Die letzten Dinge

Die sieben Zornesschalen

Die letzten Dinge

„Und ich hörte eine laute Stimme aus dem Tempel zu den sieben Engeln sagen: Geht hin und gießt die sieben Schalen des Grimmes Gottes auf die Erde aus“ (16,1).

Die Zahl der Zornesschalen ist wiederum sieben, wie bei den Siegeln und den Posaunen, sie treffen aber jetzt nicht nur, wie die Posaunen, einen dritten oder vierten Teil, sondern die ganze Erde. Damit wird der Zorn Gottes ohne jede Zurückhaltung ausgegossen und trifft die ganze Menschheit. Die Zornesschalen gehen aber nicht aus der siebten Posaune hervor, wie die Posaunen aus dem siebten Siegel, sondern sie gehen zeitlich parallel, wie ein Vergleich der inhaltlichen Hauptzüge ergibt. Schon die siebte Posaune rief den Jubelgesang im Himmel über die Verwirklichung des Gerichtes über die Nationen und die Ankunft des Messiasreiches als vollendete Tatsache hervor. Die sechste und siebte Zornesschale führen uns dann deutlich, wenn auch nur in allgemeinen Zügen, das durch den Herrn selbst ausgeführte Schlussgericht vor Augen. Die folgenden Kapitel 17–19 geben dann noch genauere Einzelbilder über die zwei Hauptgerichte, das über die abtrünnige Christenheit einerseits und über die endgültige Beseitigung des Bösen andererseits, hervorgerufen durch die Erscheinung des Herrn und Königs Jesus Christus.

„Und der erste ging hin und goss seine Schale auf die Erde aus; und es kam ein böses und schlimmes Geschwür an die Menschen, die das Malzeichen des Tieres hatten und die sein Bild anbeteten“ (16,2).

Die erste Zornschale trifft die Erde, d. h. die Staaten, die bisher noch unter einer gewissen Rechtsordnung standen, sich also den göttlichen Geboten, wenn auch nur äußerlich, unterziehen. Wir haben hier ohne Frage das Römische Weltreich und die mit ihm verbundenen Staaten vor uns. Wenn der Keim nicht gut ist, dann dauert es nicht lange, und das Krankhafte kommt zum Ausbruch. Geschwüre bringen Pein und Unruhe, damit sind wohl die bösen, um sich fressenden Folgen gemeint, die das Verlassen der Rechtsordnung und das Preisgeben aller Rücksichten aufeinander, hervorrufen. Der aufmerksame Beobachter kann schon heute die Anfänge dazu erkennen.

„Und der zweite goss seine Schale auf das Meer aus; und es wurde zu Blut, wie von einem Toten, und jede lebendige Seele starb, alles, was in dem Meer war“ (16,3).

Die zweite Zornesschale ergießt sich auf das Meer. Die symbolische Bedeutung des Meeres sind die großen Völkermassen, und zwar solche, die sich von Gott völlig lossagen werden. Anfänge davon sehen wir bereits in den vom Kommunismus kontrollierten Ländern, doch ist es noch nicht die Sache selbst. Es werden Länder sein, die sich der römischen Kontrolle und dem römischen Bund nicht anschließen werden und nicht angeschlossen haben. Schon heute streckt das Böse seine Polypenarme mehr oder weniger über alle Länder aus, und bei denen, die ihm unterliegen, wird der geistige Tod die Folge sein. Gottes Wort und Gottes Volk sind nur noch soweit geduldet, wie es zu Reklamezwecken nützlich erscheint. Vergessen wir aber nicht, wir sind noch nicht in das apokalyptische Zeitalter eingetreten; wenn das der Fall sein wird, dann wird es nicht ohne viel Blutvergießen abgehen.

„Und der dritte goss seine Schale auf die Ströme und auf die Wasserquellen aus, und sie wurden zu Blut. Und ich hörte den Engel der Wasser sagen: Du bist gerecht, der da ist und der da war, der Heilige, dass du so gerichtet hast. Denn Blut von Heiligen und Propheten haben sie vergossen, und Blut hast du ihnen zu trinken gegeben; sie sind es wert. Und ich hörte den Altar sagen: Ja, Herr, Gott, Allmächtiger, wahrhaftig und gerecht sind deine Gerichte“ (16,4–7).

Die dritte Zornesschale ergießt sich über die Ströme und Wasserquellen, d. h. über die Lebensbedingungen, vor allem des geistigen und moralischen Lebens, die so gründlich verfälscht und verdorben werden, dass daraus Verwirrung und immer Böseres, ja Kampf und Streit aller gegen alle, entstehen muss. Nichts harmoniert mehr; es wird offenbar, dass das Verlassen der Wege und Gebote Gottes zur Annahme von bösen Lehren und Taten und zu Blutvergießen führen muss.

Hier nun hört der Seher zwei Zeugnisse über die Gerechtigkeit Gottes in seinen Gerichten, denn Er richtet entsprechend der Sünde des Menschen, d.h. Zahn um Zahn, Auge um Auge. So führt das Verlassen des Glaubens an die göttliche Wahrheit direkt unter den Zwang, einer ungeheuerlichen Lüge glauben zu müssen, ohne sich ihr entziehen zu können, die die Träger selbst zum Verderben führt. Weiter rächt Gott das Vergießen des Blutes der Heiligen Gottes dadurch, dass das Blut derer, die jenes vergossen haben, durch ihre eigene Bosheit und Torheit ebenfalls vergossen wird.

Unter dem „Engel der Wasser“ haben wir wohl an eine Personifikation der Verantwortlichkeit der Völker zu denken, also weniger eine individuelle als vielmehr eine gemeinsame Verantwortlichkeit für den Bereich der Wasser, also den von Gott bestimmten Kreis der Völker. Da Gott alles unterstellt ist, ist Ihm auch die ganze Menschheit verantwortlich.

Die „Stimme des Altars“, des Altars, den Johannes schon verschiedene Mal gesehen hat, aber nun reden hört, ist eine feierliche Bestätigung des soeben gehörten Urteils (V.5.6) aus der Gegenwart Gottes selbst. Gott ist heilig und Er kann sich selbst nicht verleugnen.

„Und der vierte goss seine Schale auf die Sonne aus; und es wurde ihr gegeben, die Menschen mit Feuer zu versengen. Und die Menschen wurden von großer Hitze versengt; und sie lästerten den Namen Gottes, der die Gewalt über diese Plagen hat, und taten nicht Buße, ihm Ehre zu geben“ (16,8.9).

Die vierte Zornesschale ergießt sich auf die Sonne. Die Sonne symbolisiert die größte Autorität des Menschen, und zwar ist dies hier der Römische Kaiser, dessen Herz, nachdem sich Gott völlig von ihm und seinem Reich zurückgezogen hat, so unsinnig wird, dass er die grausamsten Verfügungen erlässt, die über seine Völker die maßloseste Bedrückung bringen. Die Folgen sind entsetzliche Lästerungen der Menschen, die in ihrer bekannten Unaufrichtigkeit nicht den Urheber des Druckes, sondern Gott richten, indem sie Ihn der Ungerechtigkeit bezichtigen, weil er solches zulässt. Ach, der arme Mensch in seinem Wahn und seiner Verstocktheit! Wir finden aber diese Menschen auch heute. Es gibt so viele Leute, die Gott für alles verantwortlich machen, was ihnen Böses widerfährt, und das nichts anderes ist, als die Folgen eigenen Verfehlens und Trotzens. Wie wird es erst werden, wenn Gott ihnen alles Licht wegnehmen wird!

„Und der fünfte goss seine Schale auf den Thron des Tieres aus; und sein Reich wurde verfinstert; und sie zerbissen ihre Zungen wegen der Qual, und sie lästerten den Gott des Himmels wegen ihrer Qualen und wegen ihrer Geschwüre, und sie taten nicht Buße von ihren Werken“ (16,10.11).

Die fünfte Zornesschale trifft den „Thron des Tieres“, d.h. das, was die Macht und den Glanz des Staates des Tieres ausmacht. Dies alles wird „verfinstert“, und zwar in eine solche Finsternis gestürzt, dass alles außer Rand und Band gerät. Alle werden in blinde Wut gegen alle geraten und handeln und sich so gegenseitig schädigen und verzehren.

Allerlei Geschwüre, d.h. tief greifende, unheilbare Schäden der Gesellschaftsverhältnisse treten zutage, Missgeschicke und Katastrophen mit immer weitgehenderen Folgen, immer verwirrenderen Problemen, wofür man sich, weil man sie nicht zu lösen vermag, gegenseitig beschuldigt. Keiner klagt sich selbst an, alle anderen sind schuldig, keiner erkennt seine eigenen Ungerechtigkeiten, und darum klagt man schließlich Gott an und lästert seinen Namen, wie wir es schon bei der vierten Zornesschale gesehen haben. Die Menschen ernten aber nur, was sie gesät haben; denn wenn alles Gute und Wahre gewichen, ja direkt verbannt werden wird, und nur noch Böses übrig bleibt, dann kann nichts anderes hervorkommen, als Selbstschädigung und Selbstvernichtung. Das ist das Ende der menschlichen Überhebung und einer Kultur, die da meint, alles selbst und ohne Gott machen zu können.

„Und der sechste goss seine Schale auf den großen Strom, den Euphrat, aus; und sein Wasser versiegte, damit der Weg der Könige bereitet würde, die von Sonnenaufgang her kommen. Und ich sah aus dem Mund des Drachen und aus dem Mund des Tieres und aus dem Mund des falschen Propheten drei unreine Geister kommen, wie Frösche; denn es sind Geister von Dämonen, die Zeichen tun, die zu den Königen des ganzen Erdkreises ausgehen, um sie zu versammeln zu dem Krieg des großen Tages Gottes, des Allmächtigen. (Siehe, ich komme wie ein Dieb. Glückselig, der wacht und seine Kleider bewahrt, damit er nicht nackt einhergehe und man seine Schande sehe!) Und er versammelte sie an den Ort, der auf Hebräisch Harmagedon heißt“ (16,12–16).

Die sechste Zornesschale bewirkt die völlige Austrocknung des mesopotamischen Flusses Euphrat. Als Grenzfluss zwischen Ost und West wird er verschwinden und somit auch kein Verkehrshindernis mehr bleiben. Der Euphrat ist in seinem Oberlauf die nordöstlichste Grenze, des Israel als Besitz verheißenen Landes. Dies ist auch die östliche Grenze des alten Römischen Weltreiches gewesen. Diese Grenze wird offenbar geöffnet werden, um den Völkerscharen der Könige von Sonnenaufgang den Weg nach Westen zu bereiten.

Schon in historischen Zeiten haben asiatische Völker nach dem Westen gestrebt, also nach dem Nahen Osten und nach Europa. Zur Zeit der Völkerwanderung waren es die Hunnen Attilas, die bis Frankreich gekommen sind, achthundert Jahre später die Tartaren Dschingiskhans, Batus und Timurlenks, die nur bis zur Oder gelangten, in den Zwischenzeiten Araber und türkische Horden; sie errichteten große Reiche, die aber wieder verschwunden sind. Der Überlieferung der mongolischen Völker zufolge soll Dschingiskhan nach achthundert Jahren wieder erstehen und seine Völker nach Europa führen. Diese Überlieferung haben in unseren Tagen die Japaner aufgenommen, deren Eroberungen aber ein Halt geboten wurde, da die prophetische Zeit noch nicht gekommen ist; doch werfen große Ereignisse immer ihre Schatten voraus. Ein weiterer Grund dieser Riesenaufmärsche ist Rache gegen die durch die Weißen erlittene üble Behandlung und Ungerechtigkeit. Zu bemerken ist noch, dass Ham nur Fluch, aber nicht Weltherrschaft verheißen ist, darum müssen alle seine diesbezüglichen Anstrengungen scheitern.

Aber bei der sechsten Zornesschale ist die Stunde gekommen, in der Gott die „gelbe Gefahr“ zum Gericht über Europa rufen wird. Wir lesen weiter, wie aus dem Mund der teuflischen Trinität: Drache (Satan), Tier (römischer Kaiser) und Antichrist (in der Offenbarung der „falsche Prophet“ genannt, der Führer und Verführer des Römischen Kaisers), drei unreine Geister, d. h. die ganze vereinte Verführungsmacht, zu allen Völkern ausziehen, um sie zur Erhebung und Auflehnung gegen Gott und seinen Gesalbten zu versammeln, ähnlich wie sich die Menschen in 1. Mose 11 versammelten, um den babylonischen Turm zu bauen, um sich einen Namen, Gott gleich, zu machen. Hier wiederholt sich das gleiche, nur in weit schrecklicherem Maß. Man will Gott entthronen und sich selbst an dessen Stelle setzen. Diese Geister werden mit Fröschen verglichen, um ihre Unreinheit, ihren niedrigen Sinn und ihre Mentalität, aber verbunden mit großem Tamtam, zu zeigen. Auf diesen Kampf gegen Christus kommen dann die Kapitel 17 und 19 mit Einzelheiten zurück.

Nun aber zeigt uns Gottes Geist noch eine andere Seite, denn wir lesen: „Und Er versammelte sie an den Ort, der auf Hebräisch Harmagedon heißt.“ Der ganze satanische Apparat muss nun dazu dienen, dass sich, gemäß der Prophezeiung Gottes, Gerichte nach Gottes Vorbestimmung vollziehen. Gottes Wort sagt uns z.B. in Joel 3 und Jesaja 34,1–8, dass alle Völker gerichtet werden müssen, darum muss Satan sie an den von Gott bestimmten Ort führen, und dieser Ort ist Harmagedon. Was aber Satan und die Völker nicht wissen, ist, dass sie dort alle Jesus Christus, dem Richter, begegnen müssen, dem, den sie einst verworfen und gekreuzigt haben, der jetzt aber als König und Herrscher in Herrlichkeit auf die Erde kommen wird. Dieser Ort ist kein anderer als das Tal Megiddos, geographisch die Ebene zwischen Karmel, Samaria und Galiläa, in der im Lauf der Weltgeschichte schon manche entscheidende Schlacht geschlagen worden ist. Es sei hier nur an den Sieg Baraks über Sisera in Richter 4–5 erinnert, von dem Debora singt, dass auch die Heere des Herrn mit gegen Sisera gestritten hätten. Bei der sechsten Zornesschale will der Name einfach den Ort bezeichnen, wo die Völker mit dem Herrn zu ihrem Gericht zusammentreffen werden. In Joel 3 wird die Stätte „Tal Josaphat“ genannt, was einfach Gerichtsstätte bedeutet. In der Tat wird die Gerichtsstätte ein viel größeres Gebiet umfassen, als die geographischen Namen bezeichnen.

Darum, weil der gläubige jüdische Überrest mitten in diesem Gebiet, vor allem in Jerusalem, wohnt, richtet der Geist Gottes in Vers 15 an diesen die Worte der Ermahnung und Ermunterung, dass ihr Messias rasch und für die Feinde unvermutet kommen und sie selbst befreien wird. Sie sollen darum ausharren und sich nicht mit der Sünde beflecken, um rein und heilig dazustehen, wenn der Herr kommt. Dann werden sie glückselig sein.

„Und der siebte goss seine Schale in die Luft aus; und es kam eine laute Stimme aus dem Tempel hervor, von dem Thron her, die sprach: Es ist geschehen. Und es geschahen Blitze und Stimmen und Donner; und ein großes Erdbeben geschah, wie es nicht geschehen ist, seitdem die Menschen auf der Erde waren, solch ein Erdbeben, so groß. Und die große Stadt wurde in drei Teile geteilt, und die Städte der Nationen fielen, und Babylon, die große, kam ins Gedächtnis vor Gott, dass ihr der Kelch des Weines des Grimmes seines Zornes gegeben werde. Und jede Insel entfloh, und Berge wurden nicht gefunden. Und große Hagelsteine, wie ein Talent schwer, fallen aus dem Himmel auf die Menschen herab; und die Menschen lästerten Gott wegen der Plage des Hagels, denn seine Plage ist sehr groß“ (16,17–21).

Mit der sechsten Schale sind wir bereits bis zum Endgericht gelangt, zu dessen Durchführung der Herr Jesus Christus persönlich in Herrlichkeit erscheinen wird. Noch aber steht ein anderes Gericht bevor, das über die abtrünnige Christenheit auf der Erde, das jenem vorausgehen muss. Die Ausgießung der siebten Schale zeigt die Einleitung. Sie ergießt sich in die Luft, d. h. auf alles das, was zum Leben unerlässlich ist. Andererseits ist die Luft nach Epheser 2,2 der Raum der Herrschaft Satans und seiner Engel, deren Hass, Willkür und Terror die Menschen nun ausgeliefert sind. Damit gerät alles in Erschütterung, das Chaos ist unbeschreiblich, jegliche Ordnung ist aufgelöst, und vor allem schlagen die brandenden Wogen nun gegen die abgefallene Kirche, gegen Rom, die bis dahin ihre Macht noch behaupten konnte. Rom ist die große Stadt, die vor allem erschüttert wird, das geistige Babylon, deren gesamter Machtbereich in drei Teile zerfällt. Die Erschütterung ist so furchtbar, dass die erschreckten Menschen Schutz suchen, aber nirgends finden können; Inseln und Berge entfliehen, und schutzlos ist der Mensch dem längst fälligen Gericht ausgeliefert. Schwere Schläge, die direkt von oben her über die Gott lästernden Menschen kommen, machen dieses Gericht noch unheimlicher und schrecklicher.

Mit der Ausgießung dieser letzten Zornesschale hört Johannes eine Stimme aus dem Himmel; es ist die Stimme Gottes selbst, die feststellt und ausruft: „Es ist geschehen!“. Damit wird sozusagen unter die Periode des Gerichts der Schlussstrich gezogen. Die letzten Gerichte, mit denen der Grimm des Zornes Gottes seine Erfüllung gefunden hat, sind ergangen, und damit ist Gottes Gerechtigkeit und Heiligkeit Genüge getan und Gott kann nun das Schwert seines Zornes endgültig wieder in die Scheide stecken und hinter sich legen. Gottes Zorn und Gerichte gehören nicht zum ewigen Wesen Gottes; aber Gottes Heiligkeit und Gerechtigkeit erfordern beides, damit die Sünde weggetan werden kann. Es ist ein köstlicher Gedanke: Gottes Zorn, so heilig Gott ist, währt doch nur kurze Zeit, weil es sein muss, aber seine Liebe bleibt ewiglich, denn sie ist das Wesen Gottes selbst. So lesen wir auch in Jesaja 61 vom „Jahr der Annehmung“, aber in Bezug auf seine Rache nur vom „Tag des Zornes“.

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