Das Kommen des Herrn

Die Wiederherstellung Israels (Röm 11)

Abgesehen von der Frage unserer persönlichen Errettung behandelt die Heilige Schrift zwei Hauptgegenstände: zum einen die Versammlung Gottes und zum anderen die Herrschaft Gottes über die Welt. In dem zweiten Fall werden uns sogleich die Juden als Mittelpunkt vor Augen gestellt, wogegen die Versammlung Teilhaberin der himmlischen Herrlichkeit in Christus ist, in welchem, als ihrem Haupt, alle Dinge im Himmel und auf der Erde in eins versammelt werden. – Auch diese Herrschaft wird sich zwar über die ganze Erde erstrecken, aber dennoch wird das Volk der Juden die königliche Nation, der Sitz und Mittelpunkt der irdischen Regierungsgewalt sein. Alle Nationen werden sich nach Jerusalem als der Stätte der Anbetung und dem Mittelpunkt der Regierung wenden.

So ist es, wie uns die bemerkenswerte Stelle aus 5. Mose 32, 8–9 zeigt, von Anbeginn an verordnet worden: „Als der Höchste den Nationen das Erbe austeilte, als er voneinander schied die Menschenkinder, da stellte er fest die Grenzen der Völker nach der Zahl der Kinder Israel. Denn der Teil des Herrn ist sein Volk, Jakob die Schnur seines Erbteils.“

Hierbei begegnen wir aber in der Denkweise der Menschen folgender Schwierigkeit: dass dieses Volk, nachdem es seiner Sünden wegen beiseite gesetzt wurde, – zunächst seines Götzendienstes wegen, daraufhin auch wegen der Verwerfung des Herrn Jesus – nie wiederhergestellt, sondern in der bekennenden Christenheit untergehen würde. Eine solche Auffassung steht jedoch sowohl im Widerspruch zu den Prophezeiungen des Alten Testaments als auch zu den Belehrungen des Neuen Testaments. Wir wollen, um gerade diesen Irrtum richtig zu stellen, das Letztgenannte zuerst betrachten, um von dort aus zu den unmittelbaren und positiven Zeugnissen des Alten Testaments zu gelangen, insoweit sie das auserwählte Volk Gottes betreffen.

In Römer 11 handelt es sich in den ersten Versen zunächst um die hier aufgeworfene Frage: „Ich sage nun: hat Gott etwa sein Volk verstoßen? Das sei ferne! ... Gott hat sein Volk nicht verstoßen, das er zuvor erkannt hat.“ Danach führt der Apostel in Bezug auf ihre Verwerfung aus, dass ihre Beiseitesetzung die Versöhnung der Welt bedeute und fährt dann fort: „Denn wenn ihre Verwerfung die Versöhnung der Welt ist, was wird die Annahme anderes sein als Leben aus den Toten? ... Wenn aber einige der Zweige ausgebrochen sind, und du, der du ein wilder Ölbaum warst, unter sie eingepfropft und der Wurzel und der Fettigkeit des Ölbaumes mitteilhaftig geworden bist, so rühme dich nicht wider die Zweige. Wenn du dich aber wider sie rühmst – du trägst nicht die Wurzel, sondern die Wurzel dich. Du wirst nun sagen: die Zweige sind ausgebrochen worden, auf dass ich eingepfropft würde. Recht, sie sind ausgebrochen worden durch den Unglauben; du aber stehst durch den Glauben. Sei nicht hochmütig, sondern fürchte dich; denn wenn Gott der natürlichen Zweige nicht geschont hat, dass er auch deiner etwa nicht schonen werde. Siehe nun die Güte und die Strenge Gottes: gegen die, welche gefallen sind, Strenge; gegen dich aber Güte Gottes, wenn du an der Güte Gottes bleibst; sonst wirst auch du ausgeschnitten werden. Und auch jene, wenn sie nicht im Unglauben bleiben, werden eingepfropft werden; denn Gott vermag, sie wiederum einzupfropfen. Denn wenn du aus dem von Natur wilden Ölbaum ausgeschnitten und wider die Natur in den edlen Ölbaum eingepfropft worden bist, usw.“ – Darauf mahnt er die Heidenchristen gerade vor der bereits anfangs erwähnten, irrigen Auffassung, und stellt ihnen nachdrücklichst die Gefahr vor Augen, dass auch sie ihrerseits wieder ausgeschnitten werden könnten, wie wir bei der Behandlung dieses Gegenstandes noch genauer sehen werden.

Nun geht er weiter, in Vers 25: „Denn ich will nicht, Brüder, dass euch dieses Geheimnis unbekannt sei, ... dass Verstockung Israel zum Teil widerfahren ist, bis dass die Vollzahl der Nationen eingegangen sein wird; und also wird ganz Israel errettet werden, wie geschrieben steht: Es wird aus Zion der Erretter kommen, er wird die Gottlosigkeit von Jakob abwenden.“ Während der Zeit der Berufung der Versammlung sind sie zum Teil beiseite gesetzt, und dann, wenn die Kirche als die Versammlung Gottes völlig zusammengebracht worden ist, wird aus Zion der Erretter kommen und ihre Gottlosigkeit abwenden. Das wird aber nicht durch das Evangelium, wie wir es jetzt verkünden, geschehen, denn er fügt hinzu: „Hinsichtlich des Evangeliums sind sie zwar Feinde um euretwillen (wobei also wieder an die Heidenvölker gedacht ist), hinsichtlich aber der Auswahl Geliebte um der Väter willen. Denn die Gnadengaben und die Berufung Gottes sind unbereubar.“

Die Führung Gottes mit ihnen wird uns hier deutlich auseinandergesetzt. Verstockung zum Teil und für eine Zeit, während welcher die Kirche Gottes, die Vollzahl aus den Nationen, herausgerufen wird. Wenn diese Zeit erfüllt ist, wird der Erretter aus Zion kommen. Unser Evangelium, das der Gnade, kann als Mittel dazu nicht in Anwendung kommen: als Volk sind sie demgegenüber Feinde; dennoch haben sie aber um der Väter willen nicht aufgehört, Geliebte zu sein. Das liegt in Gottes Auswahl begründet, und in seinen Gnadengaben und Handlungen bleibt sein Vorsatz unverändert. Die Nationen sind Gegenstände seiner Verheißungen, den Juden wurden sie gegeben; nachdem sie aber das Evangelium verworfen hatten, sind sie, ebenso wie die Heiden, lediglich Gegenstände seiner Gnade geworden.

Es steht also fest, dass Gott auch ihnen gegenüber seinen Vorsatz aufrecht erhält, dass sie aber hierzu nicht durch das in der Jetztzeit verkündete Evangelium berufen werden, da sie hinsichtlich desselben Feinde sind. So sagt der Herr am Schluss von Matthäus 23, wo er das über sie kommende Gericht ankündigt, dass ihr Haus ihnen öde gelassen wird, bis dass sie in Erfüllung von Psalm 118 sprechen werden: „Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn!“ In Kapitel 24 des Matthäusevangeliums stellt er ihnen den ganzen Verlauf ihrer Geschichte vor, bis zum Augenblick seines Wiederkommens, woraufhin er dann seine Auserwählten versammeln wird von den vier Winden her; aber nie werden sie ihre Stellung verlieren, bis dass alles erfüllt sein wird (vgl. 5. Mo 32, 5–20). Dann spricht der Herr von seinen Wegen mit seinen Dienern in der Zwischenzeit und mit den heidnischen Völkern danach, bis er wiederkommt.

So können wir nun die Belehrungen des Herrn und des Apostels im Neuen Testament über den Vorsatz und die Wege Gottes hinsichtlich seines alten und auserwählten Volkes verstehen. Vergleichen wir hiermit 5. Mose 32, 36 und die nachfolgenden Verse, so finden wir dies ausführlich bestätigt. Am Ende wird der Herr sein Volk richten und es sich über seine Diener gereuen lassen. Die Nationen werden aufgefordert, mit seinem Volk zu jubeln und der Herr wird seinem Volk und seinem Land vergeben. Der Apostel führt diese Stelle an als Beweis für den Grundsatz, dass Gott auch die Heiden segnen wird. Dass dies aber noch zukünftig ist, wird schon bei der geringsten Beachtung dieser Schriftstelle deutlich.

Wir können uns nun den unmittelbaren Ausführungen der Propheten zuwenden, welche über die Wiederherstellung und die Segnungen, und zwar als ein Volk, mit Jerusalem als dem Mittelpunkt ihrer Herrschaft und Herrlichkeit, nicht den geringsten Zweifel aufkommen lassen.

Aus den Schriftstellen selbst geht hervor, dass diese Prophezeiungen ihre Erfüllung bisher nicht gefunden haben; wir finden aber darin gewisse Betrachtungen allgemeiner Art, die diese Frage angehen, und die wir hier nun folgen lassen wollen.

Dass Israel als Volk bei dem ersten Kommen des Herrn in die verheißenen Segnungen noch nicht eingeführt wurde, liegt auf der Hand. Es war die Zeit ihrer Verwerfung und des Einpfropfens der Heiden, die Versöhnung der Welt im Gegensatz zur Wiedereinführung der Juden. Jerusalem wurde nicht aufgebaut, sondern zerstört, das Volk nicht gesammelt, sondern zerstreut.

Zuweilen findet man die Auffassung, dass die Rückführung des Volkes aus der babylonischen Gefangenschaft schon die Erfüllung dieser Verheißungen gewesen sei, aber ihre Verwirklichung blieb doch weit entfernt davon. Die Segnungen sollten ihnen auf Grund des neuen Bundes zuteil werden, jedoch war der neue Bund damals noch nicht errichtet; sie sollten ihnen durch den Messias gebracht werden, aber der Messias war damals noch nicht gekommen. Zu jener Zeit waren die Juden noch nicht in der Gefangenschaft, so dass Nehemia spricht: „Siehe, wir sind heute Knechte, und das Land, welches du unsern Vätern gegeben hast, um seine Früchte und seine Güter zu genießen, – siehe, wir sind Knechte in demselben! Und seinen Ertrag mehrt es für die Könige, die du um unserer Sünde willen über uns gesetzt hast; und sie schalten über unsere Leiber und über unser Vieh nach ihrem Wohlgefallen, und wir sind in großer Bedrängnis“ (Neh 9, 36. 37).

Ferner wurde, als das Christentum eingeführt wurde, Jerusalem nicht nur im Gericht zerstört, sondern die Heiden waren auch auf der vollen Höhe ihres Triumphes; sie werden aber bei der nach der Prophezeiung erfolgenden Wiedereinführung der Juden ihrerseits gerichtet und niedergebeugt werden.

Wir führen nun die Prophezeiungen an, welche die Aufrichtung des Volkes vorhersagen. Dabei erkennen wir ihre Verbindung mit Christus, mit dem Gericht über die Heiden, mit dem neuen Bund und selbst auch mit der Tatsache der Auferstehung. In erster Linie ist es der verschont gebliebene Überrest, der zu einer großen Nation werden wird.

Zunächst finden wir, dass Jesaja uns einige bemerkenswerte Weissagungen über diesen Gegenstand gibt. Nach einer Schilderung des allgemeinen, bösen Zustandes und des über diese Nation kommenden Gerichts schließt er seine einleitende Prophezeiung mit Kapitel 4, 2–6: „An jenem Tage wird der Spross des Herrn zur Zierde und zur Herrlichkeit sein und die Frucht der Erde zum Stolz und zum Schmuck für die Entronnenen Israels. Und es wird geschehen, wer in Zion übriggeblieben ist, wird heilig geheißen, ein jeder, der zum Leben eingeschrieben ist in Jerusalem: wenn der Herr den Unflat der Tochter Zion abgewaschen und die Blutschulden Jerusalems aus der Mitte hinweggefegt haben wird durch den Geist des Gerichts und den Geist des Vertilgens. Und der Herr wird über jede Wohnstätte des Berges Zion und über seine Versammlungen eine Wolke und einen Rauch schaffen bei Tage und den Glanz eines flammenden Feuers bei Nacht; denn über der ganzen Herrlichkeit wird eine Decke sein. Und eine Hütte wird sein zum Schatten bei Tage vor der Hitze und zur Zuflucht und zur Bergung vor Sturm und vor Regen.“

So wird also für Zion die Herrlichkeit wiederkehren, nachdem der Herr dessen Schuld durch Gericht abgewaschen haben wird. Für das Gericht werden hier zwei verschiedenen Gründe angeführt: die Untreue Israels bei seiner ersten Berufung und seine Unfähigkeit, der Herrlichkeit des Herrn bei seinem Erscheinen zu entsprechen. Wegen dieser letzteren Ursache wird das vom Herrn angekündigte Gericht folgendermaßen ausgesprochen: „Mache das Herz dieses Volkes fett, und mache seine Ohren schwer, und verklebe seine Augen: damit es mit seinen Augen nicht sehe und mit seinen Ohren nicht höre und sein Herz nicht verstehe, und es nicht umkehre und geheilt werde“ (Jes 6, 10). Und als der Prophet fragt: wie lange, Herr? Erfolgt die Antwort: „Bis die Städte verwüstet sind ohne Bewohner, und die Häuser ohne Menschen und das Land zur Öde verwüstet ist, und der Herr die Menschen weit entfernt hat, und der verlassenen Orte viele sind inmitten des Landes.“ Und dann wird hinzugefügt: „Und ist noch ein Zehntel darin, so wird es wiederum vertilgt werden, gleich der Terebinthe und gleich der Eiche, von welchen, wenn sie gefällt sind, ein Wurzelstock bleibt; ein heiliger Same ist sein Wurzelstock“ (Jes 6, 11–13).

Die lange Winterzeit der Verwerfung Israels könnte nicht treffender geschildert werden; aber gerade damit wollte Gott auch den Grundsatz für die Wiederherstellung und die Segnung des Überrestes festlegen, wie auch Paulus in Römer 11 tut.

Seiner geschichtlichen Bedeutung nach ist dieser Gedanke in den Kapiteln 8 und 9 noch deutlicher ausgesprochen, wo die Verwerfung des Herrn in Kapitel 8, 14–18 unzweideutig erwähnt wird, ebenso wie auch hinsichtlich Israels seine Offenbarung in Herrlichkeit, aber dennoch durch Gericht (Kapitel 9, 5–7). Das 11. und das 12. Kapitel, die diese Reihe abschließen, verkündigen deutlich die Wiederherstellung Israels und enden mit den Worten von Kapitel 12, 6: „Jauchze und juble, Bewohnerin von Zion! denn groß ist in deiner Mitte der Heilige Israels!“

Im 24. und 25. Kapitel, die den Abschluss der folgenden Reihe von Prophezeiungen bilden, wird das Zeugnis Gottes weitergeführt bis zur völligen Vernichtung der Erde: „Die Erde taumelt wie ein Trunkener, schwer lastet auf ihr die Übertretung; und sie fällt und steht nicht wieder auf.“ Das ist das endgültige und abschließende Gericht über die Erde als den Bereich des Menschen. Und weiter heißt es: „Und es wird geschehen an jenem Tag, da wird der Herr heimsuchen die Herrscher der Höhe in der Höhe und die Könige der Erde auf der Erde. Und der Mond wird mit Scham bedeckt und die Sonne beschämt werden; und der Herr der Heerscharen herrscht als König auf dem Berge Zion und in Jerusalem, und vor seinen Ältesten ist Herrlichkeit“ (Jes 21, 20. 21. 23).

Auch hier finden wir wieder das Gericht über die Erde – und das Volk der Juden in den Genuss der Gegenwart und der Segnung Jehovas gebracht. Aber damit nicht genug: Nach Jesaja 25, 6–7 kommt der allumfassende Segen dann auch zu den Heiden: „Und der Herr der Heerscharen wird auf diesem Berg allen Völkern ein Mahl von Fettspeisen bereiten, ein Mahl von Hefenweinen, von markigen Fettspeisen, geläuterten Hefenweinen. Und er wird auf diesem Berg den Schleier vernichten, der alle Völker verschleiert, und die Decke, die über alle Nationen gedeckt ist.“ Zu eben dieser Zeit findet dann auch die Auferstehung statt, wie Vers 8 sagt: „Den Tod verschlingt er auf ewig; und der Herr, Herr, wird die Tränen abwischen von jedem Angesicht, und die Schmach seines Volkes wird er hinwegtun von der ganzen Erde. Denn der Herr hat geredet.“

Dann wird der Segen, auf den Israel harrte, und die Macht, die aller Feindschaft ein Ende bereitet, auf dem Berg Zion gefunden werden. Alles das wird in Jesaja 26 in einem prophetischen Lied besungen. In Jesaja 27 wird die Vernichtung der Macht Satans beschrieben und ein Rückblick über die Wege Gottes mit dem Volk Israel gegeben.

Beim Übergang zu den Schlusskapiteln – Jesaja 5–12 und Jesaja 24–27 – dieser beiden Gruppen von Prophezeiungen, von denen die erste die Wege Gottes mit dem Volk Israel in dem Land und die zweite seine Wege mit den Nationen zum Inhalt hat, haben wir bisher ein Kapitel aus der Gruppe, die sich auf die Heidenvölker bezieht, außer Acht gelassen, dem wir uns nunmehr zuwenden müssen, und zwar ist dies Jesaja 18; schwierig im Ausdruck, aber in seiner Bedeutung sehr einfach.

Von einer starken Schutzmacht werden schnelle Boten ausgesandt zu einer Nation, die weithin geschleppt und gerupft wurde, zu einem Volk, wunderbar seitdem es ist und weiterhin. Der Herr fordert alle Bewohner des Erdkreises zum Hinschauen auf. Er selbst bleibt in seiner Wohnstätte für sich. In der Erwartung, als Volk und durch irdische Mittel einen vollen Segen zu empfangen, kehren die Juden zurück; aber gerade eben vor der Ernte, zur Reifezeit, werden sie wieder abgehauen, und die Tiere des Feldes, die Nationen, werden darauf übersommern und überwintern. Und dennoch wird gerade zu dieser Zeit und von diesem Volk dem Herrn ein Geschenk dargebracht werden, – ihm von ihnen selbst auf dem Berg Zion. Wir sehen also, dass ihre Rückkehr aus irgendwelchen politischen Beweggründen, und im Anschluss daran ihre Verwüstung im Land erfolgt; dennoch werden sie dem Herrn dargebracht und sie selbst bringen ihre Opfer dem Herrn in Zion dar.

In Jesaja 29, ganz besonders aber in Jesaja 32, und ebenso ausführlich in Jesaja 34–35, finden wir das Zeugnis des Geistes über die endgültige Wiederherstellung Israels. Die Kapitel Jesaja 54; 62; 65; 66 mögen als ausführliches Zeugnisse für die Wiederherstellung Israels in Herrlichkeit zum Vergleich herangezogen werden.

Die Prophezeiungen im Buch Jesaja sind geschrieben im Charakter einer allgemeinen Offenbarung der Wege Gottes, wobei die Juden der Mittelpunkt sind, und die Schuld ihrer Loslösung von dem Herrn, und ebenso auch ihre Verwerfung des Christus im Vordergrund steht. Dabei ist Babylon die Zuchtrute zur Zeit ihrer Verwerfung und Assyrien zur Zeit ihrer Annahme.

Jeremia dagegen lebte zu einer Zeit, als die Schuld des Hauses David schon vollendet war, und Jerusalem bereits im Begriff stand, nach Babylon in die Gefangenschaft geführt zu werden. Indem er sich ihrer Sünde wegen für sie einsetzt, geht er ausführlich auf die Einzelheiten der Wiederherstellung der Juden und Jerusalems ein und kündigt dabei, ebenso wie die übrigen Propheten, das Gericht über die hochmütigen Heidenvölker an. Wenden wir uns nun seinen Weissagungen zu: Jeremia 30–34 sind dabei in ihrer Gesamtheit unserer vollsten Aufmerksamkeit wert. Wir können jedoch nur die bemerkenswertesten Schriftstellen anführen.

In Jeremia 30, 7 spricht er von der Zeit der Drangsal für Jakob, dem großen Tag, ohnegleichen, wovon in Matthäus 24, 21 auch durch den Herrn geredet wird; aber – so verheißt er – er wird errettet werden. Diese Verheißung hat aber, wie wir wissen, bei der ersten Zerstörung Jerusalems durch Titus noch nicht ihre Erfüllung gefunden. Weiter sagt er, dass an jenem Tag der Herr der Heerscharen das Joch von seinem Hals zerbrechen und seine Fesseln zerreißen werde, und dass Fremde ihn nicht mehr dienstbar machen werden. Die völlige Verwüstung Jerusalems wird ausführlich beschrieben, und dennoch verheißt er, dass Gott die Gefangenschaft der Zelte Jakobs wenden, sich seiner Wohnung erbarmen, dass die Stadt auf sicherem Hügel wieder erbaut und der Palast nach seiner Weise wieder bewohnt werden wird. Und dann kündigt er an, dass das Gericht sich völlig auf den Kopf des Gesetzlosen niederwälzen wird, wenn Israel wieder ein Volk und der Herr ihr Gott sein wird: Am Ende der Tage werdet ihr es verstehen!

Beide Häuser, das Haus Israel und das Haus Juda, sollen wieder sein Volk sein (Jeremia 31). Daran erkennen wir sogleich, dass es sich nicht nur um die Rückführung aus Babylon handeln kann. Es wird gesagt, dass „seine Liebe eine ewige Liebe“ ist (Jer 31, 3). Und weil Jakob losgelöst und erkauft ist aus der Hand dessen, der stärker war als er, darum werden sie kommen und jubeln auf der Höhe Zions (Jer 31,11.12). Dieses alles ist auf die Errichtung des neuen Bundes gegründet (Jer 31, 31), und das Kapitel schließt mit den bemerkenswerten Worten: „So spricht der Herr, der die Sonne gesetzt hat zum Licht bei Tage, die Ordnungen des Mondes und der Sterne zum Licht bei Nacht, der das Meer erregt und seine Wogen brausen, der Herr der Heerscharen ist sein Name: Wenn diese Ordnungen vor meinem Angesicht weichen werden, spricht Jehova, so soll auch der Same Israel aufhören, eine Nation zu sein vor meinem Angesicht alle Tage. So spricht Jehova: Wenn die Himmel oben gemessen und die Grundfesten der Erde unten erforscht werden können, so will ich auch den ganzen Samen Israels verwerfen, wegen alles dessen, was sie getan haben, spricht der Herr. – Siehe, Tage kommen, spricht der Herr, da diese Stadt dem Herrn gebaut werden wird vom Turm Hananel bis zum Ecktor. Und die Messschnur wird weiter fortlaufen geradeaus über den Hügel Gareb und sich nach Goah wenden. Und das ganze Tal der Leichen und der Asche, und alles Gefilde bis zum Bach Kidron, bis zur Ecke des Rosstores gegen Osten, wird dem Herrn heilig sein; es soll nicht ausgerottet noch zerstört werden in Ewigkeit.“

In Jeremia 32 wird Jeremia angewiesen, von seinem Lösungsrecht Gebrauch zu machen, sich ein Feld in Anathoth zu kaufen, denn – so wird am Schluss des Kapitels gesagt –: Ich werde an diesen Ort zurückbringen und sie in Sicherheit wohnen lassen, und sie werden mein Volk und ich werde ihr Gott sein.“ – „Und ich werde ihnen ein Herz und einen Weg geben, damit sie mich fürchten alle ihr Tage, ihnen und ihren Kindern nach ihnen zum Guten. Und ich werden einen ewigen Bund mit ihnen machen, dass ich nicht von ihnen lassen werde, ihnen wohl zu tun, und ich werde meine Furcht in ihr Herz legen, damit sie nicht von mir abweichen. Und ich werde mich über sie freuen, ihnen wohlzutun, und ich werde sie in diesem Land pflanzen in Wahrheit mit meinem ganzen Herzen und mit meiner ganzen Seele. Denn so spricht der Herr: Gleichwie ich über dieses Volk all dieses große Unglück gebracht habe, also will ich über sie all das Gute bringen, das ich über sie rede (Jer 32, 39–42).

Erinnern wir uns nun, was der eigentliche Anlass zu dieser Verheißung des Segens gewesen war, so finden wir geschrieben: „Siehe, Hanamel, der Sohn Schallums, deines Onkels, wird zu dir kommen und sagen: Kaufe dir mein Feld, das zu Anathoth ist; denn du hast das Lösungsrecht, um es zu kaufen. Und Hanamel, der Sohn meines Onkels kam zu mir, nach dem Wort des Herrn, in den Gefängnishof und sprach zu mir: Kaufe doch mein Feld, das zu Anathoth im Lande Benjamin ist, denn du hast das Erbrecht, und du hast die Lösung, kaufe es dir. Und ich erkannte, dass es das Wort des Herrn war. Und ich kaufte von Hanamel, dem Sohne meines Oheims, das Feld, das zu Anathoth ist, und wog ihm das Geld dar: siebenzehn Sekel Silber“ (Jer 32, 7–9).

In Jeremia 33 werden die Verheißungen erneuert und Gott verspricht: „Nie soll es dem David an einem Mann fehlen, der auf dem Thron des Hauses Israel sitze!“ (Jer 33, 17). – „Wenn ihr meinen Bund betreffs des Tages und meinen Bund betreffs der Nacht brechen könnt, sodass Tag und Nacht nicht mehr seien zu ihrer Zeit, so wird auch mein Bund mit meinem Knecht David gebrochen werden, dass er keinen Sohn habe, der auf seinem Thron König sei, und auch mit den Leviten, den Priestern, meinen Dienern. Wie das Heer des Himmels nicht gezählt und der Sand des Meeres nicht gemessen werden kann, also werde ich den Samen Davids, meines Knechtes, und die Leviten mehren, die mir dienen. – Und das Wort des Herrn geschah zu Jeremia also: Hast du nicht gesehen, was dieses Volk redet, indem es spricht: „Die zwei Geschlechter, welche der Herr erwählt hatte, die hat er verworfen und so verachten sie mein Volk, so dass es vor ihnen keine Nation mehr ist. So spricht der Herr: wenn nicht mein Bund betreffs des Tages und der Nacht besteht, wenn ich nicht die Ordnungen des Himmels und der Erde festgelegt habe, so werde ich auch den Samen Jakobs und den Samen Davids, meines Knechtes, verwerfen, dass ich nicht mehr von seinem Samen Herrscher nehme über den Samen Abrahams, Isaaks und Jakobs. Denn ich werde ihre Gefangenschaften wenden und mich ihrer erbarmen“ (Jer 33, 20–26).

Noch zuverlässiger können diese Verheißungen nicht gegeben werden. Der Herr zeigt sich in seiner unwandelbaren Treue; wohl zählt er alles Böse auf, dessen Israel sich schuldig gemacht hat, aber er verheißt, dass er sie deswegen doch nicht verwerfen, sondern sein Gesetz in ihre Herzen legen wird. Auch über den Wiederaufbau Jerusalems macht Er genaue Angaben und sagt, dass, so wie er es niedergerissen und zerstört hatte, er es auch wieder aufbauen werde. Diesen Verheißungen eine andere Deutung zu geben, ist also völlig unmöglich.

Wenden wir uns nun weiter dem Propheten Hesekiel zu, so finden wir dort genaue Einzelheiten über die Rückführung des Volkes. Im 20. Kapitel dieses Buches wird uns über die zehn Stämme berichtet, dass sie aus den Ländern wieder gesammelt werden; und gleichwie, nachdem das Volk aus Ägypten herausgeführt worden war, die Empörer in der Wüste starben, so werden sie auch dann wie eine Herde, die vom Hirten gezählt wird, unter dem Stab hindurchziehen, und die Empörer sollten ebenfalls nicht in das Land kommen (Hes 20, 34–38). Dies trifft aber auf die zwei Stämme nicht zu; diese werden im Unglauben zurückkehren; nur ein Überrest, die „Verständigen des Volkes“, wie sie in Daniel 11, 33 genannt werden, wird gläubig sein. Zwei Teile von ihnen werden im Lande ausgerottet, und der dritte Teil wird ins Feuer gebracht werden, und sie werden geläutert werden, wie man das Silber läutert, und geprüft werden, wie man das Gold prüft (Sach 13, 8–9).

Wir müssen noch einige weitere Stellen aus Hesekiel anführen. Im 34. Kapitel richtet Gott die Hirten. Er spricht davon, dass er selbst nach seinen Schafen fragen und sich ihrer annehmen wird (Hes 34, 11–22). Vom 23 Vers ab spricht Gott dann in unzweideutiger Weise und klarer Sprache davon, was er in den letzten Tagen tun wird. – „Und ich werde einen Hirten über sie erwecken, und er wird sie weiden, – meinen Knecht David: der wird sie weiden und der wird ihr Hirte sein. Und ich, der Herr, werde ihr Gott sein, und mein Knecht David wird ihr Fürst sein in ihrer Mitte. Ich, der Herr, habe geredet. Und ich werde einen Bund des Friedens mit ihnen machen, und werde die bösen Tiere aus dem Lande vertilgen; und sie werden in der Wüste sicher wohnen und in den Wäldern schlafen. Und ich werde sie und die Umgebung meines Hügels zum Segen machen; und ich werde den Regen fallen lassen zu seiner Zeit, Regen des Segens werden es sein. Und der Baum des Feldes wird seine Frucht geben, und das Land wird seinen Ertrag geben; und sie werden in ihrem Land sicher sein. Und sie werden wissen, dass ich der Herr bin, wenn ich die Stäbe ihres Joches zerbreche und sie aus der Hand derer errette, welche sie knechteten. Und sie werden nicht mehr den Nationen zur Beute sein, und die wilden Tiere der Erde werden sie nicht mehr fressen, sondern sie werden in Sicherheit wohnen und niemand wird sie aufschrecken. Und ich werde ihnen eine Pflanzung erwecken zum Ruhm, und sie werden nicht mehr durch Hunger weggerafft werden im Land und nicht mehr die Schmach der Nationen tragen. Und sie werden wissen, dass ich der Herr, ihr Gott, mit ihnen bin, und dass sie, das Haus Israel, mein Volk sind, spricht der Herr, Herr. Und ihr, meine Herde, Herde meiner Weide, ihr seid Menschen; ich bin euer Gott, spricht der Herr, Herr (Hes 34, 23–31).

Im 36. Kapitel haben wir dann die wohlbekannte Schriftstelle, welche ausführt, dass es sich bei der Wiederherstellung um ein Werk Gottes handelt, dass er an ihnen vollbringen wird, damit sie sich vor seinem Angesicht ihres Landes erfreuen: „Und ich werde euch aus den Nationen holen und euch sammeln aus allen Ländern und euch in euer Land bringen. Und ich werde reines Wasser auf euch sprengen, und ihr werdet rein sein; von allen euren Unreinigkeiten und von allen euren Götzen werde ich euch reinigen. Und ich werde euch ein neues Herz geben und einen neuen Geist in euer Inneres geben; und ich werde das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben. Und ich werde euch meinen Geist in euer Inneres geben; und ich werde machen, dass ihr in meinen Satzungen wandelt und meine Rechte bewahret und tut. Und ihr werdet in dem Land wohnen das ich euren Vätern gegeben habe; und ihr werdet mein Volk und ich werde euer Gott sein. Und ich werde euch befreien von allen euren Unreinigkeiten. Und ich werde das Getreide herbeirufen und mehren, und keine Hungersnot mehr auf euch bringen; und ich werde die Frucht des Baumes und den Ertrag des Feldes mehren, auf dass ihr nicht mehr den Schimpf einer Hungersnot traget unter den Nationen“ (Hes 36, 24–30). – Daran werden die Heidenvölker erkennen, dass die Rückführung des Volkes ein Werk des Herrn ist. Diese letztere Tatsache, die wir mehr als einmal in Hesekiel erwähnt finden, ist ein besonders wichtiges Kennzeichen für die Wiederherstellung Israels; aber ebenso wie die anderen Punkte von Bedeutung sind, besonders was ihre gleichzeitige Verwirklichung betrifft, hat sie bisher noch keinerlei Erfüllung gefunden.

In Kapitel 37 finden wir einen anderen Gedanken nachdrücklichst ausgeführt. Die verdorrten Gebeine werden wieder mit Fleisch überzogen, das Volk wieder zum Leben erweckt und in sein eigens Land zurückgeführt werden (Hes 37, 14). Wenn dies aber in der Zeit der letzten Tage stattfinden wird, dann werden die so lange getrennt gewesenen zehn Stämme wieder mit Juda vereinigt und mit ihnen unter ein Haupt zusammengebracht, um nie wieder voneinander getrennt zu werden (Hes 37, 19–29). David (der Geliebte), das heißt Christus wird König über sie sein; die Hütte Gottes wird bei ihnen sein; der Herr wird ihr Gott und sie werden sein Volk sein; und die Heiden werden erkennen, dass der Herr Israel geheiligt hat, wenn er sein Heiligtum für alle Ewigkeit in ihrer Mitte aufgerichtet haben wird.

Abgesehen von seiner Anwesenheit in Christus, den sie verworfen haben, hat Gott seit der babylonischen Gefangenschaft nicht mehr in ihrer Mitte gewohnt. Die Zeit der Nationen wird von Hesekiel völlig übergangen; er beginnt wieder mit dem Herrn als in der Mitte des Landes wohnend.

In Verbindung hiermit wird uns in den beiden folgenden Kapiteln ein Bericht über den Einfall Gogs gegeben. Wenn sie wieder im Land sind, und es auch nach außen hin erkennbar ist, dass sie wieder in die Segnungen eingeführt wurden, dann wird Gog gegen sie heraufziehen; Gott selbst tritt ihm entgegen und verherrlicht sich an ihm in diesem Gericht. Gog fällt auf den Bergen Israels und Gott heiligt seinen Namen in der Mitte Israels; er lässt ihnen nicht mehr zu, seinen Namen zu verunehren: und die Heiden werden erkennen, dass er, der Herr, der Heilige Israels ist. – „Siehe“, wird dann mit besonderer Stärke im Ausdruck hinzugefügt, „es kommt und wird geschehen, spricht der Herr, Herr. Das ist der Tag, von welchem ich geredet habe“ (Hes 39, 8).

Die Weissagung schließt mit den folgenden Worten: „Und sie werden wissen, dass ich, der Herr, ihr Gott bin, indem ich sie zu den Nationen weggeführt habe und sie wieder in ihr Land sammle und keinen mehr von ihnen dort übriglasse. Und ich werden mein Angesicht nicht mehr vor ihnen verbergen, wenn ich meinen Geist über das Haus Israel ausgegossen habe, spricht der Herr, Herr“ (Hes 39, 28. 29).

So klar wie Worte es nur auszudrücken vermögen, wird uns also auf diese Weise eine Offenbarung über die völlige Wiederherstellung Israels, und zwar von beiden Teilen des zerteilten Königreiches, gegeben, wie sie unter der Herrschaft des Christus und unter dem neuen Bund beide in eins versammelt werden, in Verbindung mit dem Gericht über die Heiden, wodurch diese zur Erkenntnis kommen, dass der Herr in der Mitte Israels ist. Und Jerusalem wird wieder aufgebaut und geheiligt werden, wie uns auch in Jesaja, Kapitel 60, ausführlich berichtet wird. Durch einige wesentliche Zeugnisse aus den kleinen Propheten wird uns dies jedoch noch weiter bestätigt.

So lesen wir in Hosea 3, 4–5: „Denn die Kinder Israel werden viele Tage ohne König bleiben und ohne Fürsten, und ohne Schlachtopfer und ohne Bildsäule, und ohne Ephod und Teraphim. Danach werden die Kinder Israel umkehren und den Herrn, ihren Gott, und David, ihren König, suchen; und sie werden sich zitternd wenden zu dem Herrn und zu seiner Güte am Ende der Tage.“ Es ist auffallend, dass auch hier im Blick auf die letzten Tage der Segen des Herrn und der oft erwähnte David genannt werden. Inzwischen haben sie weder den einen wahren Gott, noch haben sie falsche Götter; sie haben weder einen Opferdienst, aber auch keine Götzenbilder. In einem solchen Zustand sind sie lange Zeit gewesen und werden sie auch noch lange bleiben. Am Ende der Tage aber wird das anders sein.

In Joel, Kapitel 3, finden wir wieder das Gericht über die Heiden, die sich aufmachen und hinabziehen sollen in das Tal Josaphat (d. h. der Herr hat gerichtet!). Dort, so sagt der Herr, werde ich sitzen, um alle Nationen ringsum zu richten. Dort wird die Ernte, das reinigende Gericht, und auch die Weinlese, das Gericht der bloßen Vergeltung, zur Ausführung kommen. Hinsichtlich der Juden aber wird gesagt (Joel 3, 20. 21): „Aber Juda soll ewiglich bewohnt werden, und Jerusalem von Geschlecht zu Geschlecht. Und ich werde sie von ihrem Blut reinigen, von dem ich sie nicht gereinigt hatte. Und der Herr wird in Zion wohnen.“

Amos 9, 14–15: Was wir hier haben, ist ganz klar und deutlich bisher noch nicht zur Erfüllung gekommen, weil es sich nur auf die zeitlichen Segnungen im Land beziehen kann: „Sie sollen nicht mehr herausgenommen werden aus ihrem Lande, das ich ihnen gegeben habe, spricht der Herr, dein Gott!“ – Es handelt sich hier um die Frage, die sich aber nicht an unseren Glauben wendet, ob das Wort Gottes seine Erfüllung finden wird.

Der Prophet Micha gibt uns eine wunderbare Beschreibung von dem, was Israel an jenem Tag unter der Herrschaft des Christus in der Welt darstellen wird. Sie werden nicht einer nach dem anderen der Versammlung hinzugefügt, um darin aufgenommen und ihres Segens teilhaftig zu werden; sondern sie werden als Israel gesammelt werden (Micha 5, 3). Dann, zur Zeit ihrer Annehmung im Land, wird Christus selbst ihre Stärke sein gegen ihren Feind, den Assyrer. Dann werden sie der Welt sein wie ein Tau von dem Herrn, ein reichlich niederströmender Regen Gottes; aber gegenüber allen ihren Bedrängern, die sich gegen die Wege Gottes empören, sind sie wie ein Löwe unter den Tieren des Waldes (Micha 5, 7. 8). Zugleich aber wird auch alles Böse aus ihrer Mitte ausgerottet werden, und die Nationen, die nicht gehört haben, werden gerichtet werden (Micha 5, 9–14).

In Zephanja 3 haben wir eine weitere Schriftstelle, die uns über die Wege des Herrn mit seinem Volk eine Fülle von Belehrung gibt. Zunächst die langmütige und gnädige, aber auch vergebliche Geduld des Herrn (Zeph 3, 7). Den Gläubigen blieb nur übrig, auf das kommende Gericht zu warten: die Gerichte über die Nationen würden sie zur Unterwerfung bringen und auch in die Segnungen einführen. In der Mitte Israels wird ein elendes und armes, aber auch geheiligtes Volk übriggelassen werden, und Friede wird ihr Teil sein (Zeph 3, 12–13). Dann ergeht an Zion, an Israel und Jerusalem, die Aufforderung, sich zu freuen und von ganzem Herzen zu frohlocken; denn der Herr ist in ihrer Mitte, sie werden kein Unglück mehr sehen. Gott schweigt in seiner Liebe, – so überströmend groß ist der Segen, dass er darin völlig zufriedengestellt und zur Ruhe gelangt ist. Kostbarer Gedanke! – aber noch kostbarer in seiner Anwendung auf uns, wenn Jesus die Frucht der Mühsal seiner Seele schauen und darin zur Ruhe gelangt sein wird. Dann wird alle Trübsal Israels hinweggenommen sein und unter allen Völkern der Erde werden sie zum Namen und zum Lob sein (Zeph 3, 14–20).

In Sacharja beschreibt das ganze zehnte Kapitel die Wiederherstellung Israels in den letzten Tagen, wobei auch der Trennung des Volkes von Juda und von Ephraim Erwähnung getan wird. Das elfte Kapitel berichtet von der Verwerfung des Messias, und im zwölften Kapitel werden alle um Jerusalem versammelten Nationen gerichtet, Jerusalem wird zu einem Laststein für alle Nationen gemacht (was auf die zurückliegenden Ereignisse keine Anwendung finden kann), und es folgt ein ausführlicher Bericht über die Weise, wie Gott sein Volk retten wird: „An jenem Tag werde ich die Fürsten von Juda machen gleich einem Feuerbecken unter Holzstücken und gleich einer Feuerfackel unter Garben, und sie werden zur Rechten und zur Linken alle Völker ringsum verzehren. Und von da an wird Jerusalem (d. h. die Einwohnerschaft Jerusalems) an seiner Stätte wohnen in Jerusalem“ (Sach 12, 6. 7). Dann folgt die Wehklage über die Verwerfung des Christus, und sie werden auf ihn blicken, den sie durchbohrt haben. Sie werden gerichtet: zwei Drittel werden ausgerottet und der dritte Teil wird ins Feuer gebracht werden. Zum Abschluss dieses treffenden Berichts werden in Kapitel 14 genaue Einzelheiten der künftigen Geschehnisse gegeben. – Der Herr kommt! – Seine Füße werden auf dem Ölberg stehen. Zur Zeit des Abends, wenn die Menschen Dunkelheit erwarten, wird es Licht werden. Lebendige Wasser werden aus Jerusalem fließen. Der Herr wird König sein über die ganze Erde; an jenem Tag wird der Herr einer sein und sein Name einer. Jerusalem wird erhaben sein und an seiner Stätte wohnen. Man wird darin wohnen und kein Bann mehr sein; und Jerusalem wird in Sicherheit wohnen.

Die hier zusammengefassten Schriftstellen sind durchaus hinreichend, um einem jeden, der das Wort Gottes als Zeugnis der Wahrheit anerkennt, davon Gewissheit zu geben, wie Israel in seinem eigenen Land wiederhergestellt und unter Christus und auf Grund des neuen Bundes in die Segnungen eingeführt wird.

Die Rückführung Israels und die Rückführung Judas erfolgen jedoch unter Umständen, die voneinander verschieden sind. Bei Israel werden die abtrünnigen außerhalb des Landes, das sie niemals betreten werden, ausgerottet; bei Juda jedoch erst im Land selbst, und das davon Übriggebliebene wird durchs Feuer gehen. Darin ist auch die Geschichte des Antichristen und der Heidenvölker enthalten, von welchen bei den für diese in Betracht kommenden Prophezeiungen die Rede ist. Israel und Juda aber werden unter ein Haupt vereinigt werden.

In der Reihe der Geschehnisse, welche die Segnung herbeiführen, werden die Nationen gegen Jerusalem versammelt und danach gerichtet, und schließlich werden sie in Verbindung mit Israel und in Unterwerfung unter dieses Volk dessen Segnungen teilhaftig werden.

Der Herr ist König über die ganze Erde! Es ist beachtenswert, dass diese Ereignisse in demselben Zeitraum vor sich gehen, wo die Auferstehung stattfindet. Der Friede herrscht und der Fluch ist hinweggetan; nie mehr wird Jerusalem verunreinigt werden; noch kann Israel seinen Segen je wieder verlieren.

Auf solche Weise erfolgt also die Aufrichtung der Herrschaft Gottes über die Welt am Ende der Zeiten. Nach Gottes unwandelbarem Vorsatz und seiner unveränderlichen Berufung wird Israel der Mittelpunkt seiner Herrschaft sein. In der gegenwärtigen Zeit wird das Evangelium zwar von ihnen verworfen, aber dennoch sind sie Geliebte, um der Väter willen: wenn sie sehen, dann werden sie glauben.

Wir haben größere Segnungen, weil wir nicht gesehen und doch geglaubt haben. Diese Unterscheidung ist wichtig für das Verständnis der für die Juden geltenden Verheißungen. Nicht nur, dass sie unserem Herzen aus dem Grund kostbar sind, wie sie einen Teil der Herrlichkeit des Herrn ausmachen, sondern auch weil sie ein klares Verständnis für die richtige Anwendung der jüdischen Prophezeiungen geben und uns auch davor bewahren, sie etwa fälschlich der Versammlung zuzuschreiben.

Die Versammlung hat ihren besonderen und himmlischen Charakter. Sie ist Trägerin des Zeugnisses der unumschränkten Gnade, die ihr, die keine Verheißungen hatte, ihre Stellung mit Christus gibt. Israel ist das Zeugnis für Gottes Treue in seinen Verheißungen: Der Herr, der da war, der da ist, und der da kommt! Zwar wird Israel immer das königliche Volk sein, der Mittelpunkt der irdischen Macht Christi und seiner Herrschaft, und doch werden sie stets seiner Herrschaft untergeordnet bleiben.

Wir aber werden – aus lauter Gnade! – mit ihm herrschen, nachdem wir zuvor mit ihm gelitten und ausgeharrt haben. Die Versammlung hat dieselbe Stellung mit ihm; Israel hat seine besondere Segnung unter ihm, gemäß seiner zuvor geschehenen Verheißungen.

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