Die Apostelgeschichte

Kapitel 6

Die Apostelgeschichte

Hinter all diesen Angriffen und Schwierigkeiten, denen die Versammlung in Jerusalem in der Anfangszeit ausgesetzt war, stand der große Widersacher, Satan selbst. Er war es, der die Sadduzäer zu Gewalt und Einschüchterungsversuchen aufwiegelte. Er erfüllte das Herz des Ananias, daß er log, um so Verderben einzuführen, indem er den Geist des Herrn versuchte. Nun, nachdem diese anfänglichen Angriffe niedergeschlagen waren, versuchte er es raffinierter, indem er kleine Unterschiede, die es in der Versammlung gab, ausnutzte. Die „Hellenisten“, die wir im ersten Vers dieses Kapitels finden, waren keine Heiden, sondern Griechisch sprechende Juden, die aus den Ländern ihrer Zerstreuung kamen, während die „Hebräer“ die in Jerusalem und Palästina einheimischen Juden waren.

Bei dem ersten und größeren Problem innerhalb der Versammlung -- dem Fall Ananias -- ging es um Geld. Handelte es sich bei dem zweiten auch nicht direkt um Geld, so doch um eine ähnliche Sache, nämlich die Austeilung für die täglichen Bedürfnisse, eine Folge davon, daß sie alles gemein hatten. Beim ersteren handelte es sich um die Einnahme des Geldes, beim zweiten um das Verteilen der Almosen oder entsprechender Gaben. Die griechischen Juden meinten, daß die ansässigen Juden bevorzugt würden. Das größere Problem verursachte nur eine kleine Schwierigkeit, denn es wurde in der Kraft des Geistes augenblicklich gelöst. Das kleinere Problem brachte die größere Schwierigkeit, wie wir in diesem Kapitel sehen. Wir glauben, daß dies in der Kirchengeschichte fast immer so gewesen ist: die am schwierigsten beizulegenden Fälle sind solche, bei denen eigentlich nur sehr wenig zu regeln ist.

Es entstand lediglich ein „Murren“, doch die Apostel warteten nicht, bis es eine erschreckende Lautstärke annahm. Sie erkannten darin das Ziel Satans, sie von der Verkündigung des Wortes abzuhalten und sie mit sozialen Diensten zu beschäftigen. Deshalb unternahmen sie Schritte, um jede derartige Absicht zu vereiteln. Sie gaben der Versammlung Anweisung, sieben Männer zu erwählen, die diese Aufgabe übernähmen. Sie sollten „von gutem Zeugnis, voll Heiligen Geistes und Weisheit“ sein. Ihre Tätigkeit sollte sich durch Weisheit und ein gutes Zeugnis auszeichnen, das über jeden Verdacht erhaben wäre.

In dieser Angelegenheit mußte die Versammlung ihre eigenen Diener erwählen. Immerhin ging es um die Verteilung der Gelder und Nahrungsmittel, die die Versammlung selbst bereitgestellt hatte. Wir lesen niemals, daß die Versammlung aufgefordert wäre, ihre Ältesten, Aufseher oder Diener des Wortes zu wählen oder zu bestimmen, da die geistliche Gnade und die Gaben, die sie austeilen, ja nicht von der Versammlung bereitgestellt werden, sondern von Gott. Die Auswahl und Berufung solcher liegt deshalb in den Händen Gottes. Zu den Ältesten von Ephesus sagte Paulus: „... in welcher der Heilige Geist euch als Aufseher gesetzt hat.“ Gott bestimmt solche, die Seine Güter verwalten sollen.

So verharrten die Apostel im Gebet und im Dienst des Wortes. Für solche, die belehrt werden, steht an erster Stelle das Wort (siehe 1. Tim 4,5), denn wir beten nur dann recht, wenn wir im Wort unterwiesen sind. Für solche, die am Wort dienen, kommt zuerst das Gebet, denn ohne Gebet werden sie das Wort nicht recht teilen.

So wie bei den Aposteln Weisheit vorherrschte, so herrschte Gnade in der Versammlung vor, denn alle sieben erwählten Männer trugen Namen, die eher auf eine griechische als auf eine hebräische Herkunft hindeuteten, und von einem von ihnen heißt es, er sei Proselyt gewesen, woraus man schließen kann, daß er sogar heidnischer Abkunft war. Auf diese Weise sorgte die Menge dafür, daß alles Murren und Fragen, begründet oder nicht, zum Schweigen gebracht wurde. Die Apostel machten sich in der Auswahl mit der Versammlung eins, indem sie denen, die erwählt waren, unter Gebet die Hände auflegten. Der Widersacher hinter den Kulissen war aufs neue geschlagen.

Er war eigentlich mehr als geschlagen; denn statt daß die Apostel vom Dienst am Wort Gottes abgebracht wurden, wuchs es gewaltig, und viele neue Bekehrungen fanden statt. Es kamen sogar viele der Priester zum Glauben. Außerdem wurde Stephanus, einer der sieben, ein besonderes Werkzeug der Gnade und Kraft des Geistes Gottes, und zwar so gewaltig, daß wir in dem Rest dieses Kapitels und auch dem folgenden Kapitel von dem hören, was Gott bis zu seinem Märtyrertod durch ihn bewirkte.

Die in Stephanus wirkende Kraft war so offensichtlich, daß sie Widerstand von anderer Seite wachrief. Die Männer der unterschiedlichen Synagogen, die in Vers 9 erwähnt werden, gehörten offenbar alle zu den Hellenisten, wie auch Stephanus selbst. Ihre Redegewandtheit war wie nichts verglichen mit der Kraft des Geistes in Stephanus. So nahmen sie Zuflucht zu der üblichen Methode, falsche Zeugen und Gewalt anzuwenden. In Vers 11 stellten sie Mose vor Gott. Immerhin wußten sie, was die Leidenschaften der Volksmenge am meisten ansprechen würde. Für sie war Moses, da er Mensch war, wirklicher als der unsichtbare Gott. Ebenso hatte für sie „die heilige Stätte“, die sie vor Augen hatten, Vorrang vor dem Gesetz (V. 13), und schließlich waren ihnen die „Gebräuche“, die ihnen Moses überliefert hatte, wertvoller als alles andere. Indem sie Stephanus vor das Synedrium schleppten, bezichtigten sie ihn der Lästerung und warfen ihm vor, er habe verkündigt, Jesus von Nazareth würde ihre heilige Stätte zerstören und die Gebräuche verändern. Diese Anklage enthielt allerdings die bedeutende Wahrheit, daß das Kommen Jesu tatsächlich einen neuen Anfang in den Wegen Gottes eingeleitet hatte.

Auf diesem öffentlichen Weg wurde die Auseinandersetzung zwischen dem Volk und Gott ein Stück weitergeführt. Sie forderten Gott heraus, und Gott nahm ihre Herausforderung an, indem Er Stephanus so mit dem Geist erfüllte, daß sich sogar das Aussehen seines Angesichts veränderte und jeder es sah. Durch seinen Mund gab der Heilige Geist dann ein abschließendes Zeugnis gegen das Volk. Die Obersten fanden sich vor den Gerichtshof Gottes gestellt durch den Heiligen Geist, der durch genau den Mann sprach, der vor ihr Gericht gestellt werden sollte.

 

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