haben. Der Herr selbst sagt: «Jener Knecht aber, der den Willen seines Herrn wusste und ... nicht nach seinem Willen getan hat, wird mit vielen Schlägen geschlagen werden; wer ihn aber nicht wusste, aber getan hat, was der Schläge wert ist, wird mit wenigen geschlagen werden. jedem aber, dem viel gegeben ist – viel wird von ihm verlangt werden» (Lk 12,47–48). Anderseits bestätigt er, dass das Geschlecht, das Ihn verwarf, obschon es Seine zahlreichen Wunder gesehen und Seine Gnadenbotschaft gehört hatte, am Tage des Gerichts schwerer heimgesucht werden wird, als die Sünder von Tyrus und Sidon. «Wehe dir, Chorazim! Wehe dir, Bethsaida! Denn wenn zu Tyrus und Sidon die Wunderwerke geschehen wären, die unter euch geschehen sind, längst hätten sie in Sack und Asche Busse getan. Doch ich sage euch: Tyrus und Sidon wird es erträglicher ergehen am Tage des Gerichts als euch» (Mt 11,21–22). Dasselbe Urteil fällt Er über Kapernaum, im Vergleich zum Los Sodoms (V. 23–24). Schliesslich erklärt Er Seinen Jüngern, die Er aussandte, um in Israel zu predigen, dass es dem Lande von Sodom und Gomorra am Tage des Gerichts erträglicher ergehen werde, als den Städten, die sich weigern würden, sie aufzunehmen (Mt 10,14–15).

Diese Stellen zeigen uns, dass der Herr nach Recht und Billigkeit richten wird und mit Rücksicht auf den Grad der Schuldigkeit und Verantwortlichkeit jedes Sünders. überdies offenbart sich Gott als Heiland–Gott den Seelen gegenüber, die Ihn fürchten, wie es die Bekehrung des Kornelius und die des Kämmerers aus Äthiopien beweisen (Apg 10,19–20; 8,26–29). «Den Aufrichtigen geht Licht auf in der Finsternis» (Psalm 112,4). Die bussfertigen Sünder des Alten Bundes durften der Vergebung ihrer Sünden gewiss sein, auf Grund des Sühnungswerkes Christi, dessen Nutzniesser sie zum voraus waren. (siehe das Beispiel Davids, der, des Ehebruchs und des Verbrechens schuldig, in Psalm 32 die Gewissheit der Vergebung zum Ausdruck bringt.) Gott übte Nachsicht und liess «die vorher geschehenen Sünden» hingehen, weil Er Seine Gerechtigkeit dadurch offenbarte, dass Er Christum am Kreuze schlug (Röm 3,25). Auch heute noch ist Er langmütig, «da er nicht will, dass irgendwelche verloren gehen, sondern dass alle zur Busse kommen» (2. Pet 3,9). Gott verfügt über zahlreiche Mittel, die wir nicht immer kennen. Seine Gnade, Seine Liebe zu den Sündern und die Macht, die Er entfaltet, um sie durch den Glauben an Jesum zum Heil zu führen, reichen unendlich viel weiter, als wir es ahnen, und am Tage des Gerichts wird keiner der Verdammten zu Unrecht verurteilt sein.

4. Ein anderes Buch wird aufgeschlagen: das Buch des Lebens; jedoch nicht, um irgendjemandes Namen einzutragen, sondern um die Sünder daran zu erinnern, dass auch sie hier hätten eingeschrieben werden können und so der Hölle entflohen wären, wenn sie nicht die Gnade Gottes verachtet hätten. Es handelt sich also auch nicht darum, zu untersuchen, ob sich etwa wider Erwarten der Name irgendeines Verdammten im Buche des Lebens finde. Nein! Keiner von jenen, deren Name Gott in dieses Buch geschrieben hat, wird vor dem grossen weissen Throne erscheinen. Weil sie an Jesum geglaubt haben, kommen sie nicht ins Gericht (Joh 5,24). «Also ist jetzt keine Verdammnis für die, welche in Christo Jesu sind» (Röm 8,1).

Auch in vielen anderen Stellen ist vom Buch des Lebens die Rede. 1 Wer nicht darin geschrieben steht, ist unrettbar verloren. Leser, findet sich dein Name in diesem Buche? Wenn ja, so kannst du dich freuen, denn der Herr sagte zu Seinen Jüngern: «Freuet euch aber, dass eure Namen in den Himmeln angeschrieben sind» (Lk 10,20). Wenn nicht, so beeile dich, dass du mit Gott ins reine kommst, denn das Wort sagt ausdrücklich. «Und wenn jemand nicht geschrieben gefunden wurde in dem Buche des Lebens, so wurde er in den Feuersee geworfen» (Off 20,15).

Das Ausschlagen der göttlichen Gnade verschärft das Gericht über die Sünder: «Wer an ihn (den Sohn Gottes) glaubt, wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er nicht geglaubt hat an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes» (Joh 3,18).

Wehe denen, die vor dem grossen weissen Throne erscheinen müssen! Da wird es zu einer unerbittlichen und endgültigen Verdammung kommen: Sie werden «in den Feuersee geworfen». In Kapitel 21,8 werden die Anklagepunkte, die zu dieser Strafe führen, näher bezeichnet: «Den Feigen aber (die sich nie ganz für Christum entscheiden wollten) und Ungläubigen (die das Heil von sich gestossen haben) und mit Gräuel Befleckten und Mördern und Hurern und Zauberern und Götzendienern und allen Lügnern – ihr Teil ist in dem See, der mit Feuer und Schwefel brennt, welcher der zweite Tod ist.» So lautet das gerechte Urteil, das der Herr gegen alle diese Schuldigen aussprechen wird.

5. Was ist mit dem «Feuersee» gemeint? Er ist der Ort, den man für gewöhnlich mit «Hölle» bezeichnet. Der griechische Ausdruck dafür lautet «Gehenna». Es gibt eine Anzahl Stellen, die den unnennbaren Schrecken dieses Ortes beschreiben, wie auch die Qualen der Unglücklichen, die dort eingeschlossen sind. In Jesaja 30,33 wird er im Bilde eines Holzstosses dargestellt, den der Hauch Jehovas wie ein Schwefelstrom in Brand setzt. In Lukas 16,24 ruft der Reiche im Hades um Hilfe, indem er sagt, dass er «Pein leide in dieser Flamme», und er ist ja noch nicht im Feuersee. Der Herr beschreibt die Qualen derer, die in die Hölle des Feuers geworfen werden mit den Worten: «Wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt» (Mk 9,48; s. auch Mt 25,41 und Heb 10,27).

Auch Daniel kündigt das letzte Gericht an und beschreibt den schrecklichen Zustand der Verdammten: «Und viele von denen, die im Staube der Erde schlafen, werden erwachen: diese zu ewigem Leben (gemeint ist die erste Auferstehung) und jene zur Schande, zu ewigem Abscheu» (12,2).

Er ist zugleich der Ort des Weinens und des Zähneknirschens (Mt 13,42+50; 22,13), der Ort der «äusseren Finsternis» oder der «Finsternis draussen» (Mt 8,12; 22,13). Das Wort «draussen» drückt die völlige und endgültige Entfernung der Verdammten von der Gegenwart und dem Lichte Gottes aus. Auf ewig draussen sein, hinter verschlossener Türe, das steht den Ungläubigen bevor. «Von da an, wenn der Hausherr aufgestanden ist und die Tür verschlossen hat, und ihr anfangen werdet, draussen zu stehen und an die Tür zu klopfen und zu sagen: Herr, tue uns auf! und er antworten und zu euch sagen wird: Ich kenne euch nicht, wo ihr her seid ... Weichet von mir, alle ihr Übeltäter!» (Lk 13,25–27; lies auch Off 22,15).

Auch ist er ein Ort der Qual (Off 14,11; 20,10), die in «ewigem Verderben» besteht (2. Thes 1,9; 2. Pet 2,1), unter dem Fluche Gottes (Mt 25,41). Dieser schreckliche Zustand wird «der zweite Tod» genannt (Off 20,14; 21,8). Während der erste Tod diese Gottlosen aus dem irdischen Leben verbannt, wird sie der zweite Tod in den Feuersee werfen, wo sie Tag und Nacht gepeinigt werden von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Welch schrecklicher Zustand! Alle Bilder, die das Wort gebraucht, um ihn zu beschreiben (ewiges Feuer, nagender Wurm, ewige Schande, Weinen und Zähneknirschen, ewiges Verderben usw.) bringen das unsägliche Leiden, die Gewissensbisse und die Angst zum Ausdruck, die das Herz der Verdammten quälen bei der Gewissheit, dass sie auf ewig von Gott getrennt sein werden. Vielleicht kommen zu diesen sittlichen Leiden noch physische hinzu, denn die Gottlosen werden ja auferstehen, bevor sie vor dem grossen weissen Thron erscheinen. Sie erhalten also einen Leib und werden so in den Feuersee eingehen. Während die Erlösten alle, bekleidet mit einem Leibe der Herrlichkeit, der mit dem Leibe des Herrn gleichförmig ist, die ganze Ewigkeit hindurch im himmlischen Licht die Gegenwart Gottes geniessen werden, in Glückseligkeit und Herrlichkeit, werden die Gottlosen im Bewusstsein der endgültigen Trennung von Gott unsägliche Leiden erdulden. Das ist der zweite Tod!

Dass diese Toten ihr Gewissen und ihre Erinnerung behalten, wird ihre Qual erhöhen. Wie der reiche Mann in Lukas 16 werden sie wissen, dass es einen Ort der Glückseligkeit gibt, dessen Zugang ihnen aber durch eine unüberschreitbare Kluft auf immer verwehrt ist.

Ein schreckliches Gefühl des Verlassenseins; das Bewusstsein, unter einem wohlverdienten Gericht zu stehen; bittere Selbstanklage infolge der Gewissheit, dass es möglich gewesen wäre, durch einfachen Glauben an den Herrn der Strafe zu entfliehen; Angst vor einer endlosen Qual; ewiges Entferntsein von der Gegenwart Gottes, Der doch alles getan, ja alles gegeben hat, um Sünder zu erretten, Der sich aber zurückziehen muss von denen, die Sein Heil verachtet haben, um sie sich selbst zu überlassen, draussen in der Finsternis … Das ist die Hölle!

Tag und Nacht werden sie gepeinigt werden, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Welch entsetzliches Los, und wie wichtig ist es, das wunderbare Heil, das Jesus allen Sündern umsonst anbietet, unverzüglich zu ergreifen! Den Geretteten aber ist eine andere Aufgabe gestellt: die gute Botschaft der Errettung aus Gnade zu verkündigen. «Wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht verkündigte!» rief der Apostel Paulus aus (1. Kor 9,16). Lasst uns seinem Beispiel folgen und die Sünder daran erinnern, dass Gott also die Welt geliebt hat, dass Er Seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass jeder, der an Ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.


KAPITEL 2 – Der neue Himmel und die neue Erde

1. Wenn der Herr sich auf den grossen weissen Thron setzen wird, um die Toten zu richten, werden Erde und Himmel vor Seinem Angesicht entfliehen, und keine Stätte wird mehr für sie gefunden (Off 20,11). Der Apostel Petrus gibt uns genaue Auskunft über die Zerstörung der Erde und des Sternenhimmels. «Dass von alters her Himmel waren und eine Erde, bestehend aus Wasser und im Wasser durch das Wort Gottes, durch welche die damalige Welt, vom Wasser überschwemmt, unterging. Die jetzigen Himmel aber und die Erde sind durch sein Wort aufbewahrt, für das Feuer behalten auf den Tag des Gerichts und des Verderbens der gottlosen Menschen ... Es wird aber der Tag des Herrn kommen..., an welchem die Himmel vergehen werden mit gewaltigem Geräusch, die Elemente aber im Brande werden aufgelöst und die Erde und die Werke auf ihr verbrannt werden. Da nun dies alles aufgelöst wird, welche solltet ihr dann sein in heiligem Wandel und Gottseligkeit! indem ihr erwartet und beschleuniget die Ankunft des Tages Gottes, dessentwegen die Himmel, in Feuer geraten, werden aufgelöst und die Elemente im Brande zerschmelzen werden» (2. Pet 3,5f).

Während also die frühere Welt durch die Flut zerstört wurde, wird die jetzige durch Feuer zugrunde gehen. Dabei handelt es sich aber um eine völlige und endgültige Vernichtung, die zugleich auch den Sternenhimmel treffen wird. Andere Schriftstellen bestätigen diese ernste Wahrheit. «Du hast vormals die Erde gegründet, und die Himmel sind deiner Hände Werk. Sie werden untergehen … und sie alle werden veralten wie ein Kleid; wie ein Gewand wirst du sie verwandeln, und sie werden verwandelt werden» (Ps 102,25–26; Heb 1,10–12). «Der Himmel und die Erde werden vergehen» (Mt 24,35). Was geschieht wohl mit den Heiligen des Tausendjährigen Reiches während dieses Umsturzes? Darüber gibt uns keine Stelle Aufschluss, doch dürfen wir annehmen, dass sie verwandelt werden und bewahrt bleiben. «Fleisch und Blut, das wissen wir, können das Reich Gottes nicht ererben. Nach dem allgemeinen Grundgedanken der Schrift können wir also ganz sicher sein, dass diese Heiligen vor dieser alles umfassenden Auflösung des Sternenhimmels und der Erde bewahrt und unter den neuen Himmeln auf die neue Erde versetzt werden, wo Gerechtigkeit wohnt, und zwar in einem neuen Zustand, der dem ewigen Zustand, worin sie eingeführt werden, entspricht» (W. Kelly, «über die Offenbarung»).

2. Von diesen neuen Himmeln gibt uns das Wort Gottes keine genauere Beschreibung, ohne Zweifel deshalb, weil der menschliche Zustand, worin wir uns heute noch befinden, uns doch nicht erlaubte, all die Wunder zu erfassen, die uns auf diese Weise offenbart würden. Selbst der Apostel Paulus, der bis in den dritten Himmel, das heisst in die Wohnung Gottes entrückt wurde, erklärt, dass er dort unaussprechliche Worte gehört habe, die der Mensch nicht sagen darf (2. Kor 12,4). Hier werden wir uns also nur eine unvollkommene Vorstellung von der Glückseligkeit machen können, die jene gesegneten Gefilde kennzeichnet, wie auch von der Herrlichkeit, die in alle Ewigkeit das Teil der Erlösten sein wird.

Hingegen sagt uns das Wort klar und deutlich, was auf der neuen Erde nicht mehr bestehen wird. Sieben Dinge werden nicht mehr sein: fünf sind in Offenbarung 21,14 erwähnt (das Meer, der Tod, Trauer, Geschrei, Schmerz) und zwei in Offenbarung 22,3+5, in Beziehung zur heiligen Stadt während des Tausendjährigen Reiches (der Fluch und die Nacht), die auch auf der neuen Erde nicht mehr gefunden werden.

a) Das Meer wird nicht mehr sein. Das Meer, ein Bild stürmischer Verwirrung, ist verschwunden. Alles ist geordnet und in eine harmonische und glückliche Verbindung mit Gott gebracht. Die Erlösten sind im sicheren Hafen angelangt; Sturm, Gefahr, Angst sind nicht mehr (Ps 107,23–32). Auch gibt es kein Geheimnis mehr, kein «Warum» in Bezug auf die jetzigen Wege Gottes mit den Seinen (Ps 77,19). Alles ist offenbar, und die Geliebten Gottes hören nicht auf, Seine Wundertaten zu preisen.

b) Der Tod wird nicht mehr sein. Durch unseren Herrn Jesus Christus ist der Tod zunichte gemacht worden (2. Tim 1,10); bei der Auferstehung aus den Toten und der Verwandlung der Lebenden wird er in Sieg verschlungen, und schliesslich wird er weggetan (1. Kor 15,26.54). Kein Erlöster kann je mehr unter seine Gewalt gelangen, und nie mehr wird bei einem von ihnen die Seele vom Leibe getrennt. In Offenbarung 20,14 finden wir eine Personifizierung des Todes (Aufenthaltsort der Leiber) und des Hades (unsichtbarer Aufenthaltsort der Geister). Beide werden in den Feuersee geworfen. Dann erfüllt sich die Weissagung des Apostels Paulus: «Denn er muss herrschen, bis er alle Feinde unter seine Füsse gelegt hat. Der letzte Feind, der weggetan wird, ist der Tod» (1. Kor 15,25–26). Der Tod, dieser schrecklichste Feind des Menschen, wurde durch Christum am Kreuze besiegt. Dann aber wird er weggetan sein und nicht mehr bestehen. Er verschwindet, weil dann die Spuren der Sünde auf immer getilgt sind. Alle Menschen sind dann im Zustande der Auferstandenen: die Erlösten, um im Bereich der neuen Himmel und der neuen Erde zu wohnen, die Gottlosen aber, um in den Feuersee geworfen zu werden. Der Tod hat fortan keine Gewalt mehr, weder über die einen noch über die anderen, und darum wird er weggetan. Der Hades hat seine letzten Bewohner herausgegeben, damit sie vor dem grossen weissen Thron erscheinen, und verschwindet somit ebenfalls. Danach bleibt nur noch die Ewigkeit, ein Zustand ausserhalb der Zeit, unveränderlich, unumschränkt und endgültig, ein Begriff, der sich der Begrenztheit unseres Geistes entzieht. Ewige Glückseligkeit für die Erlösten, aber ewiges Unglück für die Gottlosen.

c) Trauer wird nicht mehr sein. Das ist eine Folge der Abschaffung des Todes. Heute heisst es noch: «Der Mensch geht hin zu seinem ewigen Hause, und die Klagenden ziehen umher auf der Strasse» (Pred 12,5). Dann aber sind für die Erlösten Trauer und Trennung auf ewig vorbei.

d) Geschrei wird nicht mehr sein, dieser Ausdruck menschlichen Leidens, bedingt durch Krankheit, Not, Entbehrung, Ungerechtigkeit, Tod oder durch irgendwelche andere Ursache. «Von der Stadt her ächzen sterbende, und die Seele der Erschlagenen schreit» (Hiob 24,12). Dann aber verschwinden die Folgen der Sünde, und damit verstummt auch das Wehgeschrei, das seit dem Sündenfall die Menschheit unaufhörlich durchzieht.

e) Schmerz wird nicht mehr sein. Aus allen möglichen Gründen mühen sich die Menschen unter der Sonne ab und suchen ihre Ziele zu erreichen. «Was wird dem Menschen bei all seiner Mühe und beim Trachten seines Herzens, womit er sich abmüht unter der Sonne? Denn alle seine Tage sind Kummer (oder Schmerzen), und seine Geschäftigkeit ist Verdruss; selbst des Nachts ruht sein Herz nicht» (Pred 2,22–23). Dann aber weichen Schmerz und Qual, und an deren Stelle tritt eine Ruhe, heiter, unbeschwert und durch nichts getrübt.

f) Fluch wird nicht mehr sein. Der Fluch, den Gott über die Erde ausgesprochen hat, nachdem Adam und Eva in Ungehorsam gefallen waren, wird aufgehoben. Weil die Sünde, die den Fluch herbeigeführt hat, nicht mehr da ist, verschwindet auch er, ohne irgendwelche Spur zurückzulassen. Im Gegenteil, dann kann sich die ganze Segensfülle Gottes rückhaltlos über die neue Schöpfung ergiessen.

g) Nacht wird nicht mehr sein. «Die Stadt bedarf nicht der Sonne noch des Mondes, auf dass sie ihr scheinen; denn die Herrlichkeit Gottes hat sie erleuchtet, und ihre Lampe ist das Lamm … Nacht wird daselbst nicht sein» (Off 21,23.25; 22,5). Wie wir schon sagten, bezieht sich diese Stelle auf die heilige Stadt im Tausendjährigen Reiche, lässt sich aber auch auf den ewigen Zustand anwenden. in der Tat, auf der neuen Erde ist alles rein, klar und durchsichtig. Dort gibt es keine unbeantworteten Fragen mehr, noch Unwissenheit oder Irrtum. «Denn wir sehen jetzt durch einen Spiegel, undeutlich, dann aber von Angesicht zu Angesicht. jetzt erkenne ich stückweise, dann aber werde ich erkennen, gleich wie auch ich erkannt worden bin» (1. Kor 13,12).

3. In 2. Petrus 3,13 lesen wir: «Wir erwarten aber, nach seiner Verheissung, neue Himmel und eine neue Erde, in welchen Gerechtigkeit wohnt.» Während des Tausendjährigen Reiches wird die Gerechtigkeit regieren, auf der neuen Erde aber wohnt sie. Denn Gott selbst wird bei den Menschen wohnen und ihr Gott sein. Zudem wird auch die Hütte Gottes, die Versammlung, das neue Jerusalem genannt, bei ihnen sein. «Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, aus dem Himmel hernieder kommen von Gott, bereitet wie eine für ihren Mann geschmückte Braut, und ich hörte eine laute Stimme aus dem Himmel sagen: Siehe, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen und sie werden sein Volk sein, und Gott selbst wird bei ihnen sein, ihr Gott. Und er wird jede Träne von ihren Augen abwischen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Trauer, noch Geschrei, noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen» (Off 21,24).

Diese heilige Stadt, das neue Jerusalem, wird also die eigentliche Wohnung Gottes sein, womit deutlich die Vorzugsstellung der Versammlung hervorgehoben ist, die sie während der ganzen Ewigkeit einnehmen wird. Ohne Frage wird sie auch mit den übrigen Menschen in Beziehung stehen, bleibt aber deutlich von ihnen unterschieden, wie wir sie auch während des Tausendjährigen Reiches einen besonderen Platz einnehmen sahen. Ihren Titel als Braut des Lammes sowie die damit verbundenen Vorrechte wird sie auf ewig behalten. Ebenso wird Christus Seinen Charakter als Haupt und Bräutigam der Versammlung auf ewig bewahren, selbst nachdem Er das Reich dem Gott und Vater übergeben hat.

Die Versammlung wird hier betrachtet in Bezug auf das, was sie dann sein wird:

  • für die Menschen: eine heilige Stadt, himmlischen und göttlichen Ursprungs;
  • für Jesum: eine geschmückte Braut, so schön wie am Tage der Hochzeit, die dann tausend Jahre zurückliegt;
  • für Gott: eine Wohnung, eine Hütte.

Die Bedeutung dieses letztgenannten Charakters wird hier durch die «laute Stimme aus dem Himmel» hervorgehoben, die da sagt: «Siehe, die Hütte Gottes bei den Menschen!» Damit sind alle Ratschlüsse und Vorsätze der Liebe Gottes ganz erfüllt. Das war schon Seine Absicht, als Er den Menschen in den Garten Eden setzte, und sie blieb im Verlauf aller Wege mit ihm bestehen. «Der Ratschluss Jehovas besteht ewiglich, die Gedanken seines Herzens von Geschlecht zu Geschlecht» (Ps 33,11). Bei der Erfüllung dieser Ratschlüsse können wir sieben aufeinander folgende Phasen unterscheiden. Die ersten sechs enden mit einer Niederlage, die dem Ungehorsam des Menschen zugeschrieben werden muss, der sich trotz ständig erneuter Versuche Gottes, bei ihm zu wohnen, gegen seinen Schöpfer auflehnte. Die siebente Phase aber ist durch die siegreiche und endgültige Erfüllung dieses Ratschlusses gekennzeichnet, denn dann geht es nicht mehr um die Verantwortlichkeit des Menschen. Lasst uns die sieben Phasen kurz aufzählen:

a) Im Garten Eden unterhielt Gott eine direkte Beziehung mit Adam 2, doch wurde sie durch die Sünde abgebrochen.

b) Als Mose die Stiftshütte vollendet hatte und sie von der Herrlichkeit Gottes erfüllt wurde, da wohnte Gott bei den Menschen (2. Mose 40,34.35). Auch diese Verbindung Gottes mit den Menschen wurde infolge der Untreue des Volkes Israel zerstört (Ps 78,56–61).

c) Die Herrlichkeit Jehovas erfüllte das durch Salomo erbaute Haus Gottes (2. Chr 5,13.14). Aber auch hier entsprachen das Volk und seine Könige nicht ihrer Verantwortung, so dass diese Verbindung Gottes mit den Menschen wie die früheren abgebrochen wurde (Jer 7,12–15). Daher zog sich die Wolke vom Tempel zurück (Hes 10 und 11).

d) Als das Wort Fleisch wurde und unter uns wohnte (zeltete), da wohnte Gott erneut bei den Menschen (Joh 1,14). Gott war in Christo bei den Menschen. Doch die Welt erkannte Ihn nicht, und die Seinigen nahmen ihn nicht an. Nach Seiner Verwerfung verliess Er die Welt und ging zum Vater zurück.

e) Ein fünftes Mal kam Gott, um bei den Menschen zu wohnen, in der Person des Heiligen Geistes, der nun in der Versammlung gegenwärtig ist, die hienieden das Haus und der Tempel Gottes ist (1. Kor 3,16). Aber die Kirche, in ihrer Verantwortlichkeit gesehen, hat ebenso versagt wie Israel. Sie geht einem völligen Abfall entgegen und wird aus dem Munde Christi ausgespieen werden (Off 3,16).

f) Während des Tausendjährigen Reiches wird Gott nochmals bei den Menschen auf der Erde wohnen, und zwar in dem von Hesekiel beschriebenen Tempel. Doch wird auch diese Beziehung abgebrochen werden: Sobald Satan aus seinem Gefängnis losgelassen ist, bemächtigt er sich der Herzen aller Menschen, die nicht wiedergeboren sind. Die abgewichenen Nationen lehnen sich zum letzten Mal gegen Gott auf, aber Feuer aus dem Himmel wird sie verschlingen.

g) Trotz alledem wird Gott Seine Ratschlüsse ausführen. Der ewige Zustand wird durch die «laute Stimme aus dem Himmel» feierlich eröffnet: «Siehe die Hütte Gottes bei den Menschen!» Von nun an ist die Verantwortlichkeit des Menschen ausgeschaltet, alles hängt nur noch von dem Ratschluss Gottes und dem Werke Christi am Kreuze ab.

«O Tiefe des Reichtums, sowohl der Weisheit als auch der Erkenntnis Gottes! Wie unausforschlich sind seine Gerichte und unausspürbar seine Wege! Denn wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer ist sein Mitberater gewesen? Oder wer hat ihm zuvor gegeben, und es wird ihm vergolten werden? Denn von ihm und durch ihn und für ihn sind alle Dinge; ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen» (Röm 11,33–36).

4. Alle Dinge werden also neu gemacht. Gott selbst bezeugt es, indem Er zum Apostel Johannes sagt: «Schreibe, denn diese Worte sind gewiss und wahrhaftig.» Alles ist vollendet, es bleibt nichts mehr zu tun übrig. «Und er sprach zu mir: Es ist geschehen. Ich bin das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende» (Off 21,5–6). «Das endgültige Es ist geschehen' der neuen Schöpfung gründet sich auf das es ist vollbracht' am Kreuze» (H. R.). In der Tat, wenn die neue Schöpfung von jeder Verunreinigung frei ist, so ist es nur kraft der Wirksamkeit des Blutes Christi, des Lammes Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt. Jegliche Spur der Sünde und des Bösen in jeder Form wird aus dem Weltall weggetan sein. Alle Dinge werden mit Gott versöhnt, und Gott wird alles in allem sein.

Jemand hat geschrieben: «Anfang und Ende greifen ineinander, das erste und das letzte Blatt der Bibel gleichen sich: Die Schrift beginnt und schliesst mit dem Paradies. Aber das Ende ist schöner als der Anfang, das Omega grossartiger als das Alpha, denn das künftige Paradies ist nicht das wieder gefundene alte, sondern das himmlische Paradies, von ewiger Herrlichkeit. Gott ist sowohl der Ausgangspunkt wie auch das Ziel aller Dinge.» Der Gläubige kann mit Mose ausrufen: «Von Ewigkeit zu Ewigkeit bist du, Gott» (Psalm 90,2).

Der Himmel ist die Gegenwart Gottes.

Da ist Gott der Vater, der Alte an Tagen, Dessen Herrlichkeit und Majestät vom Propheten Daniel beschrieben wird. «Sein Gewand war weiss wie Schnee, und das Haar seines Hauptes wie reine Wolle; sein Thron Feuerflammen, dessen Räder ein loderndes Feuer. Ein Strom von Feuer floss und ging von ihm aus; tausendmal Tausende dienten ihm, und Zehntausend Mal Zehntausende standen vor ihm» (Dan 7,9–10). Rings um diesen Thron, der das Weltall erhält und regiert, befinden sich die Scharen der Erlösten und der Engel, die ohne Ende Gott anbeten, Ihn loben und Ihm dienen, Ihn, den der Apostel Paulus beschreibt als der «selige und alleinige Machthaber, der König der Könige und Herr der Herren, der allein Unsterblichkeit hat, der ein unzugängliches Licht bewohnt, den keiner der Menschen gesehen hat, noch sehen kann, welchem Ehre sei und ewige Macht! Amen» (1. Tim 6,15–16).

Dieser grosse Gott hat den wunderbaren Plan gefasst, uns auf ewig bei sich zu haben und uns Seiner Herrlichkeit teilhaftig werden zu lassen.

Gott der Sohn, Jesus Christus, wird in der kommenden Ewigkeit mit Seinem Vater den ersten Platz einnehmen, wie Er es schon in der vergangenen Ewigkeit getan hat (Spr 8,22 ff.). Wie oft zeigt uns das Wort ihn auf dem Throne Gottes oder zur Rechten Seiner Majestät sitzend! Diese Vorzugsstellung ist Ihm durch Sein Werk am Kreuz zuteil geworden: Weil Er sich selbst zu nichts machte, hat Gott ihn hoch erhoben und ihm einen Namen gegeben, der über jeden Namen ist (Phil 2,5 ff.). Doch behält Er gleichwohl die Züge Seiner verherrlichten Menschheit und wird sie auf ewig bewahren. Nachdem uns Jesus durch Seinen Tod, Seine Auferstehung und Himmelfahrt im Vaterhaus eine Stätte bereitet hat, wird Er uns dort aufnehmen und uns mit ihm auf Seinem Throne sitzen lassen (Off 3,21). Wenn Er dann alle Seine Erlösten so in der Herrlichkeit versammelt hat und alle Seine Feinde vernichtet sind, wird Er das Reich dem Gott und Vater übergeben. «Wenn ihm aber alles unterworfen sein wird, dann wird auch der Sohn selbst dem unterworfen sein, der ihm alles unterworfen hat, auf dass Gott alles in allem sei» (1. Kor 15,24+28).

Der Heilige Geist, die dritte Person der Dreieinigkeit, mit dem Vater und dem Sohne innig verbunden, wird die ganze Ewigkeit hindurch Seine Tätigkeit fortsetzen. Für den Erlösten hienieden ist Er das Unterpfand des himmlischen Erbes (Eph 1,14); im Himmel aber werden die Heiligen durch den Geist erfüllt sein zu der ganzen Fülle Gottes (Eph 3,19) und nicht nur das Unterpfand des Erbes, sondern das Erbteil selbst besitzen. So wird Gott alles in allem sein, und die Erlösten werden unaufhörlich die Schätze des Vaterhauses geniessen.

5. Welches sind die Schätze, die das Erbteil bilden?

Die Herrlichkeit. «Vater, ich will, dass die, welche du mir gegeben hast, auch bei mir seien, wo ich bin, auf dass sie meine Herrlichkeit schauen, die du mir gegeben hast» (Joh 17,24). «Dann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne in dem Reiche ihres Vaters» (Mt 13,43). «Und die Verständigen werden leuchten wie der Glanz der Himmelsfeste, und die, welche die Vielen zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne, immer und ewiglich» (Dan 12,3). Nicht nur werden wir die Herrlichkeit des Herrn teilen, sondern wir werden Ihm gleichförmig sein (Phil 3,21).

Die Glückseligkeit. Die Erlösten werden vollkommenes Glück und vollkommenen Frieden geniessen. «Sie werden nicht mehr hungern, auch werden sie nicht mehr dürsten, noch wird je die Sonne auf sie fallen ... Denn das Lamm, das in der Mitte des Thrones ist, wird sie weiden und sie leiten zu Quellen der Wasser des Lebens, und Gott wird jede Träne von ihren Augen abwischen» (Off 7,16.17). Sie werden auf ewig über alles Leid getröstet sein. «Glückselig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden» (Mt 5,4). «Wie einen, den seine Mutter tröstet, also werde ich euch trösten» (Jes 66,13). «Und er wird jede Träne von ihren Augen abwischen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Trauer, noch Geschrei, noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen» (Off 21,4).

Die Liebe. Während der ganzen Ewigkeit wird der Himmel die Stätte der vollkommenen Liebe sein. Gott ist Liebe und wird damit den Himmel erfüllen. Weil Er alles in allem sein wird, werden auch die Erlösten von Seiner Liebe erfüllt sein. «Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; die grösste aber von diesen ist die Liebe» (1. Kor 13,13). Dann werden wir in vollkommener Weise die in Jesu offenbarte Liebe Gottes erkennen, und wir werden Ihn lieben, gleich wie Er uns liebt. Dann ist der Wunsch des Herrn Jesu, den Er aussprach, bevor Er ans Kreuz ging, ganz erfüllt: «Und ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn kundtun, auf dass die Liebe, womit du mich geliebt hast, in ihnen sei und ich in ihnen» (Joh 17,26).

Die Heiligkeit. «Und nicht wird in sie (die heilige Stadt) eingehen irgendetwas Gemeines» (Off 21,27). Gott ist heilig, und der Himmel ist die Wohnstätte Seiner Heiligkeit (Jes 6,3; 57,15). Aber dieser Ort ist zugleich die Stätte der Schönheit und Pracht. «Majestät und Pracht ist sein Tun; und seine Gerechtigkeit besteht ewiglich» (Ps 111,3). Was den Glanz des Himmels ausmacht, ist die Gegenwart Gottes selbst, die Quelle aller Vollkommenheit. «Aus Zion, der Schönheit Vollendung, ist Gott hervorgestrahlt» (Ps 50,2). «Der du thronest zwischen den Cherubim, strahle hervor!» (Ps 80,1). «Deine Augen werden den König schauen in seiner Schönheit» (Jes 33,17).

Die Einheit und die Vollkommenheit. Im Himmel wird es keine Spaltungen mehr geben, sondern Gott wird Seinen ewigen Ratschluss vollenden, dessen Ziel darin besteht, «alles unter ein Haupt zusammenzubringen in dem Christus, das, was in den Himmeln und das, was auf der Erde ist» (Eph 1,10). Einheit und Vollkommenheit werden aus unserer Gleichförmigkeit mit Christo hervorgehen. «Geliebte, jetzt sind wir Kinder Gottes, und es ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden; wir wissen, dass, wenn es offenbar werden wird, wir ihm gleich sein werden, denn wir werden ihn sehen, wie er ist» (1. Joh 3,2). Wir alle, ohne Ausnahme, werden Ihm dort gleich sein; daraus ergibt sich für die Heiligen eine absolute Einheit und Vollkommenheit. Alle werden zur Fülle des in Christo vollkommenen Menschen gelangt sein (Kol 1,28) und «zur Erkenntnis des Sohnes Gottes, zu dem erwachsenen Manne, zu dem Masse des vollen Wuchses der Fülle des Christus» (Eph 4,13). Dieses Wachstum, das hier unten anfängt, erreicht seine völlige Entfaltung im Himmel.

Die Ewigkeit. Im Himmel wird die Zeit nicht mehr sein. Die Einteilung der Zeit in Stunden, Tage, Monate, Jahre und so weiter, gehört der Erde an, wo alles einen Anfang und ein Ende hat. übrigens werden wir ermahnt, Gott zu bitten, dass Er uns lehren möge, unsere Tage zu zählen, auf dass wir ein weises Herz erlangen (Ps 90,12), denn es sind ihrer nur wenige. Im Himmel wird es weder Zeit noch Zeitspanne geben, und nichts mehr wird die Flucht der Jahre andeuten, wie es hier unten der Fall ist. Die Erlösten werden ewiges Leben geniessen; sie werden allezeit beim Herrn sein und nichts wird sie von der Liebe Gottes zu scheiden vermögen (Joh 3,16; 1. Thes 4,17; Röm 8,38–39; Off 22,5). Wahrlich, das Alte ist vergangen und alles ist neu geworden. Die Zeit ist zu Ende, der Tod verschlungen, das ewige Reich der Unsterblichkeit hebt an.

6. Womit werden sich die Gläubigen beschäftigen? Wie wir gesehen haben, wird der Himmel für den Erlösten ein Ort vollkommener Glückseligkeit sein, im Licht und in der Herrlichkeit der Gegenwart Christi. Aber die Schrift gibt uns auch Auskunft darüber, was wir dort tun werden. Unsere Tätigkeit kann in drei Worte zusammengefasst werden: Anbetung, Ruhe, Dienst.

Die Anbetung. Schon hier auf der Erde sucht Gott Menschen, die Ihn in Geist und Wahrheit anbeten (Joh 4,23–24). Es ist die Freude und das Vorrecht derer, die vom ewigen Tod und Gericht errettet wurden, Gott hienieden schon in Dankbarkeit die Ihm gebührende Anbetung darzubringen. In der Ewigkeit wird ihre Hauptbeschäftigung darin bestehen, diesen so erhabenen und dem Herzen Gottes so kostbaren Dienst in vollkommener Weise fortzusetzen. Wie hier unten, so werden auch in der Herrlichkeit der Vater und der Sohn Grund und Ziel unserer Anbetung sein. Die Person und das Werk Christi, unseres geliebten Heilandes, Seine Liebe, Seine Erniedrigung, Seine Leiden, Sein Tod, Seine Auferstehung, Seine Herrlichkeiten und das, was Er für das Herz Gottes bedeutet hat und sein wird, das werden die Hauptgegenstände unseres Lobes sein. Weil diese Gegenstände der Anbetung unendlich sind, bleiben sie für uns unerschöpflich. Folglich wird sie nicht nur nicht aufhören oder nachlassen, sondern im Gegenteil wachsen und sich erheben in dem Masse, wie wir tiefer in den Genuss der Person und des Werkes Christi eindringen.

Diese Anbetung drückt sich in Lobgesängen aus, wie wir sie in den symbolischen Szenen der Offenbarung zu wiederholten Malen erschallen hören. Bisweilen stimmen die Engel ins Lob der Erlösten ein, obschon der Beweggrund ihrer Anbetung von dem unseren verschieden ist, weil sie nicht die Gegenstände der Liebe Gottes waren wie wir. Sie wurden nicht vom Tode errettet; das Opfer und der Sieg Christi waren nicht für sie bestimmt; sie sind nicht «Kinder Gottes». Gleichwohl loben sie Gott von der vergangenen Ewigkeit an und werden diesen Dienst in der kommenden Ewigkeit mit den Erlösten zusammen fortsetzen.

Aber die Anbetung wird ebenfalls durch eine stumme und inbrünstige Betrachtung zum Ausdruck gebracht. Im Himmel wird es beredtes Schweigen geben. «Seine Knechte … werden sein Angesicht sehen; und sein Name wird an ihren Stirnen sein» (Off 22,3–4). Der Mensch auf der Erde, und wäre es auch ein Erlöster, kann Gott nicht sehen, ohne zu sterben (2. Mose 33,20), die verherrlichten Heiligen dagegen vermögen vor Ihm zu erscheinen und Ihn im Angesicht Christi zu schauen. Weit mehr noch, sie werden Seinen Namen auf ihren Stirnen tragen als unwiderlegliches Zeugnis dafür, dass sie Ihm gehören. Im Himmel werden die Blicke aller auf diese herrliche Person gerichtet sein, ohne durch irgendein Hindernis oder eine Zerstreuung abgelenkt zu werden, denn es wird unser Wunsch sein, ihn immer besser kennen zu lernen. Hiob freute sich bei diesem Gedanken: «Und ich, ich weiss, dass mein Erlöser lebt …  So werde ich aus meinem Fleische Gott anschauen, welchen ich selbst mir anschauen, und den meine Augen sehen werden, und kein anderer» (Hiob 19,25–27). So wird im Himmel auch jeder Erlöste für sich das Angesicht seines Erlösers betrachten können. Dann werden alle in stummer Ergriffenheit vor Ihm niederfallen und ihre Kronen zu Seinen Füssen niederwerfen.

Beseligt wird die Braut in Deinen hehren Zügen,
Du Herr und Bräutigam, vollkommne Schönheit sehn.
Wie tief und weit vor ihr wird das Geheimnis liegen
Der Liebe und der Gnad, die wir dann ganz verstehn.

Auch der Psalmist äussert seinen sehnlichen Wunsch, den Herrn zu schauen: «Eines habe ich von Jehova erbeten, nach diesem will ich trachten: zu wohnen im Hause Jehovas alle Tage meines Lebens, um anzuschauen die Lieblichkeit Jehovas und nach ihm zu forschen in seinem Tempel» (Ps 27,4). «Ich, ich werde dein Angesicht schauen in Gerechtigkeit, werde gesättigt werden, wenn ich erwache, mit deinem Bilde» (Ps 17,15). «Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott: Wann werde ich kommen und erscheinen vor Gottes Angesicht?» (Ps 42,2).

So werden in alle Ewigkeit Lobgesang und stumme Anbetung zu Gottes Ehre und zur Verherrlichung Jesu Christi einander folgen, und dies alles in vollkommener Harmonie, unvergleichlich höher als das Lob, das wir jetzt noch stammelnd darbringen.

Die Ruhe. Das Leben des Gläubigen hier auf der Erde bringt ständig Kampf und mancherlei Prüfungen mit sich. Niemals darf er «die ganze Waffenrüstung Gottes» niederlegen, und selbst wenn er einen Sieg davongetragen hat, soll er nicht ausruhen, sondern «stehen» (Eph 6,13). Die Ruhe ist für den Himmel da. Gewiss, wir können sie jetzt schon durch den Glauben geniessen (Heb 4,8–11). Aber zu einer ewigen Wirklichkeit wird sie erst, wenn wir im himmlischen Hafen angelangt sind, und ihre volle Bedeutung erlangt sie erst nach der Wiederkunft Christi, wenn alle Heiligen auferweckt oder verwandelt worden sind und in die Herrlichkeit eingehen (2. Thes 1,7). Dann wird diese Ruhe durch die Anbetung der verklärten Heiligen noch reicher und schöner.

Der Dienst. «Und seine Knechte werden ihm dienen» (Off 22,3). Es gibt keine Stelle, die uns erlaubt, genau anzugeben, worin dieser Dienst besteht. Für die Erlösten wird es sich darum handeln, den Willen des Herrn zu erfüllen in allem, was Er ihnen in Bezug auf Seine Verherrlichung anvertraut. Dieser Dienst wird vollkommen sein und das Herz Dessen, für Den er getan werden wird, völlig befriedigen.

Welch herrliches und unendlich gesegnetes Teil! Alle Sünder können es sich aneignen, indem sie das Heil einfach annehmen, das ihnen heute durch den Herrn Jesus angeboten wird. Für sie alle ist Raum im Himmel. überall erschallt die Botschaft, die der König seit beinahe zweitausend Jahren ausrufen lässt: «Alles ist bereit; kommet zur Hochzeit!» Bevor Er das heilige Buch abschliesst, lässt Er nochmals einen letzten Ruf an alle ergehen, die nach Vergebung, wahrem Glück und Frieden dürsten: «Ich will dem Dürstenden aus der Quelle des Wassers des Lebens geben umsonst. Wer überwindet, wird dieses ererben, und ich werde ihm Gott sein, und er wird mir Sohn sein ... Und wen da dürstet, der komme; wer da will, nehme das Wasser des Lebens umsonst» (Off 21,6–7; 22,17).

Freund, der du diese Zeilen liest, bist du diesem Ruf schon gefolgt? Wenn nicht, so verschiebe es nicht auf später; komm heute zu Jesu, entscheide dich aufrichtig für ihn– nimm dieses Lebenswasser an, das Heil, das Er allen Sündern umsonst anbietet. Er hat alles getan, was nötig war, um dir den Zutritt zum Himmel zu erschliessen. Von dir hängt es nun ab, ob du die Ewigkeit dort zubringen oder ob du in den Feuersee geworfen wirst. Höre noch einmal die Worte Jesu: «Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem Tode in das Leben übergegangen» (Joh 5,24).

Fußnoten

  • 1 Ps 69,28; Phil 4,3; Off 3,5; 13,8; siehe auch Lk 10,20 und Heb 12,22‑23.
  • 2 Obschon man nicht sagen kann, dass Gott im Garten Eden beim Menschen wohnte. Der Ausdruck: «Wohnung Gottes bei den Menschen» wird in der Schrift erst nach der Erlösung gebraucht, die uns in Bezug auf Israel durch die Befreiung aus dem Lande Ägypten vorgestellt wird (2. Mose 15,2, Fussnote).
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