Betrachtung über den Propheten Hesekiel (Synopsis)

Kapitel 15-16

Betrachtung über den Propheten Hesekiel (Synopsis)

In Kapitel 15 wird der Weinstock als Bild für den Zustand und das Schicksal der Bewohner Jerusalems benutzt. Trug er keine Frucht, so war er völlig wertlos; sein Holz taugte nur dazu, von dem Feuer verzehrt zu werden. Damit wurde in treffender Weise vor Augen gestellt, wie Jerusalem zu nichts mehr zu gebrauchen war und welche Zerstörung ihm bevorstand.

Beim Betrachten von Kapitel 16 muß man festhalten, daß Jerusalem und nicht Israel der Gegenstand ist, um den es sich handelt. Auch wird hier nicht das Werk der Erlösung geschildert, sondern das, was Gott an jener Stadt getan hatte. Sie war im Elend, ohne Schönheit gewesen; da hatte Er ihr das Leben verliehen, sie gereinigt, gesalbt und mit Schmuck versehen. Doch alles das, was Jehova ihr gegeben, hatte, hatte sie nur dazu gebraucht, um ihren Götzen zu dienen sowie um sich die Hilfe und Gunst der Ägypter und Assyrer zu erkaufen. Von Menschen unabhängig zu sein, allein zu stehen und sich nur auf Jehova zu stützen, daran hatte sie nie gedacht. Nun sollte sie wie ein ehebrecherisches Weib gerichtet werden. Gerade diejenigen, nach welchen sie Verlangen gehabt hatte, wollte Jehova jetzt gegen sie bringen. Dennoch war sie noch so voller Stolz, daß sie nichts wissen wollte, weder von Samaria noch von Sodom - Namen, die Jehova jetzt zu ihrer Demütigung gebraucht. Sie war sogar noch wertloser als jene, die sie, ungeachtet ihres Hochmuts, als ihre Schwestern anerkennen mußte. Nachdem Gott in dieser Weise Jerusalem, wie die Stadt es verdiente, verurteilt und gedemütigt hat, kündigt Er an, daß Er Sich schließlich doch nach Seiner Liebe zu ihr und Seines Bundes mit ihr erinnern, voll Gnade gegen sie handeln und sie wiederherstellen wolle. Aber ebensowenig wie bei Samaria oder Sodom, wird dies aufgrund des ursprünglichen Verhältnisses geschehen, vielmehr soll ihr gegenüber eine Gnade in Anwendung kommen, die so weitgehend ist, daß kraft derselben auch jene zurückgebracht werden können. Es ist dies die unumschränkt wirkende, erlösende und vergebende Gnade, die keineswegs dasselbe ist wie der Bund Jerusalems unter dem Gesetz. Mit Jerusalem will Jehova dann noch einen besonderen Bund schließen, und ihre beiden Schwestern sollen ihr zu Töchtern gegeben werden. Bei dem Gedanken an all die Gnade, mit der Gott ihr begegnen und ihr vergeben wird, wird sie ihren Mund nicht mehr auftun können. Der Inhalt des 55. Verses ist bedingungslos und gilt für immer. Die Verheißung in Vers 60 ruht auf einer völlig neuen Grundlage.

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