Betrachtung über das erste Buch Samuel (Synopsis)

Kapitel 16-17

Betrachtung über das erste Buch Samuel (Synopsis)

In Kapitel 16 wird Samuel gesandt, um diesen Seinen Auserwählten zu salben. Hier wird alles Rühmen im Fleische und dessen Erstgeburtsrecht beiseite gesetzt; der jüngste, der die Schafe hütete, von allen verachtet und vergessen, wird von Gott erwählt; „denn Jehova sieht nicht auf das, worauf der Mensch sieht“. Von Gott belehrt, zögert Samuel nicht in seinem Entschluß, und er kann keinen von den Sieben, die daheim sind, annehmen. „Sind das die Jünglinge alle?“ Endlich salbte er David, der vom Felde herbeigeholt wird.

Gott setzt aber David nicht sofort auf die Höhe der Macht, wie Er es im Falle Sauls getan hatte. Er muß seinen Weg durch allerhand Schwierigkeiten durch Gnade und Glauben gehen, und obwohl er mit dem Heiligen Geist erfüllt ist, muß er vor dem Angesicht einer Macht handeln, die den Geist nicht hat, die Gott aber noch nicht beiseite gesetzt hat. Er muß unterwürfig sein und gedemütigt werden, er muß seine völlige Abhängigkeit von Gott empfinden, daß Gott in allen Umständen genügt; und sein Glaube muß durch Prüfungen entwickelt werden, in denen empfunden wird, daß Gott alles ist. Holdseliges Vorbild von Einem, der ohne Sünde durch viel schmerzlichere Umstände ging! er war aber nicht nur ein Vorbild, sondern ein von Gott für den Heiligen Geist bereitetes Gefäß, der ihn mit Empfindungen füllen konnte, die, während sie in einer ergreifenden Weise die Leiden Christi Selbst und Sein Mitgefühl mit Seinem Volke schildern, denjenigen, die in Schwachheit denselben Pfad wie Er gehen sollten, ihre Hilfsquellen in Gott zeigen. Denn man kann nicht daran zweifeln, daß die Prüfungen Davids den größten Teil jener schönen Psalmen hervorbrachten, die sowohl die Umstände, die Prüfungen und die Klagen des Überrests Israels in den letzten Tagen schildern als auch die des Christus Selbst (der Sich im Geiste mit ihnen einsgemacht und ihre Rechtssache auf Sich genommen hat), und die die Leiden so vieler anderer beladenen Seelen zum Ausdruck gebracht und ihnen Befreiung aus denselben geschenkt haben; und obwohl ihre Auslegung dieser Psalmen nicht richtig gewesen sein mag, so haben sich ihre Herzen doch nicht getäuscht 1.

Wir wollen zu unserer Geschichte zurückkehren.

Der Geist Jehovas geriet über David und verließ Saul, der gleichzeitig von einem bösen Geist geängstigt wurde. Mittels eines der Knechte Sauls, der ihn kannte, führt die Vorsehung Gottes David ein und stellt ihn dem Saul vor. Saul liebt ihn und behält ihn in seiner Gegenwart; er wird sein Waffenträger, und er spielt auf der Harfe, wenn der böse Geist den Saul ängstigt. In den Augen Gottes ist David der gesalbte König, er muß aber leiden, bevor er regiert, wie groß seine Lebenskraft auch sein mag.

Die Philister, dieses Vorbild von der Macht des Feindes, treten wieder hervor, ihr Zwischenkämpfer, wider den keiner zu kämpfen wagt, allen voran. David war heimgekehrt und lebte nach seiner gewöhnlichen einfachen Lebensweise.

Obwohl das Vorhergehende einen allgemeinen Begriff von der Lage, in die er gestellt wurde, übermittelt, scheint es, daß David nicht lange beim König geblieben war (Kap. 17, 15). Sein Vater sendet ihn, nach seinen Brüdern, die im Heere Sauls sind, zu sehen. Dort sieht er den Philister, der die Schlachtreihen Israels verhöhnt. Jonathan kommt hier nicht zum Vorschein. Es gibt nur einen, der diesen Zwischenkämpfer, der in seiner Person die ganze Energie des Bösen verkörpert, vernichten kann. Der Glaube Davids sieht darin keine Schwierigkeit, weil er Gott sieht, und im Feinde sieht er einen kraftlosen Feind Gottes. Er war bloß einer der „Unbeschnittenen“ das übrige bedeutet wenig.

Beim Ausüben seiner gewöhnlichen Pflichten war David schon Schwierigkeiten begegnet, die für einen erwachsenen Mann zu groß waren; obwohl er ein Jüngling war, hatte er sie dennoch um einer sehr einfachen Ursache willen überwunden: „Jehova hat errettet.“ Er hatte sich dessen nicht gerühmt (es war das Erfüllen seiner Pflicht); er hatte aber dabei die Kraft und Treue Jehovas kennengelernt. Diese Erfahrung wiederholt sich nun. Die Waffenrüstung des Menschen wird verworfen; der Glaube kennt sie nicht. Gott wird das Werk durch die einfachsten Mittel vollbringen.

David erklärt, worin seine Kraft besteht. „Ich komme zu dir im Namen Jehovas der Heerscharen.“ Dann macht er sich mit dem Volke Gottes eins. „Die ganze Erde soll erkennen, daß Israel einen Gott hat.“ Man beachte, wie sich die Einfalt des Glaubens zum Bewußtsein der Macht und ihrer Auswirkung in den Händen emporschwingt (Kap. 17, 46). So ist es immer, wenn Gott das Herz leitet.

Der Stein, der in die Stirn Goliaths drang, beraubte ihn der Kraft und des Lebens. David hieb den Kopf Goliaths mit dessen Schwert ab, gleich Dem, der durch den Tod den zunichte machte, der die Macht des Todes hatte.

Das ganze Heer Israels gewinnt durch den Sieg Davids. Saul, der ihn vergessen hatte, läßt ihn nicht fortgehen. Wehe! das Fleisch und gerade das Fleisch im Aufruhr kann den Erwählten Jehovas wegen seiner Güte und der von ihm bewirkten Befreiung lieben, es kennt ihn aber nicht. Während er das Werk Jehovas vollbringt, ist er dem Saul ebenso fremd, als ob er ihm niemals begegnet wäre.

Fußnoten

  • 1 Übrigens hat dieser uneinsichtige Gebrauch der Psalmen dazu beigetragen, fromme Seelen auf einem niedrigeren Stand, als dem ihnen als Christen in Vorrechten zukommenden, zu halten. In keinem der Psalmen wird jemals die Stellung eines Kindes bei dem Vater gefunden noch die durch das Bewußtsein dieser Verwandtschaftsbeziehung erzeugten geistlichen Empfindungen. Das Wort mag zum Vergleich gebraucht werden, aber die Verwandtschaftsbeziehung wird niemals erkannt und konnte auch nicht erkannt werden.
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