Das Handeln Gottes in der Apostelgeschichte

Die Berufung der Samariter (Kap. 8)

Wir haben das Herniederkommen des Heiligen Geistes und die Taufe der wartenden Heiligen mit Heiligem Geiste vor uns gehabt. Dies war die Bildung der Versammlung - des Leibes Christi, und des Hauses Gottes. Wir haben auch gesehen, dass durch die Verkündigung des Evangeliums bei dreitausend Juden in diesen neuen Kreis des Segens eingeführt wurden. Die darauf folgenden Kapitel (Apg 3 bis 7) zeigen die fortgesetzten Bemühungen, dieser Nation diese Botschaft nahe zu bringen. Petrus verhieß ihnen an Gottes Stelle, dass, wenn sie Buße tun würden, ihre Sünden ausgetilgt werden und Zeiten der Erquickung vom Angesicht des Herrn kommen würden, außerdem würde er Jesus zu ihnen zurücksenden. Ihre Behandlung des Stephanus war der Höhepunkt ihrer Verwerfung dieses Zeugnisses: Sie stießen ihn hinaus und steinigten ihn. Es war, als schickten sie eine Gesandtschaft hinter dem Herrn her und ließen ihm sagen: „Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche“ (Lk 19,14).

In diesem Kapitel sehen wir, wie sich das Werk Gottes ausdehnt und die Samariter erreicht. Dies war ganz in Übereinstimmung mit den Worten des Herrn in Apg 1,8, obwohl die Zwölfe nicht die Ehre hatten, hierzu gebraucht zu werden. Die Wut des Feindes war der unmittelbare Anlass für diese Verbreitung des Evangeliums. An dem Tag des Todes des Stephanus entstand „eine große Verfolgung gegen die Versammlung, die in Jerusalem war; und alle wurden in die Landschaften von Judäa und Samaria zerstreut, ausgenommen die Apostel“ (Apg 8,1). Es ist merkwürdig, dass es gerade den Zwölfen, die doch in vorderster Linie des Zeugnisses standen und folglich auch besonders die Gegenstände der Bosheit des Feindes waren, erlaubt gewesen sein sollte, in Jerusalem zurückzubleiben. Die Frage ist daher gerechtfertigt, ob sie nicht mit dem Evangelium hätten woandershin gehen sollen. Gerade zu ihnen hatte der Herr ja gesagt: “...ihr werdet meine Zeugen sein, sowohl in Jerusalem als auch in ganz Judäa und Samaria und bis an das Ende der Erde“. Und schon lange vorher hatte Er einen allgemeinen Grundsatz festgelegt: „Wenn sie euch aber verfolgen in dieser Stadt, so flieht in die andere“ (Mt 10,23); dieser Grundsatz wurde von Paulus und seinen Gefährten später in aller Deutlichkeit verwirklicht, sogar bis zum Abschütteln des Staubes von ihren Füßen (Apg 14,6; 17,10-14). Wie dem auch sei, Gott machte in seiner Weisheit bedeutenden Gebrauch von ihrer Anwesenheit in Jerusalem, indem er, wie wir gleich sehen werden, Verfolgung wider die Versammlung wachrief. Der Feind hatte sich, wie schon oft zuvor und danach, selbst übernommen. Es führte nur zur Ausbreitung der Wahrheit, denn „die Zerstreuten gingen umher und verkündigten das Wort“. Das hatte Satan niemals beabsichtigt. Sein Ziel war die Unterdrückung und nicht die Verbreitung des Zeugnisses.

In Philipper 1 sehen wir einen ähnlichen Stand der Dinge. Satan war es gelungen, Paulus in Gefangenschaft setzen zu lassen, und dies war auf den ersten Blick eine echte Katastrophe; aber achte einmal darauf, wie Gott durch diese Umstände wirkt! Dem Apostel wurde es ermöglicht, da in Einzelheiten von Christus zu sprechen, wo er auf die übliche Weise nicht vorgehen konnte; und außerdem, viele Brüder im Herrn, die in der Gegenwart des Apostels vielleicht still gewesen waren, verkündigten während seiner Abwesenheit kühn und ohne Furcht das Wort.

Vers 4 in unserem Kapitel hat in früheren Tagen und auch heute noch immer wieder Anlass zu vielen Diskussionen gegeben. Für viele ist es eine Schwierigkeit, dass alle Heiligen hier als eine allgemeine Gruppe, die das Wort verkündigt, dargestellt werden. Es wird bereitwillig zugegeben, dass dies ein gewichtiges Argument für offizielle Ämter und Dienste ist; doch es handelt sich um die Wahrheit Gottes, und wenn der Verstand nicht durch überlieferte Vorstellungen verdunkelt ist, werden alle, die den Namen des Herrn tragen, diesen Vers auch richtig verstehen. Die einfache Bedeutung hier ist die, dass ein jeder das vorgestellt hat, was er selbst von dem Herrn Jesus kennen gelernt hatte. Jeder Christ ist dafür verantwortlich, dies zu tun, soweit Gott dazu Gnade und Gelegenheit gibt; obwohl wir auch nicht bestreiten wollen, dass Christus dazu besondere Gaben, wie z.B. Evangelisten, gegeben hat. Aber darin gibt es für den Menschen keinen Platz, es ist der aufgefahrene Herr, der die Gaben gibt, die Diener sind allein ihm verantwortlich, und die Versammlung ist nur die Empfängerin der Segnungen.

Unter den Zerstreuten, die das Wort verkündigten, wird Philippus durch den Heiligen Geist besonders erwähnt: „Philippus aber ging hinab in eine Stadt Samarias und predigte ihnen den Christus“. Dieser Arbeiter war einer von den Sieben, die ausgewählt worden waren, um die Gaben der Versammlung in Jerusalem zu verteilen.

Zwischen dem Dienst eines Diakons und der Gabe eines Evangelisten gibt es keine Verbindung, mit Ausnahme der allgemeinen Zusage, „dass die, die wohl gedient haben, sich eine schöne Stufe und viel Freimütigkeit im Glauben, der in Christus Jesus ist, erwerben“ (1. Tim 3,13). Die modernen Ansichten über einen Diakon, der dazu berufen wird, die heiligen Schriften zu lesen und in der Kirche Gebete zu sprechen, und, wenn es ihm vom Bischof erlaubt wird, auch zu predigen - im Gegensatz zu einem geweihten Priester, der Sünden vergeben können will und die heiligen Sakramente austeilt - bestanden in den damaligen einfachen Tagen der Apostel noch nicht. Als Diakon war Philippus von der Versammlung ausgewählt und von den Aposteln bestellt worden; als Evangelist (der Heilige Geist erklärt an anderer Stelle ausdrücklich, dass Philippus ein solcher gewesen ist; Apg 21,8) hatte er seine Gabe von Christus empfangen, und weder die Versammlung noch die Apostel hatten irgend etwas dazu zu sagen oder zu tun (Eph 4,11). Da seine Dienste als Diakon nicht mehr benötigt wurden (die Heiligen der Versammlung in Jerusalem waren zerstreut), sehen wir ihn nun, wie er seine Gabe in Abhängigkeit von dem Herrn ausübt.

Beachte: „...er predigte ihnen den Christus“. Vergleiche dies mit Vers 35, wo wir den gleichen Philippus sehen, wie er dem Kämmerer das Evangelium von Jesus verkündigte. Warum dieser Unterschied? Einfach deshalb: die Samariter hatten, obwohl sie eine fremde Nation waren, Jahrhunderte zuvor jüdischen Boden eingenommen. Ihr Heiligtum stand auf dem Berg Gerisim, sie besaßen die jüdischen Schriften, sie sprachen von 'unserem Vater Jakob', und sie hatten sich die jüdische Hoffnung - den kommenden Messias - zu Eigen gemacht (sehr zum Ärger der Juden übrigens, die die Samariter hassten und nichts mit ihnen zu tun haben wollten; Joh 4,9.12.25). Philippus stellt sie deshalb auf ihren eigenen Boden und verkündigte ihnen den Christus. Die Predigt wurde von vielen Zeichen begleitet, wie z. B. dem Ausfahren von unreinen Geistern etc.; „Es entstand eine große Freude in jener Stadt“. Besonders ein Mann wurde davon gefangen genommen: Simon, der Zauberer (von welchem die Überlieferungen sehr viel zu sagen haben, größtenteils sagenhafte Dinge), der über Jahre hinweg große Macht und Einfluss über die Samariter gehabt hatte und von sich selbst gesagt hatte, „dass er jemand Großes sei“ und den Titel 'die große Kraft Gottes' erhalten hatte. Viele hatten dem Zeugnis des Philippus geglaubt und waren getauft worden, unter ihnen auch Simon, der über die Zeichen und großen Wunder, welche geschahen, außer sich geriet. Ach! es waren die Wunder, die es ihm angetan hatten, und nicht das Wort Gottes. Im Gegensatz dazu steht der Prokonsul Sergius Paulus in Apg 13,12. Glaube, der sich auf Wunder gründet, ist nur von geringem Wert. Als der Herr Jesus auf der Erde war, wollte er sich solchen nicht anvertrauen (Joh 2,23-25). Wunder mögen den Verstand fesseln und überzeugen (und den Glauben bestärken, wenn er denn vorhanden ist); doch das Wort Gottes allein kann Herz und Gewissen erreichen und bloßstellen. Dies hatte der unglückselige Simon nie kennen gelernt.

Und die Nachricht von diesem guten Werk gelangte nach Jerusalem: „...als aber die Apostel in Jerusalem gehört hatten, dass Samaria das Wort Gottes angenommen habe, sandten sie Petrus und Johannes zu ihnen“. Betrachtete Philippus das Kommen dieser Männer, deren Stellung in der Versammlung gewichtiger war als seine eigene, als eine Einmischung, und nahm er es ihnen übel? Nein, es war ein einheitliches Werk, sei es in Jerusalem oder in Samaria, und alle waren gleichermaßen daran interessiert. Außerdem wurde die Macht des Geistes von allen zu tief empfunden, um Raum für solche kleinlichen Gefühle zu lassen. Und Gott hatte auch einen besonderen Grund, weswegen er Petrus und Johannes zu diesem Zeitpunkt sandte. Diese Neubekehrten hatten nämlich den Heiligen Geist, die große charakteristische Gabe des Christentums, noch nicht empfangen, „sondern sie waren nur getauft auf den Namen des Herrn Jesus“. Die Apostel beteten für sie und legten ihnen die Hände auf, und dann empfingen sie den Heiligen Geist. Warum diese Reihenfolge? Warum empfingen sie nicht den Heiligen Geist, nachdem sie geglaubt hatten, wie später in Apg 10 die Nationen? Wir können hierin die Weisheit Gottes sehen. Samaria und Jerusalem waren über Jahrhunderte hinweg die Zentren widerstreitender Religionen gewesen. Hätte Gott nun mit den Samaritern genauso gehandelt wie mit den Juden, wer wollte sagen, dass dann die alte Rivalität nicht wieder unter dem christlichen Namen aufgelebt wäre? Haben wir in der Christenheit nicht etwas Derartiges kennen gelernt? Wer kennt nicht die Eifersucht und Missgunst früherer Tage zwischen den großen Landeskirchen des Christentums, besonders zwischen Rom und Konstantinopel, die schließlich zu einem totalen Bruch zwischen Ost und West geführt hat? Gott wollte in den Tagen von Philippus diesen Dingen nicht die Tür öffnen. Daher mussten sie auf das Kommen der Apostel von Jerusalem warten, bevor sie die Gabe des Geistes empfangen konnten. Auf diese Weise verband Gott das Werk miteinander und bewahrte die Einheit. Alle Heiligen auf der Erde, ob Juden, Samariter, oder aus den Nationen, sind ein Leib, verbunden mit dem einen Haupt in der Herrlichkeit durch den einen Geist, der aus der Höhe herab gesandt worden ist. Unabhängigkeit irgendeiner Art geht vollständig an den Gedanken Gottes vorbei.

Durch all diese Dinge kam das zum Vorschein, was wirklich in dem Herzen Simons war: „Als aber Simon sah, dass durch das Auflegen der Hände der Apostel der Heilige Geist gegeben wurde, bot er ihnen Geld an und sagte: Gebt auch mir diese Gewalt, damit jeder, dem irgend ich die Hände auflege, den Heiligen Geist empfange. Petrus aber sprach zu ihm: Dein Geld fahre samt dir ins Verderben, weil du gemeint hast, dass die Gabe Gottes durch Geld zu erwerben sei! Du hast weder Teil noch Anrecht an dieser Sache, denn dein Herz ist nicht aufrichtig vor Gott. Tu nun Buße über diese deine Bosheit und bitte den Herrn, ob dir etwa der Anschlag deines Herzens vergeben werde; denn ich sehe, dass du in Galle der Bitterkeit und in Fesseln der Ungerechtigkeit bist“. Er verriet seine völlige Unkenntnis von Gott. Gott hat sich selbst als einen Geber offenbart; denn 'Geben ist seliger als Nehmen' (Apg 20,35). Er hat seinen Sohn gegeben, und in ihm hat er uns das ewige Leben gegeben. Auch der Heilige Geist ist seine Gabe, gegründet auf das Werk des Herrn Jesus. Doch von all diesem kannte Simon nichts. Es war die Macht, die ihn angezogen hatte, und nach Macht sehnte er sich. Er trachtete nach Selbstverherrlichung, und nicht nach der Verherrlichung Gottes. Außerdem, als Petrus ihn aufforderte, Buße zu tun und zu dem Herrn zu beten, sagte er: „Betet ihr für mich zum Herrn“. Wo war sein Vertrauen auf Gott? Er kannte den Herrn nicht; vielleicht könnte ein menschlicher Mittelsmann an seiner Stelle handeln! So haben seitdem tausende irregeführter Seelen gedacht. An dieser ernsten Stelle lässt ihn die Heilige Schrift stehen und berichtet uns nichts weiter über ihn.

Die Apostel kehrten nach Hause zurück und verkündigten auf ihrer Reise vielen Dörfern der Samariter das Evangelium.

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