Betrachtung über Markus (Synopsis)

Kapitel 10

Betrachtung über Markus (Synopsis)

Das Ende des Dienstes des Herrn nahte jetzt heran. Nachdem Er in den eben behandelten Grundsätzen die Anforderungen der Ewigkeit und den Charakter des christlichen Lebens geschildert hat, führt Er alle Beziehungen Gottes zum Menschen auf ihre ursprünglichen Elemente zurück, indem Er die Welt und ihre Herrlichkeit beiseitesetzt sowie die jüdische Herrlichkeit hinsichtlich ihrer unmittelbaren Erfüllung, und indem Er den Weg des ewigen Lebens in dem Kreuz und in der rettenden Macht Gottes zeigt. Er selbst aber nimmt den Platz des Gehorsams und des Dienstes, den wahren Platz des Menschen, inmitten von allem diesem ein; während anderseits, da Gott in seinem eigenen Charakter als Gott, in seiner Natur und in seinen göttlichen Rechten eingeführt wird, die besondere Herrlichkeit, die zu den Haushaltungen gehört, sowie die denselben eigentümlichen Beziehungen beiseite gelassen werden.

Wir begegnen hier einem auffallenden Grundsatz. Die Beziehungen der Natur, so wie Gott selbst sie im Anfang geschaffen hatte, werden in ihrer ursprünglichen Autorität wiederhergestellt, indem das Herz beurteilt wird und das Kreuz das einzige Mittel ist, um Gott zu nahen, der die schöpferische Quelle dieser Beziehungen war. Auf der Erde konnte Christus denen, die Ihm folgten, nichts als das Kreuz bieten. Die Herrlichkeit, zu der es sie führen sollte, war einigen wenigen gezeigt worden; aber für sich selbst nahm Er den Platz eines Dieners ein. Die Erkenntnis Gottes durch Ihn war es, die die Seinigen für diese Herrlichkeit bilden und sie zu dieser hinführen sollte; denn in der Tat war dies das ewige Leben. Alle anderen Zwischenmittel waren in der Hand des Menschen feindlich geworden gegen den Gott, der sie gegeben hatte, und daher auch gegen seine Offenbarung in der Person Christi.

Wir finden in Vers 1–12 das ursprüngliche Verhältnis zwischen Mann und Frau, so wie sie aus der schöpferischen Hand Gottes hervorgegangen sind, und in den Versen 13–16 das Interesse, das Jesus an den Kindern nahm, sowie ihren Platz in den mitleidigen Augen Gottes, und endlich den sittlichen Wert dessen, was die Kinder vor den Menschen darstellten. In Vers 17 begegnen wir dem Gesetz und der Welt sowie dem Herzen des Menschen beiden gegenüber. Zugleich aber sehen wir, dass Jesus Wohlgefallen an dem findet, was in dem Menschen als Geschöpf liebenswürdig ist – ein Grundsatz von hohem Interesse, der sich in diesem Kapitel entwickelt findet –, obwohl Er zugleich den Prüfstein auf das Herz anwendet. Der Jüngling hatte das Gesetz beobachtet, so wie das natürliche Herz es verstehen kann (d. h. hinsichtlich der äußerlichen Tätigkeit, die es fordert), und zwar mit einer natürlichen Aufrichtigkeit, mit einer Geradheit, die Jesus als eine Eigenschaft des Geschöpfes zu schätzen wusste, und die auch wir stets anerkennen sollen, wo irgend sie vorhanden ist. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass Er, der als Mensch vollkommen für Gott abgesondert war (und zwar weil Er die Gedanken Gottes hatte), die unwandelbaren Verbindlichkeiten der durch Gott selbst festgestellten Beziehungen anzuerkennen wusste, sowie überhaupt alles das, was Liebenswürdiges und Anziehendes in dem Geschöpf Gottes als solchem vorhanden war. Wie hätte Er, der die Gedanken Gottes hatte, der Gott war, offenbart im Fleisch, anders gekonnt als anerkennen, was von Gott war in seinem Geschöpf? Und während Er dies tat, musste Er die Verpflichtungen der Beziehungen, in die Gott das Geschöpf gestellt hatte, bestätigen und die Zärtlichkeit zeigen, die Er für die kindlichen Vertreter der von Ihm geschätzten Gesinnung fühlte, sowie endlich die natürliche Aufrichtigkeit lieben, die sich in dem Geschöpf selbst entfaltete. Anderseits musste Er den wahren Zustand des Menschen, der völlig ans Licht gestellt war, richten samt den Neigungen, die mit Dingen, die Satan ihnen vorführte, sich beschäftigen, und dem Willen, der die Offenbarung Gottes verwarf und sich von ihr abwandte – eine Offenbarung, die den Menschen aufforderte, diese Eitelkeiten zu verlassen und Jesus nachzufolgen, und die somit das Herz desselben auf die Probe stellte.

Jesus bringt auch noch in anderer Weise die unbedingte Vollkommenheit Gottes ans Licht. Der Jüngling sah die Außenseite der Vollkommenheit Christi und, indem er auf die Kraft des Menschen, das Gute tun zu können, vertraute und in Jesus die praktische Erfüllung des Guten erblickte, wendet er sich (menschlich gesprochen mit Aufrichtigkeit) an Ihn, um die Richtschnur des ewigen Lebens von Seiten einer Person kennen zu lernen, in der er so viel Vollkommenheit sah, obwohl er Ihn nur als einen Lehrer betrachtete. Dieser Gedanke drückt sich in seiner redlichen und herzlichen Begrüßung aus; er eilt herbei, kniet vor dem Lehrer, der in seinen Augen in sittlicher Beziehung einen so hohen Platz einnahm, nieder und sagt. „Guter Lehrer“. Die menschlichen Grenzen seiner Begriffe betreffs dieser Güte sowie sein Vertrauen auf die Kraft des Menschen geben sich kund in den Worten: „Was soll ich tun, damit ich ewiges Leben ererbe?“ Der Herr, die ganze Tragweite seiner Worte erfassend, erwidert ihm: „Was heißest du mich gut? Niemand ist gut, als nur einer, Gott“ (V. 18). Was Gott geschaffen hat, wird der, der Gott kennt, wertschätzen, wenn es sich als solches an seinem rechten Platz zeigt. Aber Gott allein ist gut. Der Mensch wird, wenn er verständig ist, sich nicht für gut erklären vor Gott, noch von menschlicher Güte träumen. Dieser Jüngling hoffte wenigstens durch das Gesetz gut zu werden 1 und meinte, dass Jesus als Mensch gut sei. Allein die größten Vorzüge, die das Fleisch anerkennen konnte und die seiner Natur entsprachen, verschlossen dem Menschen nur noch mehr die Tür zum Leben und zum Himmel. Da der Mensch nicht gut, sondern ein Sünder ist, benutzt das Fleisch das Gesetz zur Aufrichtung der Selbstgerechtigkeit. Und in der Tat, wenn der Mensch nach Gerechtigkeit zu trachten bat, so beweist dies, dass er keine besitzt, d. h. dass er ein Sünder ist, und dass er diese Gerechtigkeit nicht in sich selbst zu erlangen vermag. Überdies ketteten die weltlichen Vorzüge, die den Menschen zum Gutestun fähiger zu machen schienen, sein Herz an vergängliche Dinge, nährten seine Selbstsucht und veranlassten ihn, einen geringen Wert auf das Bild Gottes zu setzen.

Jedoch behandeln die Belehrungen dieses Kapitels den menschlichen Zustand vor Gott noch weiter. Die Gedanken des Fleisches begleiten und bilden die Neigungen des Herzens in einem Menschen, der schon lebendig gemacht ist durch den Geist der Gnade, der durch die Anziehungskraft Christi wirkt, bis der Heilige Geist selbst jenen Neigungen die Kraft seiner Gegenwart mitteilt, indem Er ihnen die Herrlichkeit Jesus im Himmel als Gegenstand darbietet. Zugleich lässt Er für das Herz des Gläubigen das Licht jener Herrlichkeit auf das Kreuz leuchten, indem Er es mit dem ganzen Wert der dort vollbrachten Erlösung und ihrer Quelle, der göttlichen Gnade, umgibt und die Gleichförmigkeit mit Christus in jedem erzeugt, der das Kreuz mit Ihm trägt.

Die Jünger verstanden nicht, wie jemand errettet werden konnte, wenn solche Vorzüge, wie sie die Juden in ihrem Verhältnis zu Gott besaßen (und die in diesem Jüngling in besonderer Weise vorhanden waren), nur den Weg zum Reiche Gottes versperrten. Der Herr begegnet ihnen gerade auf diesem Boden; denn es handelte sich jetzt um den Menschen in der Gegenwart Gottes. Insoweit es den Menschen betraf, war es unmöglich – eine zweite tiefe Wahrheit im Blick auf den Zustand des Menschen. Nicht nur war keiner gut außer Gott, sondern wenn es sich um das handelte, was der Mensch war, konnte auch niemand errettet werden. Wie groß seine Vorzüge auch sein mochten, in seinem Zustand der Sünde nützten sie ihm als Mittel zur Errettung doch nichts. Indes führt der Herr eine andere Quelle der Hoffnung ein: „Bei Gott sind alle Dinge möglich“ (V. 27). Alles, dieses, ja, dieser ganze Teil des Evangeliums setzt das jüdische System beiseite. Denn dieses System war darauf gegründet, die Möglichkeit zu prüfen, ob durch den Besitz göttlich gegebener Verordnungen die Gerechtigkeit und eine bis dahin noch nicht offenbarte Stellung vor Gott zu erlangen sei, während das Evangelium Gott offenbarte, und den Menschen und sein Herz (als etwas Gegenwärtiges) Auge in Auge Gott gegenüberstellte; allerdings in Gnade, aber doch Auge in Auge, so wie er war. Die Jünger, die den Heiligen Geist noch nicht empfangen hatten, befanden sich noch unter dem Einfluss des alten Systems und sahen nur Menschen wie Bäume wandeln. Das wird in unserem Kapitel völlig entwickelt. Sie konnten zwar an das Reich denken, aber mit Gedanken, die noch fleischlich waren.

Doch das Fleisch, die fleischliche Gesinnung, schleicht sich noch weiter in den Lauf des Gnadenlebens ein. Petrus erinnert den Herrn daran, dass sie, die Jünger, um Ihm nachzufolgen, alles verlassen hätten. Jesus erwidert ihm, dass ein jeder 2, der das getan habe, neben dem Widerstand, dem der Herr selbst in dieser Welt ausgesetzt war, in dieser Zeit alles finden würde, was ihn in seinen gesellschaftlichen Neigungen, so wie Gott ihn gebildet hatte, glücklich machen könnte, – alles, was diese Welt an wahrem Genuss zu geben vermöchte, und zwar hundertfältig; und dass er in dem kommenden Zeitalter, woran Petrus nicht dachte, zwar nicht einen besonderen Vorzug, aber das ewige Leben erlangen würde. Der Herr geht über den Bereich der Verheißungen hinaus, die an den Messias auf der Erde geknüpft waren, um in das, was ewig ist, einzutreten und andere eintreten zu lassen. Hinsichtlich der persönlichen Belohnung kann nicht nach dem Schein geurteilt werden; denn „viele Erste werden Letzte, und viele Letzte Erste sein“ (V. 31).

Die Jünger folgten Jesus wirklich nach; sie dachten aber an die Belohnung und nur wenig an das Kreuz, das der Weg zu ihr war. Deshalb erfasste sie tiefe Bestürzung, als sie den Herrn mit festem Entschluss nach Jerusalem gehen sahen, wo man Ihn doch zu töten suchte (V. 32). Obwohl sie Ihm folgten, waren sie doch weit entfernt von der Höhe der Verwirklichung alles dessen, was dieser Weg in sich schloss. Immer wieder teilt Jesus es ihnen mit, immer wieder redet Er von seiner Verwerfung und seinem Eintritt in die neue Welt durch die Auferstehung (V. 33+34). Johannes und Jakobus, wenig berührt durch diese Mitteilungen des Herrn, benutzten ihren Glauben an das Königtum Christi dazu, die fleischlichen Wünsche ihres Herzens vorzubringen: sie möchten in der Herrlichkeit zu seiner Rechten und zu seiner Linken sitzen. Der Herr aber versichert ihnen aufs Neue, dass sie das Kreuz mit Ihm teilen würden, und nimmt selbst den Platz der Erfüllung seines Dienstes ein sowie der Einführung anderer in die Gemeinschaft seiner Leiden. Was die Herrlichkeit des Reiches betraf, so sollte sie jenen zuteil werden, für die der Vater sie bereitet hatte; die Verfügung darüber lag nicht in seinen Händen. So nimmt der Herr auch hier wieder den Platz des Dienstes, der Erniedrigung und des Gehorsams ein, auf dem dieses Evangelium Ihn uns stets zeigt; und das sollte auch der Platz seiner Jünger sein.

Was das Fleisch in einem aufrichtigen Jüngling, den Jesus liebte, und in seinen Jüngern war, die nicht verstanden, die wahre Stellung Christi einzunehmen, haben wir soeben gesehen. Bemerkenswert ist der Gegensatz zwischen diesem und dem vollen Triumph des Heiligen Geistes, wie wir ihn bei einer Vergleichung dieses Kapitels mit Philipper 3 finden. Wir erblicken in Saulus einen äußerlich (nach dem Gesetz) untadelhaften Menschen, ähnlich dem Jüngling im Evangelium; aber Saulus sah Christus in der Herrlichkeit und erkannte, durch die Unterweisung des Heiligen Geistes, die Gerechtigkeit, entsprechend der Christus in die Herrlichkeit einging, in der Er sich ihm offenbarte. Von nun an war alles, was ihm Gewinn gewesen, um Christi willen Verlust für ihn. Wollte er, selbst wenn er sie zu erlangen vermocht hätte, noch eine fleischliche, menschliche Gerechtigkeit haben, nachdem er eine von der Herrlichkeit Christi erglänzende Gerechtigkeit gesehen hatte? Er besaß die Gerechtigkeit, die aus Gott war durch den Glauben. Was war jetzt jene Gerechtigkeit wert, für die er sich abgemüht hatte, da er die vollkommenste Gerechtigkeit besaß, die Gott durch den Glauben schenkte? Nicht nur waren seine Sünden hinweg getan, nein, alle menschliche Gerechtigkeit war durch die ihm von Gott geschenkte völlig wertlos geworden. Der Heilige Geist und der Anblick Christi hatten seine Augen hierfür geöffnet. Vermochten die Dinge, die das Herz des Jünglings einnahmen und in einer Welt zurückhielten, die Gott in Christus verworfen hatte und die Christus jetzt verließ, einen Menschen zurückzuhalten, der Christus in der anderen Welt gesehen hatte? Sie waren nichts als Dreck für ihn. Er hatte alles verlassen, um diesen Christus zu besitzen; er betrachtete alles als vollkommen wertlos. Der Heilige Geist hatte Paulus, indem Er ihm Christus offenbarte, völlig befreit.

Doch diese Offenbarung des verherrlichten Christus geht noch weiter. Wer in solcher Weise mit der Welt bricht, muss Dem nachfolgen, Dessen Herrlichkeit er erreichen möchte, das heißt, er muss sich unter das Kreuz stellen. Die Jünger hatten alles verlassen, um Ihm nachzufolgen; zu diesem Zweck hatte die Gnade sie auch an Ihn gefesselt. Allein der Heilige Geist hatte sie noch nicht mit seiner Herrlichkeit verbunden. Jesus geht nach Jerusalem hinauf; die Jünger sind bestürzt, und indem sie Ihm nachfolgen, fürchten sie sich, obwohl Er vor ihnen hergeht und sie seine Leitung und seine Gegenwart besitzen. Paulus hingegen sucht die Macht seiner Auferstehung zu kennen; er wünscht Gemeinschaft zu haben mit seinem Leiden und seinem Tod gleichgestaltet zu werden. Statt Bestürzung und Furcht besitzt er ein volles geistliches Verständnis und wünscht dem Tod, den die Jünger fürchteten, gleichgestaltet zu werden, weil er Christus darin fand, und weil es der Weg war zu der Herrlichkeit, die er gesehen hatte. Zudem werden auch durch ein solches Anschauen Christi die Wünsche des Herzens, selbst hinsichtlich der Herrlichkeit, geläutert. Johannes und Jakobus begehrten den besten Platz im Reich für sich; ihr Verlangen bediente sich des Glaubensverständnisses zu einem fleischlichen und selbstsüchtigen Zweck. Ihr Verständnis war nur einseitig; es suchte das Reich in der Gegenwart, nicht aber die Herrlichkeit und die zukünftige Welt. Paulus hatte Christus gesehen. Ihn zu besitzen, war das einzige, das er in der Herrlichkeit begehrte. „Damit ich Christus gewinne“, sagt er, und einen neuen Zustand, der dazu passt (Phil 3,8). Christus selbst wollte er besitzen, nicht einen guten Platz in seiner Nähe in dem Reich. Das ist Befreiung – die Wirkung der Gegenwart des Heiligen Geistes, der einen verherrlichten Christus offenbart.

Man beachte, dass der Herr in allen diesen Fällen das Kreuz einführt; es war der einzige Weg aus dieser Welt der Natur zu der Welt der Herrlichkeit und des ewigen Lebens 3. Dem Jüngling zeigt Er das Kreuz, ebenso den Jüngern, die Ihm nachfolgen; und Johannes und Jakobus, die einen guten Platz im Reich begehren, zeigt Er den Kelch, den sie trinken mussten, wenn sie Ihm nachfolgen wollten. Das ewige Leben, obwohl sie es schon empfangen hatten, lag hinsichtlich der Besitznahme und des Genusses nach dem Vorsatz Gottes jenseits des Kreuzes.

Beachten wir auch, dass der Herr so vollkommen göttlich über der Sünde stand, in deren Banden die Natur lag, dass Er alles, was in dieser Natur von Gott war, anerkennen und zugleich zeigen konnte, wie jede Verbindung zwischen Gott und dem Menschen auf Grund dessen, was der Mensch ist, unmöglich war. Vorzüge waren nur Hindernisse. Wir müssen durch das, was der Tod für das Fleisch ist, hindurchgegangen sein; wir müssen eine göttliche Gerechtigkeit besitzen und im Geist (später tatsächlich) in eine andere Welt eintreten, um Christus nachfolgen und bei Ihm sein zu können, „um Christus zu gewinnen“. Welch eine ernste Unterweisung! Wahrlich, Gott allein ist gut; und weil die Sünde eingedrungen ist, so ist es, wenn Gott sich offenbart, unmöglich, dass der Mensch mit Ihm in Verbindung sein könnte. Bei Gott aber ist alles möglich. Das Kreuz ist der einzige Weg zu Gott. Christus führt zu dem Kreuz; und wir müssen Ihm nachfolgen auf diesem Weg, der der Weg des ewigen Lebens ist. Eine kindliche Gesinnung betritt ihn durch die Gnade; die Gesinnung des Dienstes und der Selbstverleugnung wandelt darauf. Christus wandelte darauf, indem Er sein Leben gab zum Lösegeld für viele. Hiermit endet diese Unterweisung des Herrn. Ein Dienst in Niedrigkeit ist der Platz, auf den Christus uns bringt; darin hatte Er gewandelt. Dieses Kapitel ist all der Aufmerksamkeit wert, die der Christ vermittels der Gnade Ihm widmen kann. Es zeigt uns den Boden, auf dem der Mensch zu stehen vermag, dann inwieweit Gott das Natürliche anerkennt, und schließlich den Pfad der Jünger hienieden.

In Vers 46 beginnt ein neuer Gegenstand. Der Herr betritt den Weg seiner letzten Beziehungen zu Israel, indem Er sich mehr als König, als Emmanuel zeigt, und weniger als der Prophet, der kommen sollte. Als Prophet war sein Dienst vollendet. Er war, wie Er zu seinen Jüngern sagte, gesandt zu predigen; und dieser Dienst hatte Ihn, wie wir gesehen haben, zum Kreuze geführt. Dieses musste Er notwendigerweise als Ergebnis denen ankündigen, die Ihm nachfolgten. Jetzt nimmt Er seine Beziehungen zu Israel wieder auf, aber als Sohn Davids. Er nähert sich Jerusalem, von wo Er sich entfernt hatte, und wo Er verworfen werden musste; und die Macht Gottes offenbart sich in Ihm. Von Jericho, der verfluchten Stadt, her kommend zieht Der ein, der um den Preis der Hingabe seiner selbst Segen bringt. Der arme Blinde 4 (und blind war in der Tat das Volk) erkennt Jesus von Nazareth als den Sohn Davids an. Die Gnade Jesus entspricht in Macht den Bedürfnissen seines Volkes, die sich im Glauben kundgaben und sich geltend machten trotz aller Schwierigkeiten, die ihnen durch die Vorstellungen einer Menge, die diese Bedürfnisse nicht fühlte, in den Weg gelegt wurden. Die Menge folgte Jesus nur nach, weil sie durch die Offenbarung seiner Macht angezogen wurde, ohne mit Ihm durch Herzensglauben verbunden zu sein. Wo dieser Glaube ist, da ist auch ein Bedürfnis-Gefühl vorhanden. Jesus steht still; Er ruft den Blinden und offenbart vor allem Volk die göttliche Macht, die jetzt in der Mitte Israels war und dem Glauben antwortete, der in Jesus von Nazareth den wahren Sohn Davids, den Messias, erkannte. Der Glaube des Blinden heilt ihn; und ohne Verstellung oder Furcht folgt er Jesus auf dem Weg nach. Denn der Glaube, der damals Jesus als den Christus bekannte, war ein göttlicher Glaube, obwohl er vielleicht nichts von dem Kreuz wusste, dass Jesus soeben seinen Jüngern als das Ergebnis seiner Treue und seines Dienstes angekündigt hatte, und wohin Ihm der Glaube, wenn er anders echt war, folgen musste.

Fußnoten

  • 1 Man beachte, dass er nicht fragt: Was muss ich tun, um errettet zu werden? Er setzte voraus, dass er das Leben durch das Gesetz erlangen müsse.
  • 2 Das ging sogar über die Beziehungen der Jünger zu den Juden hinaus und ließ dem Grundsatz nach auch die Heiden zu.
  • 3 Von der Verklärung an bis dahin, wo es sich um die Rechte Jesus als Sohn Davids handelt, tritt das Kreuz vor unsere Blicke. Der Dienst als Prophet und Prediger, den der Herr vorher erfüllt hatte, endete mit der Verklärung, die in dieser Welt seine zukünftige Herrlichkeit auf das Kreuz, das Ende seines Dienstes auf der Erde, strahlen ließ. Bevor Er jedoch zum Kreuz gelangte, stellte Er sich als König dar. Matthäus beginnt mit dem König; Markus zeigt hauptsächlich den Propheten.
  • 4 Ich habe schon bemerkt, dass mit dem Blinden von Jericho in den drei ersten Evangelien die Geschichte der letzten Handlungen Christi mit den Juden sowie seine letzten Leiden beginnen. Sein allgemeiner Dienst ist beendet.
Nächstes Kapitel »« Vorheriges Kapitel