Betrachtung über das vierte Buch Mose (Synopsis)

Kapitel 19

Betrachtung über das vierte Buch Mose (Synopsis)

Wenn aber einerseits das Priestertum das Volk durch die Wüste führen muß, und wenn der Stab der Autorität Moses das nicht tun kann, wenn er nur schlagen kann, muß andererseits eine Vorkehrung mit ihm verbunden werden, um die während der Reise entstehenden Verunreinigungen zu beseitigen, auf daß die Gemeinschaft des Volkes mit Gott nicht unterbrochen werde. Das ist die Ursache, warum das Opfer der roten jungen Kuh, von all den anderen getrennt, hier eingeführt wird, weil es so vorgeschrieben wurde, um den Verunreinigungen der Wüste zu begegnen.

Wenn aber die Betrachtung Christi (wenn es auch Christus ist, wie Er für die Sünde geopfert wurde, und die Anteilnahme an Seinem priesterlichen Werk in Verbindung mit diesem Opfer) eine hochheilige, nur in der Gemeinschaft des hochheiligen Ortes mögliche Angelegenheit war - so wurden durch die Beschäftigung mit jener Sünde, selbst in einem Bruder, um ihn zu reinigen, sogar die verunreinigt, die dieser Sünde nicht schuldig waren.

Dies sind die Gegenstände von Kapitel 19. Es folgt die zu dieser Gelegenheit gegebene Satzung. Eine Leiche zu berühren bedeutete, wirklich von Sünde verunreinigt zu werden; denn die Sünde wird hier von dem Standpunkte der Verunreinigung aus betrachtet, die einen Eintritt in den Hof des Zeltes der Zusammenkunft ausschließt. In der roten jungen Kuh wird Christus als von der Sünde unbefleckt dargestellt, der ihr Joch niemals getragen hat; Er wird aber aus dem Lager herausgeführt, um völlig ein Opfer für die Sünde zu sein. Der Priester, der die Kuh brachte, schlachtete sie nicht; sie wurde aber vor ihm geschlachtet. Er war da, um von dieser Tat Kenntnis zu nehmen.

Der Tod Christi ist niemals eine Handlung des Priestertums. Die rote junge Kuh wurde außerhalb des Lagers völlig verbrannt, sogar ihr Blut außer dem, was unmittelbar gegen das Zelt der Zusammenkunft gesprengt wurde, d. h. dorthin, wo das Volk mit Gott zusammentreffen sollte. Dorthin wurde das Blut siebenmal gesprengt (weil es dort war, wo Gott mit dem Volke zusammentraf), in den Augen Gottes war das ein vollkommenes Zeugnis über die Sühnung, die für die Sünde getan war. Nach dem Werte dieses Blutes hatten sie dort den Zutritt.

Der Priester warf Zedernholz und Ysop und Karmesin mitten in den Brand (d. h. alles, was vom Menschen ist, und seine menschliche Herrlichkeit in der Welt). „Von der Zeder bis zum Ysop“ ist der Ausdruck der Natur von ihrem höchsten Gipfel bis zur niedersten Tiefe. Karmesin ist äußerlich Herrlichkeit (wenn ihr wollt, ist es die Welt). Das Ganze wurde im Feuer verbrannt, das Christum als Sündopfer verzehrte.

Wenn nun jemand verunreinigt wurde, sei es bloß durch Unachtsamkeit in irgendeiner Sache, nahm Gott die Verunreinigung zur Kenntnis. Und dies ist eine ernste und wichtige Tatsache: Gott trifft Vorkehrungen zur Reinigung, aber Er kann keinesfalls etwas in Seiner Gegenwart dulden, was sich für diese nicht geziemt. Es mochte in einem unvermeidlichen Falle hart scheinen, wenn z. B. jemand plötzlich im Zelte starb. Es sollte aber zeigen, daß Gott für Seine Gegenwart das beurteilt, was passend ist. Der Mann war verunreinigt, und er konnte nicht in das Zelt Gottes gehen.

Um den Verunreinigten zu reinigen, nahm man etwas fließendes Wasser, in das man von der Asche der Kuh schüttete, und der Mann wurde am dritten und am siebenten Tage besprengt; dann war er rein. Das bedeutet, daß der Geist Gottes, ohne aufs neue das Blut auf die Seele anzuwenden (das wurde im Vorbilde ein für allemal gesprengt, als das Volk mit Gott zusammentraf), die Leiden Christi nimmt (den Beweis, daß die Sünde und alles, was vom natürlichen Menschen und von der Welt ist, für uns in Seinem Sühnungstode verbrannt wurde) und sie auf die Seele anwendet.

Es ist der Beweis, die innige Überzeugung, daß nichts zugerechnet wird noch zugerechnet werden kann. Alles war in dieser Hinsicht in dem Opfer völlig hinweggetan, dessen Asche (das Zeugnis, daß es verzehrt wurde) jetzt angewendet wird. Das erzeugt aber im Herzen die tiefschmerzliche Überzeugung, daß es trotz der Erlösung durch die Sünden verunreinigt wurde, für die Christus litt, indem Er die Erlösung vollbrachte. Wenn auch nur einen Augenblick, haben wir unseren Willen und unser Vergnügen in dem gefunden, was Ihm Schmerz verursachte und dies angesichts Seiner Leiden für die Sünde, die man leider vergessen hatte, ja, für diejenigen Sünden, deren Anregungen wir jetzt so leicht nachgeben: dieses Gefühl geht viel tiefer als das, daß Sünden angerechnet werden. Denn es ist genaugenommen der neue Mensch in seinen besten Empfindungen, der durch den Geist und gottgemäß urteilt, und der die Leiden Christi und die Sünde zur Kenntnis nimmt, wie sie in Ihm auf dem Kreuze gesehen wurden.

Das erste Empfinden ist Bitterkeit, obwohl ohne den Gedanken an ein Zurechnen - Bitterkeit gerade darum, weil nichts zugerechnet wird, und weil wir gegen die Liebe wie auch gegen Heiligkeit gesündigt haben, und daß wir uns dieser Überzeugung fügen müssen. Schließlich aber (und mir scheint das war der Grund, warum es eine zweite Besprengung gab) ist es das Bewußtsein jener Liebe und der tiefen Gnade Jesu und die Freude darüber, daß man durch das Werk jener Liebe vollkommen rein ist. Der erste Teil der Reinigung war das Entsetzen darüber, daß man wider die Gnade gesündigt hatte; der zweite Teil bewirkte, daß der Sinn völlig davon befreit wird durch die überschwengliche Gnade über die Sünde.

Wir können bemerken, daß, da dies bloß die notwendige Reinigung für den Weg ist, nichts anderes bemerkt wird, es sind keine Opfer nötig wie im Falle des Aussätzigen. Dort ging es darum, Gott gemäß dem Werte des Werkes Christi zu nahen, nachdem man von der Sünde gereinigt worden war. Hier geht es um die praktische innere Wiederherstellung der Seele. Hier ist keine Blutbesprengung: die Reinigung geschieht durch Wasser, indem der Tod Christi durch den Heiligen Geist in seiner ganzen Macht angewendet wird. Die Einzelheiten zeigen die Genauigkeit Gottes in bezug auf diese Verunreinigungen, obwohl Er uns von ihnen reinigt. Es zeigt auch, daß jeder, der es mit der Sünde eines anderen zu tun hat, wenn auch bloß pflichtgemäß, um sie zu reinigen, verunreinigt wird; wohl nicht so wie der Schuldige, wir können aber die Sünde nicht berühren, ohne verunreinigt zu werden. Der Wert der Gnade und des Priestertums wird auch offenbar.

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