Betrachtung über Offenbarung (Synopsis)

Kapitel 11

Betrachtung über Offenbarung (Synopsis)

In diesem Kapitel sehen wir uns sofort in den Mittelpunkt prophetischer Gegensätze versetzt: wir haben Jerusalem, den Tempel, den Altar und solche, die darin anbeten, vor uns. Die, welche innerhalb, in dem Geheimnis Gottes, anbeten, und der Altar werden von Gott anerkannt und angenommen. Das allgemeine jüdische Bekenntnis aber wird von Ihm verworfen und nicht mehr als mit Ihm in Verbindung stehend behandelt. Es wird für die Dauer der halben Jahrwoche der Drangsal dahingegeben, um von den Nationen zertreten zu werden. Die, welche eine priesterliche Stellung einnehmen, werden anerkannt. Es gibt wirkliche Anbeter, die es nach den Gedanken Gottes sind, und sie werden als solche von Ihm anerkannt; außerdem sorgt Gott für ein entsprechendes Zeugnis, indem Er zwei Zeugen gibt (wie sie nach dem Gesetz erforderlich sind), die während der Dauer des ganzen Zeitabschnitts oder der halben Woche Tag für Tag ein ununterbrochenes Zeugnis ablegen. Diese Zeugen müssen Leiden und Schmach erdulden; doch steht ihnen Macht zu Gebote, geradeso wie es bei Elia und Mose der Fall war, als das Volk sich in einem Zustand des Abfalls und der Gefangenschaft befand. Die Wiederherstellung Israels mit König- und Priestertum (die durch den Leuchter und die zwei Ölbäume des Propheten Sacharja dargestellt wird) ist noch nicht eingetreten - das wird erst später geschehen -, aber es wird ein genügendes Zeugnis von ihr abgelegt. Während der halben Woche, der Dauer der Weissagung der beiden Zeugen, können diese auch nicht angetastet werden; ihr Wort bringt ihren Feinden den Tod. Wir begegnen hier dem Priester- und Prophetentum in dem Überrest, aber selbstverständlich nicht dem Königtum, doch wird in praktischem Sinne ein Zeugnis von ihm abgelegt: während die Leiden der Zeugen beweisen, dass das Königtum noch nicht vorhanden ist, kann doch niemand diese selbst antasten, solange ihre Zeit noch nicht gekommen ist. Darin gleichen sie Christo in der Stellung, die Er während der Zeit Seiner Erniedrigung inmitten Israels einnahm, nur vernichtete Er damals nicht Seine Feinde. In den Psalmen zeigt Er, dass dies der Zustand des Überrestes am Ende sein wird. Ihre Lage wird einerseits durch eine völlige Erniedrigung und andererseits dadurch gekennzeichnet, dass Gott auf ihr prophetisches Wort in vollkommener Weise antwortet. Sobald sie jedoch ihr Zeugnis vollendet haben, ändert sich die Sache. Das Tier aus dem Abgrunde tritt ihnen entgegen. Während der Dauer ihres Zeugnisses standen sie vor dem Gott der Erde, waren nicht Verkündiger eines himmlischen Evangeliums, sondern legten Zeugnis ab von dem Anspruch, welchen Gott an die Erde hat, sowie in Verbindung damit von der Liebe Gottes zu Seinem Volke. Sie bezeugten die Ansprüche Gottes, während feindliche Nationen sich im Besitz des Gegenstandes dieser Ansprüche befanden. Und nun, da ihre Stunde gekommen ist, tötet sie das Tier, und ihre Leichname werden auf die Straße der Stadt geworfen. Viele aus den Nationen freuen sich und frohlocken über sie. „Die auf der Erde wohnen“, welche die Erde als ihr Eigentum beanspruchen und ihr Leben auf derselben ungestört genießen wollen, sind voll Freude, denn die Zeugen des Gottes der Erde quälten sie; doch nach drei und einem halben Tag werden sie durch die Macht des Geistes Gottes lebendig gemacht und steigen in einer Wolke in den Himmel hinauf, nicht, wie es bei Christo der Fall war, verborgen, sondern vor den Augen ihrer Feinde. Gleichzeitig fällt ein Zehntel der großen Stadt der Welt in Erschütterung, die auf Erden eintritt, und die übrigen werden mit Furcht erfüllt und geben dem Gott des Himmels Ehre. Gott handelt jedoch bereits als der Gott der Erde. Das zweite Wehe ist jetzt vorüber.

Damit wird das Ende der halben Jahrwoche Daniels angedeutet; die siebente Posaune, durch welche das Geheimnis Gottes vollendet werden soll, wird nun bald ertönen. Sie ertönt, und es geschehen laute Stimmen im Himmel, welche erklären, dass das Reich ihres Herrn (Jehova) und Seines Gesalbten (Christus), das in der Welt errichtet werden soll, gekommen sei, und damit das größte Wehe und der größte Schrecken für alle Bewohner der Erde. Satans Wehe hatte in besonderer Weise die Juden getroffen, das Wehe der Menschen vornehmlich die Bewohner des Römischen Reiches; dies ist nun das Wehe Gottes, die Zeit, da die Nationen zornig sind, und Gottes Zorn gekommen ist und eine volle Abrechnung und eine endgültige Befreiung erfolgen. Wieder sehen wir die Ältesten den Grund zu dem Lob und Dank, die sie darbringen, angeben. Stimmen im Himmel erklären, dass die im zweiten Psalm angekündigte Tatsache nun eingetreten ist, dass nämlich Jehova und Sein Christus regieren, und dass Er (denn Johannes betrachtet, wie immer, beide als eins) von Ewigkeit zu Ewigkeit herrschen werde. Und das wird in der Tat so sein. Doch neben dem irdischen wird hier auch das ewige Reich Gottes gepriesen. Nur wird, wenn von letzterem die Rede ist, das Reich der Welt nicht von der Zeit unterschieden, da Christus Selbst Seinem Gott und Vater unterworfen sein wird (vgl. 1.Kor 15,28). In der Danksagung der Ältesten wird auch Jehova-Elohim-Schaddai verherrlicht, und zwar als der große König, der Seine Macht annimmt und Seine Herrschaft antritt, denn es handelt sich hier um das Reich Gottes. In dem, was sie sagen, gibt es zwei Teile. Die Nationen sind zornig gewesen - das hat die Zeit des Zornes Gottes herbeigeführt, sowie die Zeit der Toten, um gerichtet zu werden. Das ist der erste Teil: des Menschen Zorn und Gottes Gericht. Dann gibt Gott den Propheten, den Heiligen und allen denen, die Seinen Namen fürchten, Lohn und tut diejenigen von der Erde hinweg, welche sie verderbten. Das ist Segnung. Der erste Teil ist allgemeiner Art, es ist die Zeit des Zornes und des Gerichts, der zweite redet von Belohnung und Befreiung der Heiligen, die sich auf Erden befinden. Damit findet die symbolische Darstellung der geschichtlichen Ereignisse der Hauptsache nach ihren Abschluss. Die letzte Posaune ist ertönt, und das Geheimnis Gottes ist vollendet.

In dem nun Folgenden finden wir Einzelheiten: zunächst das Tier und die Verbindung der Kirche und der Juden mit ihm, dann Babylon, darauf die Hochzeit des Lammes, dann das Gericht über das Tier und den falschen Propheten, das Binden Satans, die zwei Auferstehungen und das Endgericht, und endlich die Beschreibung der himmlischen Stadt. Diese neue Weissagung beginnt jedoch, soweit sie sich mit der prophetischen Darstellung der auf Erden geschehenden Dinge beschäftigt, mit einer besonderen Bezugnahme auf die Juden (Kap. 11,19). Der Tempel Gottes im Himmel ist geöffnet, und die Lade Seines Bundes, die mit Israel in Beziehung steht, wird dort gesehen. Doch was sie jetzt kennzeichnet, ist Gericht, und zwar allerlei Art von Gericht; neben Gerichten, die von oben herabkommen, gibt es Umwälzungen und Unglücksfälle auf Erden 1.

Fußnoten

  • 1 Wenn der Thron zum Gericht aufgestellt wird, treten in Verbindung mit ihm nur solche Gerichte in die Erscheinung, die unmittelbar von Gott ausgehen. Erdbeben und Engel, denen wir hier begegnen, gibt es dort nicht.
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