Was von Anfang war
Eine Auslegung der Johannesbriefe

1.Johannes 5,6-12

Was von Anfang war

Die ersten Verse dieses Kapitels, die wir zuletzt betrachtet haben, zeigten uns den Personenkreis, den wir nach Gottes Gedanken lieben sollen; sie zeigten uns aber auch, dass diese Liebe untrennbar mit dem Gehorsam verbunden ist. Ohne Gehorsam Gottes Geboten gegenüber kann keine göttliche Liebe in dem Gläubigen vorhanden sein. Anders verhält es sich mit den natürlichen Zuneigungen, da diese keinerlei Bindung an den Gehorsam haben. Die christliche Liebe ist die geistliche Aktivität des neuen Menschen. Indem sie sich allen Kindern Gottes zuwendet, eben weil sie Seine Kinder sind, kann sie nicht ausgeübt werden ohne die Unterwerfung unter den Willen Gottes. Die Liebe nimmt eine andere Form an, wenn sie sich mit dem Ungehorsam solcher beschäftigt, die Gott gegenüber zum Gehorsam verpflichtet sind. In jedem Fall müssen in dem Gläubigen aber die göttliche Liebe und der gottgemäße Gehorsam untrennbar miteinander verbunden sein.

Sodann haben wir erfahren, dass ein Widersacher sowohl unserer Liebe wie unserem Gehorsam feindlich gegenübersteht; seinen heimtückischen Charakter übersehen die Gotteskinder allzu leicht. Schon die Jüngsten im Glauben müssen ein Gefühl für das haben, was die Schrift „das Fleisch“ nennt, die Quelle des hassenswürdigen, selbstsüchtigen Bösen in uns. Leider liegt es uns, sein abstoßendes Wesen eher bei anderen als bei uns selber festzustellen. Tatsächlich gehört es zur heuchlerischen Tätigkeit des Fleisches, dass wir seine Wirksamkeit bei anderen ebenso schnell wahrnehmen (oder es uns auch nur einbilden), wie wir zögern, es bei uns selbst zu verurteilen.

Doch die Welt wird uns oft in noch raffinierterer Weise zum Fallstrick. Sie hat ihre eigenen Anstandsregeln und bietet manches an, was der menschlichen Natur – und auch vielen echten Christen – wohl gefällt. Ihre Religion (sie ist in Gottes Augen der böseste Teil ihres Wesens) übt eine starke Anziehungskraft aus. Die Welt ist somit ein weitaus gefährlicherer Feind für uns als das Fleisch. Tritt das Fleisch bei uns in Erscheinung, so ist das beschämend und führt selbst bei geringem geistlichem Verständnis zu Beugung und Trauer vor Gott. Doch die Welt erweckt großenteils den Anschein der Ehrbarkeit. Daher sind die meisten Christen, die zwar die bösen Werke des Fleisches verurteilen, geneigt, für ihre Teilnahme an dem Wesen dieser Welt allerlei Entschuldigungen vorzubringen. Die Welt ist jedoch der direkte Feind des Vaters, und zwar in so starkem Maße, dass die Liebe des Vaters dort niemals machtvoll wirken oder genossen werden kann, wo der Geist der Welt vorherrscht. Es ist offensichtlich wahr, was schon manchmal gesagt wurde, dass nach dem Urteil der Schrift die Welt dem Vater ebenso als Widersacher gegenübersteht wie das Fleisch dem Geist und der Teufel dem Sohne Gottes. Satan widersteht in dieser dreifachen Weise der göttlichen Dreieinheit und verbreitet Unheil durch die Welt und durch das Fleisch. Zu unserem Trost wissen wir aber, dass Gott, der Vater, durch den Herrn Jesus vermittels des Heiligen Geistes Seinerseits zum Guten wirkt. Wir mögen zwischen den verschiedenen Formen des Bösen unterscheiden, tatsächlich gehen sie aber in der Praxis oft völlig ineinander über. Das Gleiche gilt auch für die Wirksamkeit der göttlichen Dreieinheit; und „der, welcher in euch ist, ist größer als der, welcher in der Welt ist“ (1. Joh 4,4).

Damit kommen wir zu dem Zeugnis Gottes in der Welt. Es wendet sich an die Menschen, um aus ihnen Seine eigene Familie zu bilden. Das Zeugnis gründet sich auf den Glauben an das Wort, welches Jesus als den Sohn Gottes bezeugt. Es ist keine Sache der Vernunft oder der Gefühle und gründet sich auch nicht auf die Ausführung religiöser Riten durch eine besondere Klasse von Menschen. Das Zeugnis Gottes richtet sich an das Gewissen des Sünders, um sein Herz durch den Glauben zu reinigen, und dieser Glaube ruht hinsichtlich der Versöhnung auf dem Opfertod des Herrn Jesus. „Dieser ist es, der gekommen ist durch Wasser und Blut, Jesus, der Christus; nicht durch das Wasser allein, sondern durch das Wasser und das Blut.“ Gott sendet besondere Zeugnisse, um Menschen – Gläubige sowohl wie Ungläubige – zu überführen, die unter der Last von Unreinigkeit und Schuld stehen. Die Ungläubigen werden aufgefordert, sich vor Ihm und der Wahrheit zu beugen; die Gläubigen sollen in ihren Gewissen gereinigt, und ihr Glaube soll gestärkt und vergrößert werden.

Wir werden hier von der Person Christi, mit der wir uns zuvor gerade beschäftigt hatten, zu dem Werk Christi geführt, das Seine Person kennzeichnet und auch den Zeugnissen ihren Charakter verleiht. In den Streitsachen von Mann zu Mann war unter dem Gesetz das Zeugnis zweier Zeugen erforderlich und ausreichend, das von drei Zeugen war noch besser. Gott hat in Seinem Zeugnis volle Vorsorge getroffen. Er stellt dem Menschen drei Zeugen von der denkbar größten Autorität vor Augen, um ihn in die Wahrheit einzuführen. „Dieser ist es, der gekommen ist“; weder durch menschliche Geburt, Macht oder Weisheit, noch durch göttliche Macht und Herrlichkeit, auch nicht durch Seine Fleischwerdung und Seinen unvergleichlichen Dienst. „Dieser ist es, der gekommen ist durch Wasser und Blut, Jesus, der Christus.“ Er war der wahrhaftige Gott und das ewige Leben, doch Er kam, um ebenso wirklich zu sterben, wie jeder andere Mensch stirbt, aber doch auf eine Weise, wie kein anderer zu sterben vermochte. Er wurde von Gott zur Sünde gemacht, um Sünder zu erretten und rein zu waschen, damit sie nicht nur innerlich gereinigt, sondern in Gottes Augen durch das Blut Christi weißer als Schnee werden. Ja, Er kam hernieder, um zu sterben, denn nur Sein Tod konnte unsere Sünden austilgen und Gott im Hinblick auf die Sünde verherrlichen (vgl. Joh 13,31.32). Wir haben hier sicher einen Hinweis auf unseren Herrn am Kreuz, als Er, bereits gestorben, von einem Kriegsknecht durchstochen wurde; es sollte sichergestellt werden, dass Er wirklich tot war. Dabei strömten Blut und Wasser aus Seiner Seite. In jenem Augenblick wird das herabfließende Blut als erstes den Blick auf sich gezogen haben, darum wird es auch an erster Stelle genannt. Doch auch das ausströmende Wasser entging nicht dem Auge der Zuschauer. Wer hätte jemals etwas so Außergewöhnliches gesehen oder gehört, dass aus der Seite eines Toten Blut und Wasser heraus flossen? Bei dem Herrn Jesus trat beides in Erscheinung.

Im Johannesevangelium wird diese Tatsache stärker hervorgehoben als die erstaunlichsten Wunder, die der Herr vollbracht hatte. In Johannes 19,33–37 lesen wir: „Als sie aber zu Jesu kamen und sahen, dass er schon gestorben war, brachen sie ihm die Beine nicht, sondern einer der Kriegsknechte durchbohrte mit einem Speer seine Seite, und alsbald kam Blut und Wasser heraus. Und der es gesehen hat, hat es bezeugt, und sein Zeugnis ist wahrhaftig; und er weiß, dass er sagt, was wahr ist, auf dass auch ihr glaubet.“ Blut und Wasser kamen wirklich aus dem gestorbenen Menschen hervor. Gott unterstrich das Werk, das nur der fleischgewordene Sohn Gottes ausführen konnte, durch ein solch übernatürliches Zeichen. Der Geist Gottes hielt dieses Zeichen für so bedeutsam für die Herrlichkeit Christi und für die Versöhnung des Menschen, dass Er es zunächst im Johannesevangelium besonders hervorhebt und es dann im Johannesbrief auf uns anwendet.

„Dieser ist es, der gekommen ist durch Wasser und Blut.“ Adam wurde nicht eher der Vater des Menschengeschlechtes, bis die Sünde in die Welt gekommen und der Tod sein Werk begonnen hatte. Unser Herr wurde das Haupt der neuen Schöpfung als Er, nach dem Tragen unserer Sünden, als der Erstgeborene vieler Brüder auferstand. Durch den „Tod“ (nicht durch Seine Geburt, wie manche Irrlehrer heute behaupten) machte Er den zunichte, der die Macht des Todes hatte. Bis dahin hatte das levitische System mit seinen Priestern, Opfern und einem irdischen Heiligtum noch Gottes Zustimmung. Erst als das Werk vollbracht war, konnte auf der Grundlage eines vollgültigen Opfers und eines auferstandenen Heilands, der bald danach im Himmel verherrlicht wurde, das Christentum seinen Anfang nehmen. Als Paulus den wankelmütigen Korinthern das Evangelium erneut vor die Blicke stellte, begann er damit, dass Christus nach den Schriften für unsere Sünden gestorben ist. Ebenso lässt Johannes alles andere beiseite, wenn er dem göttlichen Zeugnis Nachdruck verleihen will, und weist sogleich auf den Tod des Herrn hin, der für uns Reinigung und Sühnung bewirkte. Er beginnt hier mit dem Wasser, dem wohlbekannten Bild der reinigenden Kraft des Wortes. Neben anderen Stellen lesen wir davon in Johannes 3,5, wo der Geist als der Mitwirkende genannt wird, während hier das Blut dem Wasser folgt. Das Wort Gottes beschäftigt sich zunächst in wirksamer Weise mit den Seelen. Gott spricht durch dasselbe zu unseren Gewissen und überführt uns von unserer Schuld. Sein Wort, niemals menschliche Tradition oder Redegewandtheit, zeigt uns, dass wir in Seinen Augen taub, widerspenstig und durch Sünden verunreinigt sind. Aber wie kostbar für die Seele, dann zu erkennen, dass das reinigende Wasser sozusagen aus Ihm Selbst floss!

Die Waschung mit dem Wasser erfolgt somit aus der geöffneten Seite Dessen, der für Sünder starb. Dadurch wird die Bedeutung dieser Reinigung außerordentlich erhöht. Der Herr stellte vor Seinem Tod den Grundsatz auf: „Wer gebadet (ganz gewaschen) ist, hat nicht nötig, sich zu waschen, ausgenommen die Füße“ (Joh 13,10). Der ganze Mensch wird nur einmal gebadet, doch die Füße müssen im Laufe der irdischen Pilgerschaft fortwährend gewaschen werden. Es ist allein die Sachwalterschaft Christi, die unseren täglichen Fehltritten begegnet, nicht etwa des Herrn Mahl (ein herabwürdigender Missbrauch des Mahles infolge von Unwissenheit). Der Heilige Geist wendet Sein Wort auf der Grundlage des Todes Christi auf das Gewissen an, wo immer es nötig ist. Doch findet die „Waschung der Wiedergeburt“ des Gläubigen nur einmal statt. Allein der Tod Christi schenkt uns Befreiung von der Sünde. Wir mögen die Sünde wohl empfinden und hassen und uns selbst ihretwegen verurteilen; doch nur durch den Tod Christi kommt die Seele von der Sünde los. „Dieser ist es, der gekommen ist ...“ das ist die erhabene Wahrheit, die Gott im Tode Christi vor Augen hatte. Welch eine tiefe Wahrheit, welch unvergleichliche Gnade, die auf diese Weise zu uns redet!

Dass diese reinigende Kraft da ist und seit Anbeginn des Christentums auf uns Gläubige angewendet wurde, ist aber nur die eine Seite der Wahrheit. Der Tod Christi war im Blick auf die Ansprüche Gottes ebenso unbedingt erforderlich wie für uns. Auf Gottes Seite war er natürlich nicht zur Reinigung, sondern zur Sühnung notwendig. Die Sünde hatte alles auf der Erde in Unordnung gebracht und ein moralisches Chaos herbeigeführt. Das Kreuz stellte die göttliche Ordnung für immer wieder her. Wie könnten Liebe und Licht, Gnade und Wahrheit ohne das Kreuz zusammenwirken? Wie konnte die Liebe den Sünder in den Himmel einführen, der sich im göttlichen Licht nur passend für die Hölle erwies? Wenn die Gnade in Barmherzigkeit an dem Sünder handeln wollte, wer konnte die Wahrheit zum Schweigen bringen, dass er ein gefühlloser, gottloser Feind war? Im Kreuz Christi finden die Natur Gottes und Seine göttlichen Eigenschaften ihre vollkommene Rechtfertigung und Harmonie. Dort ist Gott in dem Sohn des Menschen verherrlicht worden. Es entspricht nunmehr Seiner Gerechtigkeit, aufgrund des Werkes am Kreuz den schlimmsten Sünder, der wahrhaftig an den Herrn Jesus glaubt, zu rechtfertigen.

Es heißt daher, dass Er „durch Blut“ gekommen ist; es wird hinzugefügt: „Nicht durch das Wasser allein, sondern durch das Wasser und das Blut.“ Sein Werk betraf nicht nur die Liebe Gottes, sondern auch Seine Majestät und Autorität, Sein Wort, Seine Heiligkeit und Seine Gerechtigkeit. Alle Belange Gottes sind nun in dem Tode des Sohnes des Menschen in so vollkommener Weise als in Übereinstimmung miteinander erwiesen verherrlicht worden, wie es auf keine andere Weise geschehen konnte. Da Gott mit ewiger Wonne in diesem Werke Christi ruht, wirkt Er nun durch den vom Himmel gesandten Heiligen Geist, um es durch Sein Wort auch allen zu offenbaren, die Christus und das Wort im Glauben ergreifen.

Was bedeutet aber nun das Kommen des Herrn „durch das Wasser und das Blut“ (eine Bezugnahme auf das Ende Seiner irdischen Laufbahn) für den Menschen? Es stellt uns die erschreckende Wahrheit vor Augen, dass der Mensch so völlig verderbt war, dass er aus seiner Bosheit und Feindschaft selbst nicht durch einen lebenden göttlichen Segenspender errettet werden konnte, der Sich aus Liebe herabließ, selber Mensch zu werden. Diese Rettung war nur auf der Grundlage eines gestorbenen Heilands möglich. Er sagte: „Ihr wollt nicht zu mir kommen, auf dass ihr Leben habet“ (Joh 5,40), „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein“ (Joh 12,24) und: „Ich, wenn ich von der Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen“ (Joh 12,32). Der Tod Christi ist der unwiderlegbare Beweis für den moralischen Tod des Menschen, durch die Gnade aber die Grundlage für die höchsten Segnungen Gottes. Wie deutlich führt Sein Tod doch vor Augen, dass das Gesetz Gottes den Menschen nur verdammen konnte; er beweist die völlige Verderbtheit der menschlichen Natur durch alle Schichten der Menschheit hindurch. Obwohl die Fülle der Gottheit in Jesus leibhaftig wohnte, konnte selbst dadurch der Mensch nicht von Seinen Sünden befreit werden; es musste der Tod Christi eintreten. In dem Auferstandenen erblicken wir jetzt in Vollkommenheit die neue und himmlische Stellung des Menschen gemäß dem göttlichen Gnadenratschluß.

Es ist nicht einfach, die beiden Verhältniswörter dia und en in Vers 6 ihrer Bedeutung entsprechend wiederzugeben. In einigen Übersetzungen (z. B. in der Elberfelder Übersetzung, dort mit Fußnote; Anm. d. Üb.) steht an beiden Stellen „durch“. Das erste Verhältniswort (dia), das nur einmal gebraucht wird, muss jedoch vom zweiten (en) unterschieden werden, da dieses stärker ist und etwa „in der Kraft des“ bedeutet. Der Begriff im ersten Versteil, wo das Wasser und das Blut symbolisch als Heilmittel für den Menschen in seiner Notlage gesehen werden, zeigt uns, dass der Herr Jesus kam, um für die Befreiung des Gläubigen von Verunreinigung und Schuld alles Notwendige zu tun. In dem folgenden, eindringlichen Satzteil wird der Ausdruck „in“ benutzt, der hier wie auch an anderen Stellen die Bedeutung von „in der Kraft des“ hat. Es wäre somit zu lesen: „... nicht in der Kraft des Wassers allein, sondern in der Kraft des Wassers und des Blutes.“ Der Mensch befand sich in einem so verlorenen Zustand, das Christus, der seinetwegen als Gott und Mensch zugleich hernieder kam, durch nichts anderes als durch Seinen Tod die Reinigung und Sühnung vollbringen konnte. Er kam daher in der vollen Kraft Seines Todes, der völlig ausreichte, auch den verderbtesten und schuldigsten Sünder zu reinigen, selbst wenn kein einziger Mensch daran geglaubt hätte. Gott wollte Seine Gnade erweisen, und der Mensch sollte sie im Glauben erfassen. Es musste „durch das Wasser und das Blut“ geschehen.

Wir finden aber noch eine sehr bedeutsame Ergänzung: „Und der Geist ist es, der da zeugt, weil der Geist die Wahrheit ist.“ Wir wissen alle, dass der Herr Jesus von Sich selbst sagt, dass Er „die Wahrheit“ ist. Weshalb wird der Heilige Geist ebenfalls „die Wahrheit“ genannt, obwohl dies von Gott, dem Vater, nie gesagt wird? Dagegen wird das Wort, der niedergeschriebene oder auch mündliche Ausdruck Christi, ebenfalls so bezeichnet, was aber leicht zu verstehen ist. Es ist das Wort, welches der Heilige Geist benutzt, um Christus vor und in den Seinigen zu verherrlichen. Der Unterschied scheint darin zu bestehen, dass in dem Herrn Jesus, dem Sohne Gottes, die Wahrheit objektiv dargestellt wird; der Geist stellt die inwendige Kraft dar, die im Gläubigen wirkt, damit Christus in ihm verwirklicht und von ihm genossen werden kann. Um die Segnungen Gottes zu erlangen, muss zwei tief greifenden Bedürfnissen entsprochen werden. Wir benötigen die göttliche Wahrheit für Gewissen, Herz und Sinn; diese wird uns in vollkommener Weise im Herrn Jesus dargereicht, der die vollkommene Wahrheit ist. Doch in der alten Natur wohnt noch die Sünde, die sich dem Verdammungsurteil widersetzt. Selbst wenn der Mensch aus Gott geboren ist, ist stete Wachsamkeit gegenüber ihrer Wirksamkeit erforderlich, solange wir auf Erden sind. Diesem Erfordernis entspricht der Geist Gottes, der daher „die Wahrheit“ ist, die inwendige Kraft zur Gestaltung und Anwendung der Wahrheit, die in Christus gefunden wird. Der Heilige Geist bewirkt, dass der Gegenstand des Glaubens aufgenommen und innerlich geschätzt wird. Er ist die Kraftquelle des neuen Menschen, um das Leben Christi in ihm zur Entfaltung zu bringen.

Auch in diesem wirklichen und sehr notwendigen Bereich stellt der Geist die inwendige Wahrheit dar, obwohl wir Ihn nicht als die subjektive Wahrheit bezeichnen können. Einfacher ausgedrückt: Wir blicken auf den Herrn als Den, der unserem Glaubensauge vorgestellt wird, während der Geist gleichzeitig die Kraft in unseren Herzen dazu darreicht. Da die Wahrheit jeden Menschen und alle Dinge so offenbar macht, wie sie wirklich sind, ist es verständlich, warum der Sohn und der Heilige Geist gleicherweise „die Wahrheit“ genannt werden können. Dies wird aber nicht von Gott oder von dem Vater gesagt, weil Er nicht in Sich der Offenbarende ist, sondern durch den Sohn und durch den Heiligen Geist völlig offenbart worden ist.

Die Theologie kann man als den Versuch der Rationalisten und Ritualisten bezeichnen, zur Verunehrung Gottes und zu ihrem eigenen Schaden aus der offenbarten Wahrheit eine „Wissenschaft“ zu konstruieren. Hört man nun auf die Vertreter der Theologie, so kann man feststellen, dass sie von Gott als der Wahrheit sprechen. Ich erinnere mich, vor Jahren einem berühmten, aber skeptizistischen Anhänger der Romantik aus dem Ausland begegnet zu sein. Obgleich er im Gespräch mit mir die „Voltaires“ und „Rousseaus“ verwarf, legte er den ganzen Nachdruck darauf, dass Gott die Wahrheit sei. Einem gemeinsamen Freunde gegenüber äußerte er sich nachher kurz zu dem Unterschied zwischen unseren beiden Ansichten: Er sehe Gott unmittelbar und für Sich Selbst, ich dagegen sehe Gott nur „durch die Brille Jesus Christus“. Wie betrog er sich doch selbst, Gott in Wirklichkeit sehen oder erkennen zu können! Gott steht in Sich Selbst gänzlich über dem Gesichtskreis des Geschöpfes. Der Mensch braucht einen Mittler, der zugleich Mensch und Gott ist, um durch den Heiligen Geist Gott erkennen zu können. Nur so kann die Wahrheit gekannt werden. Gott als solcher ist nicht die Offenbarung Seiner Selbst (Ebenso wenig das Gewissen oder die Vernunft des Menschen), sondern Christus als Gegenstand des Glaubens, während der Geist die innere Kraft der neuen Natur darstellt. Gott wird also nur in Christus offenbart. Christus hat Ihn äußerlich sichtbar kundgetan, der Geist offenbart Ihn uns innerlich in unseren Herzen, und das Wort ist die Offenbarung Gottes oder die Wahrheit. Wir könnten Christus jeden Augenblick unseres Lebens vor Augen haben, es würde uns nichts nützen, wenn der Heilige Geist und das Wort nicht zusammenwirkten, um uns zu befähigen, die Wahrheit im Glauben aufzunehmen und dann im neuen Leben zu verwirklichen.

Der Apostel hat jedoch mit seinen kurzen, aber inhaltsschweren Worten noch mehr zu sagen: „Denn drei sind, die da zeugen: der Geist und das Wasser und das Blut, und die drei sind einstimmig“ (V. 7 u. 8). Es fällt auf, dass die Reihenfolge hier umgekehrt ist. Im tatsächlichen Ablauf war zuerst das Blut da, dann das Wasser und zuletzt der zur Verherrlichung des Erlösungswerkes Christi vom Himmel gesandte Heilige Geist. Er wurde den Gläubigen als der bleibende Anwalt gegeben und sollte die weltweite Ausbreitung der Frohen Botschaft in der Kraft Gottes bewirken, nicht in der des Menschen (obwohl Menschen dazu benutzt werden). Gott hat uns also drei Zeugen gegeben, die im gleichen Zeugnis einstimmig sind. Als geistliche Tatsache gilt aber die Reihenfolge: „Der Geist und das Wasser und das Blut.“ Im buchstäblichen Sinne ist selbstverständlich der Heilige Geist der Zeuge als Person, und Er ist auch die gegenwärtige, lebendige Kraft. Das Wasser und das Blut werden nur bildlich als Zeugen genannt und somit personifiziert (als Personen gesehen). Der Heilige Geist aber ist eine wirkliche Person der Gottheit. Eine Seiner besonderen Aufgaben ist es, wie es auch die des Sohnes war, auf der Erde Zeugnis abzulegen. Er zeugt von Christus, wie Christus von Gott und von dem Vater zeugte. „Und der Geist ist es, der da zeugt, weil der Geist die Wahrheit ist.“

Der Bibeltext ist hier jedoch durch Unachtsamkeit oder auch mit Absicht verfälscht worden1. Der Satzteil von „im Himmel“ in Vers 7 bis „auf Erden“ in Vers 8 (der in einigen Übersetzungen, aber nur in sehr wenigen und relativ jungen gr. Handschriften steht) gehört nicht zur Heiligen Schrift, sondern stellt eine Einschiebung dar. Vermutlich war dieser Zusatz ursprünglich nur eine Randbemerkung, die beim späteren Abschreiben von solchen, die die Wahrheit nicht verstanden, als Bibeltext mit übernommen wurde. Über die Entstehung dieser Textänderung sind umfangreiche und detaillierte Nachforschungen angestellt worden. Das Ergebnis zeigte, dass die gleichen Gründe, die uns Gewissheit über die Echtheit des neutestamentlichen Textes verschaffen, an dieser Stelle mit gleicher Gewissheit die Einfügung als menschliches Beiwerk nachweisen. Ich möchte indessen beweisen, dass die Einfügung auch ohne jede Kenntnis der griechischen Sprache leicht als Fälschung erkannt werden kann. Man benötigt weder die Hilfe der Gelehrten noch das Ergebnis ihrer Nachforschungen, um diese Frage für sich entscheiden zu können; das Wort Gottes ist in sich selbst völlig ausreichend und vollkommen schlüssig. Zunächst muss gefragt werden: Was ist mit „im Himmel Zeugnis geben“ gemeint? Dieser Ausdruck widerspricht nicht nur dem Schrifttext, er erscheint uns bei näherer Überlegung sogar unsinnig. Aufgrund welcher Notwendigkeit oder welcher Tatsache sollte im Himmel Zeugnis abgelegt werden? Die natürlichen Bewohner des Himmels sind die Engel, und diese benötigen keinerlei Zeugnis. Sie sind auserwählt und heilig; für sie wäre jedes Zeugnis überflüssig. Die gefallenen Engel dagegen sind unrettbar verloren. Sie haben ihren ersten Zustand verlassen. Einige sind Ketten der Finsternis überliefert; anderen, wie auch dem Satan, ist es noch gestattet, die Heiligen zu versuchen und zu verklagen und auf der ganzen bewohnten Erde Verwirrung anzurichten. Auch für sie gibt es keinerlei Zeugnis. Was die Geister der entschlafenen Heiligen betrifft, die bei Christus sind – welches Zeugnis könnten sie benötigen? Übrigens gibt es noch einen weiteren Beweis vom Text her dafür, dass dieser Zusatz auf menschlichem Irrtum beruht und nicht zur offenbarten göttlichen Wahrheit gehört. Kein inspirierter Schreiber verbindet je im Worte Gottes die Ausdrücke „der Vater“ und „das Wort“ miteinander; es handelt sich um einander entsprechende Begriffe. Wir finden in der Schrift „das Wort“ in Verbindung mit „Gott“, den „Sohn“ in Verbindung mit dem „Vater“.

Der Schauplatz des Zeugnisses ist die Erde, und dort geht es durch Gottes Gnade auch aus, weil die Menschen in Finsternis versunken sind und die Wahrheit nicht besitzen. Pilatus brachte mit seiner Frage „Was ist Wahrheit?“ die Unwissenheit der ganzen Welt zum Ausdruck. In seiner Oberflächlichkeit wartete er, wie die meisten Menschen, die Antwort gar nicht ab, die ihm Gewissheit hätte geben können. Niemand wüsste etwas über die Wahrheit, wenn Gott nicht Selber für ein ausreichendes Zeugnis gesorgt hätte. Und hier finden wir Seine drei Zeugen: „Der Geist, das Wasser und das Blut.“

„Denn drei sind, die da zeugen“ lautet somit der richtige Text, der Zusatz „auf der Erde“ muss fortgelassen werden. Er ist unnötig, denn Gott gibt Sein Zeugnis nur auf der Erde, um die Wahrheit denen, die sie nicht kennen, mitzuteilen. Danksagung und Lobpreis entsprechen dem Wesen des Himmels, aber nicht das Bezeugen der Wahrheit. Haben wir nun selber das Zeugnis Gottes hier auf Erden angenommen, so nötigt uns die Liebe Christi, denen ein Zeugnis zu sein, die noch Sünder sind, wie wir es einst waren.

Betrachten wir jetzt, was der Geist niederschreiben ließ. Es handelt sich dabei einzig und allein um die Wahrheit. Ich habe bereits darauf hingewiesen, wie richtig die in Vers 6 benützte Reihenfolge ist. Der Geist wird dort an letzter Stelle genannt, denn Er wurde nicht nur nach dem Werk Christi am Kreuz als der göttliche Zeuge auf die Erde gesandt; Er wird auch seither dem einzelnen Gläubigen erst mitgeteilt, wenn dieser dem Worte der Wahrheit, dem Evangelium, geglaubt hat.

Dementsprechend stehen das Wasser und das Blut an erster Stelle, wie es ja auch bei dem Glaubenden tatsächlich der Fall ist, wenn sich die Gnade mit ihm beschäftigt. Die Wahrheit des Evangeliums wirkt in dieser Reihenfolge an der Seele. Zuerst findet das Wort der Wahrheit durch ein erwachtes Gewissen Eingang; man kommt im Namen des Heilands als Sünder zu Gott. Dann wird einem persönlich oder auch durch die öffentliche Wortverkündigung das Blut Christi als das vollkommene Opfer zur Errettung angeboten. Erkennt der Betreffende die Gerechtigkeit Gottes an, statt seine eigene Gerechtigkeit aufrichten zu wollen, so wird ihm der Heilige Geist als ein Geist der Freiheit und Gemeinschaft gegeben. Er könnte den Geist nicht empfangen, wenn er nicht auf dem vollen Wert des Blutes Christi ruhen würde. So entsprechen die der Seele in Gnaden vermittelten Segnungen in ihrer Reihenfolge genau den Worten in Vers 6: Wasser – Blut -Geist. Auch bei der Einweihung der Söhne Aarons als Priester fand zuerst die Waschung mit Wasser statt. Darauf wurde das Blut des Widders der Einweihung auf das rechte Ohrläppchen, den Daumen der rechten Hand und die große Zehe des rechten Fußes getan (das sind die Organe der Aufnahme, der Arbeit und des Wandels). Zuletzt wurde das Salböl mit dem Blut vom Altar auf sie und ihre Kleider gesprengt. Welcher Gläubige sieht darin nicht die Übereinstimmung mit der neutestamentlichen Tatsache, dass die Gläubigen jetzt ein heiliges Priestertum bilden, um geistliche Schlachtopfer darzubringen? Es sind die einzigen Priester und auch die einzigen Opfer der Anbetung auf Erden, die heute Gott wohlannehmlich sind durch Jesu Christus.

Wir kommen nun zu den Versen 7 und 8, in denen die Zeugen in der Reihenfolge geschaut werden, wie sie bei dem einzelnen Gläubigen in Tätigkeit treten, und nicht in der Reihenfolge, in der sie von Gott tatsächlich eingesetzt wurden. Wenn es nun heißt, dass es drei sind, die da zeugen, dann steht notwendigerweise der Geist an erster Stelle. Denn Er nimmt nicht nur die krönende Stellung ein, sondern Er macht auch die Seele in kraftvoller Weise mit den Mitteln ihrer Segnung, dem Wasser und dem Blut, bekannt. Aus diesem Grunde heißt es in dem folgenden Vers: „Denn drei sind, die da zeugen, der Geist und das Wasser und das Blut, und die drei sind einstimmig. „ Es sind drei Zeugen, die aber ein übereinstimmendes Zeugnis geben. „Wenn wir das Zeugnis der Menschen annehmen, das Zeugnis Gottes ist größer.“ Ich erinnere mich an die gottgewirkte Erleichterung und Befreiung die diese Worte vor mehr als sechzig Jahren meiner Seele gaben: als ich zwar bekehrt, aber durch das Bewusstsein der Sünde tief beunruhigt und geübt war, so dass mir die Ruhe in dem Herrn Jesus genommen wurde. Dieser Vers verscheuchte jeden Zweifel, und ich musste mich nun schämen, das Zeugnis Gottes in Frage gestellt zu haben. Gott benutzte diesen Vers, um die Wahrheit auf mich anzuwenden, so dass ich nicht mehr auf mich selbst blickte, obwohl ich den Wert des Sühnungstodes Christi für den Sünder nicht bezweifelte. Es kommt nicht darauf an, ob ich selbst die Wirksamkeit des Blutes völlig erkennen, sondern ich darf mich im Glauben darauf stützen, dass Gott das Blut sieht und es seinem ganzen Wert gemäß einschätzt.

Was ist nun das Zeugnis Gottes, von dem im ersten Teil von Vers 9 gesprochen wird? Die Antwort lautet: „Denn dies ist das Zeugnis Gottes, welches er gezeugt hat über seinen Sohn.“ Der Geist des Menschen, der geistlich nicht mehr tot ist, wird durch Gottes Urteil über ihn stark beunruhigt. Seine Besorgnis hindert ihn, das anzunehmen, was Gott über Seinen eigenen Sohn sagt. Doch Seine Aussage ist das einzige, was zählt, wenn man sich selbst als einen verlorenen Sünder und als wertlos vor Gott erkannt hat. Nehme ich nun Christus aufgrund des Zeugnisses Gottes an, dann werde ich fähig, mit mir selbst völlig zu Ende zu kommen. Allein was Christus vollbracht hat und was Er für mich ist, verleiht mir wahren Frieden. Der Tod des Herrn ist der beste Beweis dafür, dass im ersten Adam und seiner Nachkommenschaft keinerlei Leben vorhanden ist. So verderbt der gefallene Mensch auch ist, der Gipfel seiner Bosheit zeigt sich von Kain bis hin zum Kreuz dann, wenn er sich auf eine eigenwillige Religion stützt, auf die er sogar stolz ist. Vom Blute Abels angefangen bis zum unermesslich kostbaren Blute Jesu erkennen wir den Hass des Menschen gegen die göttliche Gnade und Wahrheit, wie sie in Christus offenbart ist. Doch alles wird klar – wenn auch nicht immer sogleich – wenn Glaube das Herz erfüllt. „ Wer an den Sohn Gottes glaubt, hat das Zeugnis in sich selbst, wer Gott nicht glaubt, hat ihn zum Lügner gemacht, weil er nicht an das Zeugnis geglaubt hat, welches Gott gezeugt hat über seinen Sohn“ (V. 10). Kann ein Zeugnis einfacher, klarer und überzeugender sein als das Zeugnis Gottes, das Er in diesen wenigen, schlichten Worten ausdrückt? Sind sie nicht an jeden gerichtet, der ein Verlangen nach der göttlichen Barmherzigkeit verspürt? Welch ein Unglaube zeigt sich, wenn man den Glauben eine Anmaßung nennt! Wenn man bezweifelt, dass Gottes Wort uns berechtigt, Ihn beim Wort zu nehmen und anzuerkennen, dass Er treu und wahrhaftig ist, wenn wir Sein Zeugnis über Seinen Sohn annehmen. Bedarf es eines deutlicheren Beweises dafür, dass der Mensch, sei er noch so religiös dem Fleische nach, lieber Satan glaubt und Gott mit Unglauben begegnet? Normalerweise würde niemand das Zeugnis eines vertrauenswürdigen Menschen anzweifeln. Es scheint aber ebenso normal zu sein, Gottes Zeugnis zu bezweifeln und die Gläubigen als anmaßend oder gar als Heuchler zu bezeichnen.

Wie töricht ist es auch, auf die Einflüsterungen des Feindes zu hören, man sei ein zu großer Sünder, um durch Christus errettet zu werden! Er kam ja, um Verlorene zu retten; kannst du schlechter als „verloren“ sein? Was schließt das Wort „verloren“ nicht alles in sich! Denke an die Samariterin, an die große Sünderin in jener Stadt, an Maria Magdalene! Es waren alles hoffnungslose Fälle, keiner glich dem anderen, aber sie alle wurden errettet und empfingen auch die Gewissheit darüber, dass sie errettet waren! Und das alles wurde niedergeschrieben, damit auch du glaubst und errettet wirst! Sie alle wurden „durch Gnade“ errettet, durch die Gnade Gottes, nicht durch die eigenen Bemühungen, und „durch Glauben“, nicht durch Gefühle oder Liebe oder Dienst oder Sakramente. Der Apostel Paulus dankte Gott, dass er nur wenige der vielen gläubigen Korinther getauft hatte. Denn Christus habe ihn, so schreibt er, nicht ausgesandt, zu taufen, sondern das Evangelium zu verkündigen. Durch das Evangelium hatte er sie in Christus Jesus gezeugt und nicht durch die Taufe, so wertvoll sie auch an ihrem Platze ist. Die Taufe hat noch keiner einzigen Seele Leben vermittelt. Christus ist der Lebensspender für jeden, der da glaubt. – Er wirkt in jedem einzelnen persönlich durch Sein Wort und Seinen Geist, so wie Er auch alle einzeln richten wird, die Ihn zu ihrem eigenen Verderben verwerfen. Was wird Er wohl zu denen sagen, die Sein Wort durch Tradition unwirksam machen? Anstelle des Glaubens an Gott führen sie ein „Sakrament“ ein, das Leben vermitteln soll, zur tiefen Verunehrung des Herrn, aber zur Erhebung ihres eigenen Amtes. Meinen sie denn, die Mittler zu sein zwischen den Lebenden und den Toten? Das ist wahre Anmaßung, aber nicht Glaube, der Gott die Ehre gibt.

Das ewige Leben ist im Sohne Gottes, dem zweiten Menschen, zu finden. So lautet die Hauptlehre dieses Briefes, zu der wir jetzt noch einmal zurückkehren. Wir hatten vorher von der sehr eindrucksvollen Anwendung des Blutes und des Wassers gehört, die aus dem toten Christus flossen und die Gabe des Heiligen Geistes zur Folge hatten. Das im Sohne Gottes befindliche ewige Leben, das Hauptmerkmal dieses Briefes, ist eine der erhabensten Tatsachen der ganzen Heiligen Schrift und von überragender Bedeutung für die Gläubigen unserer Tage. Die Erfahrung hat uns gezeigt, welches Unheil durch solche angerichtet worden ist, die diese Wahrheit zu untergraben und zu verdunkeln trachteten unter dem nichtigen Vorwand, neue Wahrheiten ans Licht zu bringen. Dabei handelt es sich nur um eine neue Auflage alter, unsinniger Theorien, die oft von Satan für seine arglistigen Zwecke benutzt werden.

Es bleibt daher so wichtig: „Wenn wir das Zeugnis der Menschen annehmen, das Zeugnis Gottes ist größer.“ Denn was ist so gut, so weise, so gewiss und befriedigt das Herz in dem Maße, wie das Zeugnis Gottes? Er kennt die ganze Wahrheit, und als der Gott aller Gnade hat Er Seinen Sohn gegeben, um sie uns kundzutun und uns auch zu befähigen, die Wahrheit in der Kraft eines neuen Lebens aufzunehmen. Zudem ist als Folge der Erlösung Sein Geist die göttliche Kraft, die uns diese Wahrheit selber genießen und auch unseren Mitgläubigen mitteilen lässt. Daher versteht man wohl die Bedeutung eines solchen Wortes wie „das Zeugnis Gottes“, das mächtiger ist als alle Schwierigkeiten.

Dieses dreifache Zeugnis wurde der gesamten Menschheit durch den Tod Dessen gegeben, der den Kelch bis zur Neige geleert hat. Sein Tod brachte ein sündloses Leben für uns hervor, was für Ihn niemals notwendig war. Dieses ewige Leben bedurfte keiner Werke für sich selbst; es waren unser sündiger Zustand und unser geistlicher Tod, die Seinen Tod erforderlich machten, durch den Er zur Verherrlichung Gottes den Sieg über alles Böse davontrug.

„Denn dies ist das Zeugnis Gottes, welches er gezeugt hat über seinen Sohn. Wer an den Sohn Gottes glaubt, hat das Zeugnis in sich selbst.“ Zu Nikodemus sagte der Herr: „Ihr nehmt unser Zeugnis nicht an.“ Der Mensch muss von neuem geboren werden, sonst kann er die göttlichen Belehrungen nicht aufnehmen. Nur der Glaube an das Wort Gottes befähigt ihn, von Gott unterwiesen zu werden. Die Versammlung ist dazu bestimmt, wie der Herr Selbst ein treuer und wahrhaftiger Zeuge zu sein. Doch sie befand sich damals schon in einem solchen Zustand, dass ihr Zeugnis unglaubwürdig geworden war. Welch ein ständiger Trost daher für den Gläubigen, dieses Zeugnis, das Zeugnis Gottes, „in sich selbst“ zu haben!

Durch Gnade wurde uns das so unumgänglich nötige „Zeugnis Gottes“ gegeben. Wie anmaßend und treulos ist es daher, wenn man die Seelen auffordert, „auf die Kirche zu hören“! Das Wort Gottes, das uns über die Berufung der Versammlung in dieser Welt belehrt, zeigt uns ebenso klar, dass die Versammlung auf mancherlei Weise in Unordnung geraten würde. Es ist bemerkenswert, dass uns in den beiden Briefen an Timotheus diese beiden Seiten gezeigt werden. Im ersten Brief ist noch alles in Ordnung, die Versammlung stellt „den Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit“ dar. Im zweiten Brief dagegen befindet sie sich bereits in einem Zustand trauriger Unordnung. Doch die Versammlung selbst ist nicht die Wahrheit, die der Christ zu hören und aufzunehmen hat; sie ist nur das gemeinschaftliche Zeugnis von der Wahrheit, wie der einzelne Gläubige das persönliche Zeugnis darstellt. Sowohl die Versammlung wie auch der Christ werden aufgefordert, nur das unfehlbare Wort Gottes als die Wahrheit aufzunehmen. Aus dem 2. Timotheusbrief wissen wir, dass das christliche Bekenntnis einem großen Hause gleich geworden ist, welches Gefäße zur Ehre und solche zur Unehre enthält. Da der Sauerteig geduldet und seine Ausbreitung sogar unterstützt wurde, statt dass er nach 1. Korinther 5 ausgefegt wurde, ist es nun nötig geworden, sich persönlich von dem eingewurzelten Bösen hinwegzureinigen, um ein Gefäß zur Ehre zu sein. Das soll aber nicht zur Isolierung führen, sondern in Gemeinschaft mit denen geschehen, „die den Herrn anrufen aus reinem Herzen“.

Dass die Aufforderung, „auf die Kirche zu hören“, weit entfernt von der Aussage der Schrift ist, finden wir in ihrem letzten Buch, in der Offenbarung, bestätigt. Dort wird jeder treue Gläubige aufgefordert, zu hören, „was der Geist den Versammlungen sagt“, nicht auf das, was die Versammlung sagt. Diese Aufforderung wird in jedem Sendschreiben des Herrn an die sieben Versammlungen ausdrücklich ausgesprochen. Kann daher etwas in größerem Widerspruch zu den Gedanken des Herrn stehen als eine solche Anmaßung, die in den Tagen des Verfalls der Christenheit erhoben wird?

In welchem Zustand sich die Christenheit jedoch befinden mag, das Wort Gottes bleibt stets wahr und maßgebend für den Christen. „Wer an dein Sohn Gottes glaubt, hat das Zeugnis in sich selbst.“ Ein Gläubiger könnte sich in einem Lande befinden, wo er keinerlei Gemeinschaft mit den Heiligen genießen könnte, wo er keine Gelegenheit hätte, christliche Belehrung zu empfangen, und wo er von keinem Bruder in Christus wüsste. Trotzdem würde der Sohn Gottes, an den er glaubt, stets Derselbe für ihn bleiben. Er hätte das Zeugnis in sich selbst so gewiss, als wäre er von allen christlichen Vorrechten umgeben, die auf der Erde zu finden sind. Hat er den Sohn, so ist er von niemand auf der Erde abhängig. Wie unendlich weise und gnädig ist Gott, uns dieses Zeugnis gegeben zu haben! Wie viele mögen ausrufen: Welch dreiste Anmaßung! Doch Gott Selbst sagt uns: „Wer an den Sohn Gottes glaubt, hat das Zeugnis in sich selbst.“ Die Anmaßung liegt vielmehr in dem Unglauben, der dieses göttliche Zeugnis verwirft, denn es heißt weiter: „Wer Gott nicht glaubt, hat ihn zum Lügner gemacht, weil er nicht geglaubt hat an des Zeugnis, welches Gott gezeugt hat über seinen Sohn“. Könnte es etwas Schlimmeres geben? Es ist schon schlimm genug, wenn der Mensch im Blick auf sich selbst lügt, etwa wie der eingebildete Brahmane, der von sich selbst behauptet, nie gesündigt zu haben, und damit das Wort zur Lüge macht. Gott aber zum Lügner zu machen, ist weitaus böser, und das tut jeder, der das Zeugnis Gottes über Christus, Seinen Sohn, verwirft.

„Und dies ist das Zeugnis: dass Gott uns ewiges Leben gegeben hat, und dieses Leben ist in seinem Sohne“ (Vers 11). Kann eine Aussage klarer und bestimmter sein? Gott hat uns – jedem gläubigen Christen – ewiges Leben gegeben, und dieses Leben ist in Seinem Sohne. Selbst ein verhärteter Ungläubiger muss sich von der sicheren, strahlenden Gewissheit angesprochen fühlen, die dieser Glaube und dieses Bekenntnis vermitteln. Wenn er überhaupt nachdenkt, dann muss er bei diesen Worten sein eigenes Elend erkennen. Welchen Frieden hat dagegen der Gläubige durch den Besitz des Sohnes Gottes und des in Ihm geschenkten ewigen Lebens! Von einigen wurde kürzlich (d. h. um 1900, Anm. d. Üb.) viel darüber geredet, dass das Leben „in seinem Sohne“ sei und nicht in uns. Diese Behauptung schien ihnen zu gefallen, weil sie daraus den gewünschten Schluss ziehen konnten, dass der Christ kein ewiges Leben besitze. Warum dieser Gedanke ihnen Freude bereitet, ist schwer zu verstehen, wenn man sich nicht die verblendende Macht des Feindes vor Augen hält. Es ist betrüblich, daran zu denken, dass sie einst, wie ich mich noch gut entsinne, ihre Freude an der Wahrheit zu haben schienen, die sie heute verleugnen. Ist es nicht schrecklich, eine Schriftstelle so zu verdrehen, dass sie einer anderen widerspricht? Hier steht geschrieben, dass „dieses Leben in seinem Sohne ist“, weil der Geist dem Gläubigen den Trost verleihen wollte, dass die Sicherheit des ewigen Lebens nicht von ihm selbst oder von irgendeinem anderen Geschöpf abhängt. Das Leben ist in dem Sohne und damit allem Bösen und jeder Gefahr entzogen. Es beglückt den Gläubigen, sein Leben, dieses ewige Leben, in Dem zu wissen, der die unversiegbare Quelle, aber auch der göttliche Erhalter des Lebens gegen alle Tücken Satans ist. Ja, er darf sich seit seiner Errettung in zunehmendem Maße der Gemeinschaft mit Gott, dem Vater, als dem Gegenstand seiner Liebe und Verehrung erfreuen.

In Johannes 5,24 wird uns aber mit der gleichen Gewissheit zugesichert, dass wir dieses Leben besitzen und Gott es uns hier gegeben hat. Unzählige Schriftstellen bezeugen, dass dieses Leben seit unserer Wiedergeburt unser persönlicher Besitz ist; es wird vom Heiligen Geist als einzige Grundlage für Seine Wirksamkeit an und in uns anerkannt. Als Erklärung können wir das natürliche Leben heranziehen. Das Leben durchpulst den Menschen vom Scheitel bis zu den Finger- und Zehenspitzen. Diese Extremitäten sind aber nicht der Sitz des Lebens, auch der Arm und das Bein nicht, die ja vom Körper abgetrennt werden können, ohne das Leben zu vernichten. Bei Christus gibt es allerdings keine derartige Abtrennung von Gliedern. Sein Leben – unser neues Leben -ist dem natürlichen Leben weit übergeordnet. Christus ist das Zentrum des ewigen Lebens; doch selbst die Kindlein in Christus besitzen das Leben voll und ganz und werden niemals verloren gehen. Unsere Glückseligkeit besteht in der Gewissheit, dass dieses Leben in dem Sohne Gottes ist. Dadurch wird das Leben für jeden Gläubigen sicher bewahrt und volles Vertrauen geweckt. Doch daraus einen Beweis herleiten zu wollen, dass der Gläubige jetzt kein ewiges Leben besitzt, zeugt nicht nur vom eigenen Unglauben, sondern ist auch ein Missbrauch des Wortes Gottes.

„Wer den Sohn hat, hat das Leben“ (V. 12). Das Leben kann nie von dem Sohn getrennt werden. Niemand kann das Leben haben, ohne den Sohn zu besitzen, der der Weg, die Wahrheit und das Leben ist. Er selber ist Gott, der das Leben gibt, und auch der Sohn des Menschen, der Gott verherrlicht hat und zugleich Gottes Sohn ist. Gott bezeugt das nur von Ihm und von keinem anderen. Der Gläubige ehrt den Sohn durch den Glauben an Ihn und empfängt daraufhin ewiges Leben. Der Ungläubige verunehrt Ihn und verwirft zu seiner eigenen Verdammnis die Gabe des Lebens, wird aber vor Christus die Knie beugen müssen, wenn er zum Gericht auferweckt wird. Könnte das Leben vom Sohne Gottes losgelöst werden und nur in uns sein anstatt in Ihm, dann könnte es der Beeinträchtigung und dem Verfall ausgesetzt sein. Da es aber in dem Sohne ist, bleibt es unantastbar und unvergänglich. So besitzen wir das Leben und haben zugleich das Zeugnis Seines Wortes über diesen Besitz. Jedes gute Werk, jede echte Zuneigung, jeder wahre Dienst und jede Gott wohlgefällige Anbetung fließen aus dem ewigen Leben durch die Kraft des Geistes. Unmöglich kann der Christ ohne die Wirksamkeit des ewigen Lebens dem Gott und Vater des Herrn Jesus wohl gefallen. Da das Leben in der Person des Sohnes nun erschienen ist, hat der Vater Seine Freude daran, dass wir es besitzen; Er verwirft jedes andere Leben. Denn dieses Leben findet seine Freude darin, den Vater und den Sohn unter der Leitung des Heiligen Geistes zu kennen, anzubeten und im Dienst zu verherrlichen.

Möge jedoch niemand die andere, ernste Seite übersehen: „Wer den Sohn Gottes nicht hat, hat das Leben nicht“. Sollte ein Ungläubiger diese Zeilen lesen, dann bitte ich dich dringend: Nimm dich in Acht! Warum solltest du ewig verloren gehen? Warum willst du die Liebe Gottes in der Sendung und Dahingabe Seines Sohnes verwerfen? Warum willst du Ihn abweisen, der für dich den Tod erduldet hat? Er hat dir stets nur Gutes erwiesen, während du für Seinen Namen bisher nichts als Geringschätzung, Abneigung und Verachtung übrig hattest. Glaube doch dem, was Gott dir über Seinen Sohn mitteilt! Wenn du an Ihn glaubst, dann darfst du Ihn besitzen. Es ist unmöglich, den Sohn Gottes zu haben und nicht das ewige Leben zu besitzen. Wer aber „den Sohn Gottes nicht hat, hat das Leben nicht“. Es ist ebenso wahr wie erschreckend, dass der Ungläubige „das Leben nicht sehen wird“. In Johannes 3, 35 lesen wir: „Der Vater liebt den Sohn und hat alles in seine Hände gegeben. Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben; wer aber dem Sohne nicht glaubt, wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm“.

Ehe ich schließe, möchte ich noch auf zwei beachtenswerte und bedeutsame Dinge hinweisen. Das erste ist die Sorgfalt, mit der im ersten Kapitel dieses Briefes das ewige Leben für uns fasslich im Worte des Lebens, dem Sohne Gottes, dargestellt wird. Der Apostel Johannes hatte im 3., 5., 6. und 10. Kapitel seines Evangeliums ausführlich auf den Herrn hingewiesen als Den, der dem Glaubenden ewiges Leben gibt. Hier aber beginnt er mit dem Worte Selbst als dem ewigen Leben, ohne zunächst etwas darüber zu erwähnen, wie es uns mitgeteilt wird. Trotzdem war diese Mitteilung des Lebens bereits vor Abfassung des Briefes eine wohlbekannte Wahrheit. Es lag daher in der segensreichen göttlichen Absicht, den Empfängern auf diese Weise zu dienen, indem jetzt über den Empfang des Lebens nichts gesagt wurde, obgleich die Wahrheit dem Schreiber und den Gläubigen bekannt war. Hier wird anscheinend der Zweck verfolgt, zunächst Christus als den Gegenstand vorzustellen, damit unsere Seelen sich an Ihm, als dem ewigen Leben in göttlicher Gemeinschaft bei dem Vater erfreuen können, das uns dann in seiner ganzen Vollkommenheit offenbart wurde, als Er hier als Mensch unter Menschen erschien. Welcher große Verlust wäre es gewesen, wenn wir diese objektive Darstellung des ewigen Lebens nicht hätten, die den besonders kostbaren Gegenstand des Johannes-Evangeliums ausmacht! In dem vorliegenden Brief fänden wir nur reine Lehre, wäre nicht die Person Christi der Ausgangspunkt und die Grundlage von allem. Nur allmählich kommt der Schreiber dazu, sich deutlich über die Mitteilung des ewigen Lebens an uns zu äußern. Hier im 5. Kapitel haben wir tatsächlich die einzige Stelle, wo zum Schluss der Belehrungen über das ewige Leben diese Seite deutlich behandelt wird, während der Anfang des Briefes die objektive Offenbarung des Lebens in Christus zeigt.

Auch der zweite Punkt ist sehr bedeutungsvoll. Wenn es einen Teil der Heiligen Schrift gibt, der mehr als alle übrigen Schriften das ewige Leben in Christus und in denen, die durch die Gnade Sein sind, darstellt, dann ist es gewiss das Evangelium sowie der erste Brief des Johannes. Doch in beiden finden wir keine Erwähnung der christlichen Taufe oder des Abendmahls. Sie beschäftigen sich weit über alle anderen Evangelien und Briefe hinaus mit dem ewigen Leben in all seiner Fülle und Kraft, wie es in Jesus, dem Sohne Gottes, vorhanden ist. Auch bezeugen sie mehr als die übrigen Schriften die Mitteilung dieses Lebens an den Gläubigen. Keine dieser beiden Schriftteile beschäftigt sich aber mit der Einsetzung der christlichen Taufe, mit welcher alle von der Wahrheit abgewichenen Glaubensrichtungen in Ost und West, vom Altertum bis zur Neuzeit, das ewige Leben verknüpfen wollen. Wenn auch die Presbyterianer z. B. im Gegensatz zu anderen Richtungen in ihrer Lehre die lebensspendende Wirkung der Taufe von der Auserwählung abhängig machen, so halten auch sie an der Erlangung des ewigen Lebens aufgrund der göttlich angeordneten Taufe fest. Der Standpunkt der Schottischen Kirche ist in dieser Frage ebenso eindeutig wie derjenige Calvins für die Reformierten in aller Welt, während Luther diesbezüglich ebenso weit oder gar noch weiter ging.

Wenn aber die christliche Taufe wirklich das Leben gebende Mittel für die Menschenseele wäre, wie es die kirchliche Tradition seit eh und je lehrt, wie ist es dann zu erklären, dass sie in denjenigen Schriften der Bibel niemals erwähnt wird, die sich am meisten mit dem ewigen Leben und dessen Erlangung beschäftigen? Sie tun es ausschließlich in der Weise, dass die Vermittlung des Lebens eine unmittelbare göttliche Tätigkeit des Heiligen Geistes ist, der Christus durch die Anwendung des Wortes dem Glauben offenbar macht. Es muss klar gesagt werden, dass es ein offenkundiger Irrtum ist, sowohl in der Stelle Johannes 3,5 wie auch in 1. Johannes 5,6 und 8 dem Ausdruck „Wasser“ die Bedeutung der Taufe unterzuschieben. Der Apostel lässt die christlichen Einrichtungen völlig beiseite, um sich den lebenswichtigen Wahrheiten von ewiger Konsequenz zuzuwenden. Er erwähnt in Johannes 4, 1 und 2 nur flüchtig das Taufen der Jünger in der Zeit, als unser Herr Seinen Dienst auf Erden ausübte. Dabei vermerkt er sorgfältig, dass der Herr Selbst, obwohl Derjenige, der die Toten lebendig macht, Selber nicht getauft hat. Außerdem unterschied sich die Taufe vor dem Tode und der Auferstehung des Herrn so deutlich von Seinem Taufauftrag nach Seiner Auferstehung, dass Gläubige, welche die erste Taufe empfangen hatten, von dem großen Heidenapostel selbst nochmals mit der christlichen Taufe getauft wurden (Apg 19,5). Paulus dankte übrigens Gott, dass er in Korinth nur wenige getauft hatte und erklärte, dass Christus ihn nicht ausgesandt habe, zu taufen, sondern das Evangelium zu verkündigen (1. Kor 1,14.17). Er schreibt den Korinthern, dass e r sie in Christus Jesus gezeugt habe durch das Evangelium (1. Kor 4,15). Wenn wir dein Wort Gottes glauben, so werden wir zugeben müssen, dass die Taufe in Wirklichkeit auf den Tod Christi vollzogen wird, wie uns Römer 6 deutlich belehrt. Sie hat somit nicht mit der Vermittlung des ewigen Lebens an Seelen zu tun, die sich im Todesschlaf der Sünde befinden.

Fußnoten

  • 1 Betrifft den Textzusatz: „... im Himmel: der Vater, das Wort und der Heilige Geist; und diese drei sind eins. Und drei sind, die da zeugen auf Erden ...“.
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