Einführende Vorträge zur Apostelgeschichte

Kapitel 11+12

Einführende Vorträge zur Apostelgeschichte

Kapitel 11 berichtet uns, wie Petrus vor jenen, die nicht Zeugen von den Wirkungen der gewaltigen Macht Gottes im Haus des Kornelius gewesen waren, Rechenschaft ablegen musste. Er beendete seine ausführliche Darstellung des Ereignisses mit dem entscheidenden Argument: „Wenn nun Gott ihnen die gleiche Gabe gegeben hat wie auch uns, die wir an den Herrn Jesus Christus geglaubt haben, wer war ich, dass ich vermocht hätte, Gott zu wehren?“ (V. 17). Das war der entscheidende Punkt. An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass die Gabe des Heiligen Geistes denen gehört, die glauben. Es geht hier nicht um die Wirksamkeit des Geistes, welcher Menschen zum Glauben befähigt, sondern um eine kostbare Segensgabe an den Glaubenden. „Als sie aber dies gehört hatten, beruhigten sie sich und verherrlichten Gott und sagten: Dann hat Gott also auch den Nationen die Buße gegeben zum Leben“ (V. 18). Ausschließlich der Geist Gottes macht einen Menschen lebendig, durch den Glauben an Christus. Ohne das Wirken des Heiligen Geistes ist kein Glaube möglich. Aber diese befähigende Macht und die Gabe des Heiligen Geistes sind gänzlich voneinander verschieden. Das Zweite ist eine Folge des Ersten. Wenn Gott jenen Nichtjuden den Heiligen Geist gab, wie an den Ergebnissen eindeutig erkannt wurde, dann war ebenso klar, dass sie durch Gottes Gnade Buße zum Leben gezeigt hatten. Die Gabe des Geistes an den Gläubigen ist ein Vorrecht, das auf den Glauben folgt und diesen weit übertrifft, und setzt folglich die Buße zum Leben voraus.

Danach folgt ein weiterer schwerwiegender Schritt. Wir erfahren, dass Männer aus Zypern und Kyrene, welche durch die Verfolgung versprengt worden waren, überall hingingen und unter anderem auch nach Antiochien kamen, wo sie das Wort Gottes zunächst ausschließlich an Juden verkündigten. Später fassten sie Mut und redeten – nicht mehr nur zu den  Hellenisten (das geschah schon seit längerer Zeit), sondern auch – zu den  Griechen, „indem sie das Evangelium von dem Herrn Jesus verkündigten“ (V. 20). Diejenigen, welche sie jetzt ansprachen, waren Nichtjuden. Das Wort „Hellenisten“ bedeutet nicht „Griechen“ 1, sondern vielmehr Griechisch sprechende Juden (vgl. Apg 6, 1; Fußn.). Ihnen war das Evangelium recht früh verkündigt worden, wovon zum Beispiel Stephanus und Philippus Zeugen sind. Kapitel 6 berichtet uns vom Murren der Gläubigen aus dieser Gruppe. Sie befanden sich schon damals in der Kirche (Versammlung). Die in unseren Versen erwähnten Männer sprachen demnach zu Griechen, d. h. Nichtjuden. So sehen wir also den Herrn handeln, und zwar in einer Weise, wie es ständig geschieht: Er hatte Paulus zum Dienst an die Nichtjuden berufen. Er hatte Petrus zu einem Nichtjuden gesandt. Hier erfahren wir, dass jene Männer, welche vielleicht als nichtbevollmächtigte Arbeiter verachtet wurden, sich in dem Strom desselben Werkes Gottes befanden, auch wenn sie nichts davon wussten, außer durch göttliches Gespür.

Wie gesegnet, wenn wir die freie Wirksamkeit des Heiligen Geistes wahrnehmen ohne irgendwelche menschliche Absprache! So ist es immer in den Wegen Gottes. Das bedeutet nicht nur, dass Gott sowohl den einen als auch den anderen benutzt (Er handelt so; und wir sollten Ihn dafür preisen!), sondern auch, dass Er bei der Benutzung seiner Mittel über diesen steht. Er brauchte jetzt nur durch die Umstände die Seelen einiger einfacher Christen zu erwecken, welche Glauben und Liebe besaßen, um die Nichtjuden zu suchen. Dazu benötigten sie keinesfalls dasselbe starke und außerordentliche Eingreifen von seiner mächtigen Hand, wie sie bei den Aposteln erforderlich war. So groß Petrus als Arbeiter auch war – Gott musste in einem Gesicht eingreifen, damit er sich zu einem Werk senden ließ, welches diese ungenannten Brüder im Vertrauen auf Gottes Gnade ohne Ermunterung durch Gesicht oder Zeichen auf sich nahmen. Anscheinend wirkte ausschließlich göttliche Gnade in ihnen und nichts sonst. Zuerst waren sie zurückhaltender; sie sprachen nur zu Juden. Nach und nach füllte die Kraft des Evangeliums und die Wirksamkeit des Heiligen Geistes ihre Seelen mit dem Wunsch, auch der Not anderer zu begegnen. Die Heiden waren Sünder. Warum sollten sie sich fürchten, zu ihnen zu reden? „Und des Herrn Hand war mit ihnen“, wird uns mitgeteilt, „und eine große Zahl glaubte und bekehrte sich zu dem Herrn“ (V. 21). Welch ein Tadel für diejenigen, welche die Kirche (Versammlung) zu einem bloßen Objekt menschlicher Verwaltung machen möchten oder in irgendeiner Weise von dem Willen des Menschen abhängig, was noch böser ist. Wie gesegnet zu sehen, dass die Versammlung ein wirkliches organisches  Ganzes darstellt und nicht nur ein lebendiges Gebilde! Der Heilige Geist ist die Quelle ihres Lebens – eine göttliche Person, welche ausschließlich der Gnade des Herrn Jesus entsprechend handeln kann und zu seiner Verherrlichung auf die Erde gekommen ist.

Als nächstes sehen wir Barnabas, der sich zu einem neuen und kennzeichnenden Werk erwecken ließ. Vorher hatte er Saulus von den Folgen unpassender Angst und Misstrauens in den Herzen der Jünger befreit. Er wollte an Saulus gutmachen, was an diesem, vorsichtig ausgedrückt, in einem gewissen Maß gefehlt worden war. Da in der Versammlung in Antiochien Bedürfnisse vorlagen, suchte er Saulus, bis er ihn gefunden hatte. Er war davon überzeugt, dass letzterer ein Werkzeug war, welches der Herr zum Guten verwenden wollte. So sahen wir in einigen Fällen Führung durch einen Engel des Herrn, in anderen eindeutig durch den Geist des Herrn. Hier lesen wir einfach von dem heiligen Beurteilungsvermögen eines gnädigen Herzens. Das ist alles richtig. Wir dürfen Barnabas' Verfahren nicht als ein rein menschliches Vorgehen betrachten. Er handelte durchaus rechtmäßig, denn Gott berichtet uns davon, damit wir es uns vor Augen stellen und Nutzen daraus ziehen. Barnabas' Tat, indem er Saulus suchte, war durchaus gottgemäß. „Es geschah ihnen aber, dass sie ein ganzes Jahr in der Versammlung zusammenkamen und eine zahlreiche Menge lehrten, und dass die Jünger zuerst in Antiochien Christen genannt wurden.“ (V. 26). Jene Stadt, welche im Altertum so berühmt war, wegen der Spottnamen, die sie verteilte, vergab hier einen Namen, der niemals vergehen wird – einen Namen von unschätzbarer Lieblichkeit und Segnung, welcher Christus mit jenen verbindet, die sein Eigentum sind. Zweifellos war das ein Name für die Nichtjuden. Es bestand keine besondere Notwendigkeit, ihn den Juden zu geben; denn alle Juden bekannten, dass sie Christus erwarteten. Welch ein wunderbarer Wechsel für diese armen Heiden, Christus persönlich zu kennen und nach Ihm benannt zu werden! Alles war von Gott so geführt.

Danach lesen wir, dass die nichtjüdischen Geschwister mit ihrer irdischen Habe der Versammlung in Jerusalem dienten, als diese verarmte. Saulus (wie er immer noch genannt wird) und Barnabas wurden die Segenskanäle, durch welche die Gabe zu den Ältesten in Jerusalem gebracht wurde. Von Ältesten haben wir bisher nichts gehört. Wie diese eingesetzt wurden – falls es überhaupt eine formelle Einsetzung gab –, erfahren wir nicht. Unter den Nichtjuden wurden sie, wie wir wissen und bald in der Apostelgeschichte sehen werden, durch die Wahl der Apostel bestellt. Ob auch unter den Juden so verfahren wurde, darüber schweigt die Bibel. Wir erkennen jedoch eindeutig, dass es dort, wie später unter den heidnischen Versammlungen, Personen gab, die diese Stellung der Verantwortung einnahmen.

Es folgt der Abschluss des zweiten Teils der Apostelgeschichte. Diesen finden wir in

Kapitel 12,

über das ich heute Abend nicht viel sagen möchte. Wir erhalten ein treffendes Vorausbild von dem bösen König der letzten Tage, welcher wie Herodes unter dem Schirm und mit der Unterstützung der Nationen über die Juden herrschen wird. Dieser wird noch mehr als unser Vorbild hier auf die Ermordung der Unschuldigen versessen sein mit einem Herzen voller Bosheit gegen andere, welche durch die Güte des Herrn errettet werden.

Jakobus vergoss sein Blut wie vor ihm Stephanus. Vonseiten des Menschen war auch Petrus für dieses Schicksal bestimmt. Der Herr durchkreuzte indessen jenen Plan. Die Jünger überließen sich dem Gebet. Doch wie wenig vertrauten sie ihrem eigenen Beten! Nichtsdestoweniger dürfen wir erfahren, dass sie schon damals Gebetsstunden hatten. Sie hielten also zugunsten des Knechtes des Herrn diese besondere Gebetsversammlung. Der Herr zögerte nicht, durch einen Beauftragten seiner Macht in der Vorsehung einzugreifen. Alle diese Einzelheiten bestätigen, dass wir hier im Vorbild jüdische Besonderheiten gezeigt bekommen. Davon sind natürlicherweise Jakobus und Petrus, welche hauptsächlich mit der Beschneidung zu tun hatten, die passenden Repräsentanten.

Es ist jetzt nicht nötig, länger bei dieser Szene zu verweilen, welche zweifellos vielen von uns bekannt ist. Ich möchte nur darauf hinweisen, in welcher Weise der Herr den Abtrünnigen richtete. Herodes' Ratschluss in Jerusalem wurde zwar zuschanden gemacht; dafür wurde der König an einem anderen Ort verherrlicht; denn kurze Zeit später wurde er von dem Volk, dem er gefallen wollte, als Gott anerkannt und begrüßt. In demselben Augenblick beschäftigte sich ein Engel des Herrn mit seinem Hochmut; und von Würmern gefressen, starb er. Das ist ein trauriges Vorbild von dem schrecklichen Gericht Gottes, welches über jenen Mann hereinbrechen wird, der „sich in den Tempel Gottes setzt und sich selbst darstellt, dass er Gott sei“ (2. Thes 2, 4).

In dem folgenden Teil unseres Bibelbuchs werden wir die Art und Weise sehen, in welcher der Geist Gottes durch den großen Apostel der Nationen gewirkt hat.

Fußnoten

  • 1 „Hellas“ war der alte Name für Griechenland und das ganze von Griechen beherrschte Gebiet im Altertum. Auch der moderne griechische Staat nennt sich offiziell „Hellas“. „Hellenisten“ sind Juden, die sich der griechischen Kultur angepasst haben. (Übs.)
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