Betrachtung über Matthäus (Synopsis)

Kapitel 28

Betrachtung über Matthäus (Synopsis)

In Matthäus wird die Auferstehung des Herrn nur kurz mitgeteilt. Es handelt sich auch nach der Auferstehung wieder darum, das Amt und den Dienst Jesu, die von nun an auf seine Jünger übertragen sind, mit den Armen der Herde, dem Überrest Israels, zu verbinden. Der Herr versammelt sie wiederum in Galiläa, wo Er sie beständig belehrt hatte, und wo, fern von dem Stolz der Juden, die Verachteten des Volkes wohnten. Dies verband ihr Werk mit dem Seinigen gerade in dem Punkt, der es im Blick auf den Überrest Israels besonders kennzeichnete.

Indem ich die Einzelheiten der Auferstehung an anderer Stelle näher zu betrachten gedenke, beschäftige ich mich hier nur mit der Tragweite derselben in dem Matthäusevangelium.

Nach Ablauf des Sabbats (d. h. für uns am Samstagabend) kommen Maria Magdalene und die andere Maria, um das Grab zu besehen. Das war in diesem Augenblick alles, was sie taten. Der zweite Vers folgt nicht unmittelbar auf den ersten, Verse 2–4 gehören zusammen. Als das Erdbeben und die dasselbe begleitenden Ereignisse stattfanden, war außer den Kriegsknechten niemand am Grab. Während der Nacht war alles gesichert, da das Grab mit einer Wache umstellt war; am Morgen der Auferstehung Jesu wussten die Jünger noch von nichts. Als die Frauen am frühen Morgen zum Grabe kamen, tröstete sie der Engel, der an der Tür der Gruft saß, durch die Mitteilung von der Auferstehung des Herrn. Der Engel des Herrn war hernieder gekommen und hatte die Tür der Gruft geöffnet, die der Mensch mit allen möglichen Vorsichtsmaßregeln verschlossen hatte 1. Indem die Juden die Kriegsknechte beim Grab aufstellten, haben sie in Wirklichkeit nur die Wahrheit der Predigt der Apostel durch unverdächtige Zeugen verbürgt. Die Frauen erlangen durch ihren Besuch am Grab des Abends vorher und dann am Morgen, als der Engel mit ihnen redete, für ihren Glauben eine volle Gewissheit über die Tatsache der Auferstehung des Herrn.

Nur die Tatsachen werden hier mitgeteilt. Die Frauen waren des Abends am Grab gewesen. Das Erscheinen des Engels vergewisserte die Kriegsknechte über den wahren Charakter des Hervorgehens Jesu aus dem Grab; und der Besuch der Frauen am Morgen bestätigte die Tatsache der Auferstehung als einen Gegenstand des Glaubens für sie selbst. Sie gehen hin und verkündigen sie den Jüngern, die so weit davon entfernt waren, das zu tun, was die Juden argwöhnten, dass sie nicht einmal den Versicherungen der Frauen Glauben schenkten. Jesus selbst erscheint den Frauen, die, den Worten des Engels glaubend, vom Grab zurückkehrten.

Wie ich bereits früher bemerkte, tritt Jesus jetzt mit seinem früheren Werk unter den Armen der Herde in Verbindung, fern von dem Sitz jüdischer Überlieferungen, fern von dem Tempel und von allem, was nach dem Alten Bund das Volk mit Gott verband. Er bescheidet seine Jünger nach Galiläa, und dort finden und erkennen sie Ihn. Auf diesem alten Schauplatz der Wirksamkeit Christi, nach Jesaja 8 u. 9, empfangen sie von Ihm ihren Auftrag. Deshalb finden wir in diesem Evangelium die Himmelfahrt Christi gar nicht; aber alle Gewalt im Himmel und auf Erden ist Ihm gegeben, und demgemäß erstreckt sich der den Jüngern gegebene Auftrag auf alle Nationen (Heiden). Ihnen sollten sie die Rechte Jesu verkündigen und sie zu Jüngern machen.

Indes war nicht nur der Name des Herrn der Gegenstand ihrer Verkündigung, noch stand ihre Sendung mit seinem Thron in Jerusalem in Verbindung. Vielmehr sollten die Jünger Ihn, als den Herrn des Himmels und der Erde, allen Nationen verkündigen, indem sie ihre Lehre auf das Bekenntnis des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes gründeten. Sie sollten nicht das Gesetz, sondern die Gebote Jesu lehren; und Er gibt den Jüngern, die Ihn also bekennen, die Versicherung, dass Er bei ihnen sein werde bis zur Vollendung des Zeitalters (V. 18–20). Dies verbindet alles, was noch erfüllt werden wird, bis Christus auf dem großen weißen Throne (Off 20,11) sitzt, mit dem Zeugnis, das Er selbst auf der Erde in der Mitte Israels abgelegt hat. Es ist das Zeugnis von dem Reich und von seinem Haupt, das einst durch ein Volk verworfen wurde, welches Ihn nicht kannte. Es verbindet das Zeugnis an die Nationen mit einem Überrest in Israel, der Jesum als Messias anerkennt (aber als auferstanden aus den Toten, wie Er selbst zu ihnen gesagt hatte), nicht aber mit einem Christus, der als gen Himmel gefahren gekannt ist. Auch stellt es uns weder Jesus allein noch den HERRN als den ferneren Gegenstand des Zeugnisses dar, sondern die Offenbarung des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes; das war der heilige Name, durch den die Nationen jetzt mit Gott verbunden waren.

Fußnoten

  • 1 Ich glaube zwar, dass der Herr das Grab verlassen hatte, noch ehe der Stein weggewälzt war; letzteres geschah für sterbliche Augen.
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