Die Welt der Engel

Die Engel und das Erlösungswerk

Die Welt der Engel

Der große Tag Seiner Rückkehr in den Himmel. - Zur Rechten Gottes erhöht in Herrlichkeit. - Jesus Christus als verherrlichter Mensch im Himmel. - Ein wirklicher Leib. - Was die Engel schauten. - Das wunderbare Erlösungswerk. - Der Mensch durch die Erlösung über die Engel erhöht. - Teilhaber Seiner Herrlichkeit. - Das Zeugnis von Hebräer 1. -

Welch ein Tag mag das in der Herrlichkeit gewesen sein, als der Sohn Gottes in einem wirklichen, menschlichen Leibe zum Himmel, Seiner ewigen Wohnstätte, zurückkehrte! Engel begleiteten Ihn, wie schon erwähnt, als Er, in der Schechina-Wolke verhüllt, gen Himmel emporgehoben wurde. Alle Naturgesetze, welche Er schuf und in Seiner Schöpfung aufrechterhält, waren damals beiseite gesetzt. Weder Raum noch Zeit gelten etwas vor Ihm. Er ging durch die Himmel in den Himmel der Himmel, welchen kein Menschenauge je erblickt hat. Umgeben von den anbetenden Engelscharen, hielt Er dort Seinen Einzug. War es ein großer Tag gewesen, als Er den Himmel verließ, um auf die Erde herabzukommen, um wie viel größer war der Tag, als Er Sein Werk vollendet hatte und nun zurückkehrte, um den Platz der Ehre und Herrlichkeit zur Rechten Gottes einzunehmen. Welche Jubelrufe mögen da erklungen sein! Ein Halleluja in mächtigem Chor brauste durch die Himmel, da Gott Ihn setzte „zu Seiner Rechten in den himmlischen Örtern, über jedes Fürstentum und jede Gewalt und Kraft und Herrschaft und jeden Namen, der genannt wird, nicht allein in diesem Zeitalter, sondern auch in dem zukünftigen“ (Eph 1,20.21). Als Er jenen Platz einnahm, da wurden dem einst mit einer Dornenkrone, jetzt aber mit Ehre und Herrlichkeit Gekrönten, „Engel und Gewalten und Mächte unterworfen“ (1. Pet 3,22).

Nun sitzt auf dem Throne Gottes, Seines Gottes und unseres Gottes, Seines Vaters und unseres Vaters, ein Mensch, Christus-Jesus. Der Herr Jesus hat den Leib Seiner Menschwerdung in den Himmel genommen und in diesem Seinem verherrlichten, menschlichen Leib besitzt Er nun den höchsten Platz in der Herrlichkeit. Es ist derselbe Leib, der für Ihn durch den Heiligen Geist im Schoß der Jungfrau bereitet wurde; derselbe Leib, in welchem Er auf Erden gelebt, um des Menschen willen viele Mühsale erduldet und Gott verherrlicht hatte. Es ist der Leib ohne Sünde, auf den der Tod keinen Anspruch hatte, den Er am Kreuz von Golgatha als Opfer dahingegeben; der Leib, in welchem Er Angst und Schmach, ja den Tod erduldet hatte. Es ist der Leib, der begraben wurde, aber die Verwesung nicht sehen konnte; der Leib, in dem Er von den Toten auferstanden und gen Himmel gefahren war. O gesegneter, herrlicher Augenblick für den Glauben: Ihn, den Menschen, dort in der Herrlichkeit zu schauen!

Welch tief bedeutsame, kostbare Tatsache! Der Mensch Jesus Christus wurde ein wenig unter die Engel erniedrigt. Die Engel waren Zeugen der Erfüllung des ewigen Ratschlusses, als der dreieinige Gott den Menschen, der die Erde erben sollte, bildete. Sie sahen zu, wie dies Geschöpf aus dem Staube der Erde gebildet; wie ihm mit dem göttlichen Odem Unsterblichkeit verliehen wurde. Dann aber brach die furchtbare Katastrophe herein: dieser Mensch, das Geschöpf Gottes, fällt durch Verführung Satans, des Feindes Gottes, in Sünde. Sein Erbe war dahin! Der vormalige Beherrscher dieser Erde wird aufs Neue der Fürst und Gott dieser Welt. Der gefallene Mensch wurde durch die Sünde den Mächten der Finsternis unterworfen. Der Teufel ist nun des Menschen Gebieter - in welch einen schrecklichen Abgrund ist er gestürzt! Wie wird nun Gott Sein gefallenes Geschöpf retten?

Wir haben gesehen, wie die Engel in diese Dinge hineinzuschauen begehrten; und als Gott mit der Offenbarung Seiner Erlösungsabsichten beginnt, da lernen sie Seine Pläne kennen. Jetzt erfahren sie, dass der Sohn Gottes der Erlöser sein wird. Er nahm Knechtsgestalt an, wurde wahrhaftiger Mensch und vollbrachte das große Werk, das der Vater Ihm aufgetragen hatte. Nun ist Er in die Herrlichkeit zurückgekehrt und hat als Mensch den höchsten und nächsten Platz in der Gegenwart Gottes eingenommen.

Und nun erkennen die Engel auch die Folgen des wunderbaren Erlösungswerkes (Eph 3,10). Sie fangen an zu verstehen, was Gott in Seiner reichen Gnade an den einst verlorenen, jetzt durch das Blut Seines eigenen Sohnes erlösten Sündern tut. Sie beginnen wahrzunehmen, dass Jesus Christus der Erstgeborene Gottes aus den Toten ist, und dass aus Gnaden errettete Sünder bestimmt sind, Teilhaber Seiner Natur, Teilhaber Seines Platzes und Teilhaber Seiner Herrlichkeit zu sein. Sie beginnen inne zu werden, dass Sein Gebet Erhörung fand; dass Er die Herrlichkeit, die der Vater Ihm gegeben hat, den Seinen gibt (Joh 17,22). Sie erfahren, dass jeder Erlöste eines Tages bei Ihm sein wird, da wo Er ist: im Hause des Vaters, um als Erbe Gottes und Miterbe Jesu Christi alles zu ererben. Sie begreifen nun, dass der Sohn Gottes viele Söhne zur Herrlichkeit bringen wird, und dass schließlich Christus und Sein Leib, der Bräutigam und die Braut, in immerwährender Herrlichkeit im himmlischen Jerusalem wohnen werden.

Welch wunderbare Erlösung, die den verlorenen Sündern kundgetan wurde! Mit ihr hat Gott mehr getan, als den Sünder zu reinigen, ihn aus ewiger Nacht zu retten und ihm Frieden für Zeit und Ewigkeit zu verleihen. Durch diese Erlösung ist der Mensch aus seinem natürlichen, gefallenen Zustand erhoben, ist ihm ein Platz in Christus und eine höhere und bessere Herrlichkeit als die der Engel zuteil geworden. Durch die Erlösung sind die Gläubigen über die Engel erhöht worden, denn obwohl die Engel „Söhne Gottes“ genannt werden, kann keiner von ihnen Gott seinen „Vater“ nennen, in keinem Engel wohnt der „Geist der Kindschaft“, und darum ist auch keiner von ihnen ein „Erbe Gottes“.

Die Engel, hoch erhoben,
Sie dienen Dir und loben;
Doch Söhne sind sie nicht.
Kein Tod hat sie gekettet,
Kein hoher Preis gerettet,
Kein Arm geführt aus Nacht zum Licht.

Er wählte Seine Kinder
Nur aus der Mitt' der Sünder,
Für sie floss Jesu Blut.
Den Sohn hat Er gegeben,
Mit Ihm das ew'ge Leben,
Mit Ihm ein unvergänglich Gut.

Nun können die Engel diese Wunder der Erlösung fassen! Sie können den Reichtum der Herrlichkeit erkennen, der für die Bluterkauften Seines eingeborenen Sohnes vorhanden ist. Manche Dichter haben von der Engel Neid gesungen. Die Engel kennen keinen Neid; sie können nicht eifersüchtig sein. Jegliche neue Gnadenoffenbarung Gottes den Sündern gegenüber, jedes neue Mitteilen der unergründlichen Gnadenschätze dessen, der die Erlösten zu den Höhen des Himmels erhebt, bringt bei allen Engeln Gottes nur Lobgesang und unaufhörliche Anbetung hervor. Einen Beweis hierfür finden wir im fünften Kapitel der Offenbarung. Wenn die Erlösten ihr neues Lied singen: „Du bist würdig, das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen; denn Du bist geschlachtet worden und hast für Gott erkauft, durch Dein Blut, aus jedem Stamm und Sprache und Volk und Nation und hast sie unserem Gott zu Königen und Priestern gemacht, und sie werden über die Erde herrschen!“, dann stimmen die Myriaden der Engel in diesen Lobgesang mit ein: „Und ich sah: und ich hörte eine Stimme vieler Engel um den Thron her und um die lebendigen Wesen und die Ältesten; und ihre Zahl war Zehntausende mal Zehntausende und Tausende mal Tausende, die mit lauter Stimme sprachen: Würdig ist das Lamm, das geschlachtet worden ist, zu empfangen die Macht und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Herrlichkeit und Segnung.“

Ganz besonders lehrreich ist das erste Kapitel des Hebräerbriefes in dieser Hinsicht. In kurzen Worten gibt der Heilige Geist Aufschluss über Christus, Seine Person und Sein Werk. Seine Göttlichkeit wird mit den Worten bestätigt: „... durch den Er auch die Welten gemacht hat; welcher der Abglanz Seiner Herrlichkeit und der Abdruck Seines Wesens seiend und alle Dinge durch das Wort Seiner Macht tragend ...“. Dann heißt es in Bezug auf den Zweck Seiner Menschwerdung: „... nachdem Er durch sich selbst die Reinigung der Sünden gemacht hat...“ und endlich folgt noch eine Beschreibung Seiner glorreichen Auferstehung: „... den Er gesetzt hat zum Erben aller Dinge..., welcher ... sich gesetzt hat zur Rechten der Majestät in der Höhe“.

Im vierten Verse dieses Kapitels werden die Engel genannt „... indem Er um soviel besser geworden ist als die Engel, als Er einen vorzüglicheren Namen vor ihnen ererbt hat“. Danach verweist der Geist Gottes auf das, was in den Psalmen über die Erhöhung des Herrn bezeugt wird, indem Er den zweiten Psalm anführt: „Denn zu welchem der Engel hat Er je gesagt: Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt“? Das wird niemals von Engeln gesagt. Einzig Er ist der menschgewordene Sohn und „Sohn Gottes in Kraft erwiesen ... durch Toten‑Auferstehung“. In 1. Chr 17,13 sagt Gott, dass Er Sein Vater sein wolle: „Ich will ihm Vater sein, und Er soll mir Sohn sein.“ Nie hat Er solche Worte an Engel gerichtet, sondern nur an den, der unser Erlöser ist. „Und wiederum, wenn Er den Erstgeborenen in den Erdkreis einführt, spricht Er 'Und alle Engel Gottes sollen Ihn anbeten'.“

Jesus, Dir sei Macht und Ehre,
Dich erhöh'n die Himmelschöre,
Alle Engel dienen Dir.

Auf die herrliche Bedeutung der Anbetung Christi durch die Engel gehen wir im letzten Kapitel ein. Aber was sind die Engel? „Der Seine Engel zu Winden macht, und Seine Diener zu flammendem Feuer“ (Ps 104,4). Er aber ist mehr als ein Diener. Sein Thron ist von Ewigkeit zu Ewigkeit, ein Szepter der Aufrichtigkeit ist das Szepter Seines Reiches (Ps 45,6). Was der 102. Psalm sagt, könnte nie auf Engel bezogen werden, und der 110. Psalm offenbart prophetisch Seinen jetzigen Platz in der Herrlichkeit: „Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde lege zum Schemel deiner Füße.“ Niemals sprach Gott solche Worte zu einem Engel. Kein Engel kann in der Gegenwart Gottes zu sitzen wagen. „Sind sie nicht alle dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, welche die Seligkeit ererben sollen?“ (Heb 1,14).

Die Tatsache, dass unser Herr Jesus Christus vorzüglicher geworden ist als die Engel, und dass wir dazu bestimmt sind, an Seinem Platz und Seiner Herrlichkeit teilzuhaben, ist, wenn wir sie wirklich mit dem Herzen erfassen, eine Wahrheit, die uns Kraft gibt, uns von der Welt abzusondern. Aber ach! jener Gläubigen sind nur zu viele, die dies nur in der Theorie festhalten, die ihr Leben und ihren täglichen Wandel aber niemals dadurch beeinflussen lassen. Möge der Heilige Geist diese Wahrheit zu einer wirklichen Macht im Leben eines jeden unserer Leser machen! Wenn wir im Glauben unsere unbeschreibliche Würde, unsere wunderbare Berufung und herrliche Bestimmung verwirklichen (eine weit höhere Bestimmung als die der Engel Gottes), dann werden wir in völliger Absonderung von der jetzigen bösen Zeit wandeln und durch unser Leben der Beweis sein für das, was Seine heiligen Lippen von uns gesagt haben: „Sie sind nicht von der Welt, gleichwie ich nicht von der Welt bin.“ Aber was wird es sein, wenn wir an jenem gesegneten Tage durch Seine Macht zu Seiner Herrlichkeit emporgehoben werden, um Ihm und den Engeln Gottes zu begegnen!

Wie wird uns sein, wenn Er, der Hochgelobte,
Der heiß ersehnte Herr, in Wolken naht;
Wenn Seine Schar, die treue, kampferprobte,
Er ruft vom Kampfe heim, vom Glaubenspfad;
Wenn laut Sein Zuruf schallet in den Lüften,
Wenn Seine Stimme hell ins Ohr uns dringt,
Und Seine Heil'gen steigen aus den Grüften,
Weil dann Sein Sieg der Seinen Tod verschlingt.
Wie wird uns sein, wenn wir verwandelt werden
In einem Nu, in einem Augenblick,
Wenn der Posaune Schall wir hören werden,
Die uns nach oben ruft zum ew'gen Glück?
Wenn wir des Glaubens Kleid, der Schwachheit Hülle,
Den Leib der Niedrigkeit dann abgestreift,
Auf Wolkenwagen, mit des Lichtes Fülle,
Die Herrlichkeit des Herrn uns ganz ergreift.

Nächstes Kapitel »« Vorheriges Kapitel