Betrachtung über den Propheten Jeremia (Synopsis)

Kapitel 16-18

Betrachtung über den Propheten Jeremia (Synopsis)

Im 16. Kapitel erhält Jeremia von Jehova die Weisung, alle Familienverbindungen mit diesem Volke zu vermeiden und alle Äußerungen von Teilnahme an dem, was in seiner Mitte vorging, zu unterlassen. Denn Gott Selbst hatte völlig mit dem Volke gebrochen und wollte alle Seine Zeugnisse in seiner Mitte verstummen lassen und es aus dem Lande vertreiben. Schließlich jedoch sollte infolge der Größe des Unglücks, welches Er über sie bringen wollte, es dahin kommen, daß ihre Befreiung aus Ägypten über der noch größeren Befreiung aus diesem Unglück vergessen werden würde. Denn endlich wird Gott Seinem Volke vergeben und es trösten. Vorher aber wird Er ihm seine Ungerechtigkeit vergelten. Hernach werden die Nationen selbst kommen und den wahren Gott, den Gott Israels, anerkennen.

Die wichtige Sache inmitten alles dessen, was sich ereignet, war, auf Jehova zu vertrauen. Wer hierin fehlte und Fleisch zu seinem Arm machte, sollte kein Gutes erfahren. Inzwischen war das Feuer des Zornes Gottes angezündet und sollte nicht wieder erlöschen. Wie konnte einem arglistigen und verderbten Herzen Vertrauen geschenkt werden? Der Herr erforscht es, um einem jeden nach seinen Wegen zu geben. Der Prophet wendet sich im Namen des Volkes an Jehova, und wegen der Bosheit der Widersacher, die über Gottes Zeugnisse spotteten, ruft er Gott an. Er hatte den unheilvollen Tag, den er ankündigte, nicht herbeigewünscht; auch hatte er nicht nach eigener Wahl die friedlichen Pflichten verlassen, die er dem Volke schuldete, um Gott in Seinem Zeugnis zu folgen. Er flehte Gott an, dessen schreckliche Gerichte das Volk zerstreuen sollten, daß Er ihm nicht zum Schrecken sein möchte. Gott war seine ganze Zuflucht am Tage des Unglücks. Welch ein Gemälde von der Lage des Überrestes in den letzten Tagen, ja zu allen Zeiten von dem Teile eines Treuen, wenn das Volk Gottes seinem Zeugnis nicht Gehör schenken will! Nichtsdestoweniger öffnet Gott in Seiner Langmut, da es noch „heute“ heißt, dem Volke und seinem König die Tür der Buße, wenn sie Ohren haben, um zu hören.

Im 18. Kapitel wird dieser Grundsatz völlig vor dem Volke dargelegt (V. 1-10). Aber das Volk, das bei seinem Trotz inmitten des Unglücks und bei seiner Verachtung der wunderbaren Geduld Gottes an diesem verzweifelt, überläßt sich der Ungerechtigkeit, durch welche Satan es seiner Hoffnung auf Gott beraubt. Gott kündigt durch den Propheten Sein Gericht an, und das Zeugnis desselben veranlaßt die verhärteten Gewissen, ihr Vertrauen auf die Sicherheit und Unveränderlichkeit ihrer Vorrechte und der Segnungen auszudrücken, welche mit den Verordnungen verbunden waren, die Gott Seinem Volke verliehen und an die Er äußerliche Segnungen (welche das Verhältnis des Volkes zu Ihm aufrechterhielten) geknüpft hatte. Welch ein schreckliches Bild der Verblendung! Kirchlicher Einfluß ist immer dann am größten, wenn das Gewissen gegen das Zeugnis Gottes verhärtet ist, weil der Unglaube, der schließlich doch zittert, hinter der vermeintlichen Festigkeit dessen, was Gott aufgerichtet hat, Schutz sucht und in abtrünniger Weise aus den äußeren Formen einen Wall errichtet gegen den Gott, den sie verbergen, indem er diesen Verordnungen die Unveränderlichkeit Gottes Selbst zuschreibt. Das Gewissen redet zu deutlich, um dem Ungläubigen irgendwelche Hoffnung zu lassen, daß es zwischen ihm und Gott gut stände, selbst wenn Gott ihm Sein Herz öffnet. „Es ist umsonst“, sagt er, „ich will fortfahren, Böses zu tun; übrigens geht dem Priester das Gesetz nicht verloren, noch der Rat dem Weisen, noch (so fügt er hinzu, da das Volk den falschen Propheten Gehör schenkt) das Wort dem Propheten.“ Die Warnung, welche dieses Kapitel enthält, erscheint mir sehr ernst. Ich kann mir kaum ein schrecklicheres Gemälde von dem Zustand des bekennenden Volkes Gottes denken. Der Prophet ruft das Gericht auf sie herab; dies ist in Übereinstimmung mit dem Geiste des durch die Bosheit der Feinde des Herrn zu Boden getretenen Überrestes.

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