Geläutert im Schmelztiegel Gottes

Kapitel 9-11

Geläutert im Schmelztiegel Gottes

Hiob 9

Es scheint so, als gäbe Hiob seinem Freunde Bildad recht. Obwohl dessen Worte scharf waren wie ein Messer, reagiert Hiob nicht auf die unwahren Unterstellungen seines Freundes. Hiob erkennt an, dass in Gottes Augen kein Mensch gerecht ist. Gottes Weisheit und Allmacht hebt er hervor und erkennt Ihn als den Schöpfer und Erhalter des ganzen Universums an. Aber dieser Gott ist für ihn ein Richter, einer, der ihn nicht beachtet und vorübergeht. Ein Gott, der ihm Leiden zufügt und Seinen Zorn an ihm auslässt. „Er, der mich zermalmt durch ein Sturmwetter und meine Wunden mehrt ohne Ursache; Er erlaubt mir nicht, Atem zu holen, denn er sättigt mich mit Bitterkeiten.“ Wie getrübt ist der Blick dieses Mannes, dem Gott einmal ein so wunderbares Zeugnis ausstellen konnte! Dem großen Gott unterstellt er Ungerechtigkeit, indem er sagt, dass Er den Vollkommenen und den Gesetzlosen vernichte.

Obwohl Hiob zum Ausdruck bringt: „... wie könnte ein Mensch gerecht sein vor Gott?“, hält er sich selbst für vollkommen. Indem er sein schnell dahingleitendes Leben betrachtet, möchte er gern seinen Kummer vergessen, jedoch seine Schmerzen gönnen ihm keine Ruhe. Ein Widerspruch in ihm ist dadurch entstanden, dass er keine Gemeinschaft mit Gott mehr hat. Wie wichtig ist deshalb die ungetrübte Gemeinschaft mit Gott! Wachen wir ängstlich darüber, dass sie nicht gestört oder gar unterbrochen wird. Viele Gotteskinder leben in inneren Widersprüchen und im Zwiespalt und sind dabei sehr unglücklich. Nur in innerer Gemeinschaft mit dem Herrn liegt das wahre Glück, der tiefe Friede und die ungetrübte Freude. „In deinem Lichte werden wir das Licht sehen“ (Ps 36,9).

Welch eine Gnade ist es, den Mittler zu kennen, der sich selbst gab als Lösegeld für uns! Hiob kannte Ihn noch nicht. Aber ein Sehnen nach Ihm spricht aus seinen Worten.

„Denn Gott ist einer, und einer Mittler zwischen Gott und Menschen, der Mensch Christus Jesus, der sich selbst gab als Lösegeld für alle ...“ (1. Tim 2,5).

Er hat die Kluft zwischen Gott und den Menschen überbrückt durch Sein Kreuz. Uns hat Er mit dem heiligen und gerechten Gott versöhnt. Nur Er war dazu in der Lage. In Jesaja 59,16 sagt der Prophet „Und Gott sah, dass kein Mann da war; und er staunte, dass kein Vermittler vorhanden.“ Im Propheten Hesekiel heißt es: „Und ich suchte einen Mann unter ihnen, der die Mauer zumauern und vor mir in den Riss treten möchte für das Land, auf dass ich es nicht verderbte; aber ich fand keinen“ (Hes 22,30). „Da sprach ich: Siehe, ich komme; in der Rolle des Buches steht von mir geschrieben. Dein Wohlgefallen zu tun, mein Gott, ist meine Lust ...“ (Ps 40,7 u.8).

Hiob 10

Hiob war todunglücklich. Bitterkeit erfüllte seine Seele. „... lass mich wissen, worüber du mit mir rechtest“, so spricht er zu Gott. Wenn auch Hiob diese Frage aus falschen Beweggründen heraus stellte, so liegt doch für uns eine tiefe Belehrung in derselben. In Leiden und Trübsalen dürfen wir Hiobs Frage auch anders stellen: lass mich wissen, wozu Du mir gerade diese Prüfung sendest! Leider fragen wir oftmals: Warum, Herr? Darauf gibt Er uns dann keine Antwort. Aber fragen wir, wozu dieses und jenes dienen soll, so zeigt Er es uns. Dann wird die Trübsal zum Segen.

Hiob betont in diesem Kapitel mehrmals seine Unschuld (Verse 7 und 15). Obwohl er manche Wohltaten Gottes hervorhebt, so sieht er Ihn doch als seinen Feind an: „... du bedrückst, ... du verschlingst mich, ... du würdest mich jagen ... und deinen Zorn wider mich mehren,... ein Heer wider mich entbieten.“

In Vers 18 fragt Hiob zum vierten Mal: „Warum?“ In Kapitel 3, 11–12 fanden wir ähnliche Aussprüche. Hatte er vergessen, dass Gott ihn gebildet hatte „wie ein Stickwerk in den untersten örtern der Erde“? Diese Stelle bezieht sich auf den Zustand des Menschen im Mutterleibe. Wie wunderbar beschreibt David dies in Psalm 139! Sollte dieser Gott die Geschöpfe Seiner Hand lassen oder gar verderben? Niemals!

Wenn Ihm gottlose Menschen, Sünder und Seine Feinde nicht gleichgültig sind, Wie viel mehr blickt Er auf solche, die durch den Glauben an den Sohn Seiner Liebe zu Kindern Gottes geworden sind!

In Seiner Liebe sandte der große Gott Seinen eingeborenen Sohn für Sünder, um sie zu retten. Könnte Er je einen von ihnen, die Er so teuer erkauft hat, wieder lassen?

Hiob wusste noch nichts von Golgatha, auch kannte er Gott noch nicht als Vater; und doch hatte er Gemeinschaft mit Gott. Und jetzt? Welch ein trauriges Bild! Er sieht sein kurzes Leben dahineilen und hofft, wenn Gott von ihm ablasse, noch einige gute Tage zu haben und dann zu sterben. Wo ist seine Überzeugung von der Auferstehung, von der er in Kapitel 19,25–27 spricht? Alles ist dunkel! Das will der Seelenverderber, der Widersacher. Er will uns todunglücklich machen.

Ist jemand in einem solchen oder ähnlichen Zustand? Ach, wie manche Gemüts- und Nervenkranke seufzen und können sich ihrer Errettung nicht mehr freuen! Der Herr allein kann helfen, auch in diesen furchtbaren Krankheiten. Lasst uns ernstlich gerade für solche Geschwister beten! Doch es braucht nicht unbedingt eine solche Krankheit zu sein. Nur zu oft benutzt der Feind auch Sorgen und die Fehler anderer Menschen, um uns unglücklich zu machen.

Doch welch eine Kraftquelle für uns, dass wir den Sieger von Golgatha auf unserer Seite haben! „Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unseren Herrn Jesus Christus!“ Bald ist die Nacht der Leiden vorbei – wenn der Geliebte kommt! -

Hiob 11

Es ist erschütternd, wie der dritte Freund Hiobs, Zophar, der Naamathiter, seinen Freund beleidigt und einen gesetzlichen Geist offenbart. Indirekt bezeichnet er Hiob als einen Schwätzer. Er redet von falschen Leuten, von einem Hohlköpfigen und unterstellt Hiob Frevel und Unrecht. Ob Zophar überhaupt schon mal durch Leid und Trübsal gegangen war? Es ist nicht anzunehmen, denn dann wäre er in seinem Urteil milder gewesen und hätte Worte des Trostes gefunden. Die Leiden und Trübsale sollen uns näher zu unserem geliebten Herrn bringen. Er will durch dieselben unsere Unebenheiten und unseren Eigenwillen beseitigen, damit wir brauchbar werden für Ihn. Paulus schreibt „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Erbarmungen und Gott alles Trostes, der uns tröstet in all unserer Drangsal, auf dass wir die trösten können, die in allerlei Drangsal sind, durch den Trost, mit welchem wir selbst von Gott getröstet werden...“ (2. Kor 1,3–4). Wie oft sind wir harte Leute! Wir urteilen leichthin über andere und sind dabei nachsichtig und milde gegen uns selbst. Umgekehrt sollte es sein. Möge der Herr uns zu Hilfe kommen!

Zophar spricht von der Tiefe Gottes und vom Wesen des Allmächtigen, der Höhe, Länge und Breite desselben. Ein wertvoller Gedanke. In 1. Kor 2,10 lesen wir, dass der Geist alles erforscht, auch die Tiefen Gottes. Dadurch werden wir an die Liebe des Vaters erinnert, die Er am Kreuze in der Dahingabe Seines eingeborenen Sohnes offenbarte. Es erinnert uns an Epheser 3,18–19: „... auf dass ihr völlig zu erfassen vermöget mit allen Heiligen, welches die Breite und Länge und Tiefe und Höhe sei, und zu erkennen die die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus, auf dass ihr erfüllt sein möget zu der ganzen Fülle Gottes.“

Je mehr wir diese Liebe erkennen, die im Nachsatz des Verses 19 erwähnt wird, desto mehr werden wir Ihn lieben, der sie offenbarte, und fähig werden, unseren Geschwistern in Christo mehr Liebe entgegenzubringen.

„Denn du wirst die Mühsal vergessen, wirst ihrer gedenken wie vorübergeflossener Wasser; und heller als der Mittag wird dein Leben erstehen ... wie der Morgen wird es werden.“

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