Einführende Vorträge zur Apostelgeschichte

Kapitel 10

Einführende Vorträge zur Apostelgeschichte

Wie wenig ahnte der große Apostel der Beschneidung, was vor ihm lag, als er viele Tage in Joppe im Haus Simons, eines Gerbers, verweilte! Denn dort berief ihn der Herr auf ein neues Wirkungsfeld – in ein Werk, das für jüdische Gedanken über die Maßen ungewöhnlich war. Dennoch wäre es ein Fehler, wenn wir denken würden, dass Gott noch nie an den Herzen von Nichtjuden gewirkt hatte. In den Evangelien lesen wir vom Gegenteil. Kornelius war einer von den Menschen aus den Nationen, die den Götzendienst aufgegeben hatten. Manche blieben jedoch nicht dabei stehen. Es gab solche, die wahrhaft auf den Herrn blickten und nicht auf das Ich oder Menschen. Sie waren von Ihm belehrt, auf einen kommenden Heiland zu warten, obwohl sie diesen Retter völlig richtig mit Israel verbanden; denn darin bestand der Leitgedanke der Verheißung. So wie wir im Alten Testament einen Hiob finden, der nicht an das Gesetz gebunden war und vielleicht schon vor dessen Einführung lebte, lesen wir im Neuen Testament von einem Kornelius, bevor die gute Botschaft förmlich an die Nationen gesandt wurde. Alle wussten, dass es Juden gab, die auf einen Retter warteten. Es ist interessant (und sollte bei uns viel besser bekannt sein), dass nicht wenige Nichtjuden keine Götzen anbeteten, sondern dem wahren und lebendigen Gott dienten. Zweifellos war ihr geistlicher Zustand unvollkommen. Zudem muss ihre äußere Stellung unnormal ausgesehen haben. Dennoch spricht die Bibel eindeutig von solchen gottesfürchtigen Heiden.

Die Annahme, dass Kornelius einfach nur einer natürlichen Religion anhing, ist folglich ein Trugschluss. Er war unzweifelhaft schon bekehrt, als Petrus zu ihm kam. Wenn wir ihn bis dahin als unerweckt ansehen, verstehen wir einen großen Teil der Lehre dieses Kapitels falsch. Damit bezweifeln wir keineswegs, dass jetzt ein gewaltiges Werk in Kornelius bewirkt wurde. Wir dürfen nicht, wie es die Unwissenden ständig tun, die Aktivität des Heiligen Geistes auf die neue Geburt beschränken. Kein Mensch kann in seinem natürlichen Zustand zu Gott beten oder Ihm in annehmbarer Weise dienen, wie wir es von Kornelius lesen. Dazu muss er von neuem geboren sein. Es gab damals viele Menschen (und, wie ich vermute, auch heute noch), die gleich ihm wirklich geistlich zum Leben erweckt und wiedergeboren waren und trotzdem keineswegs in Frieden in ihrer Erlösung ruhten. Sie waren weit davon entfernt, sich ihrer Befreiung von allen Fragen hinsichtlich der Seele bewusst zu sein. Ohne Zweifel besteht ein Unterschied zwischen den heutigen Fällen und der Lage des Kornelius damals; denn vor der Sendung des Petrus wäre es Anmaßung von einem Nichtjuden gewesen, auf Erlösung Anspruch zu erheben. Heute hingegen ist jeder Zweifel eines Gläubigen an seiner Errettung eine Frucht des Unglaubens. Eine Seele, welche jetzt auf Jesus schaut, sollte ohne irgendeinen Zweifel in ihrer Erlösung ruhen. Damals war Jesus indessen, wie wir uns erinnern müssen, noch nicht öffentlich den Nichtjuden gepredigt – seine Person und sein Werk noch nicht frei und vollständig entsprechend den Reichtümern seiner Gnade bekannt gemacht worden. Folglich, je gottesfürchtiger Kornelius war, desto weniger hätte er es gewagt, seine Hand nach dem Segen auszustrecken, ohne vom Herrn dazu aufgefordert zu sein. Er handelte, wie ich nicht bezweifle, durchaus richtig. Er stand aufrichtig vor Gott. Uns wird gesagt, und der Heilige Geist erfreut sich daran, uns diesen Bericht zu geben, dass er „fromm und gottesfürchtig mit seinem ganzen Hause“ lebte und „dem Volke viele Almosen gab und allezeit zu Gott betete“ (V. 2).

Das war der Mann, dem Gott jetzt durch Petrus das Evangelium bringen wollte. Wir müssen auch sorgfältig beachten, dass das Evangelium mehr als nur die Botschaft von der Bekehrung zu Gott enthält. Es ist die Botschaft des Lebens, aber auch das Mittel zum Frieden. Bevor das Evangelium jeder Kreatur gepredigt wurde, war schon vielen Seelen eine neue Natur mitgeteilt worden. Aber bis zu jenem Augenblick gab es keinen Frieden, weil es ihn noch nicht geben konnte. Sowohl die neue Natur als auch der Friede werden uns im Evangelium geschenkt. Leben wurde ans Licht gebracht; und der Friede durch das Blut des Kreuzes wird seitdem gepredigt. Gleichzeitig zeigt die Bibel, dass zwischen beiden, nachdem das Evangelium sich ausbreitete, ein Zeitraum vergehen kann und oft vergangen ist. So wissen wir aus Erfahrung, dass es manche Menschen gibt, die ohne Frage aufrichtig auf den Herrn blicken, jedoch keineswegs im Frieden Gottes ruhen. Ich nehme an, dass Kornelius sich in diesem Zustand befand. Er wäre nicht verloren gegangen, wenn Gott ihn in diesem Zustand weggenommen hätte. Darin glich er den alttestamentlichen Heiligen, seien sie Juden oder Nichtjuden. Kein Gläubiger kann so unwissend über Gott und seine Wege in alter Zeit sein, diesbezüglich einen Zweifel zu hegen. Dennoch waren die Erlösten jener Zeiten voller Angst und Befürchtungen sowie durch Todesfurcht ihr ganzes Leben lang der Knechtschaft unterworfen.

Sogar heute, nachdem Gott das Evangelium ausgesandt hat, wissen wir gut, wie viele Errettete durch falsche Anwendung der Lehren des Alten Testaments sich in Verzweiflung und Ungewissheit stürzen. Nicht Gott erweckt solche Zweifel an seiner Gnade zu ihnen oder bezüglich der Wirksamkeit des Opfers Christi für sie, sondern der Unglaube. Das galt nicht für Kornelius. Er besaß kein Recht, den Frieden des Evangeliums für sich in Anspruch zu nehmen, bevor Gott Petrus bevollmächtigt hatte, ihm diese Botschaft zu bringen. Dazu war jetzt die Zeit gekommen; und wir erfahren die bemerkenswerte Wahrheit, dass Gott nicht auf den Apostel der Nationen wartete, um Kornelius diese gute Nachricht zuzustellen. Sehen wir hierin nicht ein göttliches Ineinanderflechten? Gott handelt nicht in solch schablonenhafter Weise, wie menschliche Regeln es vorgeschrieben hätten. So wie der große Apostel der Nationen ausersehen war, im Hebräerbrief das letzte Wort des Zeugnisses an die christlichen Juden zu richten, so war es der große Apostel der Juden, den Gott aussandte, den Nichtjuden die Tür aufzustoßen. Petrus, nicht Paulus, wurde zu Kornelius geschickt. Das Kapitel beweist uns, dass er dazu gezwungen werden musste. Petrus schien die Worte des Herrn Jesus aus den Augen verloren zu haben, welcher nach seiner Auferstehung aus den Toten die Jünger beauftragt hatte, das Evangelium der ganzen Schöpfung zu predigen. Das Zeugnis galt für  alle Nationen. Die Verheißung war nicht allein für die Juden und ihre Kinder, sondern auch allen „die in der Ferne sind, so viele irgend der Herr, unser Gott, herzurufen wird“ (Apg 2, 39). Auf jeden Fall griff der Herr jetzt in seiner Gnade ein. Er zeigte Kornelius eine Vision, die für diesen außerordentlich lehrreich war. Darauf folgte am nächsten Tag ein anderes Gesicht seitens des Herrn an Petrus.

In Antwort auf dieses Gesicht bringen Boten den Apostel zu Kornelius' Haus. Dort öffnete Petrus seinen Mund und sprach folgende Worte aus: „In Wahrheit begreife ich, dass Gott die Person nicht ansieht, sondern in jeder Nation, wer ihn fürchtet und Gerechtigkeit wirkt, ist ihm angenehm. Das Wort, welches er den Söhnen Israels gesandt hat, Frieden verkündigend durch Jesum Christum, [dieser ist aller Herr] kennet ihr“ (V. 34–37). Darauf möchte ich eure Aufmerksamkeit richten! Es war nicht Unwissenheit über das Evangelium, das unter den Söhnen Israels ausgegangen war, wenn Kornelius sich die Segnung  nicht zurechnete, sondern Niedriggesinntheit als Gläubiger. Gerade das Wesen des Glaubens bewirkt, dass wir Gott nicht vorgreifen. Stattdessen nehmen wir nur das an, was Er uns gibt – und wie Er es uns gibt. Gott hatte das Evangelium schon den Söhnen Israels bekannt gemacht; und der gottesfürchtige Mann freute sich darüber. Aber in Bezug auf sich selbst und seine Hausgenossen – was konnte er tun, außer beten, bevor der reiche Segen auch ihn erreichte? Er würdigte das alte Volk Gottes. Er ist auch nicht der einzige Hauptmann (Centurio), der diese Nation liebte. Wir lesen in der Bibel von einem anderen, welcher den Juden sogar eine Synagoge erbaute (Lk 7, 2ff.). Kornelius wusste also, dass Gott den Juden das Evangelium gesandt hatte; doch weiter gingen angemessener Weise seine Gedanken nicht. Denn war jene Botschaft für ihn bestimmt?

„Das Wort“, sagte Petrus, „kennet ihr: das Zeugnis, welches, anfangend von Galiläa, durch ganz Judäa hin ausgebreitet worden ist, nach der Taufe, die Johannes predigte: Jesum, den von Nazareth, wie Gott ihn mit Heiligem Geiste und mit Kraft gesalbt hat, der umherging, wohltuend und heilend alle, die von dem Teufel überwältigt waren; denn Gott war mit ihm ... Welchen sie auch umgebracht haben, indem sie ihn an ein Holz hängten. Diesen hat Gott am dritten Tage auferweckt und ihn sichtbar werden lassen, nicht dem ganzen Volke, sondern den von Gott zuvor erwählten Zeugen, uns, die wir mit ihm gegessen und getrunken haben, nachdem er aus den Toten auferstanden war. Und er hat uns befohlen, dem Volke zu predigen.“  Offensichtlich sind die Juden gemeint. „Er hat uns befohlen, dem Volke zu predigen und ernstlich zu bezeugen, dass er der von Gott verordnete Richter der Lebendigen und der Toten ist. Diesem geben alle Propheten Zeugnis, dass  jeder, der an ihn glaubt, Vergebung der Sünden empfängt“ (V. 36–43).

Dies ist das bedeutungsvolle Wort an jenen Mann, der Gott fürchtete und sich vor seinem Wort beugte, obwohl er ein Heide war. „Jeder, der an ihn glaubt, (empfängt) Vergebung der Sünden.“  Sogar Petrus hatte diese Wahrheit erst kürzlich gelernt. Hatte er solche Worte nicht in den Propheten gelesen oder von ihnen gehört? Zweifellos und zwar häufig! Aber haben  wir diese und manche anderen Worte mit mehr Einsicht gelesen? Wie wenig verstehen wir das Wort Gottes zu unserem Nutzen, bevor die gewaltige Kraft Gottes ihm in unseren Seelen Wirksamkeit verleiht! In diesem Fall hatte Petrus Gottes eigene unmittelbare Vollmacht in einem Gesicht empfangen; denn jenes Tuch, das aus dem Himmel herabkam, sprach nicht von der Kirche (Versammlung), sondern fraglos von der Berufung der Nichtjuden. Der fleischliche Unterschied zwischen Juden und Nichtjuden wurde aufgehoben. Gott begegnete dem Sünder an sich, wer immer er auch sein mochte. Dabei gab Er zweifellos demjenigen einen himmlischen Charakter, was himmlischen Ursprungs war und eine himmlische Zukunft hatte. Das ist jedoch noch nicht die Offenbarung der Wahrheit von dem einen Leib, obwohl sie schon in den Worten des Herrn an Saulus von Tarsus – „Was verfolgst du  mich?“  - enthalten ist. Dies finden wir in unseren Versen nicht. Wir erfahren von der unterschiedslosen Gnade Gottes nicht nur gegen Sünder aus den Juden, sondern auch aus den Nichtjuden – gegen jene also, die nach dem Urteil der Juden verworfen, abstoßend und unrein waren.

Mit dieser neu gewonnenen Überzeugung im Herzen las Petrus die Propheten in einem neuen Licht und mit ganz anderen Augen. Indem er von dieser Wahrheit erfüllt war, sprach er mit äußerster Schlichtheit zu Kornelius, der mit seinen Hausgenossen jene gesegneten Worte hörte: „Diesem geben alle Propheten Zeugnis.“ Die Aussagen waren übereinstimmend. „Diesem geben  alle Propheten Zeugnis, dass  jeder, der an ihn glaubt ...“ Es geht nicht um einen Juden, sondern um „jeder, der an ihn glaubt.“  Ach, die Juden glaubten nicht an Ihn! Aber wer es tut, sei er Jude oder Heide, „(empfängt) Vergebung der Sünden.“  Genau dies wusste Kornelius noch nicht. Niemand konnte es wissen, bevor das Werk der Erlösung vollbracht war. Die Erlösten des Alten Testaments befanden sich vor der Vollendung des Werkes Christi genauso in Sicherheit wie danach. Dieses Werk stellte sie jedoch erst auf den Boden einer ihnen bewussten Erlösung vor Gott. Es ging nicht um die Sicherheit am Tag des Gerichts. Letzteres ist auch nicht die Bedeutung des Wortes „Errettung“ im Neuen Testament. Errettung besagt, dass das Herz durch die Gnade in jene Befreiung als eine gegenwärtig erkannte und öffentliche Stellung in der Welt eintritt. Vor der Verkündigung des Evangeliums konnte niemand diese Segnung besitzen; und selbst nach seiner Bekanntmachung musste Gott eine besondere Botschaft davon an die Nichtjuden senden; denn Er hat für alles seine Wege, Zeitpunkte und Zeiten. Gott bleibt immer derselbe und kann nur unumschränkt sein.

So sehen wir, wie Gott offensichtlich die Dinge ihren Lauf gehen ließ. Israel wurde zuerst die Wahrheit vorgestellt, danach allen Völkern. Damals wie immer schon war es Israels Verantwortung, das gnädige Angebot Gottes anzunehmen. Wenn Israel dieses akzeptiert hätte, wäre ihm der Herr geschenkt worden (vgl. Apg 3, 20). Nicht lange vorher wurde die Botschaft den Juden nachdrücklich vorgelegt, doch sie wiesen diese mit Verachtung zurück und verwarfen die Botschafter bis aufs Blut. Folglich wurde gerade die Ablehnung des Zeugen Christi, welcher durch den Heiligen Geist redete – die Zurückweisung des Letzteren (wenn möglich) in den Himmel zurück – zum Wendepunkt. Danach berief vom Himmel aus der Herr den Zeugen der Gnade als auch der Herrlichkeit Christi. Endlich, nach der Berufung des Saulus von Tarsus, wurde Petrus ausgewählt, um das vollkommene Gleichgewicht der göttlichen Wahrheit und die wunderbare Harmonie der Wege Gottes zu zeigen 1.  Infolgedessen behielt die Kirche (Versammlung) ihren wesensmäßigen Charakter und das Zeugnis Gottes seine innere Übereinstimmung bei. Dennoch blieb Gott Raum genug für jede besondere Form, welche Er der Wahrheit zu geben geruhte, und die Entfaltung seiner Wege, auf denen Er den einen oder den anderen Knecht benutzen wollte. Petrus, nicht Paulus, war also derjenige, welcher Kornelius das Evangelium verkündete. Dieser nahm es durch den Heiligen Geist an und wurde dadurch nicht nur  sicher (vor dem Gericht), sondern  errettet. Es ging nicht länger mehr einfach um ein Anhangen an dem Gott der Güte, der eine Seele, die auf seine Barmherzigkeit hofft, nicht täuschen konnte und enttäuschen wollte, sondern die bewusste Freude darüber, dass die Sünden alle getilgt waren. Außerdem befand er sich jetzt eindeutig auf dem Boden einer vollbrachten Erlösung, welche einer erlösten Seele schon in dieser Welt bekannt gemacht wird. Das ist Errettung.

„Während Petrus noch diese Worte redete, fiel der Heilige Geist auf alle, die das Wort hörten. Und die Gläubigen aus der Beschneidung, so viele ihrer mit Petrus gekommen waren, gerieten außer sich, dass auch auf die Nationen die Gabe des Heiligen Geistes ausgegossen worden war“ (V. 44–45). So trat auch hier bei diesem großen Ereignis für die Nichtjuden – wie früher bei den Juden zu Pfingsten – der Mensch als Mittler vollständig zurück. Es entsprach genauso den Absichten Gottes, dass der Apostel an diesem Tag  niemand die Hände auflegte, wie es ganz und gar mit seiner Weisheit übereinstimmte, dass Petrus und Johannes ihre Hände auf die  Samariter legten. Es sei zugegeben, dass der Mensch hierin eine Schwierigkeit sieht. Er kann die beiden Handlungsweisen nicht vereinbaren. Doch seien wir versichert – für uns gilt vor allem: Zunächst müssen wir glauben! Halten wir unverrückt fest, dass Gott weiser ist als wir! Gehe ich da zu weit? – Obwohl diese Auffassung eine Binsenwahrheit zu sein scheint (und nichts einsichtiger sein könnte), wenden wir sie trotzdem in praktischer Hinsicht nicht immer als ein klares und sicheres Mittel an, in deren Licht unsere Seelen alles klar erkennen. Auf jeden Fall ist Glauben das Geheimnis wahren Wachstums in der offenbarten Weisheit Gottes.

Bei dieser Gelegenheit sahen Gläubige aus der Beschneidung, wie die Nichtjuden die Gabe des Heiligen Geistes empfingen; denn sie hörten diese in Sprachen reden und Gott erheben; und sie gerieten außer sich. Dann fragte Petrus sie: „Könnte wohl jemand das Wasser verwehren?“ (V. 47). Er war bevollmächtigt, dieses öffentliche Vorrecht an den Nichtjuden zu vollziehen, welche schon durch den Heiligen Geist getauft worden waren. Die Wassertaufe wurde weder gering geschätzt, noch als ein Gebot oder eine Bedingung vorgestellt. Die zuvor erfolgte Gabe des Geistes ohne Beteiligung irgendeiner menschlichen Hand musste aufs Wirkungsvollste die Münder der Brüder aus der Beschneidung zum Schweigen bringen. Denn jene waren stets nur zu bereit, Einwände zu erheben, und hätten sicherlich das Taufwasser verwehrt, wenn Gott den Nichtjuden nicht unleugbar die unaussprechliche Gabe des Heiligen Geistes mitgeteilt hätte. Diese Offenbarung und Frucht der Macht der Gnade brachte indessen die aufsässige und harte Gesinnung der Beschneidung zum Schweigen. „Und er befahl, dass sie getauft würden“ (V. 48).

Im Vorbeigehen sollten wir noch beachten, dass die Taufe offensichtlich nicht notwendigerweise ein Akt des Dienstes darstellt. Es ist natürlich richtig und angemessen, wenn ein Verkündiger des Evangeliums auch tauft. Dennoch mag es Anlässe geben, bei denen ein Prediger darauf verzichtet, persönlich zu taufen. Wir wissen, dass Paulus in Korinth so gehandelt hat und Gott dafür dankt (1. Kor 1, 14ff). So sehen wir hier, wie Petrus nicht tauft, sondern nur „befahl, dass sie getauft würden.“  Gott ist immer weise. Wir wissen nur zu gut, wie bald menschlicher Aberglaube diese gesegnete Einsetzung des Herrn zu einem sakramentalen 2 Gnadenmittel verderbt hat, welches nur von einer solchen Person richtig ausgeübt werden dürfe, die in der Linie einer (apostolischen) Nachfolge steht.

Fußnoten

  • 1 Abgesehen von anderen Gründen wollte Gott hierdurch auch jeden Anschein von Gegensatz bei den verschiedenen Werkzeugen seiner Gnade ausschließen. (W. K.)
  • 2 Sakrament = Zeichenhandlung, welche die Gnade Gottes mitteilen soll. (Übs.)
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