Einführende Vorträge zum Johannesevangelium

Kapitel 3

Einführende Vorträge zum Johannesevangelium

Kapitel 3 verfolgt diesen Gedanken weiter. Gott sorgte dafür, dass ein bevorzugter Lehrer der Menschen, bevorzugt wie niemand sonst in Israel, bei Nacht zu Jesus kam. Der Herr begegnete ihm sofort mit der nachdrücklichen Erklärung, dass für einen Menschen unbedingt eine neue Geburt erforderlich ist, um das Reich Gottes zu sehen. Nikodemus verstand überhaupt nicht, warum  er eine neue Geburt brauchte, und drückte seine Verwunderung aus. Er musste dann hören, wie der Herr seine Forderung noch verstärkte. Wer nicht durch Wasser und Geist geboren ist, kann nicht in das Reich Gottes eingehen. Das war notwendig für das Reich Gottes, und zwar nicht für einen besonders herrlichen Platz daselbst, sondern für jeden Teil desselben. So erfahren wir die andere Seite der Wahrheit. Bisher hörten wir, was Gott ist in Leben und Licht bzw. in Gnade und Wahrheit, wie Er sich im Kommen Christi zu den Menschen offenbarte. Jetzt wird der Mensch in seinem besten Zustand bis zur Wurzel seiner Natur verurteilt. Folglich ist er nicht fähig, das Reich Gottes zu sehen bzw. in dasselbe einzutreten. Er benötigt eine neue Natur; und der einzige Weg, diese zu bekommen, besteht in der Geburt durch Wasser und Geist, d. h. in der Anwendung des Wortes Gottes durch die lebensspendende Kraft des Heiligen Geistes. Nur auf diese Weise wird ein Mensch aus Gott geboren. Der Geist Gottes benutzt das Wort. Eine Bekehrung läuft unabänderlich so ab. Auf keinem anderen Weg wird die neue Natur in eine Seele gepflanzt. Natürlich ist es die Offenbarung Christi. Doch hier entfaltet Christus nur die Quellen dieser unerlässlichen neuen Geburt. Der alte Mensch kann weder verändert noch gebessert werden. Und, Gott sei Dank!, die neue Geburt kann weder entarten noch vergehen. „Was aus dem Fleische geboren ist, ist Fleisch, und was aus dem Geiste geboren ist, ist Geist“ (V. 6).

Der Herr ging dann tiefer auf den Gegenstand ein und bat Nikodemus, sich nicht zu wundern, dass Er so auf dieser neuen Geburt beharrte. Vonseiten Gottes besteht wirklich die unbedingte Notwendigkeit, dass der Mensch von neuem geboren wird. Andererseits zeigte der Herr auch die tätige Gnade des Heiligen Geistes, der für jeden wirkt, der aus dem Geist geboren ist. Darin gleicht Er dem Wind, welcher bläst wohin er will, ohne vom Menschen beobachtet oder kontrolliert zu werden; denn Er ist unumschränkt in seinen Handlungen. Zuerst ist unerlässlich eine neue Geburt nötig. Der Heilige Geist muss jede Seele lebendig machen, damit sie eine lebendige Verbindung zum Reich Gottes bekommt. Danach greift der Geist tätig ein – nicht einfach als die Quelle oder das Kennzeichen der neuen Geburt, sondern auch als ein unumschränkt Handelnder. Er öffnet den Weg sowohl für einen Juden als auch einen jeden Menschen.

Es ist wohl kaum nötig, eingehende Beweise zu liefern gegen die unreife, schlecht durchdachte Meinung, die von den Kirchenvätern aufgebracht wurde, nämlich dass hier von der Taufe gesprochen wird. In Wirklichkeit gab es noch gar keine christliche Taufe, sondern nur diejenige, welche die Jünger in gleicher Weise wie Johannes der Täufer ausübten. Erstere wurde erst nach der Auferstehung Jesu eingesetzt, denn sie versinnbildlicht seinen Tod. Hätte es sich hier um die Taufe gehandelt, dann bräuchten wir uns über die Unwissenheit des Nikodemus nicht zu wundern. Doch der Herr tadelte ihn, weil er, der Lehrer Israels, davon nichts wusste. Als Lehrer, der das Volk Israel zum Schüler hatte, sollte er eigentlich diese Wahrheit der Lehre nach kennen, wenn auch vielleicht nicht aus Erfahrung. Die Stellen Jesaja 44, 3 und 59, 21 sowie Hesekiel 36, 25–27 sollten eigentlich diese Ausführungen des Herrn jedem verständigen Juden klarmachen.

Es ist wahr, der Herr konnte weiter gehen – und tat es auch – als die Propheten, sogar wenn Er über dasselbe Thema sprach. Er konnte mit bewusster göttlicher Würde und Kenntnis sprechen. Er war nicht einfach ein Werkzeug oder Bote. „Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wir reden, was wir wissen, und bezeugen, was wir gesehen haben, und unser Zeugnis nehmet ihr nicht an. Wenn ich euch das Irdische gesagt habe, und ihr glaubet nicht, wie werdet ihr glauben, wenn ich euch das Himmlische sage? Und niemand ist hinaufgestiegen in den Himmel, als nur der aus dem Himmel herabgestiegen ist, der Sohn des Menschen, der im Himmel ist.“ (V. 11–13). Er – und nur Er allein – kannte Gott und die Dinge Gottes aus Erfahrung sowie in gleicher Weise alle Menschen und das, was wirklich im Menschen war. Er konnte ihnen daher mit derselben Gewissheit von himmlischen Dingen berichten wie von irdischen. Die Ungläubigkeit bezüglich letzterer, wie sie sich in der verwunderten Unwissenheit hinsichtlich der neuen Geburt als Voraussetzung für das Reich zeigte, bewies jedoch, wie nutzlos es war, von ersteren zu reden. Er, der da sprach, war Gott. Niemand ist in den Himmel hinaufgestiegen. Gott hatte viele zu sich geholt. Aber niemand von ihnen ist aufgrund eigenen Rechts dorthin gelangt. Jesus konnte nicht nur hinaufsteigen, wie Er es später tat; Er war auch von dort herabgekommen. Obwohl ein Mensch, war Er doch der Sohn des Menschen, der im Himmel  ist. Er ist eine göttliche Person; seine Menschheit tat seinen Rechten als Gott keinen Abbruch. Die himmlischen Dinge waren Ihm, wenn man so sagen darf, ganz selbstverständlich.

Danach führt der Herr das Kreuz ein. In diesem Zusammenhang spricht Er nicht einfach vom Sohn Gottes oder dem WORT, das Fleisch wurde. Er sagt: „Gleichwie Moses in der Wüste die Schlange erhöhte, also muss  der Sohn des Menschen erhöht werden, auf dass jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe“ (V. 14–15). So wie die neue Geburt für das Reich Gottes, so ist das Kreuz absolut notwenig für das ewige Leben. Im WORT war Leben; und das Leben war das Licht der Menschen (Joh 1, 4). Das Leben war nicht für andere Wesen. Es war Gottes freie Gabe für den Menschen – natürlich, für den Gläubigen! Der Mensch, tot in Sünden, war der Gegenstand seiner Gnade. Der Zustand des Menschen war jedoch derart, dass es der Würde Gottes abträglich gewesen wäre, hätte Er das Leben ohne das Kreuz Christi mitgeteilt. Gott handelte im Gericht mit dem bösen Zustand des Menschen in der Person des Sohnes des Menschen, der am Kreuz erhöht wurde, denn dieser nahm selbst die Verantwortung für alle Folgen dieses bösen Zustands auf sich. Es wäre nicht gottgemäß – wenn auch vielleicht dem Menschen –, letzteren mit einer einfachen Vergebung davonkommen zu lassen, nachdem Er alles gesehen und sein Urteil über die Verderbtheit des Menschen ausgesprochen hatte. Die neue Geburt ist erforderlich. Doch sogar jene genügt nicht; der Sohn des Menschen  muss erhöht werden. Es konnte nicht sein, dass das menschliche Böse gegen Gott in seinen Quellen und Ausflüssen keine gerechte Behandlung fand. Wenn also das Gesetz die Frage bezüglich der Gerechtigkeit des Menschen erhob, dann ist das Kreuz des Herrn Jesus, an dem Er zur Sünde gemacht wurde, die Antwort. Am Kreuz wurde alles geklärt zur Verherrlichung Gottes, indem der Herr Jesus alle unvermeidlichen Folgen trug. Darum sehen wir den Herrn Jesus, wie Er auf diese bisher unbekannte Notwendigkeit hinweist, damit der Mensch nach dem Willen Gottes gesegnet werden konnte. „Gleichwie Moses in der Wüste die Schlange erhöhte, also muss der Sohn des Menschen erhöht werden, auf dass jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.“  So sehr diese Handlung Gottes würdig und für den Menschen unerlässlich war, so konnte sie dessen ungeachtet in sich selbst keinen angemessenen Eindruck davon geben, was Gott ist. Wäre hiermit schon alles gesagt worden, dann hätte weder Gottes Liebe noch die Herrlichkeit seines Sohnes ihre rechtmäßige Enthüllung gefunden.

Nachdem Er also unmissverständlich die Notwendigkeit des Kreuzes festgestellt hat, zeigt der Herr als nächstes die Gnade, die sich in der Gabe Jesu offenbarte. Hier wird Er nicht als der Sohn des Menschen, der erhöht werden musste, beschrieben, sondern als der Sohn Gottes, den Gott gegeben hat. „Denn also“, sagt Er, „hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe“ (V. 16). Beide Handlungen, sowohl die notwendige Erhöhung des Sohnes des Menschen als auch die Gabe des eingeborenen Sohnes Gottes in seiner Liebe, tragen zu diesem großen Endziel bei.

Wir dürfen nicht übersehen, dass der Herr die neue Geburt oder Wiedergeburt für unerlässlich erklärt, um am Reich Gottes teilzuhaben. Gleichzeitig deutet Er an, dass Er damit nicht über die irdischen Gesichtspunkte dieses Reiches hinausgegangen sei. Die himmlischen Dinge werden in einen offensichtlichen Kontrast dazu gestellt und werden hier, wie überall, unmittelbar mit dem Kreuz als ihrem Gegenbild in Verbindung gebracht (siehe Heb 12, 2; 13, 11–13). Außerdem möchte ich im Vorbeigehen anmerken, dass wir zweifellos in einem allgemeinen Sinn davon sprechen dürfen, dass  alle, die an der neuen Natur teilhaben, jenes Leben besitzen. Nichtsdestoweniger vermied der Heilige Geist, irgendeinem Erlösten den vollen Charakter des ewigen Lebens als gegenwärtigen Besitz zuzuschreiben, bevor seine Grundlage im Kreuz Christi (wenigstens der Lehre nach) gelegt war. Wenn der Herr indessen von seinem Kreuz spricht und nicht nur von den richterlichen Forderungen Gottes – wenn die Gabe seiner selbst in seiner wahren persönlichen Herrlichkeit als die Gelegenheit für die Entfaltung der Gnade Gottes bis zum Äußersten geoffenbart wird, dann, und nicht früher, hören wir vom ewigen Leben. Dieses steht mit beiden Gesichtspunkten in Verbindung. Das Kapitel verfolgt diesen Gegenstand weiter und zeigt Gott, wie Er sich zuerst mit der Not des Menschen entsprechend seinem unwandelbaren Wesen beschäftigt und danach mit dem Segen nach dem Reichtum seiner Gnade. Demgemäß entlarvt sich der sittliche Zustand des Menschen in der Gegenwart einer solchen Gnade und Heiligkeit in Christus umso schrecklicher. „Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, auf dass er die Welt richte, sondern auf dass die Welt durch ihn errettet werde“ (V. 17). Das entscheidet alles, bevor das Gericht zur Ausführung kommt. Das Los eines jeden Menschen wird dadurch bestimmt, wie er Gottes Zeugnis über seinen Sohn behandelt. „Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er nicht geglaubt hat an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes“ (V. 18). Andere Anzeichen, bloße Kleinigkeiten, können dabei helfen, den Zustand eines Menschen aufzuzeigen. Jetzt wird jedoch mit dieser unendlichen Entfaltung der göttlichen Güte in Christus eine neue Verantwortlichkeit geschaffen; und es erweist sich als entscheidend und endgültig, dass der Ungläubige schon vor Gott gerichtet  ist. „Dies aber ist das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen haben die Finsternis mehr geliebt als das Licht, denn ihre Werke waren böse. Denn jeder, der Arges tut, hasst das Licht und kommt nicht zu dem Lichte, auf dass seine Werke nicht bloßgestellt werden; wer aber die Wahrheit tut, kommt zu dem Lichte, auf dass seine Werke offenbar werden, dass sie in Gott gewirkt sind“ (V. 19–21).

Als nächstes werden der Herr und seine Jünger in einer Gegend gefunden, die anscheinend nicht weit von dem Ort entfernt war, wo Johannes genauso wie sie taufte. Die Jünger des Johannes stritten mit einem Juden über die Reinigung, doch Johannes legte ein strahlendes Zeugnis von der Herrlichkeit des Herrn Jesus ab. Es war zwecklos, sich bei dem Täufer über die Ausbreitung des Kreises um Christus zu beklagen. Er beugte sich, wie er sagte, dem unumschränkten Willen Gottes. Er erinnerte daran, dass er keinen anderen Anspruch gestellt habe als den, vor Jesus her gesandt zu sein. Seine Freude war die eines Freundes des Bräutigams. Jenem gehörte die Braut und nicht dem Freunde. Diese Freude wurde jetzt erfüllt, als er die Stimme des Bräutigams hörte. „Er muss wachsen, ich aber abnehmen“ (V. 30). Gesegneter Knecht eines unendlich gesegneten und segnenden Herrn! Danach sprach er von dem Unterschied zwischen der Person des Herrn und sich selbst sowie allen anderen Menschen. Er redete von dem Zeugnis des Herrn und seiner Wirkung, und zwar sowohl in Hinsicht auf seine Herrlichkeit als auch in Bezug auf solche, die an den Sohn glauben, und jenen, die Ihn verwerfen. Wer von oben, d. h. vom Himmel, kommt, ist über allem. Das galt für Jesus im Unterschied zu allen anderen Menschen, weil diese zur Erde gehören. Genauso unterschieden und über jeden Vergleich erhaben war sein Zeugnis. Er kam vom Himmel und stand über allem. Auch wenn sein Wort verworfen wurde, bezeugte Er, was Er gesehen und gehört hatte. Beachten wir auch die gesegnete Frucht aus der Annahme seiner Worte! „Wer sein Zeugnis angenommen hat, hat besiegelt, dass Gott wahrhaftig ist. Denn der, welchen Gott gesandt hat, redet die Worte Gottes; denn Gott gibt den Geist nicht nach Maß“ (V. 33–34). Am Anfang des Kapitels sahen wir, dass die Wirksamkeit des Heiligen Geistes unbedingt notwendig ist. Hier hören wir von einer Gabe des Geistes als Vorrecht für uns. Zweifellos wurde der Heilige Geist auch  Jesus gegeben (Lk 3, 22), weil es sich geziemte, dass Er in allem den Vorrang haben sollte. Es offenbart jedoch seine persönliche Herrlichkeit und die Wirkung seines Werkes noch mehr, wenn Er jetzt denselben Geist denen gibt, die sein Zeugnis annehmen und damit besiegeln, dass Gott wahrhaftig ist. Wie einzigartig sehen wir hierin die Herrlichkeit des Herrn Jesus, indem Er mit dem Zeugnis Gottes und dessen Krönung ausgestattet ist! Welcher Beweis könnte ruhmvoller sein als die Gabe des Heiligen Geistes? Es ist nicht eine bestimmte, klar umgrenzte Kraft oder Gabe, sondern der Heilige Geist selbst, denn Gott gibt den Geist nicht nach Maß.

Alles wird passend mit der Erklärung abgeschlossen: „Der Vater liebt den Sohn und hat alles in seine Hand gegeben“ (V. 35). Er ist nicht einfach oder hauptsächlich ein großer Prophet oder Zeuge. Er ist der Sohn; und der Vater hat alles in seine Hand gelegt. Was auch immer hier besprochen wird – aufs Lieblichste wird Sorge getragen, seine persönliche Herrlichkeit aufrechtzuerhalten. Für Gläubige und Ungläubige ist diese Wahrheit im Guten wie im Bösen von ewiger Bedeutung. „Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben“ (V. 36). Wer dem Sohn nicht gehorcht (siehe Fußnote) in dem Sinn, dass er sich seiner Person nicht unterwirft, „wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm.“  Das sind die Folgen davon, dass der Sohn Gottes in dieser Welt war. Sie sind für jeden Menschen von ewigem Belang, da sie auf der Herrlichkeit seiner Person, dem Charakter seines Zeugnisses und des Vaters Ratschlüsse über Ihn beruhen. Folglich müssen sie diese endgültige Wirkung haben, denn seine Person, sein Zeugnis und seine Herrlichkeit sind göttlich.

Die Kapitel 1 bis 3, die wir bisher betrachtet haben, sind offensichtlich eine Einführung in das Johannesevangelium. Gott wird nicht allein im  WORT geoffenbart, sondern vor allem im fleischgewordenen WORT, in dem Sohn, der den Vater verkündigt. Wir hörten von seinem Werk für die Welt als das Lamm Gottes und von seiner Kraft im Menschen durch den Heiligen Geist. Er ist der Mittelpunkt des Sammelns, der Weg, dem man folgen soll, und sogar die Person, der Gottes Engel dienen, indem dazu der Himmel geöffnet wird. Wir erkannten in Jesus nicht allein den Sohn Gottes und König Israels, sondern auch den Sohn des Menschen, den Gegenstand der Ratschlüsse Gottes. Das wird sich im Tausendjährigen Reich zeigen, nachdem die Hochzeit gefeiert und das Gericht vollzogen ist. Jerusalem und der Tempel stehen dann im Mittelpunkt. Dies setzt natürlich voraus, dass das jetzige Jerusalem, seine Bewohner und sein Tempel beiseitegestellt werden. Das große Werk des Todes und der Auferstehung Christi rechtfertigt diese Handlungsweise, indem es den Schlüssel dazu liefert, obwohl selbst die Jünger damals nichts verstanden. Daraus folgt die sie begleitende zweite große Wahrheit, dass sogar die Anwesenheit Gottes auf der Erde und seine Menschwerdung nicht genügen. Der Mensch ist in sittlicher Hinsicht schon gerichtet. Er muss zum Eingang in das Reich von neuem geboren sein. Trotz aller Verheißungen gilt das auch für einen Juden. Der Heilige Geist will seine Wirksamkeit jedoch nicht auf diese engen Grenzen beschränken, sondern wie der Wind ungebunden ausströmen – so auch der verworfene Christus, der Sohn des Menschen. Wenn Er am Kreuz erhöht werden musste, anstatt den Thron Davids einzunehmen, dann folgen daraus nicht nur irdische Segnung für sein Volk nach der Prophetie, sondern auch ewiges Leben für jeden Gläubigen, wer immer er sein mag. Außerdem konnte sich so die wahre und volle Gnade Gottes in der Gabe seines eingeborenen Sohnes entfalten. Johannes der Täufer sprach zuletzt, wie wir gesehen haben, davon, dass seine Bedeutung angesichts Christi schwinden muss und dass dessen Zeugnis, sei es, dass man ihm glaubt oder im Unglauben verharrt, von ewiger Tragweite ist. Das gründet sich auf die Offenbarung der herrlichen Person des Herrn als Mensch an die Menschen auf der Erde.

Nächstes Kapitel »« Vorheriges Kapitel