Vorträge von H.L.Heijkoop 1968-1973 (Zukunft/Versammlung)

Was sagt die Bibel über die Versammlung? (3)

Epheser 1,15–23

„Weshalb auch ich, nachdem ich gehört habe von dem Glauben an den Herrn Jesus, der in euch ist, und von der Liebe, die ihr zu allen Heiligen habt, nicht aufhöre, für euch zu danken, euer erwähnend in meinen Gebeten, auf dass der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, euch gebe den Geist der Weisheit und Offenbarung in der Erkenntnis seiner selbst, damit ihr, erleuchtet an den Augen eures Herzens, wisset, welches die Hoffnung seiner Berufung ist, und welches der Reichtum der Herrlichkeit seines Erbes in den Heiligen, und welches die überschwengliche Größe seiner Kraft an uns, den Glaubenden, nach der Wirksamkeit der Macht seiner Stärke, in welcher er gewirkt hat in dem Christus, indem er ihn aus den Toten auferweckte; (und er setzte ihn zu seiner Rechten in den himmlischen Örtern, über jedes Fürstentum und jede Gewalt und Kraft und Herrschaft und jeden Namen, der genannt wird, nicht allein in diesem Zeitalter, sondern auch in dem zukünftigen, und hat alles seinen Füßen unterworfen und ihn als Haupt über alles der Versammlung gegeben, welche sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt).“

Wir haben in unseren beiden Liedern von der Güte und Liebe Gottes gesungen. „Du bist's, der uns so innig liebt. Du Gott voll Huld und Güte. Und wie Du liebst und wie Du gibst, um stets uns zu beglücken, ist nimmer auszudrücken.“ Und dann: „Und Dein Geist zeig' uns in Klarheit Gottes Herz voll Gnad' und Wahrheit.“ Könnten wir eine Stelle in Gottes Wort nennen, wo dies mehr geoffenbart wird, als diese Verse, die wir gelesen haben?

Wir haben hier das Gebet des Apostels; er hatte von dem Glauben der Epheser an den Herrn Jesus gehört und von der Liebe, die sie zu allen Heiligen hatten, und nun konnte er nicht aufhören, für sie zu danken und zu beten, „dass der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, euch gebe den Geist der Weisheit und Offenbarung in der Erkenntnis seiner selbst“. Sie sollten also Ihn Selbst kennen lernen, den Gott unseres Herrn Jesus Christus, den Vater der Herrlichkeit, „damit ihr, erleuchtet an den Augen eures Herzens, wisset...“ – und dann werden drei Dinge genannt, worin die Liebe des Vaters geoffenbart ist.

Ich möchte darauf hinweisen, dass Gott hier „der Gott unseres Herrn Jesus Christus“ genannt wird. Das bedeutet also, dass wir den Herrn Jesus hier als den Menschen Christus Jesus sehen. Im Gebet haben wir zum Ausdruck gebracht, dass die Versammlung auf den Sohn des lebendigen Gottes, den Felsen, gegründet ist, d. h. auf den Herrn Jesus als den ewigen Sohn Gottes, auf Gott den Sohn. Er ist der Fels, auf dem die Versammlung erbaut ist, unwandelbar sicher. Aber in Seiner Verbindung mit der Versammlung ist Er nicht der ewige Sohn Gottes, sondern der Sohn Gottes, der Mensch wurde; denn wir konnten nur mit Ihm als dem Menschen Christus Jesus vereinigt werden.

In Johannes 14 haben wir, wenn auch in anderem Zusammenhang, den gleichen Gedanken, dass wir mit dem Herrn Jesus verbunden sind. Es geht hier, wie im ganzen Johannesevangelium, nicht um die Versammlung. Unser Leben, ewiges Leben, ist der Ausgangspunkt, und in Verbindung damit lesen wir in Vers 20: „ ... an jenem Tage“ – das ist der Tag, an dem der Heilige Geist gekommen sein würde, also jetzt, nachdem der Heilige Geist auf Erden ist – „werdet ihr erkennen, dass ich in meinem Vater bin und ihr in mir und idi in euch“. Dann würden wir verstehen, dass der Herr Jesus vollkommen eins ist mit dem Vater – nicht nur der Vater in Ihm, sondern Er in dem Vater, Gott der Sohn vollkommen eins mit Gott dem Vater.

Aber dann fügt der Herr Jesus hinzu: „ ... und ihr in mir und ich in euch“; das heißt, dass wir vollkommen mit Ihm einsgemacht sind. Er ist nicht nur in uns – das könnte sehr leicht etwas anderes bedeuten – sondern wir sind auch in Ihm. Ja, wir sind völlig mit Ihm einsgemacht, dem Menschen Christus Jesus, der aber auch der ewige Sohn Gottes ist und der als solcher eins ist mit Gott dem Vater. Nein, ein Geschöpf kann niemals in die Gottheit hineingebracht werden; aber ich glaube nicht, dass es etwas gibt, was dem näher kommt als das, was wir hier haben: Einsgemacht mit Ihm, der vollkommen eins ist mit dem Vater. Und so ist die Versammlung, wenn sie als die Braut Christi gesehen wird, mit Christus als Mensch, mit dem Sohn Gottes, der Mensch wurde, verbunden – nicht mit Ihm als dem ewigen Gott. Aber dieser Mensch ist der ewige Gott. Das sollten wir nie vergessen. Und wenn in Epheser 1 wieder über die Verbindung zwischen der Versammlung und Christus gesprochen wird, dann sehen wir Christus wirklich als Mensch, wenn dieser Mensch auch der ewige Gott ist. Aber Er ist doch Mensch, und hier geht es um unsere Einsmachung mit Ihm. Es wird hier nicht, wie in Johannes 14, von unserer persönlichen Einsmachung mit Ihm, weil wir Ihn Selbst als unser Leben empfangen haben, gesprochen, sondern hier geht es vielmehr um unsere vollkommene Einsmachung mit Seiner Stellung, d. h. in dem, was Er als Mensch von Gott empfangen hat.

So wird denn hier über den Gott unseres Herrn Jesus Christus gesprochen, und Paulus betet, dass die Epheser wissen möchten, wie gut Gott und wie groß Seine Liebe ist, „in der Erkenntnis seiner selbst“. Aber wie kann ich erfahren, wie jemand ist? Das kann ich nur aus dem, wie er sich offenbart. Und selbstverständlich trifft das besonders auf Gott zu. Gott, der Selbst ein unzugängliches Licht bewohnt, so wie 1. Timotheus 6,16 uns sagt, kann nur gekannt werden, wenn Er Sich offenbart. Selbst wenn Er nicht in einem unzugänglichen Licht wohnte, kennen wir Ihn, weil Er Gott ist und wir Geschöpfe sind, nur insoweit, als Er Sich geoffenbart hat. Und hier wird uns gesagt, worin Er Sich geoffenbart hat, damit wir Ihn kennen lernen. „Damit ihr, erleuchtet an den Augen eures Herzens, wisset“ erstens: „welches die Hoffnung seiner Berufung ist“. Das ist das, was wir in Epheser 1,3–6 finden: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christo, wie er uns auserwählt hat in ihm vor Grundlegung der Welt, dass wir heilig und tadellos seien vor ihm in Liebe; und uns zuvorbestimmt hat zur Sohnschaft durch Jesum Christum für sich selbst nach dem Wohlgefallen seines Willens, zum Preise der Herrlichkeit seiner Gnade“.

Das ist „die Hoffnung seiner Berufung“. Und ist das nicht eine wunderbare Berufung, dass Gott uns mit jeder geistlichen Segnung im Himmel gesegnet hat, dass Er uns vor Grundlegung der Welt auserwählt hat, um heilig und tadellos vor Ihm zu sein in Liebe, und dass Er uns zur Sohnschaft zuvorbestimmt hat? Das heißt ja, dass Gott an uns gedacht hat, bevor die Welt geworden war, vor Grundlegung der Welt also, und da festgelegt hat, dass wir so sein sollten, wie Er ist: „heilig und tadellos vor ihm in Liebe“. Schon da hat Er bestimmt, dass wir Seine Söhne sein sollten – „zur Sohnschaft durch Jesum Christum für sich selbst“ – und dass wir teilhaben sollten an allen Segnungen „in den himmlischen Örtern“, d.h. an den Segnungen, die im Himmel gefunden werden. Bevor der Mensch überhaupt da war, ja, bevor die Fundamente der Erde gelegt waren, hat Gott das in Seinem Ratschluss festgelegt, „nach dem Wohlgefallen seines Willens, zum Preise der Herrlichkeit seiner Gnade“ – also nicht, weil etwas Ihn dazu verpflichtete, sondern nur nach Seinem eigenen Willen. Welch eine Offenbarung davon, dass Gott Liebe ist! Wie gut ist Er!

Ich will jetzt nicht viel über diese Verse sagen, weil wir dadurch vom Thema abkämen. Aber ich muss sie doch erwähnen. Heilig und tadellos vor Ihm sollten wir sein, d. h. Menschen, die fähig sind, in Seiner Gegenwart zu sein, so wie Kolosser 1,12 sagt, dass wir fähig gemacht sind zum Anteil am Erbe der Heiligen in dem Lichte. Es heißt hier aber nicht nur „heilig und tadellos“, sondern „heilig und tadellos vor ihm in Liebe“. Das gleiche finden wir in Kolosser 1,13, wo gesagt wird, dass wir versetzt sind in das Reich des Sohnes Seiner Liebe. Gott ist Licht, und Gott ist Liebe, und Er hat bestimmt, dass wir Ihm vollkommen entsprechen sollten. Wir sollten heilig und tadellos sein in Liebe und somit vollkommen passend, in Seiner Gegenwart zu sein.

Aber Er wollte uns nicht nur als Sklaven, als Diener, wie es die Engel sind, in Seiner Gegenwart haben. Wir sollten dort als Seine Kinder sein, und zwar nicht als kleine Kinder, die man lieb hat, denen man aber doch befiehlt – nein, als Seine Söhne, als Personen, die in Seiner Gegenwart Rechte haben und mit welchen der Vater Seine Gedanken, Seine Pläne, ja alles, was in Seinem Herzen ist, bespricht, wie in Römer 8,29 gesagt wird, dass Er uns „zuvorerkannt und zuvorbestimmt“ hat, „dem Bilde seines Sohnes gleichförmig zu sein, damit er (Christus) der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern“.

Unser Teil dort wird beschrieben mit den Worten: „Gesegnet mit jeder geistlichen Segnung (oder: allen geistlichen Segnungen) in den himmlischen Örtern in Christo“. Das ist ein wunderbarer Ausdruck – alle geistlichen Segnungen, jede geistliche Segnung im Himmel. Wenn wir darüber nachdenken, verstehen wir, was damit gesagt ist: Es gibt keinen einzigen Segen im Himmel, den Gott uns nicht gegeben hat, und wir haben nicht nur einen Teil der Segnungen im Himmel empfangen, sondern Gott hat uns mit allen Segnungen gesegnet, die da sind. Wir haben also weitaus mehr empfangen als die Engel. Wie glückselig die Engel auch sind, sie sind Knechte, Diener, und es gibt Dinge im Himmel, die ihnen nicht zustehen, die sie nicht genießen können.

Und was sind das für Segnungen, die wir empfangen haben? Wenn Gottes Wort uns sagt, dass wir mit allen geistlichen Segnungen gesegnet sind, dann bedeutet das, dass Gott uns dasselbe Teil gegeben hat wie dem Herrn Jesus, das, was schon immer Sein Teil war; denn nur E r genoss alle Segnungen. Alles, was gut, alles, was lieblich, alles, was herrlich ist im Himmel, gehörte Ihm, dem Vater und dem Sohn. Und nun steht hier, dass Er uns alles das gegeben hat und wir alles mit dem Herrn Jesus teilen sollen, was im Hause des Vaters, im Himmel, gefunden wird. Welch eine überwältigende Güte, welch eine überwältigende Gnade Gottes, das alles solch kleinen Geschöpfen, wie wir es waren, zu geben, uns, von denen Er überdies wusste, dass wir Sünder sein würden!

Aber dann taucht die Frage auf: Auf welche Weise ist das möglich? Die Menschen sind doch geschaffen worden, um hier auf Erden zu leben! Psalm 115,16 sagt: „Die Himmel sind die Himmel Jehovas, die Erde aber hat er den Menschenkindern gegeben“. Wir sind ja nicht einmal fähig, diese Erde zu verlassen. Wenn wir es tun, ohne dass besondere Vorkehrungen getroffen werden, sterben wir. Wie kann Gott uns dann dort einen Platz geben? Wie kann er „Menschen wie wir es sind, dem Bilde Seines Sohnes, des Herrn Jesus, gleichförmig machen? Wie kann er uns „heilig und tadellos“ machen in Liebe, uns diese Stellung von Söhnen geben? Wie können wir teilhaben an allen Segnungen, die dort im Himmel sind, Segnungen, die bisher nur von Gott dem Vater, Gott dem Sohn und Gott dem Heiligen Geist genossen wurden?

Das ist die Frage, die beantwortet werden muss und auf die wir noch zurückkommen. Ich wollte jetzt nur soviel sagen: Das sind die Segnungen, die der Vater uns gegeben hat.

Als Zweites finden wir dann in Epheser 1,18: „Welches der Reichtum der Herrlichkeit seines Erbes in den Heiligen ist“, und das ist das, was wir in Epheser 1,10–13 haben: „... das er sich vorgesetzt hat in sich selbst für die Verwaltung der Fülle der Zeiten“ – „die Fülle der Zeiten“ sagt schon, dass es hier um diese Erde geht; denn im Himmel, in der Ewigkeit, gibt es keine Zeiten; das Letzte in der Zeit ist das tausendjährige Reich – „alles unter ein Haupt zusammenzubringen in dem Christus, das, was in den Himmeln, und das, was auf der Erde ist“. Und dann steht etwas Wunderbares dabei. Nachdem Gott also gesagt hat, dass Er Sich vorgesetzt hat, alles unter Christus zusammenzubringen, so dass dieser über alles herrschen würde, folgt: „... in welchem wir auch ein Erbteil erlangt haben, die wir zuvorbestimmt sind nach dem Vorsatz dessen, der alles wirkt nach dem Rate seines Willens, damit wir zum Preise seiner Herrlichkeit seien...“ Wie ist das möglich?

Dies steht in Verbindung mit dem, was wir in Psalm 8 finden. Wie wir wissen, sagt Gott in Psalm 2 von dem Herrn Jesus: „Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt. Habe doch ich meinen König gesalbt auf Zion, meinem heiligen Berge.“ Aber die Könige der Welt und die Fürsten Israels verwerfen den Herrn Jesus, und das Resultat ist: Wenn auch der, der im Himmel wohnt, lacht – die Welt verwirft Ihn, und Christus muss leiden.

In den Psalm 3 – 7 haben wir dann die Leiden des gläubigen Überrestes aus Israel, der mit Ihm verbunden ist, die Leiden, die ihr Teil sind als Folge ihrer Verbindung mit dem verworfenen Christus.

Aber dann kommt Psalm 8; und der sagt uns, dass, wenn der Herr Jesus als König Israels verworfen ist, Gott Ihm einen neuen Platz als Sohn des Menschen gibt, d. i. einen Platz, der nicht auf Israel beschränkt ist. Er wird König in Israel sein, aber als Sohn des Menschen bringt Gott den Herrn Jesus jetzt mit der ganzen Menschheit in Verbindung und sagt, dass Er als Sohn des Menschen über das ganze Weltall herrschen wird. „Was ist der Mensch, dass du sein gedenkst, und des Menschen Sohn, dass du auf ihn acht hast? Denn ein wenig hast du ihn unter die Engel erniedrigt; und mit Herrlichkeit und Pracht hast du ihn gekrönt. Du hast ihn zum Herrscher gemacht über die Werke deiner Hände; alles hast du unter seine Füße gestellt: Schafe und Rinder allesamt und auch die Tiere des Feldes, das Gevögel des Himmels und die Fische des Meeres, was die Pfade der Meere durchwandert.“

Dieser Psalm wird im Neuen Testament dreimal angeführt und alle drei Male auf den Herrn Jesus angewandt. Ich bringe diese Stellen nicht in ihrer zeitlichen, sondern in ihrer moralischen Reihenfolge. Hebräer 2,8 sagt, dass, wenn es in Psalm 8 heißt, dass alles den Füßen des Herrn Jesus unterworfen ist, dies „alles“ nicht nur die Erde, sondern auch die Himmel umfasst, dass also das ganze Weltall Ihm Untertan sein wird.

In 1. Korinther 15,27 lesen wir dann: „Wenn er aber sagt, dass alles unterworfen sei, so ist es offenbar, dass der ausgenommen ist, der ihm alles unterworfen hat.“ Der Vater also, der alles unter Seine Füße gesetzt hat, wird Ihm nicht unterworfen sein. Himmel und Erde, Menschen, Engel, die ganze Schöpfung, alles wird Seinen Füßen unterworfen sein – nur der Vater nicht, der Ihm alles unterworfen hat. Als der Sohn des Menschen, also als Mensch wird der Herr Jesus über alles herrschen.

So haben wir es auch in Epheser 1,22 gelesen: „Und hat alles seinen Füßen unterworfen und ihn als Haupt über alles der Versammlung gegeben...“

Aber wenn das wahr ist, wenn mit Ausnahme des Vaters alles Ihm unterworfen ist, wie kann es dann sein, dass, wie Epheser 1,11 sagt, wir mit Ihm ein Erbteil erlangen und wir also nicht unterworfen sein werden? Denn wenn ich Miterbe bin, bin ich dem anderen Erben gleichgestellt und nicht unterworfen; ich bin Miterbe mit Ihm. Und die Schrift sagt auch ganz deutlich, dass wir mit Christus über diese Erde herrschen und mit Ihm regieren werden. Und wenn ich mit allen geistlichen Segnungen gesegnet bin, dann werde ich auch daran teilhaben, dass Christus über das Weltall regieren wird. Wie ist das zu erklären?

Dies ist eine zweite Frage, die in Verbindung mit den Segnungen aufkommt, die wir im ersten Teil des Kapitels gefunden haben.

Dann kommt in Vers 19 das Dritte: „Und welches die überschwengliche Größe seiner Kraft an uns, den Glaubenden, nach der Wirksamkeit der Macht seiner Stärke.“ Was ist das? Wir finden das in Kapitel 2,5: „... als auch wir in den Vergehungen tot waren, hat uns mit dem Christus lebendig gemacht – durch Gnade seid ihr errettet – und hat uns mitauferweckt und mitsitzen lassen in den himmlischen Örtern in Christo Jesu“. Wie konnte Gott das tun? Wie konnte Er Menschen wie uns, sündige Menschen, tot in Vergehungen und Sünden mit Christus auferwecken und „mitsitzen lassen in den himmlischen Örtern“?  Wie ist das möglich?

Das ist die dritte Frage, und gleich darauf folgt die Antwort, auf welche Weise Gott das getan hat. Wenn wir diese Antwort überdenken, können wir Epheser 3,9 verstehen: „... und alle zu erleuchten, welches die Verwaltung des Geheimnisses sei, das von den Zeitaltern her verborgen war in Gott, der alle Dinge geschaffen hat, auf dass jetzt den Fürstentümern und den Gewalten in den himmlischen Örtern durch die Versammlung kundgetan werde die gar mannigfaltige Weisheit Gottes, nach dem Vorsatz der Zeitalter, den er gefasst hat in Christo Jesu, unserem Herrn“.

Hier wird also gesagt, dass der Ratschluss mit der Gründung der Versammlung in Verbindung steht und mit dem Platz, den diese Versammlung bekommen würde. Aus all den Segnungen, die ihr Teil sein würden, sollten die Engel, und zwar die höchsten Engel, „die Fürstentümer und Gewalten in den himmlischen Örtern“ lernen, wie weise Gott ist: „die gar mannigfaltige Weisheit Gottes, nach dem Vorsatz der Zeitalter“.

Die Engel also, die Tausende, vielleicht Millionen von Jahren in der Gegenwart Gottes waren, die, wie Hiob 38,7 sagt, jauchzten, als Gott die Erde schuf, die alle Seine Werke sahen, haben daraus nur unvollkommen erkannt, wie weise Gott ist. Seine vollkommene Weisheit würden sie erst in der Versammlung und dem, was Gott der Versammlung geben würde, kennenlernen, aus dem Platz und den Vorrechten, die die Versammlung erhalten würde. In Epheser 1 haben wir gelesen, auf welche Weise Gott das zustande gebracht hat. Und wer würde nicht staunen, wenn er diese Dinge liest? Vers 19: „ ... und welches die überschwengliche Größe seiner Kraft an uns, den Glaubenden, nach der Wirksamkeit der Macht seiner Stärke, in welcher er gewirkt hat in dem Christus, indem er ihn aus den Toten auferweckte, und er setzte ihn zu seiner Rechten in den himmlischen Örtern.“

Gott sagt uns also: Wollt ihr wissen, wie ich meine Ratschlüsse erfülle, auf welche Weise ich diese Segnungen, die ich in meinem Ratschluss festgelegt habe, an euch verwirkliche? Seht auf Christus! Dieselbe Kraft, die Ihn, als Er gestorben war, aus den Toten auferweckte, wirkt in euch. Die Kraft, die Ihn aus den Toten auferweckt, Ihm einen Platz zu Meiner Rechten gegeben und alles Seinen Füßen unterworfen hat, erweckt auch euch aus den Toten – Kapitel 2 sagt ja: Uns, die wir tot waren in unseren Vergehungen und Sünden –, hat Er aus diesem Zustand des Todes lebendig gemacht und hat uns mitauferweckt und mitsitzen lassen in den himmlischen Örtern, in Christo Jesu, in der Stellung, die Er einnimmt.

In Vers 20b-22a lesen wir, was Seine Stellung ist: „Und setzte ihn zu seiner Rechten in den himmlischen Örtern über jedes Fürstentum und jede Gewalt und Kraft und Herrschaft und jeden Namen, der genannt wird, nicht allein in diesem Zeitalter, sondern auch in dem zukünftigen, und hat alles seinen Füßen unterworfen“, – also genau das, was wir schon in 1. Korinther 15 hatten: alles Ihm unterworfen mit Ausnahme des Vaters.

Dann kommt das Wunderbare: „Und hat ihn als Haupt über alles“ – also als Denjenigen, dem alles unterworfen ist – „der Versammlung gegeben, welche sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allen erfüllt“. Das ist die Lösung des Rätsels: Er hat Christus als Haupt der Versammlung gegeben. Dies ist die Weise, auf die Er alle Seine Ratschlüsse erfüllt.

Christus wird über das Weltall herrschen. Alles wird Ihm unterworfen sein. Aber ist Sein Leib Ihm unterworfen? Wenn ein Fürst oder König regiert, wäre es dann nicht absurd zu sagen, dass wohl sein Haupt regiert, nicht aber sein Leib?

Ja, wenn wir das Bild von Christus als Bräutigam und der Versammlung als Braut nehmen, dann kann man das sagen. Holland hat eine Königin, aber ihr Mann ist kein König. Er hat nicht dieselbe Stellung wie sie. In Epheser 5 wird das Bild von Mann und Frau gebraucht; denn Gott der Heilige Geist will uns da klarmachen, welches Liebesverhältnis zwischen Christus und Seiner Versammlung besteht. Aber wenn es um den bevorrechteten Platz geht, den wir als Versammlung empfangen haben, dann musste der Heilige Geist ein anderes Bild verwenden: das Bild eines Leibes mit einem Haupte. Wir verstehen, dass das die Lösung des Rätsels ist. Wenn Christus über alles herrschen wird und Er das Haupt ist, dann regiert Sein Leib mit Ihm; denn Haupt und Leib gehören bei einem Menschen zusammen. Wenn Christus alle Segnungen im Himmel besitzt, dann hat die Versammlung sie auch; denn sie ist ein Leib mit Ihm – Er das Haupt, sie der Leib. Wenn Christus der Sohn Gottes ist, dann muss die Versammlung auch diesen Platz haben. Kann das Haupt, Christus, etwas besitzen, woran der Leib nicht teilhat? Da haben wir die wunderbare Lösung des Rätsels: Christus, das Haupt, ist so einsgemacht mit Seinem Leibe, der Versammlung, dass es nicht die kleinste Trennung zwischen ihnen geben kann. Wenn man meinen Kopf um einen Mulimeter oder auch nur um einen Tausendstel Millimeter von meinem Körper trennt, dann bin ich kein Mensch mehr; ich bin tot. Es kann nicht die geringste Trennung geben. Durch dieses Bild macht Gottes Wort uns also klar, wie sehr die Versammlung mit Christus einsgemacht ist und dass das der Weg ist, auf dem Gott Seine wunderbaren Ratschlüsse der Liebe und Güte ausgeführt hat, diese wunderbaren Ratschlüsse, nach denen wir elenden Menschen teilhaben an allem, was das Teil des Herrn Jesus war, Sein eigenes Teil, das Teil Gottes: alle geistlichen Segnungen in den himmlischen Örtern.

Ist das nicht eine wunderbare Tatsache? Da sehen wir, welchen Platz die Versammlung im Herzen Gottes hat. Gestern sprachen wir über die Liebe des Herrn Jesus zu Seiner Versammlung. Aber hier geht es um die Liebe des Vaters; denn der „Gott des Herrn Jesus“ ist der Vater, Gott der Vater. Und wir dürfen einen Blick in das Herz des Vaters tun. Er hat in Seinem Ratschluss festgelegt, dass die Versammlung alles besitzen sollte, was der Herr Jesus besaß, dass sie an all den Reichtümern, die Er Christus gab, teilhaben, also mit allen geistlichen Segnungen gesegnet sein sollte, indem sie einsgemacht wurde mit Ihm, dessen Füßen alles unterworfen ist, so dass sie mit Ihm über das Weltall herrschen wird. Selbst die Engel werden Ihm ja unterworfen sein. Das ist ein wunderbarer Gedanke, und wenn wir Offenbarung 4 und 5 lesen, wird uns klar, welche wunderbaren Resultate das hat.

In den ersten Kapiteln des Wortes Gottes, aber auch an anderen Stellen lesen wir, dass es in der Schöpfung bestimmte Ordnungen gibt. Hiob 38,7 sagt, dass die Morgensterne „miteinander jubelten“, als der Herr die Erde schuf, d. h. die Engel waren da, bevor die Erde erschaffen wurde. Und in Kolosser 1,16 steht, dass der Herr auch Fürstentümer in den Himmeln schuf, also Engelfürsten und andere Engel, erhabene Wesen. Im Alten Testament finden wir, dass Gott oft, wenn Er eine Botschaft an die Menschen richtete, Engel gebrauchte, dass die Engel also die Mittler zwischen Gott und Menschen waren. Stephanus sagt ja in Apostelgeschichte 7,38, dass Israel das Gesetz durch Vermittlung von Engeln empfing. Engel waren die Wesen, die im Namen Gottes zu den Menschen kamen, die das Gericht über Menschen ausübten, die den Zugang zum Garten Eden bewahrten, damit Menschen nicht dorthin zurückkehrten, und die ausgingen, um den Willen Gottes zu erfüllen.

In Offenbarung 4, wo wir den Schöpfer in Seiner Verbindung mit dieser Erde auf Seinem Thron sitzen sehen – der Regenbogen deutet das an – sind die lebendigen Wesen, die die Charakterzüge der Seraphim von Jesaja 6 und der Cherubim von Hesekiel 1 und 10 tragen, rings um und mitten im Thron. Engel sehen wir da noch nicht. Wir finden den Thron, auf dem der Schöpfer thront, in der Mitte, dann die vier lebendigen Wesen, und als dritten Kreis die 24 Throne, auf denen die Ältesten sitzen – ein Bild der verherrlichten Gläubigen, die nach der Entrückung im Himmel sein werden – die alttestamentlichen und die neutestamentlichen, die Versammlung. Aber Engel werden sonst nicht gefunden; denn in der Schöpfungsordnung nehmen Engel den höchsten Rang ein; sie stehen über den Menschen und in naher Verbindung mit Gott, und besonders mit Gott auf Seinem Thron. In 2. Mose 25 sehen wir ja auch, dass über der Bundeslade zwei Cherubim waren; sie bildeten den Thron Gottes. Und in Hesekiel 1,26 finden wir auch, dass die Cherubim mit dem Thron in Verbindung stehen. Ja, in der Stiftshütte bildeten sie sogar den Thron.

Aber in Offenbarung 5, wo wir den Herrn Jesus nicht als den Schöpfer, sondern als den Erlöser, als das Lamm „wie geschlachtet“ sehen, finden wir plötzlich eine ganz andere Reihenfolge. Der Thron ist noch da und auch die lebendigen Wesen, aber jetzt sind sie nicht mehr ein Bild der Engel. Später finden wir die Engel rings umher stehen. Die lebendigen Wesen vereinigen sich mit den 24 Ältesten. Sie, die lebendigen Wesen, und die 24 Ältesten, haben Harfen und goldene Schalen voll Räucherwerk, und sie stehen zusammen da. Von diesem Augenblick an sind sie vereinigt, und die 24 Ältesten sind jetzt unmittelbar mit dem Thron verbunden. Die Engel kommen in den äußeren Kreis. Als Resultat der Erlösung, die der Herr zustande gebracht hat, haben nun Menschen den bevorrechtigten Platz eingenommen, unmittelbar bei dem Thron.

Ist es nicht eine wunderbare Tatsache, dass Gott Seine Schöpfungsordnung zu unseren Gunsten änderte, um uns diesen Platz zu geben? In Kolosser 1,15f. wird uns gesagt, dass der Herr Jesus der Schöpfer aller Dinge ist und dass Er, als Er hier auf die Erde kam, der Erstgeborene der ganzen Schöpfung war. Wir verstehen, dass es so sein musste. Als der Herr Jesus Mensch und als kleines Kindlein geboren wurde, konnte Er da eine Stellung unter den Engeln einnehmen? Konnte Er, der das Weltall geschaffen hatte, unter die Engel erniedrigt werden? Unmöglich. Wenn der Schöpfer in Seine eigene Schöpfung kommt, muss Er den ersten Platz haben. Wir wollen einmal annehmen, dass hier eine Versammlung von Geschäftsleuten wäre, und der Bundespräsident träte plötzlich in den Saal. Würde man ihm nicht gleich den Ehrenplatz geben, auch wenn er kein Mitglied dieser Versammlung wäre? Sofort würde man das tun; das kann nicht anders sein. Und wenn der Schöpfer Sich erniedrigt, um Mensch zu werden, könnte es dann anders sein, als dass Er den ersten Platz erhält? So sagt Gottes Wort in Kolosser 1,15 dass Er der Erstgeborene der ganzen Schöpfung ist, der Höchste. Das bedeutet, dass Er in diesem Augenblick selbst als Mensch über den Engeln steht.

Aber nachdem Er das Werk vollbracht hat, sind wir mit Ihm vereinigt. Wir sind einsgemacht mit Ihm, und wenn Er über die Engel erhoben ist, sind wir es auch. Kann mein Haupt über etwas gesetzt sein und mein Leib keinen Teil daran haben? Angenommen, ich habe eine Fabrik – kann mein Haupt Direktor sein, aber mein Leib nicht? Unmöglich. Mein Leib ist untrennbar mit meinem Haupte verbunden, und was meinem Haupte zukommt, hat mein Leib auch. Und wenn Christus also das Haupt, der Erstgeborene der Schöpfung, ist, dann muss die Versammlung daran Teil haben, denn sie ist Sein Leib.

So sehen wir es auch in Epheser 1. Christus ist das Haupt über alle Dinge, und auch als Haupt über alle Dinge hat Gott Ihn der Versammlung gegeben, „welche sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt“.

Wir wollen noch einen Augenblick ruhig über diese Verse nachdenken. „Christus das Haupt über alles“. Himmel und Erde, alles Erschaffene, Engel und Menschen, alles – mit Ausnahme des Vaters – ist Ihm unterworfen. Und als dieses Haupt hat Gott Ihn der Versammlung gegeben, „welche sein Leib ist“ – und dann: „die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt“. Er ist Der, der alles in allem erfüllt, und doch sagt Gottes Wort hier, dass Er ohne die Versammlung unvollständig ist. Die Versammlung ist „die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt“. Kann unser Verstand das verstehen? Da sehen wir den Herrn der Herrlichkeit, Ihn, der das wunderbare Werk auf dem Kreuz vollbrachte, der Himmel und Erde schuf und alles durch Sein Wort ins Leben rief. Er wurde wahrhaftiger Mensch. Aber auch als Mensch trug Er alles durch das Wort Seiner Macht, und alles ist Seinen Füßen unterworfen worden. Er erfüllt alles in allem.

Und doch heißt es, dass Er ohne die Versammlung unvollständig ist. Können wir das verstehen? Ja, ist ein Haupt denn vollkommen? Ein Haupt allein, ist das ein vollständiger Mensch? Auf keinen Fall. Es muss einen Leib haben. Und hier finden wir das Wunderbare, dass Gottes Wort uns sagt, dass die Versammlung notwendig ist, um Christus zu einem vollständigen Menschen zu machen, „die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt“. Hätte irgendjemand das träumen können? Welch eine Weisheit, die uns auf solche Weise solche Verheißungen, solche Segnungen gab! Hätte es je in dem Herzen, in dem Verstand eines Menschen aufkommen können, dass wir einen solchen Platz bekommen sollten? Gottes Wort sagt es.

Aber haben wir beim Lesen gut aufgemerkt? Es steht nicht da, dass Gott die Versammlung dem Christus gegeben hat. Ich denke, das hätten wir noch verstehen können, wenn wir auch verwundert gewesen wären, dass wir in Gottes Augen einen solchen Wert haben sollten, dass Gott, der Vater, uns Seinem Sohn als Geschenk gab. Wenn wir uns selbst sehen – was wir waren und was wir jetzt praktisch sind – können wir dann begreifen, dass der allmächtige Gott uns wert achtete, ein Geschenk für Seinen geliebten Sohn zu sein, für Ihn, der doch Himmel und Erde besitzt – Er hat sie ja Selbst geschaffen – dem alle Reichtümer im Himmel gehören? Übersteigt es nicht unser Verständnis, dass wir ein würdiges Geschenk des Vaters an den Sohn sein sollten? Und doch wird uns das in Johannes 17,6 gesagt. „Dein waren sie und mir hast du sie gegeben.“ Wunderbarer Gedanke für uns, dass der Vater uns persönlich und gemeinsam so liebt, so wertschätzt und für würdig hält, ein Geschenk für Seinen geliebten Sohn zu sein!

Aber hier steht noch mehr. Es heißt nämlich nicht, dass der Vater dem Herrn Jesus die Versammlung gegeben habe. Hier steht vielmehr, dass Gott den Herrn Jesus der Versammlung als Geschenk gab: „ ... und ihn als Haupt über alles der Versammlung gegeben“. Können wir das verstehen? Damit will Gott uns klarmachen, was die Versammlung für Sein Herz bedeutet. Aber die ganze Tiefe dieser Tatsache erkennen wir nur, wenn wir bedenken, was Christus für Gott ist. Es war das Wohlgefallen der ganzen Fülle (der Gottheit) in dem Menschen Christus Jesus zu wohnen und durch Ihn alle Dinge (die ganze Schöpfung) mit Sich zu versöhnen. Und wie hat der Sohn des Menschen dieses getan (Joh 13,31)? In Seinem Leben hat Er Gott verherrlicht, indem Er allezeit das Ihm Wohlgefällige tat (Joh 8,29). Und in Seinem Sterben hat Er Sich durch den ewigen Geist ohne Flecken Gott geopfert (Heb 9,14) und so den ganzen Willen Gottes vollbracht. Darum hat Gott Ihn aus den Toten auferweckt und Ihm einen Platz zu Seiner Rechten über alle Geschöpfe gegeben. Diese herrliche Person, der Gegenstand aller Seiner Liebe und Seines Wohlgefallens, gab Gott der Versammlung als Haupt. Da sehen wir die volle Offenbarung der Liebe Gottes. Gott wollte uns heilig und tadellos machen vor Ihm in Liebe. Er wollte uns den Platz von Söhnen geben und uns mit allen geistlichen Segnungen segnen. Es gab nur einen Weg, auf dem das möglich war – uns mit dem Herrn Jesus einszumachen. Und um sicher zu sein, dass wir alles empfangen und alles praktisch genießen können, was Er Sich in Seinem Herzen vorgenommen hatte, uns zu schenken, gab Er uns Christus als Haupt, als Haupt der Versammlung.

Da sehen wir die Liebe Gottes zur Versammlung. Gibt uns das nicht eine Vorstellung von ihrem Wert, und ahnen wir, welch ein unendliches Vorrecht es ist, ein Glied dieser Versammlung zu sein, da sie in den Augen Gottes und in den Augen des Sohnes Gottes einen solchen Wert hat? Die Liebe des Herrn gilt ihr, die große Liebe des Vaterherzens konzentriert sich auf sie, so dass Er ihr Seinen Sohn als Haupt gibt, weil sie nur auf diese Weise all das genießen und praktisch in Besitz nehmen kann, was Sein Herz ihr geben wollte: alle Segnungen, die ein allmächtiger Gott nur verleihen kann. Das ist die Versammlung: der Leib Christi -ein Leib mit Ihm, untrennbar mit Ihm verbunden, vollkommen eins mit Ihm.

Und nicht nur das. Sie ist notwendig, damit die Herrlichkeit des Herrn Jesu vollkommen sei; sie ist „die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt“. Gestern haben wir gesehen, wie den Herrn Jesus nach der Versammlung verlangte. Er liebte sie so, dass Er bereit war, alles zu verkaufen, um sie zu besitzen. Glauben wir, dass dieser Kaufmann aus Matthäus 13, der alles verkaufte, um die eine kostbare Perle zu gewinnen, jemals ohne sie hätte glücklich sein können? Nein, das ist nicht möglich. Hätte der Herr Jesus, der willig war, alles zu verkaufen – und Er hat es getan –, um die Versammlung zu besitzen, der Sich Selbst zum Knecht machte, um ihr zu dienen, hätte Er die Versammlung je missen und ohne sie volle Befriedigung finden können? Unmöglich. Er hat ja nicht nur das Werk auf dem Kreuz vollbracht, sondern Er lebt jetzt im Himmel für sie, um sie zu heiligen, zu reinigen; und Er wartet auf den Augenblick, da Er sie Sich Selbst verherrlicht darstellen kann. Sollte Er da ohne die Versammlung glücklich sein können? Und hier sehen wir, dass Er ohne sie nicht einmal vollständig ist. Wie ein Haupt ohne Leib nicht leben kann, so ist die Versammlung für Sein Glück und Seine Fülle, ja, für das, was Er als Mensch hier auf Erden (d. h. als das Haupt über alle Dinge) ist, notwendig.

Gibt uns das nicht einen Eindruck davon, welchen Wert die Versammlung vor Gott hat und wie hoch Er über sie denkt? Ja, es sind persönliche Segnungen, die wir empfangen haben. Die katholische Kirche behauptet zwar, es gebe keine solchen persönlichen Segnungen. Alle Segnungen seien mit der Kirche verbunden und außerhalb von ihr sei keine Seligkeit. Das steht jedoch vollkommen im Widerspruch zu Gottes Wort. Jeder Sünder muss sich persönlich bekehren, und das hat nichts mit der Kirche zu tun. Er muss selber mit seiner Sünde und Schuld zu Gott kommen und an den Herrn Jesus glauben, für sich selbst das Evangelium annehmen und Frieden mit Gott finden. Er muss persönliche Gemeinschaft mit Gott und mit dem Herrn Jesus haben. Das sind lauter persönliche Segnungen.

Der Protestantismus verfällt in das entgegen gesetzte Extrem wie der Katholizismus und sagt: Alle Segnungen sind persönlich, und wer sich mit anderen zusammenfinden will, der sucht einfach Menschen auf, die so denken wie er, und dann haben sie eine Kirche. Und wenn es einem nicht gefällt, geht man irgendwo anders hin. Alle Segnungen sind rein persönlich. Und das steht ebenso im Widerspruch zu Gottes Wort wie das, was die katholische Kirche lehrt.

Denn hier, im Wort Gottes, sehen wir, dass es zwar Segnungen gibt, die persönlich sind, aber auch solche, die wir nur als Glied der Versammlung genießen können. Der einzelne kann sie nicht genießen; das ist nur gemeinschaftlich möglich. Weil wir ein Glied der Versammlung sind und die Versammlung der Leib und die Braut Christi ist, der Gegenstand all Seiner Liebe, aber, wie wir in Epheser 1 sahen, auch Sein Leib und sie dadurch alles mit Ihm, dem Haupt über alle Dinge, teilt, besitzt sie jetzt alle geistlichen Segnungen in den himmlischen Örtern in Ihm.

Das Herrliche ist, dass das nicht nur für diese Erde gilt. Gerade in diesen Versen geht es nicht um diese Erde. Was wir hier sehen, ist die Versammlung nach dem Ratschluss Gottes, und als solche wird sie nur einen Augenblick auf Erden sein; denn erst dann, wenn der Herr kommt und alle Entschlafenen, die zu der Versammlung gehören, auferweckt sind, ist sie in diesem Sinn vollständig. Aber dies ist auch der Augenblick, in dem sie dann in Herrlichkeit aufgenommen wird, um ewig bei Ihm zu sein.

Es wird öfter gesagt, dass die Versammlung als Leib Christi nur für die Erde von Bedeutung sei. Aber das Wunderbare ist, dass dieses Bild hier gerade auf die Zeit angewandt wird, in der wir in der Herrlichkeit sein werden. Nur weil wir mit dem Herrn ein Leib geworden sind, werden wir mit Ihm über das Weltall herrschen können. Epheser 1 bezieht sich auf die Zukunft in der Herrlichkeit; und so werden wir also in Ewigkeit mit dem Herrn Jesus einsgemacht sein – nicht als einzelne, sondern gemeinsam als Versammlung. Im tausendjährigen Reich werden wir mit Ihm herrschen, und im Vaterhaus werden wir alles mit Ihm teilen, da wir so mit Ihm einsgemacht sind, dass es unmöglich ist, dass Er etwas besitzen könnte, woran wir nicht teilhaben. Was das Haupt hat, genießt auch der Leib. Welch ein wunderbarer Gedanke, so in Ewigkeit mit Ihm vereinigt zu sein!

Aber es ist wahr, dass Gottes Wort an anderen Stellen in anderer Weise von der Versammlung als dem Leib Christi spricht – nicht, was ihren Charakter, sondern was die Zeit betrifft. Es handelt sich da unbestritten um die Versammlung als den Leib Christi hier auf Erden; denn sie wird da wirklich in anderen Umständen gesehen als hier in Epheser 1. Wie die Versammlung der Leib Christi geworden ist, lesen wir in 1.Korinther 12,13: „Denn auch in einem Geiste sind wir alle zu einem Leibe getauft worden, es seien Juden oder Griechen, es seien Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geiste getränkt worden“.

Die Versammlung als Leib Christi ist also durch die Taufe mit dem Heiligen Geist entstanden. Der Heilige Geist verbindet alle Gläubigen miteinander und zugleich mit Christus. Gott der Heilige Geist hat am Pfingsttage – wir werden es noch sehen – die Versammlung geschaffen und sie zu dem einen Leib getauft, der mit Christus in der Herrlichkeit vereinigt ist. Da entstand also dieser Leib (Apg 2). Wie wir wissen, sagt Johannes der Täufer in den drei synoptischen Evangelien Matthäus, Markus und Lukas über den Herrn Jesus, dass Er mit dem Heiligen Geist und Feuer taufen würde. Und in der Apostelgeschichte, kurz bevor der Herr in den Himmel zurückkehrt, heißt es: „Als er mit ihnen versammelt war, befahl er ihnen, sich nicht von Jerusalem zu entfernen, sondern auf die Verheißung des Vaters zu warten – die ihr von mir gehört habt; denn Johannes taufte zwar mit Wasser, ihr aber werdet mit Heiligem Geiste getauft werden nach nunmehr nicht vielen Tagen“  (Apg 1,4–5).

Der Herr sagt hier also Seinen Jüngern, dass sie „nach nunmehr nicht vielen Tagen“ mit Heiligem Geist getauft werden würden, und überdies, dass sie in Jerusalem warten sollten, bis das erfüllt sein würde. In Apostelgeschichte 2 lesen wir dann, dass der Heilige Geist aus dem Himmel kommt und die Jünger mit Ihm erfüllt werden. Danach wird nur noch zweimal über die Taufe mit dem Heiligen Geist gesprochen, einmal in Apostelgeschichte 11, als Petrus zur Verantwortung gerufen wird, weil er Cornelius und die Seinen getauft hat. Er sagt dort: „Indem ich aber zu reden begann, fiel der Heilige Geist auf sie, so wie auch auf uns im Anfang. Ich gedachte aber an das Wort des Herrn, wie er sagte: Johannes taufte zwar mit Wasser, ihr aber werdet mit Heiligem Geiste getauft werden. Wenn nun Gott ihnen die gleiche Gabe gegeben hat wie auch uns, die wir an den Herrn Jesus Christus geglaubt haben, wer war ich, dass ich vermocht hätte, Gott zu wehren?“ (Apg 11,15–17). Wir sehen, dass bei diesem ersten Mal, wo nach dem Pfingsttag über die Taufe mit dem Heiligen Geist gesprochen wird, an diesen Pfingsttag erinnert wird. Da erfüllte es sich. Petrus erlebt in Cäsarea die Weite und die Bedeutung von Pfingsten, nicht etwa eine Wiederholung von Pfingsten.

Die einzige weitere Stelle fänden wir in 1. Korinther 12,13. Wir erkennen daraus, dass die Taufe mit dem Heiligen Geist am Pfingsttage stattfand und niemals mehr danach, dass sie auch niemals mehr stattfinden wird. Ich sage das so ausdrücklich, weil in den letzten Jahren wiederholt geäußert wurde, dass jeder mit dem Heiligen Geist getauft werden müsse. In Verbindung damit werden viele Dinge angeführt, die doch nur bestätigen, dass durch die Taufe mit dem Heiligen Geist die Versammlung gebildet wurde und als Resultat des Werkes des Herrn Jesus die Gläubigen, die da waren, zu einem Leibe getauft wurden. Johannes 11,52 sagt ja, dass der Herr nicht nur für das Volk sterben würde, sondern auch, damit Er die zerstreuten Kinder Gottes in eins versammelte. Und das geschah am Pfingsttage. Der Heilige Geist kam hernieder, nachdem der Herr Jesus gestorben und verherrlicht war, wie Johannes 7,39 ausdrücklich sagt: „ ... denn noch war der Geist nicht da, weil Jesus noch nicht verherrlicht worden war“, Durch die Taufe mit dem Heiligen Geist wurde die Versammlung gebildet. Der Heilige Geist kam über die einzelnen Gläubigen, die da zusammen waren und taufte sie zu einem Leibe. Von diesem Augenblick an waren sie also ein Leib und mit Christus in der Herrlichkeit verbunden. Das ist die Taufe mit dem Heiligen Geist. Sie wurde nie wiederholt und wird auch nie wieder stattfinden.

Wenn der einzelne sich bekehrt und im Glauben das Evangelium annimmt, so dass er Frieden mit Gott hat, empfängt er wohl persönlich den Heiligen Geist. Der Heilige Geist wohnt dann in ihm, und dadurch wird er verbunden, eingefügt in diesen Leib oder in das Haus, so dass er von diesem Augenblick an auch ein Glied am Leibe Christi bildet. Aber Gottes Wort nennt das niemals eine Taufe mit dem Heiligen Geist. Die hat nur einmal stattgefunden. – Ich will das an einem Beispiel klarmachen. Ein Regiment wird gebildet und bekommt einen Namen. Wenn dann 10 Jahre darauf ein junger Mann eingezogen und in dieses Regiment aufgenommen wird, ist er ein Teil davon. Das Regiment wird deswegen jedoch nicht neu gebildet. Das war einmal. Indem er eingefügt wird, wird er ein Teil dieses Regiments. – Ebenso ist es mit der Versammlung Gottes.

Aber, wie gesagt, andere Stellen in Gottes Wort sprechen über den Leib Christi, wie er jetzt praktisch auf Erden lebt. Wir können nur immer wieder über die Korrektheit des Wortes Gottes staunen, wie es sich niemals widerspricht und wie jedes Wort etwas anderes erklärt, was wir sonst nirgends finden. Man hört oft sagen: Die Versammlung ist ja jetzt gar nicht vollständig. Viele sind schon entschlafen, andere müssen noch zur Bekehrung kommen und Glieder der Versammlung werden. Damit macht man die praktischen Schlussfolgerungen und Ermahnungen aus Gottes Wort unwirksam.

Aber das Wunderbare in Gottes Wort ist, dass dort die Versammlung als Leib Christi, solange sie auf Erden besteht, immer als vollständig gesehen wird. Der Leib Christi ist niemals ein „Invalide“. Wenn die Behauptung wahr wäre, dass der Leib unvollständig ist, weil viele schon entschlafen sind und andere noch hinzu gebracht werden müssen, würde der Leib bis zum letzten Augenblick, bis zur Entrückung, ein „Invalide“ sein. Und der Leib Christi ist kein „Invalide“. Der Leib Christi ist vollkommen – Christus, das Haupt, und der Leib sind zusammen immer vollkommen.

Aber wie kann man dann erklären, dass so viele, die Glieder am Leibe waren, und die in Ewigkeit Glieder am Leibe sein werden, jetzt noch entschlafen sind? Wenn wir genau lesen, gibt Gottes Wort uns klar die Antwort. Ich zweifle nicht, dass die meisten Gläubigen auf die Frage: Wo wohnt der Heilige Geist? antworten würden: Natürlich in meinem Herzen, oder in meiner Seele. Es ist sehr beachtenswert und schön, dass Gottes Wort uns das nicht sagt. In 1. Korinther 6,19 heißt es: „Oder wisset ihr nicht, dass euer Leib der Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt, den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euer selber seid?“

Mein Leib ist also der Tempel des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist wohnt in meinem Leibe, und die Innewohnung des Heiligen Geistes ist es, die mich zu einem Glied am Leibe Christi macht, die mich mit allen wahren Gläubigen und mit Christus in der Herrlichkeit verbindet. Und jetzt ist die Schlussfolgerung sehr einfach: Wenn ein Gläubiger entschläft, so stirbt sein Leib. Der Leib ist sterblich, unsere Seele, unser Geist dagegen nicht. Da aber der Leib der Tempel des Heiligen Geistes ist, sind wir in dem Augenblick, wenn wir entschlafen, praktisch kein Glied des Leibes mehr. Es ist wie in einem Regiment, das, sagen wir, aus 250 Mann besteht. Nach zwei oder eineinhalb Jahren werden die meisten jedoch nach Hause geschickt, und neue kommen an. Das Regiment ist vollständig, und doch sind viele nicht da; sie sind auf Urlaub zu Hause. Praktisch sind sie also kein Glied des Regiments mehr, wohl aber im Prinzip, und bei Kriegsausbruch werden sie sofort zu diesem Regiment eingezogen.

So besteht der Leib Christi in diesem Sinne aus allen wahren Gläubigen, die zu einem bestimmten Augenblick auf Erdenleben: in dieser Sekunde zum Beispiel aus denen, die jetzt, und nach zehn Minuten aus denen, die dann leben. In diesen zehn Minuten werden wahrscheinlich einige heimgegangen, entschlafen, und vielleicht andere wieder zugefügt worden sein. Aber der Leib ist vollständig. Die Entschlafenen sind, wenn ich so sagen darf, auf Urlaub, und der Augenblick kommt, wo sie zurückgerufen werden. Wenn der Herr Jesus erscheint, werden ihre Leiber auf erweckt „werden, die Leiber, in denen der Heilige Geist wohnt, und im selben Augenblick sind sie wieder praktisch Glieder des Leibes. So wird dann der ganze Leib vollständig sein, aber auf eine andere Weise. Er wird aus allen Gläubigen vom Pfingsttage bis zur Entrückung bestehen, und so werden sie ewig im Himmel sein. Dennoch ist der Leib auf Erden nie Invalide. Er ist vollständig, so wie Epheser 4,15–16 sagt: „ ... sondern die Wahrheit festhaltend in Liebe, lasst uns in allem heranwachsen zu ihm hin, der das Haupt ist, der Christus, aus welchem der ganze Leib, wohl zusammengefügt und verbunden durch jedes Gelenk der Darreichung, nach der Wirksamkeit in dem Maße jedes einzelnen Teiles, für sich das Wachstum des Leibes bewirkt zu seiner Selbstauferbauung in Liebe.“ Wohl zusammengefügt also und verbunden durch jedes Gelenk der Darreichung. Der Leib ist also jetzt auf Erden vollkommen. – In Kolosser 2,19 finden wir das gleiche. „ ... das Haupt, aus welchem der ganze Leib, durch die Gelenke und Bande Darreichung empfangend und zusammengefügt, das Wachstum Gottes wächst“.

Wie kostbar diese Dinge auch sind und wie gern ich noch weiter darüber sprechen möchte, so setzt die Zeit mir doch Grenzen.

Aber ich möchte doch noch kurz auf eine andere Seite dieser Wahrheit aus Epheser 1 hinweisen. Wie wir schon hörten, wird in Gottes Wort an mehreren Stellen über den Leib gesprochen, hauptsächlich in Römer 12,1. Korinther 12 und Epheser 1, etwas auch in Kolosser 2. Aber jede Stelle sagt etwas anderes aus über Christus und die Versammlung. In Epheser 1 wird uns der Leib des Hauptes dargestellt. Der Leib ist da, und Christus ist das Haupt, und unsere Gedanken werden auf den Leib gerichtet, auf die Herrlichkeit des Leibes, der Christus als Geschenk empfängt, damit Er sein Haupt sei. Im Kolosserbrief – vornehmlich in Kapitel 1, aber auch in Kapitel 2 – wird uns das Haupt mit Seiner Herrlichkeit vor Augen gestellt.

Römer 12 dagegen lenkt unsere Gedanken darauf, dass jedes Glied des Leibes mit den anderen Gliedern verbunden ist. Wir sind Glieder voneinander. Meine Hand ist nicht von meiner anderen Hand getrennt, und auch nicht von meinen Füßen. So heißt es im Römerbrief, dass „wir, die Vielen, ein Leib in Christo“ sind (Rö 12,5).

In 1. Korinther 12 werden wir dann wieder als Glieder des Leibes gesehen. Meine Hand ist ebenso ein Teil von meinem Leibe wie mein Auge. Wir sind alle Glieder des einen Leibes, und es geht um das Verhältnis des einzelnen zu dem ganzen Leibe.

Ich wiederhole: In Römer 12 wird das Verhältnis zwischen uns Gläubigen als Glieder voneinander besprochen. Wir haben miteinander zu tun. Meine Hand kann nicht zu meinem Fuß sagen: Ich habe dich nicht nötig. Sie sind miteinander verbunden. Der Heilige Geist, der in jedem von uns wohnt, hat uns vereinigt. Römer 12 legt also den Nachdruck darauf, dass wir als Glieder am Leibe Christi auch Glieder voneinander sind.

Und dann 1. Korinther 12: Wir sind nicht nur einzelne Hände oder Füße; wir sind Teile von einem Leib, der aus Hunderten solcher Teile besteht. Es geht um unsere Verbindung zu dem ganzen Leibe – nicht zu jedem einzelnen Glied.

Im Kolosserbrief wird uns das Haupt in Seiner Herrlichkeit geschildert, um uns klarzumachen, welch ein wunderbares Haupt die Versammlung hat.

Der Epheserbrief entfaltet – wie wir gesehen haben – die Herrlichkeit des Leibes. Wir sollen dadurch verstehen lernen, wie wunderbar dieser Leib ist und welche wunderbaren Vorrechte er hat, so dass wir mehr schätzen lernen, wie wunderbarherrlich die Versammlung ist und welch eine unendliche Gnade es ist, ein Glied an diesem Leibe zu sein.

In diesem Zusammenhang hört man oft die Frage: Wie kommt es, dass wir diese Segnungen empfangen, die Gläubigen des Alten Testamentes aber nicht? Sind wir besser als Männer wie Abraham, David oder Elia? Oder sind wir treuer als Johannes der Täufer? Keineswegs. Johannes der Täufer war nach dem Wort des Herrn sogar der größte der von Frauen Geborenen, und trotzdem würde „der Kleinste im Reich der Himmel größer sein als er“ (Mt 11,11). Wie kommt es, dass wir diesen herrlichen Platz empfangen haben und nicht zum Beispiel auch die Gläubigen im tausendjährigen Reich, die weitaus weniger sündigen werden als wir es tun, weil dann der Teufel nicht da sein wird, um sie zu verführen? Wie glückselig ihr Teil hier auf Erden und in der Ewigkeit auch sein mag, sie werden doch nicht wie wir in das Vaterhaus eingeführt und vollkommen mit dem Herrn Jesus einsgemacht werden. Sie werden nicht wie wir alles, was Er besitzt, mit Ihm teilen. Was mag wohl die Ursache sein?

Gottes Wort macht uns das ganz klar. Wir gehen zurück nach Golgatha, und da sehen wir den Herrn Jesus am Kreuz hängen, Ihn, den Geliebten des Vaters. Wir hören Ihn rufen: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“, und Er erhielt keine Antwort. Wir wissen, warum. Weil Er meine Sünden trug und für mich zur Sünde gemacht wurde. Darum konnte Gott Ihm nicht antworten; Er musste gerichtet werden. Die Menschen höhnten Ihn: „Halt, lasst uns sehen, ob Ellas kommt, ihn zu retten l“ (Mt 27,49). „Er vertraute auf Gott, der rette ihn jetzt, wenn er ihn begehrt“ (Mt 27,43). Und als Gott Seinen Sohn allein ließ, fühlten sie sich bestätigt: Seht, wir haben recht! Gott steht auf unserer Seite! Er ruft zu Gott. Er hat gesagt: „Ich aber wusste, dass du mich allezeit erhörst“ (Joh 11,42); aber hier sehen wir es: Gott hört Ihn nicht. Er ist ein Betrüger. Gott ist auf unserer Seite – gegen Ihn.

Wir wissen, es war nicht so; aber für die Welt hatte es den Anschein, und die Feinde des Herrn haben sich darauf berufen. Lesen wir nur das, was sie äußerten und auch die prophetischen Klagen des Herrn in den Psalmen, wie z. B. in Psalm 22 und 69. Gott hätte unmittelbar beweisen können, dass sie im Unrecht waren. Aber wenn Er dem Herrn in diesem Augenblick geantwortet hätte, was wäre geschehen? Seine Feinde wären vernichtet worden, und die ganze Welt wäre vergangen. Es hätte das Gericht über Seine Feinde bedeutet. Und Gott wollte uns doch retten!

Gott hätte den Herrn auch schon einen Monat nach Seinem Tode am Kreuz wieder auf die Erde senden können, um die Regierung anzutreten, so wie Er einst aus dem Himmel herniederkommen wird, um das weströmische Reich und den König des Nordens zu vernichten und die Nationen zu richten. Ja, dann wird jedes Knie sich vor Ihm beugen und jede Zunge bekennen, dass Er Herr ist. Dann wird jeder sehen, dass Gott Seine Seite gewählt hat und nicht die der Juden oder der Römer. „Habe doch ich meinen König gesalbt auf Zion“ (Ps 2,6a).

Wir wissen, warum Gott noch zögert. Er will, dass noch viele errettet werden und diesen wunderbaren Platz und diese wunderbaren Segnungen empfangen. So kann die Welt jetzt noch sagen: Ach, was sollen wir mit diesem! Noch kann sie den Namen des Herrn lästern. Aber wir kennen die Wirklichkeit. Und der Tag kommt, wo jedes Knie sich vor Ihm beugen wird – auch die, die Ihn ermordet haben. In Offenbarung 1,7 heißt es: „Siehe, er kommt mit den Wolken, und jedes Auge wird ihn sehen, auch die ihn durchstochen haben“, auch Herodes und der römische Statthalter Pilatus, sowie Hannas und Kajaphas und die Kriegsknechte, die Ihn verspottet und geschlagen haben, wenn sie vor dem großen weißen Thron stehen und aus Seinem Munde ihr Urteil empfangen.

Aber Gott wünscht auch in dieser Zeit zwischen dem Tod des Herrn am Kreuz und Seinem Kommen auf diese Erde ein Zeugnis hier auf Erden zu haben, dass Er, Gott, auf der Seite des Herrn Jesus steht. Und da Gott den Herrn Jesus als Haupt über alle Dinge gesetzt und alles Seinen Füßen unterworfen hat, will Er davon hier auf Erden schon jetzt etwas sehen. Es ist Sein Wille, dass sich einst jedes Knie vor Ihm beugt und jede Zunge bekennt, dass Er Herr ist. Davon soll die Versammlung Zeugnis ablegen.

Darum ist sie noch auf der Erde, darum lässt Gott sie noch hier. Aber warum gibt Er denen, die jetzt an den Herrn Jesus glauben, diesen wunderbaren Platz? Weil sie den Herrn Jesus in der Zeit Seiner Verwerfung angenommen haben, während Er keinen Platz hier auf Erden hat. Es ist so, wie der Apostel in Römer 8,18 sagt, dass wir mit Ihm verherrlicht werden, wenn wir mit ihm leiden. Wenn wir Seine Verwerfung mit Ihm teilen, werden wir auch mit Ihm herrschen. Wenn wir wirklich auf Seinen Tod getauft und mit Ihm begraben sind, also den Platz des Todes und der Verwerfung eingenommen haben – um es im Bilde zu sagen, uns mit Ihm einsgemacht haben, wie Er dort am Kreuz hing, verworfen durch die ganze Welt – werden wir mit Ihm den Platz in der Herrlichkeit teilen. Und darum finden wir hier dieses Wunder, dass wir diese herrlichen Segnungen empfangen und nicht die Gläubigen des Alten Testaments, ebenso wenig wie die Gläubigen nach der Entrückung.

Ich glaube nicht, dass einer von uns annimmt, er habe ein gutes Werk getan, als er den Herrn Jesus im Glauben annahm. Jeder wird Gott in Ewigkeit danken, dass Er ihm die Möglichkeit gab, seine Knie vor dem Herrn zu beugen und so vor dem ewigen Gericht gerettet zu werden. Jeder wird Gott in Ewigkeit danken, dass Er ihm die Augen für seinen verlorenen Zustand öffnete und er dann aus unendlicher Gnade den Herrn Jesus als seinen Heiland und Herrn annehmen durfte und so gerettet wurde. Aber Gott sagt zu jedem Sünder, der mit seinen Sünden und seiner Schuld zu Ihm kommt und sie Ihm bekennt: Das ist das erste gute Wort, das du sprichst. Jetzt sagst du die Wahrheit; jetzt bin ich mit dir einverstanden. Von jedem, der den Herrn Jesus annimmt, gilt: Jetzt tust du eine gute Tat. Du nimmst Ihn an in der Zeit, da Er von der Welt verworfen ist. Jetzt wirst du deinen Lohn empfangen. Alles, was Er empfangen hat, alle Seine Segnungen, wirst du mit Ihm teilen. Das ist der Grund, warum wir in alle Ewigkeit diese herrliche Stellung empfangen und diese wunderbaren Segnungen, die kein Gläubiger des Alten Testamentes je empfangen hat.

Die zweite Seite habe ich schon erwähnt. Gott wünscht auf Erden ein Zeugnis zu haben, dass Sein Sohn doch Herr ist, ein Zeugnis davon, was Seine Rechte sind. Als Er geboren war, hatte man nur eine Krippe für Ihn. Und als Er auf Erden wandelte, sagte Er, dass Er keinen Platz habe, wo Er Sein Haupt niederlegen könne. Dann hing Er am Kreuz, zwischen Himmel und Erde, im Niemandsland. Man sagte: Geh dahin zurück, woher Du gekommen bist! Wir wollen Dich nicht auf der Erde haben; und Du hast ja selbst gesagt, dass Du nicht von dieser Welt bist. „Wir wollen nicht, dass dieser König über uns sei!“ So erhöhten sie Ihn am Kreuz. Fort mit Ihm! Wir wollen Ihn nicht. Man gab Ihm keinen Platz, auf den Er Seinen Fuß setzen konnte.

Aber Gott will doch, dass Er jetzt hier auf Erden anerkannt wird. Gott hat alles Seinen Füßen unterworfen, Himmel und Erde, das ganze Weltall; aber nur durch Gericht wird Er das alles wirklich praktisch in Besitz nehmen. Dennoch will Gott schon jetzt ein Zeugnis davon auf Erden haben. Wenn die Welt Ihn auch verworfen hat, muss Er doch auf Erden sein. Und Er ist hier in der Versammlung. Wo Sein Leib ist, ist Christus auch. In Epheser 2 wird die andere Schlussfolgerung gezogen: Christus ist im Himmel, also sind wir auch dort. Wo mein Haupt ist, da bin ich. Wo mein Leib ist, bin ich auch. Wenn ich mich ans Fenster stelle und strecke meinen Kopf hinaus, dann bin ich draußen; denn mein Kopf ist nicht mehr in dem Haus. Man kann aber ebenso gut sagen: Ich befinde mich im Hause, denn mein Leib ist drinnen. So ist Christus das Haupt im Himmel. Also der Christus, d. i. Christus und die Versammlung, ist im Himmel; denn das Haupt ist da.

Aber wir sehen Christus auch auf Erden; Er hat hier einen Platz, denn Sein Leib ist da. Das ist das Zeugnis, das Gott haben möchte und wofür wir als Leib Christi diese Stellung empfangen haben und vollkommen mit Christus einsgemacht sind. Wir sind Sein Leib hier auf Erden, so dass Er hier ist.

Dann sehen wir auch, dass es die Absicht Gottes ist, dass Christus und Seine Rechte in Seinem Leibe hier auf Erden gesehen werden. Gott wünscht, dass jeder hier auf Erden sieht, dass Er die Seite Christi gewählt hat, dass jeder sieht, welche Rechte Christus hat und was für eine herrliche Person Er ist. Das muss in Seinem Leibe gesehen werden.

Welch eine Verantwortung legt uns das auf, eine Verantwortlichkeit, die eigentlich selbstverständlich ist, wenn man an die wunderbaren Vorrechte denkt, die wir empfangen haben! Aber wir haben es immer wieder nötig, daran erinnert zu werden; wir haben uns gemäß den Segnungen und der Stellung, die wir empfangen haben, zu betragen und damit in Übereinstimmung zu leben. Der Herr wünscht, dass wir so leben. Christus ist ja in Seinem Leibe auf Erden gegenwärtig. Wir sind der Leib Christi, und die Welt sollte Christus in uns sehen. In anderem Zusammenhang steht in 2. Korinther 3,2–3: „Ihr seid ein Brief Christi, gelesen von allen Menschen“. In uns kann die Welt Christus sehen, wenn wir uns wirklich als Christen offenbaren, Und auch in der Versammlung, in dem Zusammenleben der Gläubigen, sollten sie Ihn sehen, weil die Versammlung ja der Leib Christi ist.

Wenn die Gläubigen also als der Leib Christi zusammenkommen, ist es klar; dass da nur der Herr Jesus Autorität hat. Er ist nicht der Herr, Er ist das Haupt des Leibes – wohl der Herr eines jeden einzelnen von uns, aber das Haupt der Versammlung. Durch das Haupt wird alles gelenkt, auch in dem physischen Leibe. Das Gehirn in meinem Kopf, das Nervensystem lenkt alles in meinem Körper, und das sollte gesehen werden. So sollte in dem Zusammenleben, im Zusammenkommen der Gläubigen erkennbar sein, dass sie alle durch den verherrlichten Herrn im Himmel geleitet werden, dass Er das Haupt ist, von dem sie alles erwarten, mit dem sie verbunden sind, „aus welchem der ganze Leib, wohl zusammengefügt und verbunden durch jedes Gelenk der Darreichung, nach der Wirksamkeit in dem Maße jedes einzelnen Teiles, für sich das Wachstum des Leibes bewirkt zu seiner Selbstauferbauung in Liebe“ (Eph 4,15–16). Das wünscht Gott in der Versammlung auf Erden zu sehen.

Wenn wir dies so betrachten, mutet es uns da nicht seltsam an, dass in unserer Mitte oft Armut ist, dass wir oft Hunger leiden – ich meine natürlich geistlich -? Ist es dann nicht bestürzend, dass man oft Kinder Gottes sieht, die unterernährt sind und die wirklich keine wahre Nahrung aus dem Wort Gottes empfangen, wo doch alles so wunderbar durch Gott geordnet ist und uns durch das Haupt alles zufließen könnte, alles, was wahr ist? Rührt unser Mangel nicht daher, dass wir nicht verwirklichen, dass Christus unser Haupt ist?

Lasst uns dieses Wort noch einmal lesen: „ ... aus welchem der ganze Leib, wohl zusammengefügt...“ – Ist der Leib Christi auf Erden wohl zusammengefügt? Ja, in Christus ist er es. Durch den Heiligen Geist sind wir miteinander verbunden. Aber wird das praktisch verwirklicht? „ ... und verbunden durch jedes Gelenk der Darreichung...“ Wie sieht es da in der Praxis aus? „... nach der Wirksamkeit in dem Maße jedes einzelnen Teiles“. Ist es so, dass ich mich als ein Glied des Leibes betrage und meinen Platz in diesem Leibe ausfülle, den Platz, den der Herr mir zugewiesen hat? Wie steht es da mit den Gläubigen? Wir wissen, es ist leider nicht so. Und doch sollte das Zusammenleben der Versammlung diesen Worten entsprechen: „... nach dem Maße jedes einzelnen Teiles für sich das Wachstum des Leibes bewirkt zu seiner Selbstauferbauung in Liebe“.

Wie schade, dass wir praktisch so schlecht verwirklichen, was wir in Christus empfangen haben: so mit Ihm einsgemacht und durch den Heiligen Geist miteinander verbunden zu sein. Wenn wir doch mehr bedächten, welche wunderbaren Resultate das für alle Ewigkeit, aber auch für die Gegenwart hat, wenn wir das Empfangene praktisch in Besitz nehmen! Sollte es nicht wahr sein, dass wir dann heranwüchsen in allem zu Ihm hin, der das Haupt ist, so wie wir es im Epheserbrief sahen, wie wir es aber auch in Kolosser 2 lasen: „... aus welchem der ganze Leib, durch die Gelenke und Bande Darreichung empfangend und zusammengefügt, das Wachstum Gottes wächst“? Welch ein Zeugnis wäre das für den Herrn Jesus! Wie würde das Herz Gottes befriedigt werden, wenn diese Einheit des Leibes praktisch auf Erden gesehen würde, weil wir uns alle als Glieder dieses einen Leibes betragen würden. Wenn wir uns stets bewusst wären, dass alle wahren Gläubigen Glieder dieses einen Leibes und durch den Heiligen Geist untereinander und mit Christus verbunden sind, so dass wir zusammen Seinen Leib bilden, der alles von Ihm erwartet und dann auch alles von Ihm empfängt, wenn wir Ihm Freiheit gäben zu wirken, wie Er wollte, wenn wir uns Seiner Führung fügten, als Leib Christi – würde da nicht alles, was wir empfingen, vollkommen sein? Würden wir dann nicht so viel erhalten, wie Er uns nach dem Reichtum Seiner Gnade geben wollte?

Da sehen wir unsere Verantwortlichkeit, und ich möchte mir selbst und uns allen sagen: Lasst uns einmal in dem Licht dieser wunderbaren Segnungen, die wir hier gesehen haben und die unser Teil sind, und indem wir den Weg betrachten, auf dem Gott sie verwirklicht, da Er uns zu Gliedern dieses einen Leibes, des Leibes des Christus, machte, unsere Wirklichkeit betrachten! Diesem Leibe konnte Er alle diese herrlichen Segnungen geben, und sie werden in alle Ewigkeit unser Teil sein. Lasst uns uns an diesen kostbaren Wahrheiten erfreuen und unser Herz darin festigen, so dass wir mehr davon verstehen! Und dann lasst uns versuchen, in Abhängigkeit von dem Herrn den Platz, die Vorrechte, die Er uns geschenkt hat, praktisch zu verwirklichen. Der Herr gebe es uns!

Nächstes Kapitel »« Vorheriges Kapitel