Biblische Betrachtungen über das Buch Ruth

Kapitel 4

Boas führt die Sache zu Ende (Ruth 4,2-6)

Hinsichtlich der Wege Gottes mit Israel ist zu sagen, dass dieses Volk als Ganzes zu der Erkenntnis gelangen muss, dass es auf dem Boden des Gesetzes und seiner Verantwortlichkeit jedes Anrecht auf den verheißenen Segen durch seine Untreue verwirkt hat. Nur Gottes unumschränkte Gnade und Barmherzigkeit führt künftig dieses Volk zu aufrichtiger Buße über ihre größte nationale Sünde, die in der Ermordung ihres Messias besteht. Es wird seinen „Boas“ in der Person des Herrn Jesus erkennen, Der einen bußfertigen, gläubigen Überrest dieses Volkes in seine tausendjährigen Segnungen auf der Erde einführen wird. Dieselbe Belehrung lässt sich auch auf die Geschichte des verantwortlichen christlichen Zeugnisses als Gesamtheit anwenden.

Das Handeln des Boas im Tore zu Bethlehem redet zu uns von dem Werk der Liebe des Herrn Jesus bezüglich unserer Stellung als Gläubige vor Gott. Der „nähere Blutsverwandte“ ist ein Bild unserer Stellung unter Verantwortlichkeit, unter der alle Menschen von Natur vor Gott sind. Denn wir alle hielten uns für fähig, das, was der Herr geredet hatte, tun zu können. In dieser Stellung waren wir alle im Sinne von 3. Mose 25,25 völlig „verarmt“. Wir waren gänzlich außerstande, etwas zu unserer Erlösung aufzubringen. Das Gesetz bringt uns zwar unsere Sündhaftigkeit zum Bewusstsein, aber „weil es durch das Fleisch kraftlos ist“, kann es nicht erlösen. Der nähere Blutsverwandte sagt zwar: „Ich will lösen“, wie auch wir erkennen mussten, dass es uns am „nächsten“ liegt, uns durch die Verbesserung unserer alten Natur selbst zu erlösen. Dieser Blutsverwandte würde wohl das Erbe des verstorbenen Verwandten lösen, um sich zu bereichern. Im Bild gesprochen heißt das, religiöses Ansehen und Selbstruhm vor Gott zu erlangen. Aber nun hören wir, wie Boas auf eine andere Bestimmung des Gesetzes hinausgeht und im Vorbild einen Akt der unumschränkten Gnade unseres wahren Boas darstellt. Es ist die Frage der Schwagerpflicht der Witwe eines verstorbenen Bruders gegenüber, die Boas hier aus Liebe zu Ruth freiwillig übernimmt (5. Mo 25,5). Es galt, zugunsten des Verstorbenen Samen, Leben aus dem Tode, zu erwecken, was auf dem Boden der Verantwortlichkeit unmöglich war. Wir haben das oft durch Übungen nach Römer 7 oder nach dem Galaterbrief zu lernen.

Daran hatte der „nähere Blutsverwandte“ nicht gedacht. Als er nun hörte, dass er im Falle seiner Lösung auch Ruth, die Moabitin, zur Frau nehmen muss, da schreckt er zurück. Das will er nicht. „ich kann nicht für mich lösen, dass ich mein Erbteil nicht verderbe!“ Mit anderen Worten heißt das: „Wenn ich Ruth heirate, und sie Kinder bekommt, so wird diesen Kindern das ganze Erbe von Elimelech, Machlon und Kiljon und auch ein Teil meines Erbes gehören.“ Geistlicherweise bedeutet das, dass unser Fleisch, wie Israel, seine eigene Gerechtigkeit auf dem Boden der Verantwortlichkeit zu seinem eigenen Ruhm festhalten und nicht fahren lassen will. Gott aber hat jeden Ruhm auf des Menschen Seite vollständig und endgültig ausgeschlossen (Röm 3,27-31).

Wer die Nutzlosigkeit eigener Bemühungen an sich selbst erfahren hat, ist dankbar dafür, dass es so ist, denn anders wären wir alle ewig verloren gewesen. Gott aber sei Dank, dass es noch einen anderen Erlöser gibt. Wie wunderbar für alle Kinder Gottes, dass der Herr Jesus unser Erlöser, unser Boas ist. Im Gesetz ist keine Kraft. Wir vermochten nicht unserer Verantwortlichkeit zu entsprechen, aber „in Ihm ist Stärke“. Der wahre Boas hat die Sache zu Ende geführt. Noomi hatte Vertrauen, starkes Vertrauen zu diesem Blutsverwandten. Glückselig, wer sein ganzes Vertrauen auf den Herrn Jesus setzt.

Lieber Leser, hast Du schon den wahren Erlöser kennen gelernt? Oder gehörst Du zu denen, die da sagen: „Ich bemühe mich sehr, die Gebote zu halten.“ Dann Lass Dir sagen, dass Du dazu unfähig bist. Im Lichte des Neuen Testamentes ist es ganz klar zu beweisen, dass niemand durch das Halten der Gebote errettet werden kann. Wer glaubt, dies doch zu können, wird mit seiner eigenen Gerechtigkeit ewig verloren gehen. Mache es nicht wie die Juden, die sich bis heute auf ihre eigene Gerechtigkeit stützen, ihr Vertrauen, bildlich gesehen, auf den näheren Blutsverwandten setzen. Die orthodoxen Juden warten wohl auf den Messias, aber den wahren Blutsverwandten, den Herrn Jesus, ihren wahren Boas, wollen sie bis heute nicht. Das ist der springende Punkt.

Gott wird sich aber noch besonders mit Seinem Volk beschäftigen. Sie werden durch große Drangsale, durch Gerichte zu gehen haben (Off 6-19), und Gott wird Sich einen gläubigen Überrest dieses Volkes zubereiten, der am Ende der Drangsalszeit rufen wird: „0, dass du die Himmel zerrissest, hernieder führest!“ (lies Jes 64,1-12) Das ist der Ausdruck größten Verlangens, dass Gott ihren Erlöser, den Messias, senden möge, um sie aus der Drangsal herauszuführen. Wenn ihre Not den Höhepunkt erreicht hat, kommt der Herr Jesus (Off 19,11ff). Seine Füße werden dann auf dem Ölberg stehen (Sach 14,4). Dann werden sie zu Ihm sagen: „Was sind das für Wunden in deinen Händen?“ (Sach 13,6) Wie die Brüder Josephs, als dieser hart mit ihnen redete (1. Mo 42,21-23; 44,16-34), sich ihrer Sünden bewusst wurden, so wird es auch dem gläubigen Überrest aus Israel ergehen. Auf die Frage „Was sind das für Wunden in deinen Händen?“ wird Er ihnen antworten: „Es sind die Wunden, womit ich geschlagen worden bin im Hause derer, die mich lieben.“ Wunderbarer Herr! Hatten sie Ihn geliebt? Nein! Sie haben Ihn hinausgeworfen, an das Kreuz geschlagen. Und doch, Er schweigt in Seiner Liebe. Er erbarmt sich ihrer wieder und nimmt sie auf als Sein irdisches Volk und führt sie in ihre tausendjährige Segnung auf der Erde. Dann hat der wahre Boas auch die Sache mit Israel zu Ende geführt.

Zunächst hat Er das Erlösungswerk vollbracht, dessen Resultate alle, die Frieden mit Gott haben, jetzt schon genießen dürfen. Das ungläubige Israel der Gegenwart hat noch kein Teil daran. Der „Neue Bund“ ist für Israel noch nicht wirksam. Doch die Grundlage dafür ist durch das Werk Christi am Kreuze gelegt. Darum können wir Seine Segnungen heute schon im Geist genießen.

Indem der nähere Blutsverwandte sagte: „Löse du für dich, was ich lösen sollte, denn ich kann nicht lösen“, wird deutlich, dass das Gesetz für Gott keinen Samen, keine Frucht bewirken konnte, die einmal in der Herrlichkeit Gottes sein könnte. Das kann nur der Herr Jesus, unser wahrer Boas tun. Er hat es getan kraft Seiner göttlichen Liebe.

Die Ratschlüsse Gottes gehen in Erfüllung (Ruth 4,7-13)

Boas sprach vor allem Volke: „Ihr seid heute Zeugen, dass ich aus der Hand Noomis alles gekauft habe, was Elimelech, und alles was Kiljon und Machlon gehörte“ (4,9). Das Ausschlaggebende ist: „...und auch Ruth, die Moabitin, die Frau Machlons, habe ich mir zur Frau gekauft, um den Namen des Verstorbenen auf seinem Erbteil zu erwecken“ (4,10). Er sagt gleichsam offen vor allem Volk: diese Witwe aus Moab, die Moabitin, die nach dem Gesetz keinen Anteil an Israels Segnungen hatte, diese habe ich mir zur Frau gekauft, diese will ich besitzen. Das ist Gnade, unumschränkte, überströmende Gnade. Sie ist in dem Herrn Jesus erschienen. Das Gesetz wurde durch Moses gegeben, „die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesum Christum geworden“ (Joh 1,17). Durch Seine tiefe Erniedrigung, indem der Herr Jesus Mensch wurde, hat uns diese Gnade erreicht. Nur auf diesem Weg konnte Er unser Blutsverwandter, unser wahrer Boas werden.

Aber Er musste auch leiden und sterben, um die Verantwortlichkeit aller Erlösten zu erfüllen und damit zu beseitigen. Er ist in den Tod gegangen und war in den drei Stunden der Finsternis von dem heiligen Gott verlassen, weil Er dort für uns zur Sünde gemacht wurde. Deshalb musste Er ausrufen: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Ps 22,1). Jeder Erlöste kann die Antwort geben: „Herr Jesus, meinetwegen musste es sein!“ Möchten wir das allezeit vor Augen haben: Er hat es für mich vollbracht. Wer sind wir? „...der Mensch, der Wurm, und das Menschenkind, die Made!“ (Hiob 25,6) Für solche, wie wir von Natur sind, hat Er Sich dahingegeben, und hat uns in die innigsten Beziehungen zu Sich Selbst und zu Seinem Gott und Vater gebracht. Aus dem Kot der Sünde hat Er uns herausgeholt, um uns bei den Edlen sitzen zu lassen. Jetzt schon, während wir dem Leibe nach noch auf Erden sind, wird von den Erlösten, den Heiligen, gesagt, dass sie ihrer Stellung nach „mitsitzend in himmlischen Örtern in Christoll betrachtet werden. Unbegreifliche Gnade!

„...um den Namen des Verstorbenen auf seinem Erbteil zu erwecken.“ Das hat der Herr Jesus auch uns im Wort Gottes klar und deutlich mitgeteilt. Wir wissen, warum Er Sich so tief erniedrigt hat. Der vornehmste Grund dazu war die Verherrlichung Gottes. Er hat aber auch die Versammlung (Gemeinde) - als Gesamtheit - und mich persönlich geliebt und Sich für mich hingegeben (Gal 2,20; Eph 5,25). Das tat der Herr Jesus aus freiwilliger Liebe.

Es war Sein eigener Entschluss, nach dem Willen des Vaters und durch den ewigen Geist sich Seiner Herrlichkeit zu entäußern und Sich zu nichts zu machen. Nach Philipper 2 dürfen wir sieben Stufen der Erniedrigung betrachten: tiefer, immer tiefer ging es hinab, bis in den Tod, den schmachvollen Tod am Kreuz.

„Und alles Volk, das im Tore war, und die Ältesten sprachen: Wir sind Zeugen!“ (4,11) Mag die ungläubige Welt auch spottend sagen: „Was alles in der Bibel von Jesus, Seinem Erlösungswerk und Seiner Auferstehung, von Himmel und Hölle und ewigem Gericht steht, ist Unsinn, Fabel und Menschenlehre.“ Wir, die Erlösten, vertrauen auf die Wahrheit des Wortes Gottes, das uns viele Zeugen von dem nennt, was damals in Jerusalem geschehen ist, wovon übrigens der römische Geschichtsschreiber Tacitus als verbürgten Ereignissen schreibt. Mehr als 500 Brüdern auf einmal ist der Auferstandene erschienen (1. Kor 15,6) und hat sich „in vielen sicheren Kennzeichen lebendig dargestellt“ (Apg 1,3) denen, die Ihn als Auferstandenen gesehen, betastet und mit Ihm geredet haben. Der Unglaube will das mit einer Handbewegung vom Tisch fegen. Wir haben aber das gewaltigste und sicherste Zeugnis in der Schrift selbst: „Die Schriften... sie sind es, die von mir zeugen“ (Joh 5,39). Auch der Vater Selbst und die Werke zeugen von Ihm. Das sind allein glaubwürdige Zeugen. Der Unglaube hat dagegen gar nichts, nicht einen einzigen Zeugen für die Wahrheit seiner Behauptungen. Nein! Kinder Gottes haben keinen Anlass, auch nur dem leisesten Zweifel Raum zu geben, obwohl Satan das auch in ihren Herzen zu bewirken versucht: „Sollte, könnte die moderne Theologie nicht doch recht haben?“ - Gottes heiliges untrügliches Wort ist fest, unumstößlich, es ist das Wort des lebendigen Gottes. „Die Worte des Herrn sind reine Worte Silber, das geläutert in dem Schmelztiegel zur Erde fließt, siebenmal gereinigt“ (Ps 12,6). Darauf dürfen wir unser ganzes Vertrauen setzen. Gepriesen sei Sein Name!

„Stifte einen Namen in Bethlehem“ (4,11). Zunächst bezieht sich das auf Obed. Wir wissen aber welcher Name im Geschlechtsregister des Herrn in Matthäus 1 dem Kindlein gestiftet wurde, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegen musste, weil kein Raum in der Herberge war. Der Engel sagte schon vor dessen Geburt zu Maria: „Du sollst seinen Namen Jesus heißen“, Retter, der Name, der über jeden Namen ist.

Auf dass in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge, der Himmlischen und Irdischen und Unterirdischen, und jede Zunge bekenne, dass Jesus Christus Herr ist, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters“ (Phil 2,10-11).

„Und Boas nahm Ruth, und sie wurde seine Frau“ (4,13). In der Vereinigung der Ruth mit Boas liegt ein Hinweis auf die Beziehungen der Versammlung (Gemeinde) zu Christus, dem verherrlichten Herrn, als mit Ihm einsgemacht. Die Beziehung Christi zu der Versammlung wird in mehreren Vorbildern in dem Verhältnis eines Bräutigams zu seiner Braut dargestellt. Und das ist wahrlich sehr lieblich. Darum lasst uns begehren, in bräutlicher Zuneigung und Reinheit für Ihn fruchtbar zu sein. Die Versammlung sollte ein Ort sein wie „Ephrata“ - „Ort der Fruchtbarkeit“ und wie „Bethlehem“ - „Brothaus“.

Ist das nicht unausforschliche Gnade, zu dieser Brautgemeinde zählen zu dürfen? Auf den Augenblick der Entrückung zu warten, um dann allezeit, in alle Ewigkeit, bei Ihm zu sein? Das Kommen des Herrn zur Entrückung müssen wir unterscheiden von Seinem Kommen als der Messias für Israel, wovon in Verbindung mit den Wegen Gottes mit Israel die Rede war. Die Gläubigen der Jetztzeit, die Versammlung oder himmlische Brautgemeinde, erwarten das Kommen des Herrn nach 1. Thessalonicher 4,13-18. Dann werden alle bis dahin entschlafenen Gläubigen, ob sie nun vor Christus oder seitdem gelebt haben, auferweckt und die lebenden Gläubigen werden verwandelt werden. Sie empfangen einen neuen, himmlischen Leib und werden dem Herrn entgegengerückt in Wolken in die Luft. Aber bei dem Kommen des Herrn für Israel werden wir, die Gläubigen, mit Ihm auf die Erde kommen und vor aller Welt öffentlich mit Ihm verherrlicht dargestellt werden. Was wird das sein, in einem Nu dieses Tränental zu verlassen und Ihn, unseren geliebten Herrn, in Herrlichkeit zu schauen. Es ist der Mühe wert, die letzte, kurze Wegstrecke in Gemeinschaft mit Ihm zu gehen und mit Hingabe und in Treue Ihm zu dienen! „Er ist's wert, ja Er ist's wert, dass man Ihn von Herzen ehrt.“

Gott schenkt einen Sohn (Ruth 4,14-22)

Dann gibt Gottes Gnade der Ruth einen Sohn. Die Frauen der Stadt sprechen jetzt nicht zu Ruth, sondern zu Noomi. Als diese aus Moab nach Bethlehem zurückgekommen war, sagte sie mit einem Unterton der Bitterkeit: „Der Allmächtige hat es mir sehr bitter gemacht. Voll bin ich gegangen, und leer hat mich der Herr zurückkehren lassen.“ Die Frauen sagen nun: „Gepriesen sei der Herr, der es dir heute nicht hat fehlen lassen an einem Löser!“ (4,14) Hier ist in dem Löser an Obed zu denken. Dieser Name weist auf ein Wiederaufleben im Zeugnis Gottes am Ende der Tage hin, sowohl hinsichtlich der Kirche als im Blick auf Israel. In Verbindung mit der Geschichte der Kirche haben wir das in dem Zeitabschnitt, der im Sendschreiben an Philadelphia dargestellt ist. Im Blick auf Israel weist das auf den gläubigen Überrest am Ende der Drangsalszeit, wenn sie den Herrn Jesus als ihren Erlöser erkennen und von Ihm dann in ihre Segnung eingeführt werden.

Dann wird folgende Stelle erst recht verstanden werden: „Ein Kind ist uns geboren“ (Jes 9,6). Dann werden sie wissen, dass dieses Kind, das vor etwa 2000 Jahren in Bethlehem geboren wurde, ihr Messias war, den Gott ihnen gesandt hatte, der aber von ihnen verworfen wurde. Sie werden dann erkennen, dass dieser Sohn es war, von dem gesagt ist: „... und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und man nennt seinen Namen: Wunderbarer, Berater, starker Gott, Vater der Ewigkeit, Friedefürst1' (Jes 9,6). Dann wird Frieden auf Erden sein in dem Reiche des Messias, des große Friedefürsten.

Obed bedeutet Diener oder auch Anbeter. „Und sein Name werde gerühmt in Israel! Und er wird dir ein Erquicker der Seele sein und ein Versorger deines Alters! Denn deine Schwiegertochter, die dich liebt, hat ihn geboren“ (4,15). Sie hatten das beobachtet und festgestellt. Sollten die Leute unserer Umgebung nicht auch von uns sagen können: „Welche Liebe haben diese doch zu- und untereinander. Obwohl sie sich in vielen Fällen noch nie gesehen haben und sich nur durch irgendwelche Umstände kennen lernen, sind sie doch eng miteinander verbunden.“ Das bewirkt die Liebe, die Liebe des Christus.

Noch etwas sehr Schönes sagen die Frauen der Stadt: sie, die dir besser ist als sieben Söhne“ (4,15). Vordem war Ruth unfruchtbar, sowohl als Machlons Frau wie auch als Witwe. Zu der Verbindung aber mit Boas ist sie fruchtbar für Gott und für Noomi besser als sieben Söhne. Es war gleichsam Leben aus dem Tode hervorgekommen, wie es in vielen anderen bildlichen Ereignissen auch der Fall war, wie es im Blick auf Israels Geschichte am Tage ihrer Wiederannahme sein wird (Röm 11,15). Wie hoch wurde Ruth geschätzt. So werden die Völker der Erde im Tausendjährigen Reich Israel, die irdische Braut des Messias, schätzen. Dann wird Er auf der Erde herrschen als der wahre Salomo, der König der Gerechtigkeit und des Friedens, von dem Melchisedek das erste Vorbild ist. Für Israel wird Er dann alles sein. In dieser Zeit werden zehn Männer den Rockzipfel eines jüdischen Mannes ergreifen, um mit ihm zu gehen. Israel ist dann das gesegnete Volk auf Erden. Das werden alle Nationen anerkennen. Sie werden ihre Abordnungen nicht mehr nach Moskau oder zu anderen Regierungen senden. Nein, sie werden sagen: „Kommt und lasst uns hinaufziehen zum Berge des Herrn, zum Hause des Gottes Jakobs! Und er wird uns belehren aus seinen Wegen, und wir sollen wandeln in seinen Pfaden“ (Jes 2,3). „Sie, die dir besser ist als sieben Söhne!“ Das ist ein herrliches Zeugnis. Gott lässt es ihr ausstellen durch die Frauen von Bethlehem. Gott ehrt, die Ihn ehren. Möchten wir solche sein, deren Namen Er lobend erwähnen könnte.

Noch einen kurzen Gedanken zu dem Geschlechtsregister, das uns zehn Namen der Vorväter Davids nennt (4,18-22). David ist der letzte. Diese Namen haben einen Platz im Geschlechtsregister des Herrn Jesus in Matthäus 1, wo wir den Herrn Jesus als König, als Sohn Davids und als Messias sehen. Dort ist von vier Frauen die Rede, deren drei mit Namen genannt und eine umschrieben wird, so dass wir wissen welchen Namen sie trug. Es handelt sich um Bathseba, die Frau Urias. Hätte ein ungläubiger Jude dieses Geschlechtsregister zu schreiben gehabt, seine Feder würde sich gesträubt haben, diese Frauen überhaupt zu erwähnen, wie sie nur unter der Inspiration des Heiligen Geistes dort ihren Platz gefunden haben.

Zuerst erscheint Tamar, die Frau Judas, die Mutter des Perez. Ihre Geschichte ist nach 1. Mose 38 durch Hurerei gekennzeichnet. Die zweite ist Rahab, auch sie war eine Hure. Salmon zeugte den Boas von ihr. Boas zeugte den Obed von der Ruth. Diese war von den Feinden Gottes und Seines Volkes, von Moab. Obed aber zeugte Isai, Isai aber zeugte David, den König. David aber zeugte Salomo von der Bathseba, die zwar nicht selbst als unpassend erscheint, aber doch durch Davids Schuld und Hurerei zur Mutter Salomos wurde. An ihr wurde David zum Ehebrecher und Mörder ihres Mannes. Darum wird wohl auch ihr Name hier nicht erwähnt.

Wenn wir nun die kurzen Betrachtungen zu dem Buche Ruth, diesem Buch der Gnade, abschließen und im Geschlechtsregister des Herrn in Matthäus durch die genannten Personen an so furchtbare Sünden erinnert werden, dann müssen wir wirklich sagen: „Die Gnade kennt keine Schranken!“ Alle Gotteskinder sind nur aus Gnade errettet, die uns auch bewahrt, uns zurechtbringt, wenn wir abgeirrt sind, die wir aber auch darin erkennen, dass der Herr Jesus Sich droben für uns verwendet, damit unser Glaube nicht aufhört. Lasst uns niederfallen und Ihn anbeten. Bald werden wir Ihn sehen, der durch Seine tiefe Erniedrigung und Sein Werk auf Golgatha die Gnade und die Wahrheit ans Licht gebracht hat. Wir werden Ihn sehen, den Zentralpunkt des ganzen Universums, den Mittelpunkt des Himmels, als das geschlachtete Lamm. Wir werden die Wunden in Seinen Händen und das Mal in Seiner Seite sehen, und jeder persönlich darf immer daran denken: „Er hat das Werk der Erlösung auch für mich vollbracht.“ Wir ahnen jetzt ein wenig, dass wir ewig nicht damit zu Ende kommen, Seine Liebe und Gnade und die unseres Vaters zu rühmen und in gebührender Anbetung zu erheben.

Bald werden wir vor Deinem Thron
Dir, unserm Vater, und dem Sohn
ein ew'ges Loblied singen.
Dann wird das Lob ein volles sein,
wenn alle Kreatur stimmt ein
in der Erlösten Chöre.
Doch sei auch jetzt in dieser Zeit
Anbetung, Lob und Dank geweiht
Dir, Vater, und dem Lamme!

„Dem, der auf dem Throne sitzt, und dem Lamme die Segnung und die Ehre und die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit!“ (Off 5,13).

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