Eine Auslegung des Markusevangeliums

Kapitel 11

Der Herr geht jetzt auf seiner Reise nach Jerusalem weiter. Es war seine letzte Vorstellung, so weit das äußere Zeugnis reichte, als der Messias. Seine Aufgabe als Prophet war erfüllt und verworfen worden; das große Werk der Versöhnung lag noch vor Ihm. Zwischen beiden lag sein königliches Vorrücken, wie man es nennen mag, auf die Stadt des Großen Königs zu. Er war der vorhergesagte Prophet wie Mose; und doch sprach nie ein Mensch wie dieser Mensch. Er war das Gegenbild aller Opfer; und doch waren sie nur die Schatten und noch nicht einmal ein Bild der kommenden Wirklichkeit. Ebenso wich Er auch in seinem Charakter als König der Könige und Herr der Herren von der üblichen Handlungsweise von Königen ab, als Er in sein Besitztum auf der Erde, sein peculium (lat. „Sondergut“) einzog, indem Er die Frage, ob sein Volk in annehmen wollte, endgültig entscheiden ließ.

„Und als sie sich Jerusalem, Bethphage und Bethanien nähern, gegen den Ölberg hin, sendet er zwei seiner Jünger und spricht zu ihnen: Geht hin in das Dorf euch gegenüber; und sogleich, wenn ihr dort hineinkommt, werdet ihr ein Fohlen angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat; bindet es los und bringt es herbei. Und wenn jemand zu euch sagt: Warum tut ihr dies?, so sagt: Der Herr benötigt es, und er sendet es sogleich hierher“ (V. 1–3).1

Es handelt sich hier vor allem um eine Szene unter der leitenden Hand Gottes. Er beherrschte die Empfindungen der Zeugen, die sahen wie das Füllen weggeholt wurde. Genauso leitete Er im folgenden Ereignis die Handlungen und Zurufe der Volksmenge am Weg. „Die Entwürfe des Herzens sind des Menschen, aber die Antwort der Zunge kommt von dem HERRN [Jahwe]“ (Spr 16,1 nach der englischen „Authorized Version“). Das ist hier anscheinend so sehr der Fall, dass nach meiner Mutmaßung der Ausdruck „der Herr“ wie in Markus 5,19 absichtlich so unbestimmt gelassen wurde. Der Herr benötigte das Eselsfüllen, unabhängig davon, ob sie diesen Titel Jahwe oder dem König, der auf diese Weise in Gottes Namen kam, zuschrieben. Wenn ihr Glaube in dem Messias wirklich Jahwe erkannte, dann war es richtig – und für sie nur umso besser. Doch ich bin mir nicht sicher, ob man darauf bestehen darf, dass die Absicht des Heiligen Geistes in beiden Fällen so weit ging, dem Wort „Herr“ diese Bedeutung zuzuschreiben. Nur zu den beiden letzten Versen dieses Evangeliums können wir mit Sicherheit sagen, dass Jesus als „der Herr“ bezeichnet wird. Diese Zurückhaltung unseres Evangelisten, der sich mit dem Dienst Jesu hienieden beschäftigt, bis zur Darstellung seines letzten Triumphes ist auffallend schön. Genauso ist es auch mit dem Weglassen dieses Titels vorher und seine Einführung am Ende des Evangeliums.

„Und sie gingen hin und fanden ein Fohlen angebunden an einer Tür draußen auf der Straße; und sie binden es los. Und einige von denen, die dort standen, sprachen zu ihnen: Was tut ihr, dass ihr das Fohlen losbindet? Sie aber sprachen zu ihnen, wie Jesus gesagt hatte. Und sie ließen sie gewähren. Und sie bringen das Fohlen zu Jesus und legen ihre Kleider darauf, und er setzte sich darauf. Und viele breiteten ihre Kleider auf den Weg aus, andere aber Zweige, die sie auf den Feldern2 abgehauen hatten; und die Vorangehenden und die Nachfolgenden riefen: Hosanna! Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn! Gepriesen sei das kommende Reich unseres Vaters David! Hosanna in der Höhe!“ (V. 4–10).

Das war ein einmalig strahlendes Zeugnis über die Wege Gottes. Es zeigte sich sowohl in der immer anbetungswürdigen Person Dessen, der sich in seiner Herablassung seinem Volk zur Aufnahme anbot, als auch in den angemessenen Rufen der Volksmenge, so wenig sie auch die Wahrheit ihrer Worte und den Ernst der Situation für ihre Nation und ihre Stadt von jenem Tag an bis heute erkannten. Ich wiederhole: Gott wirkte in ihrer Mitte. Er wollte, dass ein wahres, wenn auch verachtetes Zeugnis an den König abgelegt wurde, auch wenn Er sich noch so sehr erniedrigen mochte. Matthäus stellt dar, wie die prophetische Voraussage in jenem seltsamen Anblick erfüllt wurde. Lukas fügt zu dem Preis an Gott, der die Münder und Herzen der Jünger erfüllte, die Worte „Friede im Himmel und Herrlichkeit in der Höhe!“ (Lk 19,38) hinzu sowie auch die Klage und die Tränen des gepriesenen Heilands über Jerusalem. Es passt am besten zum Thema des Markusevangeliums, wenn er sagt: „Und er zog in Jerusalem ein, in den Tempel; und als er über alles umhergeblickt hatte, ging er, da es schon spät an der Zeit war, mit den Zwölfen hinaus nach Bethanien“ (V. 11).

Matthäus unterscheidet, wie häufig, nicht die verschiedenen Schritte der Handlung. Aus seinem Bericht könnten wir nicht entnehmen, dass der Herr am ersten Tag seines Besuches nur auf alles umherblickte und dass Er erst am folgenden Tag jene hinaustrieb, die den Tempel mit ihrem Kaufen und Verkaufen entweihten. So schreibt auch nur er von den Blinden und Lahmen, die sich dem Herrn nahten, um geheilt zu werden (Mt 21,14). Ich weiß, dass einige diese Schwierigkeit dadurch zu lösen versuchen, indem sie annehmen, dass Matthäus uns von einer Reinigung des Tempels am ersten Tag und Markus von einer solchen am zweiten Tag berichtet. Doch für mich sieht es so aus, dass diese Vermutung unmissverständlich durch die Genauigkeit der Ausdrucksweise unseres Evangelisten bezüglich dieses zweiten Tages widerlegt wird. Markus sagt, dass am zweiten und nicht am ersten Tag Jesus „fing er an“, solche hinauszutreiben, die „im Tempel verkauften und kauften“ (V. 15).

Johannes lässt andererseits diese Reinigung des Tempels völlig weg. Stattdessen berichtet er (in Joh 2,13–17) – und kein anderer Evangelist – von einer früheren Handlung gleichen Charakters, bevor unser Herr in seinen öffentlichen oder galiläischen Dienst eintrat. Doch das steht in ausgezeichneter Übereinstimmung mit dem ganzen Thema seines Evangeliums. Es beginnt sozusagen an dem Punkt, zu dem uns die anderen Evangelisten nach und nach hinführen: Von Anfang an wurde der Herr von seinem Volk, welches Ihn hasste, verworfen, sodass Er es eigentlich nur verabscheuen konnte.

Es gibt eine ähnliche Zusammenlegung eines zweiteiligen Berichtes zu einem einzigen, wenn wir Matthäus' Beschreibung des verfluchten Feigenbaums mit derjenigen von Markus vergleichen. „Und am folgenden Tag, als sie von Bethanien weggegangen waren, hungerte ihn. Und als er von weitem einen Feigenbaum sah, der Blätter hatte, ging er hin, ob er vielleicht etwas an ihm fände; und als er zu ihm kam, fand er nichts als Blätter, denn es war nicht die Zeit der Feigen. Und er hob an und sprach zu ihm: Nie mehr esse jemand Frucht von dir in Ewigkeit! Und seine Jünger hörten es“ (V. 12–14). Wenn es Feigenzeit gewesen wäre, hätte man die Frucht vielleicht schon abgepflückt. Da es aber noch nicht die Zeit der Feigen war, musste Frucht an ihm gewesen sein, es sei denn der Baum war unfruchtbar. So wurde er zum Sinnbild des Juden, welcher für Gott fruchtlos war, obwohl seine äußere Erscheinung in den Augen der Menschen vor Leben überquoll. Der Baum hatte Blätter, jedoch keine Frucht. Darum wurde sein Verderben verkündet. Und dieser Ausspruch wurde genauso bestimmt an dem Feigenbaum wie auch seither an dem leeren Bekenntnis der Juden verwirklicht.

Nachdem das Verderben des unfruchtbaren Feigenbaums ausgesprochen war, kamen sie nach Jerusalem. Dort betraten sie den Tempel, wo der Herr anfing, jene auszutreiben, die im Tempel verkauften und kauften. Er stieß die Tische der Geldwechsler und die Sitze der Taubenverkäufer um und erlaubte nicht, dass jemand ein Gefäß durch den Tempel trug. Daraufhin lehrte Er öffentlich, was in Jesaja 56,7 und Jeremia 7,11 geschrieben steht, nämlich über die Aufgabe des Tempels nach den Gedanken Gottes und den selbstsüchtigen Missbrauch desselben durch den Menschen, den dieser inzwischen eingeführt hatte. „Und er lehrte und sprach zu ihnen: Steht nicht geschrieben:,Mein Haus wird ein Bethaus genannt werden für alle Nationen? Ihr aber habt es zu einer Räuberhöhle gemacht“ (V. 15–17).

Dieser Tadel aus den prophetischen Schriften war nicht kraftlos. Doch er fiel auf einen Boden, der nur an Dornen und Disteln fruchtbar war. Ansonsten war dieser Boden wertlos und jenem Fluch nahe, wenn nicht sogar schon unter ihm, der gerade über dem Symbol ihres Zustandes verhängt worden war. „Und die Hohenpriester und die Schriftgelehrten hörten es und suchten, wie sie ihn umbringen könnten; denn sie fürchteten ihn, weil die ganze Volksmenge sehr erstaunt war über seine Lehre“ (V. 18). Sicherlich war ihr Ende die Verbrennung. Nicht Gott war in ihren Gedanken, sondern der Mensch. Das Ich und nicht das Gewissen leitete sie. Was für ein Bild! Der gerechte, auserwählte Knecht, der Sohn Gottes, wurde bis auf den Tod gehasst. Das geschah nicht durch die Volksmenge, welche zwar gedankenlos und wankelmütig war, aber dennoch den ungewohnten Worten einer heiligen Rechtfertigung Gottes und den Worten der Güte gegen den Menschen, bzw. des ernsten Tadels für die stolzen Verderber der heiligen Dinge gerne zuhörten. Ach, es waren sie, die Obersten der Religion, die Theologen jener Tage, die vor dem Licht Gottes zurückschreckten und es vor allem auslöschen wollten, damit sie ihren Einfluss unter den Menschen, welche sie nicht liebten, sondern verachteten, beibehielten. Und ist die Welt und ihre Religion heute besser?

Was konnte Jesus auf einem solchen Schauplatz halten, der umso abstoßender war, weil es sich dem Vorrecht und der Verantwortung nach um die „heilige Stadt“ handelte? Nichts als der Botengang der heiligen Liebe, den Er gekommen war! Deshalb zog Er sich, als die Nacht herankam und sein Werk für den Tag getan war, wieder aus der Stadt zurück (V. 19). Wer anders als nur der Feind konnte jenen lästerlichen Gedanken eingeben, dass diese Stadt für Ihn ein zu heiliger Boden war, um jetzt schon darauf zu ruhen?3

Als sie am nächsten Morgen vorübergingen, erinnerte der von den Wurzeln her verdorrte Feigenbaum Petrus an den gestrigen Fluch. Die Antwort des Meisters bestand in den Worten: „Habt Glauben an Gott“ (V. 22). Der Ausdruck ist hier betonter als im Matthäusevangelium, und er ist auch von der schwerwiegendsten Bedeutung für die Knechte Gottes angesichts der Schuld und dem Verderben dessen, was sehr schön erschien, beziehungsweise unter den Menschen am höchsten eingeschätzt wurde. Der Feigenbaum versinnbildlichte das Volk in seiner religiösen Anmaßung, welches jetzt offensichtlich völlig wertlos war und darum von Dem gerichtet wurde, der dazu das Recht hatte und hat. Der „Berg“ (vgl. V. 20–24) soll wohl eher ihren „Ort als auch [ihre] Nation“ (Joh 11,48) kennzeichnen, für welche die Juden in ihrem Unglauben sich große Mühe gaben, um sie unter römischer Schutzherrschaft zu halten („Wir haben keinen König, als nur den Kaiser“; Joh 19,15). In jüdischen Augen stand der „Berg“ fest; für den Glauben der Jünger war er verflucht und sollte bald gewaltsam aufgehoben werden und im See der Nationen verschwinden.4 Das ist die ausdrückliche Wirkungskraft des Glaubens. Eine andere Voraussetzung für diese Wirkungskraft, die allerdings auch vom Glauben bewirkt wird, liegt in dem Geist eines gnädigen Vergebens gegen jeden, der uns Unrecht getan oder sich auf andere Weise gegen uns vergangen hat (V. 25–26). Im Matthäusevangelium findet diese Wahrheit ihren Platz in der Bergpredigt und dort insbesondere in dem Gebet. Der Gegensatz dazu, die Vergeltung, erscheint im Gleichnis vom unbarmherzigen Knecht (Mt 18–23-34). Im Lukasevangelium wird dieser Grundsatz auf eine andere Weise ausgedrückt.

Der nächste Besuch in Jerusalem (V. 27–33) konfrontierte den Herrn, als Er im Tempel umging, mit den Hohenpriestern, den Schriftgelehrten und den Ältesten, die Ihn fragten, in welchem Recht Er diese Dinge tue und wer Ihm das Recht gegeben habe. Jesus verpflichtete sich, über seine Autorität zu reden, wenn sie seine Frage bezüglich der Taufe Johannes' beantworten würden. War sie vom Himmel oder von Menschen? Das war ein Appell an das Gewissen. Doch sie hatten kein Gewissen (außer einem schlechten). Es zog sich sofort hinter Vorbehalte zurück aus Furcht, sich bloßzustellen, und fürchtete sich nicht, mit Gott und Menschen zu spielen. Denn sie überlegten miteinander, dass sie Johannes' Zeugnis über Jesus annehmen müssten, wenn sie die Taufe des Johannes als vom Himmel kommend anerkannten. Andererseits, wenn sie darauf bestanden, dass sie von Menschen war, verscherzten sie die Gunst des Volkes, weil Johannes allgemein für einen Propheten gehalten wurde. Sie zogen es deshalb vor, sich hinter einer scheinbar klugen Unwissenheit zu verstecken.

Wer waren sie also, um die Autorität Jesu zu bezweifeln? Wenn die einzige Antwort lautete: „Wir wissen es nicht“ (V. 33), bekannten sie ihre Inkompetenz. Jene, welche die Frage bezüglich des Knechtes nicht beantworten konnten, waren sicherlich nicht befähigt, über den Dienstherrn zu urteilen. In Wirklichkeit war ihre Unfähigkeit, wenn möglich, kleiner als ihre heuchlerische Bosheit. Die Schuld lag mehr in ihrem Willen als in ihrem Verständnis. Der Herr war mehr als gerechtfertigt, wenn Er solchen Menschen ihre Frage nicht beantwortete. In welcher Lage fanden sich jetzt diese Menschen wieder, die seine Autorität prüfen wollten! Sie wurden unter dem Schatten und der Schande ihrer selbst eingestandenen Unwissenheit angesichts des damals schwerwiegendsten religiösen Problems, das vor ihnen stand, zurückgelassen. Sie waren gezwungen, sich vor Dem zu beugen, der die Untersuchung mit unaussprechlicher Würde und mit der allein angemessenen Weisheit abschloss. „So sage auch ich euch nicht, in welchem Recht ich diese Dinge tue.“

„O Herr, Du kanntest alle Dinge! Du wusstest, dass diese Männer dich hassten!“

Fußnoten

  • 1 Wenn Lachmann (durch seine Interpunktion bzw. Nicht-Interpunktion der beiden letzten Sätze; denn er liest: 'O κύριος αὐτοῦ χρείαν ἔχει καὶ εὐθὺς αὐτὸν ἀποστέλλει ὧδε“) meint, dass es der Herr sei, der auch sogleich das Füllen sendet, dann erscheint es mir seltsam, warum er das Wort „πάλιν“ nicht zusätzlich einfügt, welches in den Manuskripten von Sinai, Cambridge (Bezas), vom Vatikan, von Paris (L.) und mehr als zehn Kursivschriften enthalten ist. Nach meiner Meinung widerspricht das Wort „ὧδε“ dieser Interpretation, welche statt dessen das Wort „ἐκεῖ“ („dort“ oder „dorthin“) erfordert (W. K.). Anm. d. Übers.: Das von Kelly angeschnittene Problem ist anscheinend auch heute noch nicht gelöst. Es geht darum, wer das Eselsfüllen sendet: Ist es der Besitzer des Eselsfüllen oder der Herr Jesus? Die erste Frage, die beantwortet werden muss, besteht darin, ob hinter dem „bedarf seiner“ („χρείαν ἔχει“) ein Komma oder Semikolon stehen muss (Die griechischen Originaltexte der Bibel wurden nämlich ohne Satzzeichen geschrieben). Ohne Satzzeichen spricht alles dafür, dass das Subjekt des ersten Satzes, der Herr Jesus, auch das Subjekt des zweiten Satzes ist. Dieser Ansicht folgt der erwähnte deutsche Herausgeber eines griechischen Neuen Testaments Karl Lachmann (1793–1851). Er fügt kein Satzzeichen ein. Nach seiner Meinung ist es der Herr Jesus, der das Füllen sendet, und zwar wieder zurück, nachdem er es nicht mehr braucht. Eine heutige Übersetzung, die dieser Ansicht folgt, befindet sich in dem Buch von K. Berger und Chr. Nord: Das Neue Testament und frühchristliche Schriften, Frankfurt/M. & Leipzig, 1999 (vgl. auch die moderne Übersetzung „Hoffnung für alle!“). Die meisten Bibelwissenschaftler setzen jedoch ein Semikolon ein und beziehen den zweiten Satz auf den Besitzer des Füllens. Damit sind aber keineswegs alle Probleme gelöst; denn so wie der griechische Text heute akzeptiert wird, lautet er in deutscher Übersetzung: „und sogleich sendet er es wieder („πάλιν“) hierher.“ Das Problem liefert das Wort „πάλιν“ („wieder“). Das Wort „wieder“ spricht dafür, dass der Besitzer des Esels vorher schon etwas getan hat, was jedoch nicht der Fall ist. Stattdessen hat im Satz vorher der Herr Jesus gehandelt. Darum weist Kelly auch darauf hin, dass Lachmann diese Stütze seiner Interpunktion (Satzzeichensetzung) nicht berücksichtigt hat. Andererseits besagt das Wort „ὧδε“ („hierher“), dass das Füllen zum Herrn Jesus und nicht zurück zum Besitzer gesandt werden sollte, denn dann müsste im Text das von Kelly erwähnte „ἐκεῖ“ („dort“ oder „dorthin“) stehen. Nach Chr. Briem: Das Neue Testament mit sprachlichen Erklärungen aus dem Grundtext 1, Hückeswagen, 1995, (vgl. auch „Nestle-Aland“, 26. Aufl. u. f.!) wird das Wort „πάλιν“ („wieder“) heute nicht mehr als sicher zum Bibeltext gehörend angesehen. Vielleicht liegt die Lösung des Problems darin, dass tatsächlich dieses Wort gar nicht zum inspirierten Bibeltext gehört, sondern erst von den Abschreibern eingefügt wurde.
  • 2 Mir scheint, dass das, was ich oben gegeben habe, die beste Lesart ist (Anm. d. Übers.: Vgl. auch die überarbeitete Fassung des Neuen Testaments der Elberfelder Übersetzung von 1996!). Den überlieferten Text verdanken wir der Gewohnheit, dieses Evangelium den entsprechenden Abschnitten im Matthäus- und Lukasevangelium anzugleichen. Die häufige Verwendung der Gegenwartsform (Präsens) durch Markus ist eine Eigenschaft seines Stils und gibt dem, was er beschreibt, mehr Lebendigkeit. Die Hauptabweichung vom üblichen Text liegt im letzten Satz von Vers 8, wo wir den kurzen Ausdruck „κόψαντες ἐκ τῶν ἀγρῶν“ in den Codices Sinaiticus, Vaticanus, Ephraemi S. und L. von Paris und Graeco-Lat. von St. Gallen (D), neben verschiedenen Übersetzungen, finden (W. K.).
  • 3 Eine Quelle für diese Anführung ist nicht angegeben und dem Übersetzer unbekannt (Übs.).
  • 4 Der „Textus Receptus“ ist keineswegs korrekt. Der Sinaiticus und andere MSS. geben: „Wenn ihr Glauben an Gott habt, wahrlich ...“ Doch unabhängig davon, sollte der Schluss von Vers 23, wie ich denke, folgendermaßen lauten: „ ... sondern glauben, dass es geschieht, was er sagt, dem wird [es] werden.“ (Anm. d. Übers.: vgl. auch die überarbeitete Fassung des Neuen Testamentes der Elberfelder Übersetzung von 1996). Und Vers 24 sollte lauten: „Darum sage ich euch: Alles, um was irgend ihr betet und bittet – glaubt, dass ihr es empfangt [vgl. Fußnote in unserer Bibel!; Übs.], und es wird euch werden“ (W. K).
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