Einführende Vorträge zum Markusevangelium

Kapitel 14-15

Einführende Vorträge zum Markusevangelium

In diesem Kapitel folgen die tiefgründigen und lehrreichen Darstellungen der Person unseres Herrn bei seinen Jüngern, indem Er jetzt das letzte Pfand seiner Liebe nicht nur voraussagt, sondern auch gibt. Die Hohenpriester und Schriftgelehrten planen in verbrecherischer und gewalttätiger Weise seinen Tod. Im Haus des Simon zu Bethanien salbt eine Frau seinen Leib zum Begräbnis. Das enthüllt die Gedanken vieler Herzen unter seinen Jüngern. Auch offenbart es das Herz des Meisters, der in der nächsten Szene nicht ein Opfer der Zuneigung annimmt, sondern das große und beständige Zeichen seiner Liebe, das Mahl des Herrn, stiftet. In beiden Ereignissen zeigt sich der Herzenszustand des Judas. Angesichts des ersten fasst er seinen Plan; und aus der Gegenwart des zweiten geht er hin, um ihn auszuführen. Danach schritt unser Herr weiter – allerdings noch nicht, um den Zorn Gottes zu ertragen, sondern um seine Umstände zuerst in seinem Geist vor Gott zu durchleben. Wir haben überall in diesem Evangelium gesehen, dass dieses seine Gewohnheit war. Darauf möchte ich nur im Vorbeigehen hinweisen. So wie das Kreuz der Höhepunkt seines Werkes und seiner Leiden war, genauso ging der Herr nicht zur Schädelstätte ohne ein vorheriges Gethsemane gehabt zu haben. Zur vorherbestimmten Zeit kommt es zu den Verhandlungen vor dem Hohenpriester und vor Pilatus.

Die Kreuzigung unseres Herrn finden wir im 15. Kapitel. Wir erkennen ferner die Wirkung, die sie auf diejenigen, die Ihm folgten, ausübte – aber auch die Gnade, welche in den Frauen wirkte. Die Männer verrieten ihre elende Furcht angesichts des Todes. Die Frauen wurden jedoch gestärkt, die Schwachen stark gemacht.

Über  Kreuz und Auferstehung, so wie sie von Markus dargestellt werden, brauche ich jetzt nichts zu sagen. Es gibt hier Eigenheiten in Bezug auf das, was eingefügt oder weggelassen wird, die uns die unterschiedliche Betrachtungsweise im Vergleich zur Schilderung in den anderen Berichten veranschaulichen. So finden wir die Schmähungen der beiden Räuber, die mit Ihm gekreuzigt waren, jedoch nicht die Bekehrung des einen von ihnen (Lk 23). Bei der Festnahme Jesu wird von einem jungen Mann berichtet, der nackt entfloh, als die gesetzlose Meute, die den Herrn ergriffen hatte, auch ihn fassen wollte. Und vor der Kreuzigung zwangen die Kriegsknechte in ihrer übermütigen Gewalttätigkeit einen Simon von Kyrene, dem Herrn das Kreuz zu tragen. Aber Gott vergaß die Mühe jenes Tages um Jesu willen nicht, wie Alexander und Rufus später bezeugen konnten. Wir lesen weder bei seinem Tod noch bei seiner Auferstehung von einem Erdbeben. Keine Gräber wurden geöffnet gesehen – keine auferweckten Heiligen, die in der heiligen Stadt erschienen. Wir hören jedoch von den Frauen, die Ihm während seines Lebens gedient hatten und Ihm auch im Tod dienen wollten. Allerdings trat die Auferstehung dazwischen. Sie brachte ihnen ein besseres und dauerhafteres Licht. Der Herr benutzte den Dienst der Engel, um ihr Entsetzen durch die Mitteilung zu vertreiben, dass der gekreuzigte Jesus von Nazareth auferstanden war. Wie bewundernswert das alles in Übereinstimmung mit unserem Evangelium steht, braucht kaum ausführlich dargelegt zu werden.

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