Die Briefe an Timotheus

1. Timotheus 4

Die Briefe an Timotheus

Vers 1 von Kapitel 4 muß man im Zusammenhang mit den beiden letzten Versen von Kapitel 3 lesen. Gott wohnt durch den Heiligen Geist in der Versammlung als Seinem Haus, und die Versammlung ist die Säule, auf der die Wahrheit eingraviert ist. Nun redet der darin wohnende Heilige Geist – Er verteidigt die Wahrheit und warnt vor den zu erwartenden Listen des Teufels in späteren Zeiten, und Er redet deutlich, in Seinen Äußerungen liegt nichts Ungewisses.

Als der Apostel schrieb, gab der Heilige Geist noch inspirierte Botschaften durch Propheten, wie wir in Apostelgeschichte 13,2 lesen. Die Apostel und Propheten gehörten als Werkzeuge der Inspiration zum Fundament der Versammlung (s. Eph 2,20). Die Inspiration hat aufgehört, aber wir haben als Ergebnis die Heiligen Schriften. Der Heilige Geist redet zwar nicht mehr in dieser bestimmten Weise, aber Er bleibt immer bei uns, und Seine Wegweisung können die oft wahrnehmen, die Augen haben zu sehen.

Die Warnungen des Geistes in den ersten drei Versen wurden oft so verstanden, als bezögen sie sich auf den Katholizismus. Wir meinen, daß es vielmehr um den bewußten Umgang mit Dämonen geht, den wir heute im Spiritismus finden. Es stimmt zwar, daß Rom dem Klerus den Zölibat auferlegt, was wie eine Erfüllung der ersten Worte von Vers 3 aussieht. Der Spiritismus tritt für Enthaltsamkeit und vegetarische Ernährung ein als Voraussetzung dafür, ein gutes „Medium“ zu sein, und damit sind beide Teile des Verses erfüllt.

Dann warnt uns der Heilige Geist vor der Nachahmung Seines Redens durch unheilige und verführerische Geister, deren Ziel immer darin liegt, vom Glauben wegzuführen. Sie mögen sich sehr gebildet geben und so, als wünschten sie die Verfeinerung unserer Nahrung aus ästhetischen Gründen. Es kann sein, daß es dem Medium wirklich nur darum geht, aber der unreine Geist, der diesen Menschen manipuliert, hat andere Gedanken, und sein Ziel ist letztlich immer die Zerstörung des Glaubens. Wenn sie vom Glauben ablenken und ihre Lehren einimpfen können, haben sie ihr Ziel erreicht.

Man mag gegen gesunde Lehre Vorbehalte machen, indem man sie als Dogma bezeichnet, doch letztlich läuft es nur darauf hinaus, einige andere Lehren dafür einzutauschen, möglicherweise die Lehren von Dämonen. Man sieht also, daß die LEHRE DOCH WICHTIG ist.

In den ersten Versen unseres Kapitels richtet sich die Warnung des Geistes gegen Lehren von Dämonen, die die Menschen, wenn sie sie annehmen, vom Glauben abbringen. In Vers 7 richtet sie sich gegen eine etwas andere Gefahr, nämlich ungöttliche und altweibische Fabeln. Timotheus soll gegen beide Irrtümer feststehen.

Die Anweisungen des Apostels in Vers 6 beziehen sich besonders auf die erste Gefahr. Wir sollen „dies“ im Gedächtnis behalten, und dabei spielt er nicht nur auf das an, was in den Versen 4 und 5 geschrieben ist, sondern auch auf die große Wahrheit, die er in Kapitel 3,16 darlegt, und überhaupt auf alle vorher in diesem Brief gegebenen Unterweisungen, denn Kapitel 4,6 kann man nicht von Kapitel 3,14 trennen. So dürfen wir uns wie Timotheus mit den Worten des Glaubens und der guten Lehre nähren. Das wird uns auch wirksam vor den verführerischen Lehren des Teufels schützen. Aber dem muß man genau folgen, denn nur wenn wir wirklich mit der Wahrheit vertraut sind, können wir den Irrtum erkennen und auch abweisen.

Die Gottseligkeit oder Frömmigkeit wird hier den ungöttlichen und altweibischen Fabeln entgegengesetzt. Daraus schließen wir, daß es sich hauptsächlich um abergläubische Vorstellungen und Gebräuche handelt, die im Heidentum immer eine so große Rolle spielen und die sich so leicht ins Christentum einschleichen. Der arme heidnische Verstand ist an endlose abergläubische Praktiken versklavt, die Glück bringen oder Unglück abwenden sollen, und Frauen sind für alle diese Gebräuche anfälliger als Männer. Deshalb nennt der Apostel sie „altweibische Fabeln“. Die Gottseligkeit aber bezieht GOTT selbst in alle Einzelheiten unseres Lebens ein, denn ihre Grundlage ist die Hoffnung „auf einen lebendigen Gott“, wovon in Vers 10 die Rede ist.

Leider hat der Aberglaube in den letzten Jahren unter Menschen, die sich Christen nennen, sehr zugenommen. Der Krieg hat das sicher begünstigt, als Hunderttausende, wenn nicht Millionen von Talismanen zum Schutz für Soldaten hergestellt wurden. Dieser Kult hat sich überall verbreitet, und jetzt gibt es Maskottchen zuhauf, und immer mehr Leute tun Dinge, die Glück bringen oder Unglück verhüten sollen. All das spricht für den Niedergang echter Gottesfurcht. Wenn Gott aus dem Leben ausgesperrt wird, schleichen sich diese stummen Götzen ein.

Unser Gott ist der LEBENDIGE Gott. Nichts entgeht Seiner Aufmerksamkeit, und Er ist der „Erhalter aller Menschen, besonders der Gläubigen“. Der arme Heide freut sich über eine wunderbare Befreiung und schreibt sie der Kraft des Amuletts zu, das ihm der Medizinmann gegeben hat. Der Autofahrer, dem Namen nach ein Christ, der gerade haarscharf einem schrecklichen Unfall entgangen ist, erklärt vielleicht, dass ihm nichts passieren wird, solange er sein Maskottchen, eine schwarze Katze, dabei hat – noch nie habe es versagt. Beide haben sie Unrecht, obwohl der letzte größere Schuld trägt. Beide sind Opfer von ungöttlichen und altweibischen Fabeln. In Wirklichkeit kam ihre Rettung direkt oder indirekt aus der Hand Gottes.

Gottes bewahrende Gnade wirkt sich besonders auf die Gläubigen aus. Deshalb sollte uns ein schlichtes Vertrauen auf Ihn kennzeichnen. Bei Paulus war es so, und das trug ihn durch Mühen und Schmähungen hindurch. Wir sollen uns zur Gottseligkeit üben. Das ist eine geistliche Übung, die viel nützlicher ist als eine bloß körperliche Übung, die nur wenig nützt. Die Gottseligkeit dagegen ist zu allen Dingen nütze und hat die Verheißung des Lebens, jetzt und in Ewigkeit.

An dieser Stelle wollen wir einmal kurz zusammenfassen. Wir können sagen, dass die Gottseligkeit das Hauptthema des Briefes ist. Sie wird uns eindringlich vor Augen gestellt, weil wir zum Haus Gottes gehören. Die Erkenntnis Gottes, so wie Er uns in Christus offenbart worden ist, ist die verborgene Quelle, und sie besteht weitgehend darin, dass wir uns ständig der Gegenwart Gottes bewusst sind und Gott in alle Einzelheiten des Alltags einbeziehen, und das ist die Folge des Vertrauens auf den lebendigen Gott. All das haben wir gelesen. Und nun stellt sich uns die Frage, ob es irgendwelche praktischen Belehrungen gibt, die uns helfen, uns „zur Gottseligkeit“ zu üben, wie es in Vers 7 hieß.

In den Versen 12 bis 16 finden wir eine ausführliche Antwort. Timotheus war ein junger Mann und sollte doch den Gläubigen bereits ein Vorbild sein. Sie sollten bei ihm sehen, wie Gottseligkeit sich auswirkt, eine Gottseligkeit, die unsere Worte beeinflusst, unsere Gespräche, unser Verhalten in Liebe, Glauben und Reinheit. Zu diesem Zweck sollte er mit Eifer vorlesen, ermahnen und lehren. Wir nehmen an, dass mit dem ihm aufgetragenen Vorlesen das öffentliche Verlesen der Heiligen Schrift gemeint ist. Für die Gläubigen war das besonders nötig, weil es nur wenige Exemplare der Heiligen Schrift gab. Wir sollten daraus lernen, wie wichtig es ist, die Bibel zu lesen, öffentlich und privat. Wenn Paulus käme, hätte Timotheus die Freude, das Wort Gottes aus dem inspirierten Mund des Apostels zu hören. Bis dahin sollte er auf das Wort Gottes in seiner geschriebenen Form achten.

Ein Christ, der das Studium des Wortes Gottes vernachlässigt, wird in den Dingen Gottes und in seiner geistlichen Entwicklung wenig Fortschritte machen. „Halte an mit dem Vorlesen“ sollte unser aller Motto sein, denn nur wenn wir selbst gut versorgt sind, können wir anderen eine Hilfe sein.

Timotheus sollte andere ermahnen und lehren, und dazu war ihm in besonderer Weise eine Gabe verliehen worden. Deshalb sollte er die Gabe, die in ihm war, nicht vernachlässigen. Das ist die zweite Anweisung. Beim Lesen nehmen wir auf; durch Ermahnung und Lehren teilen wir aus. Wir haben nicht alle eine besondere Gabe, aber jeder ist verantwortlich, in der einen oder anderen Weise auszuteilen. Wenn wir das vernachlässigen, geht das auf Kosten unseres eigenen geistlichen Wohls.

„Bedenke dies sorgfältig“ ist das dritte Wort. Durch das Lesen wird unser Geist mit der Wahrheit gut vertraut. Durch das Bedenken erfassen wir die Wahrheit in ihrer Kraft und Bedeutung. Wie die Kuh auf der Weide das Gras nicht nur abfrisst, sondern sich hinlegt und wiederkäut, müssen auch wir „wiederkäuen“, die Dinge in unserem Geist überdenken, denn nicht das, was wir essen, ernährt uns, sondern das, was wir verdauen. Wenn wir über Gottes Dinge nachdenken und sie so in uns aufnehmen, dass sie uns beherrschen, dann wird unser geistlicher Fortschritt für alle sichtbar.

Ein viertes sehr wichtiges Wort, wenn wir in der Gottseligkeit wachsen wollen, finden wir in Vers 16: „Habe acht auf dich selbst und auf die Lehre.“ Zuallererst müssen wir die Wahrheit selbst klar vor uns haben, die in der Lehre dargelegt ist. Zweitens müssen wir im Licht dieser Lehre auf uns selbst Acht haben, uns und unsere Lebensführung daran überprüfen und verändern, wenn die Wahrheit es verlangt. Das ist natürlich der springende Punkt.

Allzu oft ist die göttliche Wahrheit rein theoretisch aufgenommen worden. Dann geht es nur um Diskussionen, eine Art geistiges Schlachtfeld. Wenn wir ihr aber in der Praxis begegnen, dann wird uns bewusst, wie weit wir und unser Leben davon entfernt sind. Daraus ergeben sich ernste Fragen. Nun kommt die Versuchung, die Lehre etwas zu ändern oder einzuschränken, damit wir unser Leben unverändert weiterführen können. Dann verschwindet die Diskrepanz weitgehend oder ganz. Gebe Gott uns allen die Gnade, dieses Verfahren umzukehren und lieber unser Leben so zu ändern, dass es mit der Lehre übereinstimmt. So achten wir richtig auf uns selbst und auch auf die Lehre, und wenn wir daran festhalten, werden wir errettet. Die Errettung bezieht sich hier auf die Gefahren, vor denen uns der Geist ausdrücklich im ersten Teil des Kapitels warnt, seien es nun Lehren von Dämonen oder ungöttliche Fabeln.

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