Dieser Psalm ist das Gegenstück zu Psalm 41. Dort hat der Gläubige „auf den Armen“ acht; hier preist er den Kö­nig in Seiner Schönheit (Jes 33, 17) als den Sieger, den Sohn des Menschen, den Sohn Gottes, als Bräutigam.

Man meint, den Ton des neuen Liedes zu hören, das im Buch der Psalmen so oft erwähnt wird. Unser Herz wallt; der Geist unterweist uns, unsere Gedanken über den Kö­nig zu ordnen und in Gedichten zum Ausdruck zu bringen. Unser Mund kann nicht stumm bleiben; das Lob ergießt sich majestätisch wie ein Strom; es eilt dahin wie der bereitwil­lige Griffel eines geübten Schreibers, der ohne anzuhalten auf das Ziel zusteuert - die Erhöhung des „Geliebten“; denn Er ist es, den dieser Psalm besingt.

Die Schönheit (V. 2) dieses siegreichen und triumphierenden Menschen besteht vor allem darin, daß Holdseligkeit über Seine Lippen ausgegossen ist. Seine Majestät ist die Frucht der Sanftmut und der Gerechtigkeit, die Er während Seines Lebens der Er­niedrigung hier auf der Erde erwiesen hat (V. 2-4).

Der Geist erkennt den zum ewigen Königtum erhobenen Sohn des Menschen als Gott an und verkündet die Aufrich­tigkeit Seines Reiches (V. 6-7): „Dein Thron, o Gott, ist immer und ewiglich.“ Gott Selbst nennt Sich durch denselben Geist Seinen Gott und erklärt damit, daß dieser Mensch Gott ist. Nie ist die Gottheit des in Sein Reich eintretenden Sohnes des Menschen auf eine ab­solutere Weise verkündigt worden.

Doch welch wunderbare Tatsache, Seine Erlösten haben ein Teil mit Ihm und erfreuen sich mit Ihm an der Herrlichkeit Seines Reiches. Sein Gott, der Ihn einst bei der Taufe des Johannes als Menschen mit dem Heiligen Geist für Seinen öffentlichen Dienst gesalbt hatte, salbt Ihn nun mit Freudenöl, der Freude des Heiligen Geistes. Dabei gesellt Er Ihm Genossen zu, die Er Sich durch Sein Werk erworben hat und die Seine Freude teilen. Zweifellos wird Seine Freude immer größer bleiben als die unsrige, da Er ja Selbst größer bleibt als wir, auch wenn Er uns zu Seinen Genossen macht. (Dieses Verhältnis betrifft in den Psalmen den zukünftigen jüdischen Überrest, gilt aber heute auch für uns.) Dennoch wird unsere Freude vollkommen sein. Seine Freude wird darin bestehen, einst beschmutzte und elende Geschöpfe gerettet zu haben, die nun durch Sein Blut gewürdigt sind, die Herrlichkeit Seines Reiches mit Ihm zu teilen: „Von der Mühsal seiner Seele wird er Frucht sehen und sich sättigen.“ Unsere Freude wird es sein, hierzu gewürdigt und zu solchen gemacht worden zu sein, in denen Er bewundert werden wird. Aber wir werden nicht die Ausführenden Sei­nes Triumphes sein; denn dessen Urheber ist Er ganz allein. Seine Freude wird der Triumph Seiner Liebe im Blick auf uns sein. In Zephanja 3, 17  sagt Er: Ich freue mich über dich mit Wonne, ich ruhe in meiner Liebe, frohlocke über dich mit Jubel. Wenn wir durch den Heiligen Geist auch Seine Freude teilen, so haben wir doch deren Quelle nie­mals in uns selbst: Alle unsere Quellen sind in IHM .

Die Verse 8-15 zeigen uns eine noch vertrautere Bezie­hung, die zwischen Braut und Bräutigam. Die Braut wird aufgefordert, alle ihre nationalen und familiären Beziehun­gen zu vergessen, wie kostbar sie auch sein mögen, um ih­rem Bräutigam anzugehören: „Vergiss deines Volkes und deines Vaters Hauses!“ Hat Er Selbst nicht die kostbarsten Bindungen dem Fleische nach, Seine jüdische Abkunft, aufgegeben, um mit der Versammlung verbunden zu sein? „Deswegen wird ein Mensch seinen Vater und seine Mutter verlassen und seinem Weibe anhangen, und die zwei wer­den ein Fleisch sein. Dieses Geheimnis ist groß; ich aber sage es in Bezug auf Christum und die Ver­sammlung“ (Eph 5, 31-32). „Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder?“ (Mt 12, 48). Die Versammlung lernt, was praktische Heiligkeit, völlige Absonderung für Gott, Un­terwürfigkeit und Abhängigkeit sind, indem sie den Men­schen kennenlernt, der in all dem das vollkommene Vorbild war. Für sie geht es nicht mehr um diesen Patriotismus, von dem leider viele Christen unserer Tage reden, den es für Ihn jedoch niemals gab. Eigenwille und Unabhängigkeit gezie­men sich nicht mehr; denn Er kannte dergleichen nicht. Die­se Stellung der Abhängigkeit macht die Schönheit der Braut in den Augen des Bräutigams aus: „Der König wird deine Schönheit begehren,“ Ebenso macht die Holdseligkeit Christi Seine Schönheit in den Augen Gottes und der Menschen aus (V. 2).

„Er ist dein Herr; so huldige IHM!“ (V. 11). Hier se­hen wir nochmals die Erhabenheit des Bräutigams über Sei­ne Braut, so wie wir bereits die Erhabenheit des Königs über Seine Genossen gesehen haben. Der Bräutigam, den die Braut liebt, ist ihr Herr. Huldigung ist die ein­zige Haltung, die ihr geziemt, wenn ihre Begleiter das Gefol­ge des Königs treffen, um ihr vorauszugehen und sie in den Palast des Königs einzuführen.

Es besteht also eine Gemeinschaft zwischen Christus und Seiner Versammlung in der wechselseitigen Freude an ihren Vollkommenheiten. Während jedoch Seine Vollkommen­heiten Ihm Selbst zukommen, sind die unsrigen immer nur der Abglanz Seiner Herrlichkeit.

Wie wertvoll ist die Gemeinschaft mit dem Bräutigam für die Versammlung! Nichts könnte sie jemals ersetzen. Schon jetzt ist sie unser Teil. Mögen wir sie jeden Tag mit Sorgfalt pflegen; nur dadurch, daß wir uns praktisch heiligen, erlan­gen wir sie. Diese Gemeinschaft wird unser unaussprech­licher Schatz für die Ewigkeit sein!